Winnerod

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Winnerod
Gemeinde Reiskirchen
Koordinaten: 50° 36′ N, 8° 52′ OKoordinaten: 50° 36′ 28″ N, 8° 51′ 50″ O
Höhe: 261 m ü. NHN
Fläche: 2,7 km²[1]
Einwohner: 37 (30. Jun. 2019)[2]
Bevölkerungsdichte: 14 Einwohner/km²
Eingemeindung: 31. Dezember 1970
Postleitzahl: 35447
Vorwahl: 06408

Winnerod ist der nach Einwohnerzahl kleinste Ortsteil der Gemeinde Reiskirchen im mittelhessischen Landkreis Gießen. Der Ort liegt östlich des Hauptortes in Oberhessen. Im Norden verläuft die Bundesautobahn 5, im Westen die Landesstraße 3129.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ortsgeschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Archäologische Funde lassen auf eine Besiedlung bereits zur Bronzezeit schließen. Die älteste bekannte schriftliche Erwähnung des Orts erfolgte jedoch erst im Jahr 1252 unter dem Namen Winderode im Urkundenbuch des Klosters Arnsburg.[1] In erhaltenen Urkunden späterer Zeit wird der Ort unter den folgenden Ortsnamen erwähnt (in Klammern das Jahr der Erwähnung):[1] Wenderode (1275) und Winderade (1370).

1250 wird erstmals eine Kirche genannt. Die Kirche in Winnerod geht auf das 12. Jahrhundert zurück und besteht aus einem spätromanischen Langschiffbau und einem romanisch-gotischen Chor.

Die Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen berichtet 1830 über Winnerod:

„Winnerod (L. Bez. Grünberg) evangel. Pfarrdorf; liegt 2 St. von Grünberg und gehört dem Freiherrn von Schenk. Man findet 1 Kirche, in welche Bersrod aus dem Bezirk Giessen eingepfarrt ist, 11 Häuser und 94 Einwohner, die außer 15 Mennoniten evangelisch sind. Unter den Einwohnern sind 12 Bauern und 2 Handwerker. Die Kirche war dem Archidiakon von St. Stephan untergeben und es gehörten im 15. Jahrhundert dazu: Altpach (Allbach), Burgkartsfelt (Burkhardsfelden), Bernsrade (Bernsrode) und Hartenrade (Hattenrod). Vor den Freiherrn von Schenk gehörte Winnerod denen von Freiherrn von Zwierlein.“[3]

Bis zur Übernahme des Patrimonialgerichts durch das Großherzogtum Hessen 1821 gehörte dieses den Freiherren Schenck zu Schweinsberg.[4]

Hessische Gebietsreform (1970–1977)

Zum 31. Dezember 1970 fusionierten die bis dahin selbständigen Gemeinden Reiskirchen, Hattenrod, Saasen und Winnerod im Zuge der Gebietsreform in Hessen freiwillig zur neuen Großgemeinde Reiskirchen.[5][6] Für die eingegliederten Gemeinden wurde je ein Ortsbezirk mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher eingerichtet.[7]

Verwaltungsgeschichte im Überblick[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die folgende Liste zeigt die Staaten und Verwaltungseinheiten,[Anm. 1] denen Winnerod angehört(e): [1][8][9]

Gerichte seit 1803[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt wurde mit Ausführungsverordnung vom 9. Dezember 1803 das Gerichtswesen neu organisiert. Für die Provinz Oberhessen wurde das „Hofgericht Gießen“ als Gericht der zweiten Instanz eingerichtet. Die Rechtsprechung der ersten Instanz wurde durch die Ämter bzw. Standesherren vorgenommen und somit war für Winnerod das Patrimonialgericht der Freiherrn von Zwierlein zuständig.

Im Großherzogtum Hessen wurden die Aufgaben der ersten Instanz 1821 im Rahmen der Trennung von Rechtsprechung und Verwaltung auf die neu geschaffenen Landgerichte übertragen. „Landgericht Grünberg“ war daher von 1821 bis 1861 die Bezeichnung für das erstinstanzliche Gericht, das für Winnerod zuständig war. Übergangsweise bis 1823 im Namen der Herren des Patrimonialgerichts. 1861 wurde Winnerod dem Bereich des Landgerichts Gießen zugeteilt. Anlässlich der Einführung des Gerichtsverfassungsgesetzes mit Wirkung vom 1. Oktober 1879, infolge derer die bisherigen großherzoglich hessischen Landgerichte durch Amtsgerichte an gleicher Stelle ersetzt wurden, während die neu geschaffenen Landgerichte nun als Obergerichte fungierten, kam es zur Umbenennung in „Amtsgericht Gießen“ und Zuteilung zum Bezirk des Landgerichts Gießen.[16]

Bevölkerung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einwohnerstruktur 2011[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach den Erhebungen des Zensus 2011 lebten am Stichtag dem 9. Mai 2011 in Winnerod 39 Einwohner. Darunter waren keine Ausländer. Nach dem Lebensalter waren 6 Einwohner unter 18 Jahren, 12 zwischen 18 und 49, 12 zwischen 50 und 64 und 9 Einwohner waren älter.[17] Die Einwohner lebten in 18 Haushalten. Davon waren 6 Singlehaushalte, 6 Paare ohne Kinder und 3 Paare mit Kindern, sowie 3 Alleinerziehende und keine Wohngemeinschaften. In 3 Haushalten lebten ausschließlich Senioren und in 12 Haushalten lebten keine Senioren.[17]

Einwohnerentwicklung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Quelle: Historisches Ortslexikon[1]
• 1577: 7 Hausgesesse (mit Weithausen)
• 1742: ein Geistlicher/ Beamter, 6 Untertanen, 5 junge Mannschaften, kein Beisasse/ Jude
• 1791: 56 Einwohner[18]
• 1800: 65 Einwohner[19]
• 1806: 69 Einwohner, 12 Häuser[13]
• 1829: 94 Einwohner, 11 Häuser[3]
• 1867: 69 Einwohner, 6 bewohnte Gebäude[20]
• 1875: 33 Einwohner, 4 bewohnte Gebäude[21]
Winnerod: Einwohnerzahlen von 1791 bis 2019
Jahr  Einwohner
1791
  
56
1800
  
65
1806
  
69
1829
  
94
1834
  
85
1840
  
89
1846
  
92
1852
  
86
1858
  
82
1864
  
77
1871
  
63
1875
  
33
1885
  
30
1895
  
30
1905
  
63
1910
  
84
1925
  
76
1939
  
43
1946
  
105
1950
  
123
1956
  
94
1961
  
81
1967
  
82
1980
  
?
1990
  
?
2000
  
?
2004
  
34
2011
  
39
2012
  
40
2015
  
40
2019
  
37
Datenquelle: Histo­risches Ge­mein­de­ver­zeich­nis für Hessen: Die Be­völ­ke­rung der Ge­mei­nden 1834 bis 1967. Wies­baden: Hes­sisches Statis­tisches Lan­des­amt, 1968.
Weitere Quellen: LAGIS[1]; nach 1980: Gemeinde Reiskirchen (HW+NW-Sitze) im Haushaltsplan Vorbericht[22]; Zensus 2011[17]

Historische Religionszugehörigkeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

• 1829: 79 evangelisch-lutherische (= 84,0 %), 15 mennonitische (= 16 %) Einwohner[1]
• 1961: 54 evangelische (= 6,7 %), 27 katholische (= 3,3 %) Einwohner[1]

Historische Erwerbstätigkeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

• 1961: Erwerbspersonen: 11 Land- und Forstwirtschaft, 7 Produzierendes Gewerbe, 7 Handel, Verkehr und Nachrichtenübermittlung, 6 Dienstleistungen und Sonstige.[1]

Persönlichkeiten mit Bezug zu Winnerod[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Winnerod – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen und Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Anmerkungen

  1. Bis zur Trennung der Rechtsprechung von der Verwaltung waren die Ämter und frühen Gerichte sowohl Gericht als auch Verwaltungsorgan.
  2. Mediatisierung infolge der Rheinbundakte.
  3. 1823: Trennung zwischen Justiz (Landgericht Grünberg) und Verwaltung.
  4. Der Norddeutsche Bund war der erste deutsche Bundesstaat unter der Führung Preußens. Er war die geschichtliche Vorstufe des Deutschen Reichs. Infolge des Deutschen Krieges wurde die Provinz Oberhessen dort zwangsweise Mitglied.
  5. Im Zuge der Gebietsreform 1938 wurde die Provinz Oberhessen aufgelöst.
  6. Infolge des Zweiten Weltkriegs.

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g h i Winnerod, Landkreis Gießen. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 15. Oktober 2019). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  2. Haushaltsplan 2020. (PDF; 12 MB) In: Webauftritt. Gemeinde Reiskirchen, S. 14 (Vorbemerkungen), archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 8. Juni 2020; abgerufen im August 2020.
  3. a b Georg Wilhelm Justin Wagner: Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen: Provinz Oberhessen. Band 3. Carl Wilhelm Leske, Darmstadt August 1830, OCLC 312528126, S. 328 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  4. Winnerod, Landkreis Gießen. In: LAGIS: Historisches Ortslexikon; Stand: 15. Januar 2019.
  5. Zusammenschluss von Gemeinden zur Gemeinde „Reiskirchen“, Landkreis Gießen vom 6. Januar 1971. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1971 Nr. 4, S. 140, Punkt 166 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 6,3 MB]).
  6. Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart / Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. =364.
  7. Hauptsatzung. (PDF; 143 kB) § 5. In: Webauftritt. Gemeinde Reiskirchen, abgerufen im August 2020.
  8. Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  9. Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band 13. G. Jonghause’s Hofbuchhandlung, Darmstadt 1872, OCLC 162730471, S. 12 ff. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  10. Die Zugehörigkeit des Amtes Grünberg anhand von Karten aus dem Geschichtlicher Atlas von Hessen: Hessen-Marburg 1567–1604., Hessen-Kassel und Hessen-Darmstadt 1604–1638. und Hessen-Darmstadt 1567–1866.
  11. Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band 13. G. Jonghause’s Hofbuchhandlung, Darmstadt 1872, OCLC 162730471, S. 13 ff., § 26 Punkt d) III. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  12. Wilhelm von der Nahmer: Handbuch des Rheinischen Particular-Rechts: Entwickelung der Territorial- und Verfassungsverhältnisse der deutschen Staaten an beiden Ufern des Rheins : vom ersten Beginnen der französischen Revolution bis in die neueste Zeit. Band 3. Sauerländer, Frankfurt am Main 1832, OCLC 165696316, S. 8 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  13. a b Hessen-Darmstädter Staats- und Adresskalender 1806. Im Verlag der Invaliden-Anstalt, Darmstadt 1806, S. 256 ff. (Online in der HathiTrust digital library).
  14. Neuste Länder und Völkerkunde. Ein geographisches Lesebuch für alle Stände. Kur-Hessen, Hessen-Darmstadt und die freien Städte. Band 22. Weimar 1821, S. 419 (online bei Google Books).
  15. Gesetz über die Aufhebung der Provinzen Starkenburg, Oberhessen und Rheinhessen vom 1. April 1937. In: Der Reichsstatthalter in Hessen Sprengler (Hrsg.): Hessisches Regierungsblatt. 1937 Nr. 8, S. 121 ff. (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 11,2 MB]).
  16. Verordnung zur Ausführung des Deutschen Gerichtsverfassungsgesetzes und des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetze vom 14. Mai 1879. In: Großherzog von Hessen und bei Rhein (Hrsg.): Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt. 1879 Nr. 15, S. 197–211 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 17,8 MB]).
  17. a b c Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF; 1,1 MB) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt, S. 8 und 48, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 27. Oktober 2020;.
  18. Hessen-Darmstädter Staats- und Adresskalender 1791. Im Verlag der Invaliden-Anstalt, Darmstadt 1791, S. 197 ff. (Online in der HathiTrust digital library).
  19. Hessen-Darmstädter Staats- und Adresskalender 1800. Im Verlag der Invaliden-Anstalt, Darmstadt 1800, S. 212 ff. (Online in der HathiTrust digital library).
  20. Wohnplätze 1867. In: Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band 13. G. Jonghause’s Hofbuchhandlung, Darmstadt 1877, OCLC 162730484, S. 116 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  21. Wohnplätze 1875. In: Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band 13. G. Jonghause’s Hofbuchhandlung, Darmstadt 1877, OCLC 162730484, S. 12 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  22. Haushaltspläne der Gemeinde Reiskirchen. Vorbericht: Statistische Angaben. Abgerufen im Februar 2019.
  23. Gustav Ernst Köhler: Weihnacht 45. Die Geschehnisse in Winnerod. In: Heimatbrief 2, 2009, Heimatgeschichtliche Vereinigung Reiskirchen e. V. (Hrsg.), S. 3–6. Auf: hgv-reiskirchen.de, abgerufen am 23. April 2017