Milarit

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Milarit
Milarit-Kristallstufe aus Jaguaraçu, Minas Gerais, Brasilien (Größe:4 × 3 × 2,9 cm)
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Symbol

Mil[1]

Chemische Formel KCa2Be2Al[Si12O30]·H2O[2]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Silikate und Germanate
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

VIII/E.22
VIII/E.22-015

9.CM.05
63.02.01a.12
Ähnliche Minerale Osumilith
Kristallographische Daten
Kristallsystem hexagonal
Kristallklasse; Symbol dihexagonal-dipyramidal; 6/m2/m2/m
Raumgruppe P6/mcc (Nr. 192)Vorlage:Raumgruppe/192[3]
Gitterparameter a = 10,41 Å; c = 13,79 Å[3]
Formeleinheiten Z = 2[3]
Häufige Kristallflächen hexagonales Prisma
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 6
Dichte (g/cm3) 2,6
Spaltbarkeit keine
Bruch; Tenazität muschelig, spröd
Farbe farblos, gelblich, grünlich
Strichfarbe weiß
Transparenz durchsichtig bis durchscheinend
Glanz Glasglanz
Weitere Eigenschaften
Besondere Merkmale Lumineszenz

Milarit ist ein eher selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Silikate und Germanate“ mit der idealisierten chemischen Formel KCa2Be2Al[Si12O30]·H2O[2][4] und ist damit ein wasserhaltiges Kalium-Calcium-Beryllium-Aluminium-Silikat. Strukturell gehört Milarit zu den Ringsilikaten (Cyclosilikaten).

Milarit kristallisiert im hexagonalen Kristallsystem und entwickelt meist nadelige bis langprismatische Kristalle, kommt aber auch in Form körniger Mineral-Aggregate vor. In reiner Form ist Milarit farblos und durchsichtig. Durch vielfache Lichtbrechung aufgrund von Gitterbaufehlern oder polykristalliner Ausbildung kann er aber auch weiß erscheinen und durch Fremdbeimengungen eine graue, hellgelbe oder hellgrüne Farbe annehmen, wobei die Transparenz entsprechend abnimmt.

Etymologie und Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Name des in den 1870er Jahren entdeckten Milarits leitet sich von der Lokalität Val Milà im Tujetsch/Kanton Graubünden (Schweiz) ab, welche ursprünglich für den Erstfundort gehalten wurde. Allerdings stellte sich heraus, dass die damals untersuchte Probe aus dem unmittelbar westlich angrenzenden Val Giuv stammte.[5] Seither wurden weltweit zahlreiche Fundstellen bekannt. Doch ist zu vermuten, dass Milarit weit häufiger auftritt als bisher angenommen, da er aufgrund seines Aussehens (Kristalltracht, -habitus, Farbe), seiner physikalischen Eigenschaften und der typischen Paragenese leicht mit Apatit oder gar mit Quarz (Bergkristall) verwechselt werden kann und daher möglicherweise oft übersehen wird.[6]

Klassifikation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der veralteten, aber teilweise noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Milarit zur allgemeinen Abteilung der „Ringsilikate (Cyclosilikate)“, wo er zusammen mit Osumilith die „Milarit-Osumilith-Gruppe“ mit der System-Nr. VIII/E.22 und den weiteren Mitgliedern Almarudit, Armenit, Berezanskit, Brannockit, Chayesit, Darapiosit, Dusmatovit, Eifelit, Emeleusit, Faizievit, Merrihueit, Oftedalit, Osumilith-(Mg), Poudretteit, Roedderit, Shibkovit, Sogdianit, Sugilith, Trattnerit, Yagiit und Yakovenchukit-(Y) bildete.

Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) verwendete 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Milarit ebenfalls in die Abteilung der „Ringsilikate“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach der Struktur der Ringe, so dass das Mineral entsprechend seinem Aufbau in der Unterabteilung „[Si6O18]12−-Sechser-Doppelringe“ zu finden ist, wo es als alleiniger Namensgeber die „Milaritgruppe“ mit der System-Nr. 9.CM.05 und den weiteren Mitgliedern Almarudit, Armenit, Berezanskit, Brannockit, Chayesit, Darapiosit, Dusmatovit, Eifelit, Friedrichbeckeit, Klöchit, Merrihueit, Oftedalit, Osumilith, Osumilith-(Mg), Poudretteit, Roedderit, Shibkovit, Sogdianit, Sugilith, Trattnerit und Yagiit bildet.

Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Milarit in die Klasse der „Silikate und Germanate“, dort allerdings in die bereits feiner unterteilte Abteilung der „Ringsilikate: Kondensierte Ringe“ ein. Hier ist er in der „Milarit-Osumilith-Gruppe (Milarit-Osumilith-Untergruppe)“ mit der System-Nr. 63.02.01a innerhalb der Unterabteilung „Ringsilikate: Kondensierte, 6-gliedrige Ringe“ zu finden.

Kristallstruktur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Unverzweigter 6er-Doppelring des Milarit

Milarit kristallisiert hexagonal in der Raumgruppe P6/mcc (Raumgruppen-Nr. 192)Vorlage:Raumgruppe/192 mit den Gitterparametern a = 10,41 Å und c = 13,79 Å sowie 2 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[3]

Milarit ist ein Ringsilikat mit unverzweigten 6er-Doppelringen als Anionenkomplex.

Bildung und Fundorte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Perfekt gewachsener, dihexagonal-dipyramidaler Milaritkristall
Radialstrahliger Milarit vom Middle Moat Mountain, Carroll County (New Hampshire), New Hampshire, USA (Größe: 7,4 cm × 6,9 cm × 3,9 cm)

Milarit ist ein ausgesprochenes Niederdruckmineral und wird bei Temperaturen von ca. 250 bis 200 °C und dem Vorhandensein alkalischer Fluide gebildet.[6] Das Mineral tritt daher in spätmagmatisch entstandenen Gesteinen wie Pegmatiten und Miarolen in Plutoniten, in hydrothermalen Erzlagerstätten sowie als alpines Kluftmineral auf. Auch als Alterationsprodukt anderer Berylliumminerale ist Milarit bekannt.[6]

Klassische Fundorte von Milarit liegen in den zentralen Schweizer Alpen, z. B. im Gebiet des Vorderrheintals (Val Giuv, Val Strem, Val Val[7]), am Tysfjord in Norwegen[8] und in Namibia (Rössing-Mine[9]).

Verwendung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Nutzung von Milarit beschränkt sich auf die gelegentliche Verarbeitung zu Schmucksteinen. Vom Vorkommen der Rössing-Mine in Namibia ist Milarit in Edelsteinqualität bekannt.[9][10]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Milarite – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
  2. a b Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. 6., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2014, ISBN 978-3-921656-80-8.
  3. a b c Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 613.
  4. IMA/CNMNC List of Mineral Names; November 2015 (PDF 1,6 MB)
  5. G. Strübel, S. H. Zimmer: Lexikon der Minerale. Enke Verlag, Stuttgart 1991, ISBN 3-432-92722-3.
  6. a b c F. C. Hawthorne, M. Kimata, P. Černý, N. Ball, G. R. Rossman, J. D. Grice: The crystal chemistry of the milarite-group minerals. In: American Mineralogist. Band 76, 1991, S. 1836–1856.
  7. H. A. Stalder, A. Wagner, S. Graeser, P. Stuker: Mineralienlexikon der Schweiz. Wepf, Basel 1998.
  8. T. Husdal: The minerals of the pegmatites within the Tysfjord granite, northern Norway. In: Norsk Bergverksmuseum skrift. Band 38, 2008, S. 5–28.
  9. a b T. P. Moore: Alpine milarite. In: The Mineralogical Record. Band 35, 2004, S. 405–418.
  10. Friedrich Klockmann: Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie. Hrsg.: Paul Ramdohr, Hugo Strunz. 16. Auflage. Enke, Stuttgart 1978, ISBN 3-432-82986-8, S. 43 (Erstausgabe: 1891).