„Werkstatt für behinderte Menschen“ – Versionsunterschied

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Die '''Werkstatt für behinderte Menschen''' ist eine Einrichtung zur Eingliederung von Menschen mit [[Behinderung]] in das Arbeitsleben („Berufliche [[Rehabilitation]]“) bzw. [[Integration (Soziologie)|Integration]] (siehe [[Eingliederungshilfe]]). Die entsprechenden Einrichtungen sind in Deutschland in der [[Bundesarbeitsgemeinschaft Werkstätten für behinderte Menschen]] (BAG:WfbM) organisiert, auf europäischer Ebene besteht die ''[[EASPD|European Association of service providers for persons with disabilities]]'' (''Europäische Vereinigung der Dienstleister für Menschen mit Behinderungen''<ref>[http://www.easpd.eu easpd.eu]</ref>)

Die Bezeichnung, häufig auch mit '''WfbM''' abgekürzt, ist seit dem 1. Juli 2001 durch das „Neunte Buch“ im [[Sozialgesetzbuch]] ([[SGB IX]]) gesetzlich verbindlich. Sie löste den seit 1961 im [[Bundessozialhilfegesetz]] (BSHG) verwendeten Begriff ''Werkstatt für Behinderte (WfB)'' ab. Andere veraltete Bezeichnungen sind ''Beschützende Werkstätte'', ''Geschützte Werkstätte'' oder ''Behindertenwerkstatt''.

Ziel ist es, einer vorliegenden [[Erwerbsminderung]] bzw. [[Erwerbsunfähigkeit]] vorzubeugen oder sie zu verbessern: Zielgruppe sind Menschen, welche weniger als drei Stunden täglich am allgemeinen Arbeitsmarkt teilnehmen können.

In einer ''WfbM'' Beschäftigte gelten in Deutschland [[Sozialrecht (Deutschland)|sozialrechtlich]] im Gegensatz zu den vom Träger der Einrichtung angestellten „Anleitern“, [[Gruppenleiter]]n, „Vorarbeitern“ usw. nicht als [[Arbeitnehmer]], sie gelten als „[[Rehabilitation|Rehabilitanden]]“ - in [[Haftanstalt|Haftanstalten]] Beschäftigte sind ebenfalls keine Arbeitnehmer, sie werden „[[Resozialisierung|resozialisiert]]“. Für beide Beschäftigtengruppen gelten also z.&nbsp;B. Regelungen über einen [[Mindestlohngesetz (Deutschland)|gesetzlichen Mindestlohn]] nicht. Während z.&nbsp;B. in Frankreich entsprechend Beschäftigte ein [[Existenzsicherung|existenzsicherndes]] [[Arbeitsentgelt]] bekommen, wird in Deutschland unter Umständen ihr einrichtungsabhängiger Lohn durch eine zusätzliche [[Grundsicherung]] so weit aufgestockt, dass ihr Einkommen zur [[Existenzsicherung|Sicherung ihrer Existenz]] ausreicht. Solange die Summe aus Lohn und Grundsicherung nicht das Niveau des [[Existenzminimum]]s übersteigt, führt eine höhere Arbeitsleistung nicht zu einem höheren Einkommen.<ref name="BZ 21-11-014">[http://www.badische-zeitung.de/kirchzarten/bisher-gibt-s-nur-einzelprojekte--95058977.html badische-zeitung.de: ''Bisher gibt’s nur Einzelprojekte'']. [[Badische Zeitung]], 21. November 2014</ref> Diese Schwelle kann in aller Regel nur dann überschritten werden, wenn Beschäftigte in einer ''WfbM'' zum Bezug einer [[Gesetzliche Rentenversicherung (Deutschland)|Rente]] „wegen [[Verminderte Erwerbsfähigkeit|verminderter Erwerbsfähigkeit]]“ berechtigt sind, was frühestens zwanzig Jahre nach Eintritt in die ''WfbM'' der Fall ist.<ref>[http://www.lebenshilfe-bamberg.de/index.php?id=1880 lebenshilfe-bamberg.de: ''Erwerbsminderungsrente'']</ref> Diese Rente errechnet sich dann auf der Grundlage eines fiktiven durchschnittlichen während der Beschäftigungszeit in der WfbM erhaltenen (Mindest-)Einkommens.

Von 1997 bis 2007 stieg die Zahl der WfbM-Arbeitsplätze um über 50 % auf ca. 300.000, während die Vermittlungsquote auf den „allgemeinen Arbeitsmarkt“ bei unter 1 % lag.<ref>[http://www.taz.de/Debatte-Behindertengerechtigkeit/!74546/ taz.de: ''Geldgierige Wohlfahrt'']. [[Taz]], 15. Juli 2011</ref> Der Beschäftigungsbereich der WfbM wird im Gegensatz zum sogenannten „[[Erster Arbeitsmarkt|Ersten Arbeitsmarkt]]“ („freie Wirtschaft“), zu dem auch die sogenannten [[Integrationsbetrieb]]e gehören, auch „[[Zweiter Arbeitsmarkt]]“ („staatlich unterstützte Beschäftigung“) genannt, gelegentlich auch „dritter“ [[Arbeitsmarkt]] (siehe auch [[Schattenwirtschaft]] bzw. [[Schattenmarkt]]).

Dabei liegt 2014 die [[Arbeitslosenquote]] von Menschen mit Behinderungen europaweit seit Jahren bei 15 %<ref name="BZ 21-11-014"/>, in Deutschland bei ca. 14 %.<ref>[http://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.arbeitsmarkt-menschen-mit-behinderung-weiter-im-nachteil.b92d6d06-e301-414f-bebe-dfb84815b344.html stuttgarter-nachrichten.de: ''Menschen mit Behinderung weiter im Nachteil'']. [[Stuttgarter Nachrichten|Stuttgarter Nacjh]], 14. Dezember 2014</ref>

Die Anzahl der entsprechenden „Werkstätten“ lag 2012 deutschlandweit bei 682.<ref>Bundesarbeitsgemeinschaft Werkstätten für behinderte Menschen (BAG WfbM)</ref>

== Zielgruppe ==
Die Zielgruppe für Maßnahmen der beruflichen [[Rehabilitation]] oder der [[Eingliederungshilfe]] in einer Werkstatt für behinderte Menschen (im folgenden Werkstatt genannt) ist eingegrenzt: Personen, die ihrer körperlichen, geistigen oder psychischen Beeinträchtigungen oder Besonderheiten wegen ''nicht'', ''noch nicht'' oder noch nicht wieder auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erwerbstätig werden können, haben ein Recht auf einen Werkstattplatz. Eine Anerkennung als [[Schwerbehindertenrecht (Deutschland)|Schwerbehinderter]] oder ein [[Schwerbehindertenausweis]] ist kein Aufnahmekriterium der Werkstätten.

Es gibt unterschiedliche Interpretationen des Phänomens, dass in einigen Werkstätten vermehrt auch Menschen mit einer [[Lernbehinderung]] oder [[Körperbehinderung]] ohne das Merkmal einer [[Geistige Behinderung|geistigen Behinderung]] aufgenommen werden. Die überörtlichen Träger der Sozialhilfe gehen davon aus, dass zurzeit ca. fünf Prozent aller Werkstattbeschäftigten fehlplatziert seien und eigentlich auf dem ersten Arbeitsmarkt beschäftigt sein könnten. Der „Bundesverband evangelische Behindertenhilfe (BeB)“ kritisiert diese Einschätzung allerdings als „politisch motiviert gegriffene Zahl“<ref name="Vereinte Nationen">[http://www.beb-ev.de/files/pdf/stellungnahmen/2008-12_stellungnahme_un_konvention.pdf „Stellungnahme des BeB zum Gesetz zu dem Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 13.12.2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen sowie dem Fakultativprotokoll vom 13.12.2006. S.17“] (PDF; 97&nbsp;kB)</ref>

Eine vom [[Bundesministerium für Arbeit und Soziales]] (BMAS) in Auftrag gegebene „ISB-Studie“ kommt dagegen zum Schluss, dass insbesondere bei der Gruppe der aufgenommenen Menschen mit Lernbehinderung ein „Zusammenhang zwischen Lernbehinderung und zusätzlicher Verhaltensauffälligkeit (...) in besonderer Weise“ zuträfe. Die daraus resultierenden Folgeprobleme und der Mangel an angemessenen Alternativmaßnahmen führe dann im Arbeitsbereich häufig zu Kostenübernahmen durch die Sozialhilfeträger, das sei kein „Automatismus zwischen Werkstatt, Arbeitsagentur und Schule mit dem Förderschwerpunkt Lernen“.<ref>[http://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/PDF-Publikationen/forschungsbericht-f383.pdf „ISB-Studie“], abgerufen am 10. August 2009, S. 233</ref>

== Aufgaben einer WfbM ==
Die Aufgaben der Werkstatt für behinderte Menschen sind § 136 des SGB IX beschrieben.

Demnach muss eine WfbM eine „angemessene berufliche Bildung“ anbieten. Die Leistungs- oder Erwerbsfähigkeit der dort beschäftigten Menschen soll erhalten, entwickelt, erhöht oder wiedergewonnen werden, wobei gleichzeitig auch deren Persönlichkeitsentwicklung ermöglicht werden soll ({{§|136|SGB_9|juris}} SGB IX). Außerdem hat die Werkstatt auch eine Beschäftigung zu einem der Leistung angemessenen Arbeitsentgelt aus den Arbeitsergebnissen anzubieten.

=== Vermittlung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt ===
Die Werkstatt soll den Übergang geeigneter Personen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt durch geeignete Maßnahmen fördern. Sie verfügt über ein möglichst breites Angebot an Berufsbildungs- und Arbeitsplätzen sowie über qualifiziertes Personal und einen begleitenden Dienst.
Auch die sogenannten ausgelagerten Arbeitsplätze auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sollen zum Zwecke des Übergangs und als dauerhaft ausgelagerte Plätze angeboten werden (§ 136 SGB IX).

=== Wirtschaftliche Grundsätze ===
Außerdem soll die Werkstatt nach wirtschaftlichen Grundsätzen geführt werden und dem dort Beschäftigten im Arbeitsbereich ein Entgelt zahlen. Dies beinhaltet, dass die Werkstatt auch gewerbliche und private Kunden, die Waren und Dienstleistungen bei ihr anfordern, zufriedenstellen muss, um einen entsprechenden Umsatz zu gewährleisten. Das auszuzahlende Entgelt wird aus dem Arbeitsergebnis nach Abzug einer Lohnrücklage und einer Investitionsrücklage gebildet.

== Gesetzliche Grundlagen ==
Es gibt für die Werkstätten drei wichtige gesetzliche Grundlagen: das [[SGB IX]] (9. [[Sozialgesetzbuch]]), die [[Werkstättenverordnung]] (WVO) und die [[Werkstätten-Mitwirkungsverordnung]] (WMVO).

Im [[SGB IX]] ist geregelt, welche staatlichen Stellen für die Werkstätten und deren Beschäftigten zuständig sind, welche Aufgaben und Anforderungen an Werkstätten gestellt werden und welche Ansprüche die Beschäftigten erheben können. Auch die Regulierung der Kostenträger und der Geldleistungen ist hier ([[SGB IX]], §4 ff.) festgelegt.

In der Werkstätten-Mitwirkungsverordnung ist geregelt, dass Werkstattbeschäftigte durch eigene Werkstatträte am Geschehen der Werkstatt beteiligt werden und welchen Einfluss sie ausüben können.

Laut Werkstättenverordnung soll eine WfbM mindestens 120 behinderten Mitarbeitern die Möglichkeit geben, Arbeit zur Teilhabe am Arbeitsleben anzubieten und die behinderungsbedingten Möglichkeiten des jeweiligen Werkstattbeschäftigten beachten. Die Werkstatt muss - sofern die Aufnahmekriterien erfüllt sind - in ihrem Einzugsgebiet alle betroffenen Menschen aufnehmen, damit eine ortsnahe Förderung stattfinden kann. Das betrifft Menschen mit mentalen, psychischen und physischen Beeinträchtigungen. Eine Ausnahme bilden Menschen, die einer überdurchschnittlichen Pflege bedürfen, oder von denen eine starke Fremd- oder Eigengefährdung ausgeht.

Viele Werkstätten trennen die Bereiche nach den psychischen, physischen oder mentalen Eigenarten der Menschen, um eine optimale Förderung zu gewährleisten.

Die Kosten für einen Werkstattplatz tragen die überörtlichen [[Sozialhilfeträger]], die Berufsgenossenschaften, die [[Deutsche Rentenversicherung]] oder die [[Bundesagentur für Arbeit]]. Diese Träger fördern die Maßnahme in den ersten 27 Monaten (maximal).

== Organisation und Struktur ==
Bundesweit gibt es zurzeit etwa 700 anerkannte Werkstätten mit rund 280.000 Plätzen (Erster Staatenbericht der Bundesrepublik Deutschland zum Übereinkommen der Vereinten Nationen über Rechte von Menschen mit Behinderungen, 2011, S. 70: [http://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/staatenbericht-2011.pdf?__blob=publicationFile]). Der Maßnahmeverlauf ist in drei verschiedenen Stufen geregelt:

=== Eingangsverfahren (EV) ===
Das Eingangsverfahren dient dem Teilnehmer dazu, sich einen ersten Einblick in die Werkstatt zu verschaffen. Es soll festgestellt werden, ob die Werkstatt die geeignete Einrichtung „für die Teilhabe des behinderten Menschen am Arbeitsleben ist sowie welche Bereiche der Werkstatt und welche Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben für den behinderten Menschen in Betracht kommen“ ({{§|40|SGB_9|juris}} Abs.&nbsp;1 Nr.&nbsp;1 SGB IX). Ein Eingliederungsplan wird erstellt, in dem die Kompetenzen des behinderten Menschen aufgenommen und Ziele für den anschließenden Förder- und Bildungsprozess gemeinsam aufgestellt werden. Das EV dauert in der Regel drei Monate. Finanziert wird das EV durch den zuständigen [[Rehabilitationsträger]]. In der Regel ist das die Bundesagentur für Arbeit, der Träger der gesetzlichen Rentenversicherungen ([[Deutsche Rentenversicherung]]) oder eine [[Berufsgenossenschaft]].

=== Berufsbildungsbereich (BBB) ===
Nach dem Eingangsverfahren (EV) folgt der Berufsbildungsbereich (BBB).

Der BBB dauert maximal zwei Jahre. Nach dem ersten Jahr BBB (Grundkurs) erfolgt ein Bericht, der im Fachausschuss, dem Beratungsgremium von Werkstatt und Vertretern aus Arbeitsagentur und Sozialhilfe, besprochen wird. Kann die Leistungsfähigkeit des Teilnehmers weiter gefördert werden, soll der zuständige Rehabilitationsträger das zweite Jahr im BBB (Aufbaukurs) bewilligen.

Der Berufsbildungsbereich gliedert sich in einen Grund- und einen Aufbaukurs von jeweils 12-monatiger Dauer, in denen verschiedene Fertigkeiten (im Aufbaukurs mit höherem Schwierigkeitsgrad) vermittelt werden. Auch soll das Selbstwertgefühl des Werkstattbeschäftigten gehoben und das Sozial- und Arbeitsverhalten gefördert werden. Dabei ist auch eine möglichst realistische Selbsteinschätzung der individuellen Fähigkeiten anzustreben. Angebote zur Entwicklung der lebenspraktischen Fertigkeiten (Erlernen von sozialen Normen und Werten (Regeln, Pünktlichkeit u.ä.), Körperpflege, Gesundheitspflege, Kleidung, Essen und Trinken, Verkehrserziehung, Umgang mit Geld) sind in die Förderungen mit einbezogen. Für den BBB ist ein Gruppenschlüssel von 1:6 gesetzlich gefordert ({{§|9|schwbwv|juris}} Abs. 3 WVO).

Zum Berufsbildungsbereich wurde im Jahr 2002 ein Rahmenprogramm von Seiten der [[Agentur für Arbeit]] und der [[BAG:WfbM]] erstellt. Dieses Rahmenprogramm ist zwar keine gesetzlich festgelegte Vorgabe, jedoch ist davon auszugehen, dass sich die Kostenträger in ihren Anforderungen an die Werkstatt eng an das Dokument binden werden. (s. u.: Weblinks)

Die Bundesagentur für Arbeit fordert von den Trägern seit dem 1. Januar 2013 eine Trägerzulassung analog der Akkreditierungs- und Zulassungsverordnung Arbeitsförderung für den Berufsbildungsbereich.

=== Arbeitsbereich (AB) ===
Nach dem BBB haben die Teilnehmer die Möglichkeit, in den Arbeitsbereich der Werkstatt zu wechseln. Die Beschäftigung im Arbeitsbereich ist unbefristet. Die Werkstatt soll über ein möglichst breites Angebot an Arbeitsplätzen mit weitgehender Entsprechung zum allgemeinen Arbeitsmarkt verfügen, um der Art und Schwere der Behinderung, der unterschiedlichen Leistungsfähigkeit sowie Eignung und Neigung des betreffenden Menschen so weit wie möglich Rechnung zu tragen. Auch hier findet eine weitergehende Förderung statt.

=== Integrationsauftrag und Ausgelagerte Arbeitsplätze ===
Heute ist die WfbM der geeignete Ort zur Teilhabe am Arbeitsleben und an der Gemeinschaft für all jene Menschen, die von der Erwerbswirtschaft nicht gewollt werden. Der Gesetzgeber drückt das in § 136 Abs.1 SGB IX so aus:

''„Die Werkstatt für behinderte Menschen (…) hat denjenigen behinderten Menschen, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht, noch nicht oder noch nicht wieder auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt beschäftigt werden können,''

''1. eine angemessene berufliche Bildung und eine Beschäftigung zu einem ihrer Leistung angemessenen Arbeitsentgelt aus dem Arbeitsergebnis anzubieten und''

''2. zu ermöglichen, ihre Leistungs- oder Erwerbsfähigkeit zu erhalten, zu entwickeln, zu erhöhen oder wiederzugewinnen und dabei ihre Persönlichkeit weiterzuentwickeln.''

''(…)“''

Nicht nur durch die Lage auf dem Arbeitsmarkt, sondern auch wegen der genannten Grundbedingungen für einen Werkstattplatz gelingt jährlich weniger als 1 % der Werkstattbeschäftigten der Übergang auf den allgemeinen Arbeitsmarkt.

[[Integrationsfachdienst]]e (IFD gemäß {{§|109|sgb_9|juris}} SGB IX) und so genannte „Außenarbeitsplätze“ können den Übergang in den Arbeitsmarkt verbessern. „Außenarbeitsplatz“ bedeutet: Ein Mensch mit Behinderung arbeitet in einem privatwirtschaftlichen Unternehmen, bleibt vom Status her aber Werkstattbeschäftigter. Die [[Werkstättenverordnung]] regelt diese „Außenarbeitsplätze“ in {{§|5|schwbwv|juris}} Abs.4 WVO:

''„(4) Der Übergang von behinderten Menschen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt ist durch geeignete Maßnahmen zu fördern, insbesondere auch durch die Einrichtung einer Übergangsgruppe mit besonderen Förderangeboten, Entwicklung individueller Förderpläne sowie Ermöglichung von Trainingsmaßnahmen, Betriebspraktika und durch eine zeitweise Beschäftigung auf ausgelagerten Arbeitsplätzen. Dabei hat die Werkstatt die notwendige arbeitsbegleitende Betreuung in der Übergangsphase sicherzustellen und darauf hinzuwirken, dass der zuständige [[Rehabilitationsträger]] seine Leistungen und nach dem Ausscheiden des behinderten Menschen aus der Werkstatt das [[Integrationsamt]], gegebenenfalls unter Beteiligung eines [[Integrationsfachdienst]]es, die begleitende Hilfe im Arbeits- und Berufsleben erbringen…“''

=== Mitwirkung ===
Die Werkstattbeschäftigten haben gesetzlich vorgeschriebene Mitwirkungsrechte. In allen Werkstätten werden [[Werkstattrat|Werkstatträte]] gewählt, die die Interessen der Beschäftigten im Arbeitsbereich vertreten und mit der Leitung diskutieren. Auch die Anliegen der Teilnehmer im Berufsbildungsbereich sowie im Eingangsverfahren werden berücksichtigt. In der „Werkstätten-Mitwirkungsverordnung“ sind Rechte und Pflichten des Werkstattrates, aber auch der Werkstattleitung geregelt.
Im Einvernehmen mit dem Träger der Werkstatt kann ein Eltern- und Betreuerbeirat errichtet werden, der die Werkstatt und den Werkstattrat bei ihrer Arbeit berät und durch Vorschläge und Stellungnahmen unterstützt. Die gewählten Werkstatträte und Eltern- und Betreuerbeiräte können bei allen relevanten Fragen Einfluss nehmen.

Werkstatträte haben sich über ihre eigene Werkstatt hinaus auf Landes- und Bundesebene organisiert, die erste war im Mai [[2000]] die [http://www.werkstattrat-nrw.de/ Landesarbeitsgemeinschaft der Werkstatträte in NRW]als Ergebnis mehrjähriger Erwachsenenbildungsarbeit mit Werkstatträten unter der Leitung von Dieter Niermann an der Ev. [[Heimvolkshochschule]] Lindenhof, [[Von Bodelschwinghsche Stiftungen Bethel|Bethel]]. 2004 bildete sich eine Bundesarbeitsgemeinschaft der Werkstatträte, die sich 2007 selbst aufgelöst hat. Am 7. Februar 2008 gründete sich die Bundesvereinigung der Landesarbeitsgemeinschaften der Werkstatträte (BVWR).<ref>''[http://bagwfbm.de/article/719 Bundesvereinigung der Werkstatträte in Berlin gegründet]'' auf der Seite der [[Bundesarbeitsgemeinschaft Werkstätten für behinderte Menschen|BAG WfbM]], abgerufen am 6. Januar 2012</ref>

== Betriebswirtschaftliche Grundsätze ==
Der Hauptauftrag der Werkstätten ist die Reha- und Integrationsaufgabe, die „Teilhabe am Arbeitsleben“ für Menschen mit Behinderung. Mit diesem Hauptauftrag erzielen die Werkstätten 70 bis 90 % ihrer Erlöse.

Dennoch sind die Werkstätten in ihren Produktionsbereichen nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen organisiert und wollen wirtschaftliche Arbeitsergebnisse anstreben, um den Beschäftigten im Arbeitsbereich ein Arbeitsentgelt zahlen zu können. Für das Selbstwertgefühl der Beschäftigten ist mit entscheidend, dass sie eine ökonomisch sinnvolle und effiziente Arbeit übernehmen. Werkstätten stützen sich häufig auf drei Standbeine: Auftragsarbeiten, Eigenproduktion und Dienstleistungen. Dies umfasst zum Beispiel Montage-, Verpackungs- und Versandaufträge für Betriebe aus Industrie, Handwerk und Handel. Viele Werkstätten verfügen über eine beträchtliche Eigenproduktion (z. B. Holzspielzeuge, kunstgewerbliche Gegenstände, Textilien oder Gartenmöbel). Zukunftsträchtig sind Angebote aus dem Bereich der EDV-Dienstleistungen. Aber auch Garten- und Landschaftspflege, Landwirtschaft, Recycling von Elektro(nik)-Altgeräten, Küchen- und Partyservice, Wäscherei, Druck und Versand von Werbemitteln, der Betrieb eines Tierparks oder einer Eissporthalle gehören zum Angebot. Aktenvernichtung, auch als Komplettservice und nach DIN-genormter Sicherheitsstufe, ist eine Stärke vieler Werkstätten. Passend dazu bieten einige Einrichtungen auch die professionelle Archivierung von Dokumenten an, die eingescannt, auf Datenträger überspielt oder auch online auf einem [[Server]] bereitgehalten werden.

Um auch große und überregionale Kunden adäquat bedienen zu können, haben sich zahlreiche Werkstätten in Form von gemeinnützigen Genossenschaften oder gemeinnützigen Gesellschaften zusammengeschlossen (z.B. [[GDW-Nord]], [[Genossenschaft der Werkstätten für behinderte Menschen Hessen und Thüringen eG|GDW Hessen-Thüringen]], GDW-NRW, [[GAV Berlin]], GfA Sachsen, GDW-NBSA). Diese Gesellschaften unterstützen die Werkstätten bei der Akquise und koordinieren Großprojekte.

Viele Werkstätten nutzen heute ein [[Qualitätsmanagement]] und sind in der Auftragsabwicklung und in der Leistungserbringung gegenüber den Menschen mit Behinderung nach einer [[Qualitätsmanagementnorm]] wie beispielsweise ISO 9001:2000 [[zertifiziert]].

== Rehabilitationsspezifisches Qualitätsmanagementsystem ==
WfbM Qualität Plus ist ein rehabilitationsspezifisches Qualitätsmanagementsystem für Werkstätten für behinderte Menschen. Das SGB IX fordert ein Qualitätsmanagementsystem von Werkstätten für behinderte Menschen.

== Ausgleichsabgabe ==
Arbeitgeber, die an WfbM Aufträge erteilen, können gemäß {{§|140|sgb_9|juris}} SGB IX bis zu ''...50 vom Hundert des auf die Arbeitsleistung der Werkstatt entfallenden Rechnungsbetrages solcher Aufträge (Gesamtrechnungsbetrag abzüglich Materialkosten) auf die Ausgleichsabgabe anrechnen...'' <br>
Aufträge der öffentlichen Hand, die von Werkstätten ausgeführt werden können, sind diesen bevorzugt anzubieten ({{§|141|sgb_9|juris}} SGB IX).

== Arbeitsentgelt und Sozialtransfers ==
Im '''Berufsbildungsbereich''' erhalten Rehabilitanden („Teilnehmer“) kein Entgelt durch die WfbM, sondern entweder ein ''[[Ausbildungsgeld]]'' oder ein ''[[Übergangsgeld]]'' vom zuständigen Rehabilitationsträger.
Das ''[[Ausbildungsgeld]]'' ist gesetzlich festgelegt. Zurzeit werden für die ersten 12 Monate (ab Eingliederung in die Werkstatt) 67 Euro gezahlt. Anschließend steigt das Ausbildungsgeld auf 80 Euro monatlich. Maßgeblich ist hierbei {{§|125|sgb_3|juris}} SGB III.

Im '''Arbeitsbereich''' ist dagegen eine Entlohnung durch die Werkstatt verpflichtend vorgeschrieben, wobei in der Regel mindestens 70 % des Arbeitsergebnisses ausgeschüttet werden müssen ({{§|12|schwbwv|juris}} Abs. 5 S. 1 WVO).

Das individuelle Entgelt basiert auf einem '''Grundbetrag''', der zurzeit 75 Euro, ab 01. Januar 2016 80 Euro, beträgt ({{§|125|sgb_3|juris}} SGB III). Dieser Betrag ist gesetzlich vorgeschrieben ({{§|138|sgb_9|juris}} Abs.&nbsp;2 SGB IX). Hinzu kommt ein Arbeitsförderungsgeld in Höhe von 26 Euro monatlich ({{§|43|sgb_9|juris}} SGB IX). Auf den Grundbetrag aufbauend wird ein '''Steigerungsbetrag''', der leistungsabhängig sein soll, gezahlt. Bei der Bemessung des Steigerungsbetrages werden, je nach Konzept der Werkstatt, neben quantitativen und qualitativen Aspekten der Arbeitsleistung auch die Komplexität des Arbeitsplatzes, das Sozialverhalten, Schmutz- und Lärmzulagen, Lebensalter und die Werkstattzugehörigkeit berücksichtigt. Das Durchschnittsentgelt in den deutschen Werkstätten für behinderte Menschen betrug im Jahr 2008 rund 159 Euro im Monat (bei einer Mindestbeschäftigungszeit von 35 Stunden in der Woche).<ref>Nach Angaben des [[Statistisches Bundesamt|Statistischen Bundesamt]], zitiert von der Website der Bundesarbeitsgemeinschaft Werkstätten für behinderte Menschen BAGWfbM [http://bagwfbm.de/page/101], abgerufen 7. Juni 2010</ref> Von diesem geringen Einkommen müssen diejenigen behinderten Menschen, die auf weitere Hilfen angewiesen sind (z. B. eine Wohnheimunterbringung), noch erhebliche Eigenleistungen erbringen. Diese Regelungen beziehen sich auf den {{§|82|sgb_12|juris}} SGB XII und legen fest, dass der Einkommensfreibetrag für Hilfeempfänger lediglich bei rund 43 Euro liegt. Darüber hinausgehendes Entgelt ist für die Wohnheimkosten einzusetzen. Einem Durchschnittsverdiener in der WfbM bleiben von den 159 Euro/Monat nach dem Abzug von 80,15 Euro für die Wohnheimunterbringung ein Resteinkommen von 78,85 Euro.

Zu den üblichen Leistungen gehört auch die Sicherstellung der Beförderung zur Werkstatt und ein Mittagessen.

Die Werkstattbeschäftigten werden unabhängig von den häufig geringen Entgeltzahlungen wie andere Arbeitnehmerunfall-, kranken-, pflege- und rentenversichert. Nach 20 Jahren Werkstatttätigkeit hat man dadurch Anspruch auf [[Gesetzliche Rentenversicherung (Deutschland)|Rente wegen Erwerbsminderung]]. Deren Höhe beträgt gemäß {{§|162|sgb_6|juris}} SGB VI 80 Prozent des [[Rentenniveau]]s eines durchschnittlichen deutschen Arbeitnehmers.

Vor Ablauf der Zwanzigjahresfrist stehen denjenigen Angehörigen einer WfbM, die nicht über zusätzliche Einnahmen oder Vermögen verfügen, in der Regel Leistungen im Rahmen der [[Grundsicherung]] bei Erwerbsminderung zu. Diese erhalten diejenigen, die das [[Volljährigkeit|18. Lebensjahr vollendet]] haben und im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung dauerhaft voll erwerbsgemindert sind ({{§|43|sgb_6|juris}} Abs.&nbsp;2 SGB&nbsp;VI). Die Summe aus individuellem Entgelt und Grundsicherung entspricht nach {{§|42|sgb_6|juris}} SGB VI dem Betrag, den auch ein [[Bedürftigkeit|bedürftiger]] Rentner bei gleichen Lebensumständen erhalten würde.

== Arbeitsgruppen ==
Der Gruppenschlüssel im Arbeitsbereich beträgt (laut WVO §9 Abs. 3) 1:12 (eine Fachkraft auf zwölf behinderte Mitarbeiter). Dies gilt als statistischer und gesetzlicher Wert. Jede Gruppe wird angeleitet durch eine (oftmals) „Gruppenleiter“ (den Begriff gab es gesetzlich noch nie) genannte „Fachkraft zur Arbeits- und Berufsförderung“ (FAB). Die Fachkräfte besitzen eine sonderpädagogische Zusatzausbildung und sind für die Qualität der entstehenden Endprodukte und die Entwicklung der Persönlichkeit der Werkstattbeschäftigten zuständig. Die Fachkräfte sollen möglichst aus dem handwerklichen Bereich stammen (Meisterqualifikation) und zusätzlich der pädagogischen Aufgabe gewachsen sein.
In vielen Werkstätten wurden in den Arbeitsgruppen zur Unterstützung [[Zivildienstleistender|Zivildienstleistende]] eingesetzt. Zuweilen wird noch jemand unterstützend eingesetzt, der/die ein [[Freiwilliges Soziales Jahr|freiwilliges soziales Jahr]] leisten möchte.

== Begleitende oder Soziale Dienste ==
Den Fachkräften stehen begleitende Dienste zur Seite, welche helfen, die Maßnahme und entsprechende Förderung zu konkretisieren oder ganz praktisch bei Konfliktsituationen Hilfe anbieten zu können. Dies sind hauptsächlich [[Sozialpädagoge]]n oder [[Sozialarbeiter]]. In Einrichtungen für Menschen mit psychischen Besonderheiten können auch [[Psychologe]]n eingestellt sein, die unterstützend zur Seite stehen.
In den verschiedenen Werkstätten werden oft weitere begleitende Dienste wie [[Ergotherapie]], [[Rehasport]] oder [[Erwachsenenbildung]] angeboten.

== Fachausschuss ==
In jeder WfbM ist, nach § 2 WVO (Werkstättenverordnung), ein [[Fachausschuss]] zu bilden. Diesem gehören in gleicher Zahl jeweils Vertreter der Werkstatt, Vertreter der [[Bundesagentur für Arbeit]] sowie Vertreter des überörtlichen oder - je nach Bundesland - örtlichen Trägers der [[Sozialhilfe]] an.

Der Fachausschuss soll auch Vertreter anderer Rehabilitationsträger wie z. B. der [[Deutsche Rentenversicherung|Deutschen Rentenversicherung]] (ehem. LVA und BfA) oder der [[Berufsgenossenschaft]]en beteiligen, wenn deren Zuständigkeit zur Erbringung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und ergänzender Leistungen in Betracht kommt. Er kann auch andere Personen hinzuziehen oder Sachverständige anhören.

Im Fachausschuss wird über Voraussetzungen und Förderung in der Werkstatt im Einzelfall beraten. Für jeden Werkstattbeschäftigten gibt der Fachausschuss ein Votum darüber ab, ob er aufgenommen werden soll, ob und wie er im Berufsbildungsbereich gefördert werden soll, ob er in den Arbeitsbereich übernommen wird und in welchen Bereich. Auch weitergehende Qualifizierungsmaßnahmen sind hier Beratungsgegenstand und ebenso Maßnahmen zur Gestaltung des Übergangs in den allgemeinen Arbeitsmarkt. Das fachliche Votum des Fachausschusses soll für den zuständigen Rehabilitationsträger Grundlage seiner Kostenentscheidung sein.

== Zukunft der Werkstätten für behinderte Menschen ==
Im Zusammenhang mit der öffentlichen Debatte über die Einführung eines [[Mindestlohngesetz (Deutschland)|gesetzlichen Mindestlohns]] verteidigte die Bundesarbeitsgemeinschaft WfbM ihre Haltung, dass es nicht möglich sei, diesen an einer WfbM an ihre Beschäftigten auszuzahlen. Eine WfbM habe „weniger den Leistungsanspruch als mehr die Schutzpflicht gegenüber unseren Werkstattbeschäftigten im Blick. […] Ihre Beschäftigung hängt eben nicht von ihrer individuellen Leistungsfähigkeit ab, auch wenn in Werkstätten etwas geleistet wird. Werkstattbeschäftigte sind keine Arbeitnehmer, sondern Rehabilitanden.“<ref>[http://www.bagwfbm.de/article/2201 bagwfbm.de: ''Verständnis für Entgelte entwickeln: BAG WfbM im Austausch mit Bundesverband Selbsthilfe Körperbehinderter e. V.'']. 5. Juni 2014</ref>

Der [[Bundesverband evangelische Behindertenhilfe]] (BeB) stellt fest, dass die [[UN-Konvention über Rechte von Menschen mit Behinderungen]] „sehr klar“ formuliere, „dass das Recht auf Arbeit und Beschäftigung für Menschen mit Behinderung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt umgesetzt werden soll“. Einen Hinweis auf Werkstätten für behinderte Menschen suche man demzufolge vergeblich. Denn die UN-Konvention übertrage die Ablehnung von Sonderwelten konsequent auch auf den Bereich Arbeit. Allerdings müsse man berücksichtigen, dass Werkstätten für behinderte Menschen in vielen anderen Ländern praktisch unbekannt seien. „Die teilweise berechtigte, teilweise auch unberechtigte öffentliche Kritik kann aber in der Konsequenz nicht bedeuten, dass alle Werkstätten von heute auf morgen abzuschaffen sind. Aus Sicht des BeB wird die WfbM auch in der Zukunft für viele Menschen mit Behinderung ein angemessener und notwendiger Ort sein, um sinnvoll tätig zu sein und durch eigene Arbeit zur gesellschaftlichen Wertschöpfung beizutragen. Die Leistungsanforderungen des allgemeinen Arbeitsmarktes und seine geringe Aufnahmefähigkeit, der Bedarf an anpassungsfähigen Arbeitskräften und die Abnahme von Hilfstätigkeiten erschweren und verhindern, dass alle Menschen mit Behinderung am allgemeinen Arbeitsleben teilhaben können.<ref name="Vereinte Nationen" />

Die Behauptung des BeB, es gebe außerhalb Deutschlands keine Einrichtungen, die mit deutschen Werkstätten für behinderte Menschen vergleichbar wären, ist nach Feststellung des Österreichers Franz Wolfmayr, Präsident der ''European Association of Service Providers for Persons with Disabilities (EASPD)'', sachlich falsch: Über drei Millionen Menschen mit Behinderungen arbeiteten in Europa in Sondereinrichtungen für Menschen mit Behinderungen, davon zehn Prozent in Deutschland.<ref>53° Nord: [http://www.53grad-nord.com/fileadmin/dokumente/newsletter2012/12-august-1.html ''Warum hat die WfbM einen schlechten Ruf?'']. ''Klarer Kurs''. Ausgabe August 2012</ref> In anderen Ländern jedoch sei es üblich, Werkstattlöhne zu subventionieren. Wolfmayr äußerte auf einer Tagung Ende 2014, die (zu geringe) Entlohnung von in WfbM's beschäftigten Menschen sei bislang ein z.&nbsp;B. auch von [[Gewerkschaft]]en viel zu wenig berücksichtigtes Thema.<ref name="BZ 21-11-014"/> Er hatte bereits 2012 auch gefordert, WfbM-Beschäftigten [[Arbeitnehmer]]-Rechte zu geben, mit Ihnen einen [[Arbeitsvertrag]] zu vereinbaren und sie [[Tarifvertrag|tariflich]] zu entlohnen.

Auch in [[Österreich]] wird von Gesetzes wegen zwischen „Erwerbsfähigen“ und „Nicht-erwerbsfähigen“ unterschieden, wobei Letztere aus dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausgegliedert werden. Der EASPD-Vorsitzende Wolfmayr hat mit dem von ihm geleiteten Projekt „Chance B“<ref>Chance B: [http://www.chanceb.at/index.php?seitenId=11 ''Über uns'']</ref> in der östlichen [[Steiermark]] von Anfang an versucht, dieses System zu unterlaufen. Seine Begründung: „Diese Regelung widerspricht der UN-Konvention. Nicht Erwerbsfähige können kein gleichberechtigtes Leben führen, sie werden nicht in die gesetzliche [[Unfallversicherung|Unfall-]] und [[Krankenversicherung]] aufgenommen und erwerben keine [[Gesetzliche Rentenversicherung|Rentenansprüche]]. Ihr Entgelt liegt auf [[Taschengeld]]niveau, teilweise unter zehn Euro. Um einen solchen beschämenden Status zu vermeiden, haben wir von Beginn an möglichst viele Menschen als erwerbsfähig definiert und sie mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln in den Arbeitsmarkt gebracht.“<ref>Chance B: [http://www.chanceb.at/index.php?seitenId=5&newsberichteId=288 ''Vorrang für den Arbeitsmarkt, Werkstätten sind die Ausnahme'']. 23. August 2011</ref> Zur Situation in Deutschland meint Wolfmayr: „Mein Eindruck ist, dass deutsche Organisationen noch dem Trugschluss unterliegen, sie könnten selbst dauerhaft entscheiden, wohin der Weg gehen soll und wie die UN-Konvention umgesetzt wird. Das wird auf Dauer so nicht möglich sein. Aber im Moment sind die Einrichtungen noch sehr stark und der Wandel vollzieht sich langsam. Wesentlicher Motor werden bei Ihnen wie auch bei uns die Forderungen von Eltern und Angehörigen sein sowie der Wunsch der Menschen mit Behinderung selbst. Aus österreichischer Sicht muss ich aber auch sagen, die deutschen Standards sind sehr hoch, und es wäre nicht ratsam, sie aufzugeben.“ Vom [[Rechnungshof]] des Landes Steiermark wurde Wolfmayr vorgehalten, er maximiere mit seinen Innovationen Kosten.<ref>[http://www.kleinezeitung.at/s/steiermark/weiz/3990810/Behinderte_Wolfmayr-gibt-die-Fuhrung-ab ''Behinderte: Wolfmayr gibt die Führung ab'']. ''Kleine Zeitung''. 10. Oktober 2012</ref>

Die EU-Kommission kündigte 2010 in dem Arbeitspapier ''Europäische Strategie zugunsten von Menschen mit Behinderungen 2010-2020'' an, die EU werde „die Frage der innerberuflichen Mobilität auf dem offenen Arbeitsmarkt und in geschützten Werkstätten aufgreifen“, und teilte mit, dass sie beabsichtige, „gegen die Sozialleistungsabhängigkeit von Menschen mit Behinderungen vorzugehen, die sie davon abhalten, in den Arbeitsmarkt einzutreten“.<ref>[http://www.era-comm.eu/UNCRPD/kiosk/documentation/413DV08/docu_de.pdf ''Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen'']. 15. November 2010. S. 21</ref>

Die „[[Aktion Mensch]]“ stellte 2011 fest, dass es einen Widerspruch zwischen der Existenz von „Einrichtungen, die einst speziell für die Gruppe der Menschen mit Behinderung geschaffen wurden,“ einerseits und dem „wünschenswerte[n] Ziel des gleichberechtigten Miteinanders von Menschen mit und ohne Handicap“ andererseits gebe. Die Antwort auf die Frage, ob sich dieser Widerspruch auflösen lasse, ist für die „Aktion Mensch“ offen.<ref>Heiko Kunert: [https://www.aktion-mensch.de/blog/beitraege/werkstaetten-und-inklusion-ein-widerspruch.html ''Werkstätten und Inklusion: Ein Widerspruch?'']. 23. November 2011</ref> Das Gerücht, sie sei nicht mehr bereit, Maßnahmen von Werkstätten für behinderte Menschen finanziell zu unterstützen, wird von der „Aktion Mensch“ dementiert.<ref>53° Nord: [http://www.53grad-nord.com/fileadmin/dokumente/newsletter/feb-2010-2.html ''Interview mit Friedhelm Pfeiffer'']. ''Klarer Kurs''. Ausgabe Februar 2010</ref>

== Literatur ==
* Horst H. Cramer: ''Werkstätten für behinderte Menschen''. Beck C. H., ISBN 3-406-52559-8.
* Florian Demke: ''Werkstätten für behinderte Menschen bei der Eingliederung ins Arbeitsleben. Das Spannungsfeld zwischen Exklusion und Inklusion''. GRIN Verlag, 2010, ISBN 9783640721771.
* Martin Rossol: ''Qualitätsmanagement in Werkstätten für behinderte Menschen: Die Implementierung von WfbM Qualität Plus''. VDM Verlag, Saarbrücken 2010, ISBN 978-3639259841
* Wolfgang Trunk: ''Qualität der Pädagogischen Arbeit in Werkstätten für behinderte Menschen'': DGQ-Band 31-21; Berlin, Wien, Zürich 2006.
* Martin Rossol: ''Muster-Handbuch AZAV - Trägerzulassung nach AZAV im Berufsbildungsbereich von Werkstätten für behinderte Menschen''. 2. Auflage, epubli Verlag, Berlin, 2012, ISBN 978-3844233209
* RAL Gütegemeinschaft Barrierefreiheit (Hrsg.): ''Managementanforderungen WfbM Qualität Plus 2013 - Begriffe und Kriterien''. epubli Verlag, Berlin, 2013, ISBN 978-3844230703
* Antje Kronberg: ''Zwischen Pädagogik und Produktion - Qualitätsmanagementsysteme in Werkstätten für behinderte Menschen''. Verlag Martin Rossol, Pretzfeld, 2013, ISBN 978-3944736419
* Marco Kreienbrink: ''Teilhabe am Arbeitsleben von Menschen mit Behinderungen im Kontext der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen am Beispiel von Werkstätten für behinderte Menschen''. GRIN Verlag, 2013, ISBN 978-3656483960.

== Siehe auch ==
* [[Behindertenorganisationen]]
* [[Behindertenrecht]]
* [[UN-Behindertenrechtskonvention]]
* [[Elbe-Werkstätten]]
* [[Hamburger Werkstatt für Erwerbsbeschränkte]]
* [[Ledder Werkstätten]]
* [[SIVUS-Methode]]
* [[Integrationsunternehmen]]

== Weblinks ==
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''Deutschland:''
* [http://www.bagwfbm.de/ Bundesarbeitsgemeinschaft der Werkstätten]
* [http://www.werkstaetten-im-netz.de/ Werkstätten im Netz]
* [http://www.gesetze-im-internet.de/sgb_9/ SGB IX (Teil 2, Kapitel 12)], Werkstätten für behinderte Menschen
* [http://www.gesetze-im-internet.de/wmvo/index.html WMVO (Werkstätten-Mitwirkungsverordnung)]
* [http://www.rehadat.de/ REHADAT] - Das Informationssystem zur beruflichen Rehabilitation enthält u.a. die Datenbank Werkstätten für behinderte Menschen.
* [http://www.aktionbildung.de/ aktionbildung.de] - Materialien und Konzepte für und von Werkstätten für behinderte Menschen
* [http://www.arbeitsagentur.de/zentraler-Content/HEGA-Internet/A03-Berufsberatung/Publikation/HEGA-06-2010-Fachkonzept-WfbM-Anlage.pdf Fachkonzept für Eingangsverfahren und Berufsbildungsbereich der Bundesagentur für Arbeit] (PDF; 70&nbsp;kB)
* [http://www.arbeitsagentur.de/zentraler-Content/A08-Ordnung-Recht/A081-Schwerbehindertenrecht/Publikation/pdf/Werkstaettenverzeichnis.pdf Verzeichnis der anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen] (PDF; 1,9&nbsp;MB)
* [http://www.wfbm-qualitaet.de/ WfbM Qualität Plus. Qualitätsmanagementsystem für Werkstätten für behinderte Menschen]
* [http://www.entia.de/karte-Liste-Werkstattlaeden/ Karte und Liste der Werkstattläden von WfbM in Deutschland]
* [http://www.behindertenbeauftragte.de/DE/Themen/BildungundArbeit/Arbeit/Arbeit_node.html behindertenbeauftragte.de: ''Arbeit'']
* [http://www.badische-zeitung.de/wirtschaft-3/die-wichtigsten-fragen-der-bz-telefonaktion--95922491.html badische-zeitung.de: ''Die wichtigsten Fragen der BZ-Telefonaktion'']... zur ''Inklusion behinderter Menschen in die Arbeitswelt''

''Österreich:''
* [http://help.gv.at/Content.Node/124/Seite.1240000.html help.gv.at] - Arbeit und Behinderung

== Einzelnachweise ==
<references />

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[[Kategorie:Behindertenorganisation]]
[[Kategorie:Werkstatt]]

Version vom 7. September 2015, 11:20 Uhr

Die Werkstatt für behinderte Menschen ist eine Einrichtung zur Eingliederung von Menschen mit Behinderung in das Arbeitsleben („Berufliche Rehabilitation“) bzw. Integration (siehe Eingliederungshilfe). Die entsprechenden Einrichtungen sind in Deutschland in der Bundesarbeitsgemeinschaft Werkstätten für behinderte Menschen (BAG:WfbM) organisiert, auf europäischer Ebene besteht die European Association of service providers for persons with disabilities (Europäische Vereinigung der Dienstleister für Menschen mit Behinderungen[1])

Die Bezeichnung, häufig auch mit WfbM abgekürzt, ist seit dem 1. Juli 2001 durch das „Neunte Buch“ im Sozialgesetzbuch (SGB IX) gesetzlich verbindlich. Sie löste den seit 1961 im Bundessozialhilfegesetz (BSHG) verwendeten Begriff Werkstatt für Behinderte (WfB) ab. Andere veraltete Bezeichnungen sind Beschützende Werkstätte, Geschützte Werkstätte oder Behindertenwerkstatt.

Ziel ist es, einer vorliegenden Erwerbsminderung bzw. Erwerbsunfähigkeit vorzubeugen oder sie zu verbessern: Zielgruppe sind Menschen, welche weniger als drei Stunden täglich am allgemeinen Arbeitsmarkt teilnehmen können.

In einer WfbM Beschäftigte gelten in Deutschland sozialrechtlich im Gegensatz zu den vom Träger der Einrichtung angestellten „Anleitern“, Gruppenleitern, „Vorarbeitern“ usw. nicht als Arbeitnehmer, sie gelten als „Rehabilitanden“ - in Haftanstalten Beschäftigte sind ebenfalls keine Arbeitnehmer, sie werden „resozialisiert“. Für beide Beschäftigtengruppen gelten also z. B. Regelungen über einen gesetzlichen Mindestlohn nicht. Während z. B. in Frankreich entsprechend Beschäftigte ein existenzsicherndes Arbeitsentgelt bekommen, wird in Deutschland unter Umständen ihr einrichtungsabhängiger Lohn durch eine zusätzliche Grundsicherung so weit aufgestockt, dass ihr Einkommen zur Sicherung ihrer Existenz ausreicht. Solange die Summe aus Lohn und Grundsicherung nicht das Niveau des Existenzminimums übersteigt, führt eine höhere Arbeitsleistung nicht zu einem höheren Einkommen.[2] Diese Schwelle kann in aller Regel nur dann überschritten werden, wenn Beschäftigte in einer WfbM zum Bezug einer Rente „wegen verminderter Erwerbsfähigkeit“ berechtigt sind, was frühestens zwanzig Jahre nach Eintritt in die WfbM der Fall ist.[3] Diese Rente errechnet sich dann auf der Grundlage eines fiktiven durchschnittlichen während der Beschäftigungszeit in der WfbM erhaltenen (Mindest-)Einkommens.

Von 1997 bis 2007 stieg die Zahl der WfbM-Arbeitsplätze um über 50 % auf ca. 300.000, während die Vermittlungsquote auf den „allgemeinen Arbeitsmarkt“ bei unter 1 % lag.[4] Der Beschäftigungsbereich der WfbM wird im Gegensatz zum sogenannten „Ersten Arbeitsmarkt“ („freie Wirtschaft“), zu dem auch die sogenannten Integrationsbetriebe gehören, auch „Zweiter Arbeitsmarkt“ („staatlich unterstützte Beschäftigung“) genannt, gelegentlich auch „dritter“ Arbeitsmarkt (siehe auch Schattenwirtschaft bzw. Schattenmarkt).

Dabei liegt 2014 die Arbeitslosenquote von Menschen mit Behinderungen europaweit seit Jahren bei 15 %[2], in Deutschland bei ca. 14 %.[5]

Die Anzahl der entsprechenden „Werkstätten“ lag 2012 deutschlandweit bei 682.[6]

Zielgruppe

Die Zielgruppe für Maßnahmen der beruflichen Rehabilitation oder der Eingliederungshilfe in einer Werkstatt für behinderte Menschen (im folgenden Werkstatt genannt) ist eingegrenzt: Personen, die ihrer körperlichen, geistigen oder psychischen Beeinträchtigungen oder Besonderheiten wegen nicht, noch nicht oder noch nicht wieder auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erwerbstätig werden können, haben ein Recht auf einen Werkstattplatz. Eine Anerkennung als Schwerbehinderter oder ein Schwerbehindertenausweis ist kein Aufnahmekriterium der Werkstätten.

Es gibt unterschiedliche Interpretationen des Phänomens, dass in einigen Werkstätten vermehrt auch Menschen mit einer Lernbehinderung oder Körperbehinderung ohne das Merkmal einer geistigen Behinderung aufgenommen werden. Die überörtlichen Träger der Sozialhilfe gehen davon aus, dass zurzeit ca. fünf Prozent aller Werkstattbeschäftigten fehlplatziert seien und eigentlich auf dem ersten Arbeitsmarkt beschäftigt sein könnten. Der „Bundesverband evangelische Behindertenhilfe (BeB)“ kritisiert diese Einschätzung allerdings als „politisch motiviert gegriffene Zahl“[7]

Eine vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) in Auftrag gegebene „ISB-Studie“ kommt dagegen zum Schluss, dass insbesondere bei der Gruppe der aufgenommenen Menschen mit Lernbehinderung ein „Zusammenhang zwischen Lernbehinderung und zusätzlicher Verhaltensauffälligkeit (...) in besonderer Weise“ zuträfe. Die daraus resultierenden Folgeprobleme und der Mangel an angemessenen Alternativmaßnahmen führe dann im Arbeitsbereich häufig zu Kostenübernahmen durch die Sozialhilfeträger, das sei kein „Automatismus zwischen Werkstatt, Arbeitsagentur und Schule mit dem Förderschwerpunkt Lernen“.[8]

Aufgaben einer WfbM

Die Aufgaben der Werkstatt für behinderte Menschen sind § 136 des SGB IX beschrieben.

Demnach muss eine WfbM eine „angemessene berufliche Bildung“ anbieten. Die Leistungs- oder Erwerbsfähigkeit der dort beschäftigten Menschen soll erhalten, entwickelt, erhöht oder wiedergewonnen werden, wobei gleichzeitig auch deren Persönlichkeitsentwicklung ermöglicht werden soll (§ 136 SGB IX). Außerdem hat die Werkstatt auch eine Beschäftigung zu einem der Leistung angemessenen Arbeitsentgelt aus den Arbeitsergebnissen anzubieten.

Vermittlung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt

Die Werkstatt soll den Übergang geeigneter Personen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt durch geeignete Maßnahmen fördern. Sie verfügt über ein möglichst breites Angebot an Berufsbildungs- und Arbeitsplätzen sowie über qualifiziertes Personal und einen begleitenden Dienst. Auch die sogenannten ausgelagerten Arbeitsplätze auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sollen zum Zwecke des Übergangs und als dauerhaft ausgelagerte Plätze angeboten werden (§ 136 SGB IX).

Wirtschaftliche Grundsätze

Außerdem soll die Werkstatt nach wirtschaftlichen Grundsätzen geführt werden und dem dort Beschäftigten im Arbeitsbereich ein Entgelt zahlen. Dies beinhaltet, dass die Werkstatt auch gewerbliche und private Kunden, die Waren und Dienstleistungen bei ihr anfordern, zufriedenstellen muss, um einen entsprechenden Umsatz zu gewährleisten. Das auszuzahlende Entgelt wird aus dem Arbeitsergebnis nach Abzug einer Lohnrücklage und einer Investitionsrücklage gebildet.

Gesetzliche Grundlagen

Es gibt für die Werkstätten drei wichtige gesetzliche Grundlagen: das SGB IX (9. Sozialgesetzbuch), die Werkstättenverordnung (WVO) und die Werkstätten-Mitwirkungsverordnung (WMVO).

Im SGB IX ist geregelt, welche staatlichen Stellen für die Werkstätten und deren Beschäftigten zuständig sind, welche Aufgaben und Anforderungen an Werkstätten gestellt werden und welche Ansprüche die Beschäftigten erheben können. Auch die Regulierung der Kostenträger und der Geldleistungen ist hier (SGB IX, §4 ff.) festgelegt.

In der Werkstätten-Mitwirkungsverordnung ist geregelt, dass Werkstattbeschäftigte durch eigene Werkstatträte am Geschehen der Werkstatt beteiligt werden und welchen Einfluss sie ausüben können.

Laut Werkstättenverordnung soll eine WfbM mindestens 120 behinderten Mitarbeitern die Möglichkeit geben, Arbeit zur Teilhabe am Arbeitsleben anzubieten und die behinderungsbedingten Möglichkeiten des jeweiligen Werkstattbeschäftigten beachten. Die Werkstatt muss - sofern die Aufnahmekriterien erfüllt sind - in ihrem Einzugsgebiet alle betroffenen Menschen aufnehmen, damit eine ortsnahe Förderung stattfinden kann. Das betrifft Menschen mit mentalen, psychischen und physischen Beeinträchtigungen. Eine Ausnahme bilden Menschen, die einer überdurchschnittlichen Pflege bedürfen, oder von denen eine starke Fremd- oder Eigengefährdung ausgeht.

Viele Werkstätten trennen die Bereiche nach den psychischen, physischen oder mentalen Eigenarten der Menschen, um eine optimale Förderung zu gewährleisten.

Die Kosten für einen Werkstattplatz tragen die überörtlichen Sozialhilfeträger, die Berufsgenossenschaften, die Deutsche Rentenversicherung oder die Bundesagentur für Arbeit. Diese Träger fördern die Maßnahme in den ersten 27 Monaten (maximal).

Organisation und Struktur

Bundesweit gibt es zurzeit etwa 700 anerkannte Werkstätten mit rund 280.000 Plätzen (Erster Staatenbericht der Bundesrepublik Deutschland zum Übereinkommen der Vereinten Nationen über Rechte von Menschen mit Behinderungen, 2011, S. 70: [2]). Der Maßnahmeverlauf ist in drei verschiedenen Stufen geregelt:

Eingangsverfahren (EV)

Das Eingangsverfahren dient dem Teilnehmer dazu, sich einen ersten Einblick in die Werkstatt zu verschaffen. Es soll festgestellt werden, ob die Werkstatt die geeignete Einrichtung „für die Teilhabe des behinderten Menschen am Arbeitsleben ist sowie welche Bereiche der Werkstatt und welche Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben für den behinderten Menschen in Betracht kommen“ (§ 40 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX). Ein Eingliederungsplan wird erstellt, in dem die Kompetenzen des behinderten Menschen aufgenommen und Ziele für den anschließenden Förder- und Bildungsprozess gemeinsam aufgestellt werden. Das EV dauert in der Regel drei Monate. Finanziert wird das EV durch den zuständigen Rehabilitationsträger. In der Regel ist das die Bundesagentur für Arbeit, der Träger der gesetzlichen Rentenversicherungen (Deutsche Rentenversicherung) oder eine Berufsgenossenschaft.

Berufsbildungsbereich (BBB)

Nach dem Eingangsverfahren (EV) folgt der Berufsbildungsbereich (BBB).

Der BBB dauert maximal zwei Jahre. Nach dem ersten Jahr BBB (Grundkurs) erfolgt ein Bericht, der im Fachausschuss, dem Beratungsgremium von Werkstatt und Vertretern aus Arbeitsagentur und Sozialhilfe, besprochen wird. Kann die Leistungsfähigkeit des Teilnehmers weiter gefördert werden, soll der zuständige Rehabilitationsträger das zweite Jahr im BBB (Aufbaukurs) bewilligen.

Der Berufsbildungsbereich gliedert sich in einen Grund- und einen Aufbaukurs von jeweils 12-monatiger Dauer, in denen verschiedene Fertigkeiten (im Aufbaukurs mit höherem Schwierigkeitsgrad) vermittelt werden. Auch soll das Selbstwertgefühl des Werkstattbeschäftigten gehoben und das Sozial- und Arbeitsverhalten gefördert werden. Dabei ist auch eine möglichst realistische Selbsteinschätzung der individuellen Fähigkeiten anzustreben. Angebote zur Entwicklung der lebenspraktischen Fertigkeiten (Erlernen von sozialen Normen und Werten (Regeln, Pünktlichkeit u.ä.), Körperpflege, Gesundheitspflege, Kleidung, Essen und Trinken, Verkehrserziehung, Umgang mit Geld) sind in die Förderungen mit einbezogen. Für den BBB ist ein Gruppenschlüssel von 1:6 gesetzlich gefordert (§ 9 Abs. 3 WVO).

Zum Berufsbildungsbereich wurde im Jahr 2002 ein Rahmenprogramm von Seiten der Agentur für Arbeit und der BAG:WfbM erstellt. Dieses Rahmenprogramm ist zwar keine gesetzlich festgelegte Vorgabe, jedoch ist davon auszugehen, dass sich die Kostenträger in ihren Anforderungen an die Werkstatt eng an das Dokument binden werden. (s. u.: Weblinks)

Die Bundesagentur für Arbeit fordert von den Trägern seit dem 1. Januar 2013 eine Trägerzulassung analog der Akkreditierungs- und Zulassungsverordnung Arbeitsförderung für den Berufsbildungsbereich.

Arbeitsbereich (AB)

Nach dem BBB haben die Teilnehmer die Möglichkeit, in den Arbeitsbereich der Werkstatt zu wechseln. Die Beschäftigung im Arbeitsbereich ist unbefristet. Die Werkstatt soll über ein möglichst breites Angebot an Arbeitsplätzen mit weitgehender Entsprechung zum allgemeinen Arbeitsmarkt verfügen, um der Art und Schwere der Behinderung, der unterschiedlichen Leistungsfähigkeit sowie Eignung und Neigung des betreffenden Menschen so weit wie möglich Rechnung zu tragen. Auch hier findet eine weitergehende Förderung statt.

Integrationsauftrag und Ausgelagerte Arbeitsplätze

Heute ist die WfbM der geeignete Ort zur Teilhabe am Arbeitsleben und an der Gemeinschaft für all jene Menschen, die von der Erwerbswirtschaft nicht gewollt werden. Der Gesetzgeber drückt das in § 136 Abs.1 SGB IX so aus:

„Die Werkstatt für behinderte Menschen (…) hat denjenigen behinderten Menschen, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht, noch nicht oder noch nicht wieder auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt beschäftigt werden können,

1. eine angemessene berufliche Bildung und eine Beschäftigung zu einem ihrer Leistung angemessenen Arbeitsentgelt aus dem Arbeitsergebnis anzubieten und

2. zu ermöglichen, ihre Leistungs- oder Erwerbsfähigkeit zu erhalten, zu entwickeln, zu erhöhen oder wiederzugewinnen und dabei ihre Persönlichkeit weiterzuentwickeln.

(…)“

Nicht nur durch die Lage auf dem Arbeitsmarkt, sondern auch wegen der genannten Grundbedingungen für einen Werkstattplatz gelingt jährlich weniger als 1 % der Werkstattbeschäftigten der Übergang auf den allgemeinen Arbeitsmarkt.

Integrationsfachdienste (IFD gemäß § 109 SGB IX) und so genannte „Außenarbeitsplätze“ können den Übergang in den Arbeitsmarkt verbessern. „Außenarbeitsplatz“ bedeutet: Ein Mensch mit Behinderung arbeitet in einem privatwirtschaftlichen Unternehmen, bleibt vom Status her aber Werkstattbeschäftigter. Die Werkstättenverordnung regelt diese „Außenarbeitsplätze“ in § 5 Abs.4 WVO:

„(4) Der Übergang von behinderten Menschen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt ist durch geeignete Maßnahmen zu fördern, insbesondere auch durch die Einrichtung einer Übergangsgruppe mit besonderen Förderangeboten, Entwicklung individueller Förderpläne sowie Ermöglichung von Trainingsmaßnahmen, Betriebspraktika und durch eine zeitweise Beschäftigung auf ausgelagerten Arbeitsplätzen. Dabei hat die Werkstatt die notwendige arbeitsbegleitende Betreuung in der Übergangsphase sicherzustellen und darauf hinzuwirken, dass der zuständige Rehabilitationsträger seine Leistungen und nach dem Ausscheiden des behinderten Menschen aus der Werkstatt das Integrationsamt, gegebenenfalls unter Beteiligung eines Integrationsfachdienstes, die begleitende Hilfe im Arbeits- und Berufsleben erbringen…“

Mitwirkung

Die Werkstattbeschäftigten haben gesetzlich vorgeschriebene Mitwirkungsrechte. In allen Werkstätten werden Werkstatträte gewählt, die die Interessen der Beschäftigten im Arbeitsbereich vertreten und mit der Leitung diskutieren. Auch die Anliegen der Teilnehmer im Berufsbildungsbereich sowie im Eingangsverfahren werden berücksichtigt. In der „Werkstätten-Mitwirkungsverordnung“ sind Rechte und Pflichten des Werkstattrates, aber auch der Werkstattleitung geregelt. Im Einvernehmen mit dem Träger der Werkstatt kann ein Eltern- und Betreuerbeirat errichtet werden, der die Werkstatt und den Werkstattrat bei ihrer Arbeit berät und durch Vorschläge und Stellungnahmen unterstützt. Die gewählten Werkstatträte und Eltern- und Betreuerbeiräte können bei allen relevanten Fragen Einfluss nehmen.

Werkstatträte haben sich über ihre eigene Werkstatt hinaus auf Landes- und Bundesebene organisiert, die erste war im Mai 2000 die Landesarbeitsgemeinschaft der Werkstatträte in NRWals Ergebnis mehrjähriger Erwachsenenbildungsarbeit mit Werkstatträten unter der Leitung von Dieter Niermann an der Ev. Heimvolkshochschule Lindenhof, Bethel. 2004 bildete sich eine Bundesarbeitsgemeinschaft der Werkstatträte, die sich 2007 selbst aufgelöst hat. Am 7. Februar 2008 gründete sich die Bundesvereinigung der Landesarbeitsgemeinschaften der Werkstatträte (BVWR).[9]

Betriebswirtschaftliche Grundsätze

Der Hauptauftrag der Werkstätten ist die Reha- und Integrationsaufgabe, die „Teilhabe am Arbeitsleben“ für Menschen mit Behinderung. Mit diesem Hauptauftrag erzielen die Werkstätten 70 bis 90 % ihrer Erlöse.

Dennoch sind die Werkstätten in ihren Produktionsbereichen nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen organisiert und wollen wirtschaftliche Arbeitsergebnisse anstreben, um den Beschäftigten im Arbeitsbereich ein Arbeitsentgelt zahlen zu können. Für das Selbstwertgefühl der Beschäftigten ist mit entscheidend, dass sie eine ökonomisch sinnvolle und effiziente Arbeit übernehmen. Werkstätten stützen sich häufig auf drei Standbeine: Auftragsarbeiten, Eigenproduktion und Dienstleistungen. Dies umfasst zum Beispiel Montage-, Verpackungs- und Versandaufträge für Betriebe aus Industrie, Handwerk und Handel. Viele Werkstätten verfügen über eine beträchtliche Eigenproduktion (z. B. Holzspielzeuge, kunstgewerbliche Gegenstände, Textilien oder Gartenmöbel). Zukunftsträchtig sind Angebote aus dem Bereich der EDV-Dienstleistungen. Aber auch Garten- und Landschaftspflege, Landwirtschaft, Recycling von Elektro(nik)-Altgeräten, Küchen- und Partyservice, Wäscherei, Druck und Versand von Werbemitteln, der Betrieb eines Tierparks oder einer Eissporthalle gehören zum Angebot. Aktenvernichtung, auch als Komplettservice und nach DIN-genormter Sicherheitsstufe, ist eine Stärke vieler Werkstätten. Passend dazu bieten einige Einrichtungen auch die professionelle Archivierung von Dokumenten an, die eingescannt, auf Datenträger überspielt oder auch online auf einem Server bereitgehalten werden.

Um auch große und überregionale Kunden adäquat bedienen zu können, haben sich zahlreiche Werkstätten in Form von gemeinnützigen Genossenschaften oder gemeinnützigen Gesellschaften zusammengeschlossen (z.B. GDW-Nord, GDW Hessen-Thüringen, GDW-NRW, GAV Berlin, GfA Sachsen, GDW-NBSA). Diese Gesellschaften unterstützen die Werkstätten bei der Akquise und koordinieren Großprojekte.

Viele Werkstätten nutzen heute ein Qualitätsmanagement und sind in der Auftragsabwicklung und in der Leistungserbringung gegenüber den Menschen mit Behinderung nach einer Qualitätsmanagementnorm wie beispielsweise ISO 9001:2000 zertifiziert.

Rehabilitationsspezifisches Qualitätsmanagementsystem

WfbM Qualität Plus ist ein rehabilitationsspezifisches Qualitätsmanagementsystem für Werkstätten für behinderte Menschen. Das SGB IX fordert ein Qualitätsmanagementsystem von Werkstätten für behinderte Menschen.

Ausgleichsabgabe

Arbeitgeber, die an WfbM Aufträge erteilen, können gemäß § 140 SGB IX bis zu ...50 vom Hundert des auf die Arbeitsleistung der Werkstatt entfallenden Rechnungsbetrages solcher Aufträge (Gesamtrechnungsbetrag abzüglich Materialkosten) auf die Ausgleichsabgabe anrechnen...
Aufträge der öffentlichen Hand, die von Werkstätten ausgeführt werden können, sind diesen bevorzugt anzubieten (§ 141 SGB IX).

Arbeitsentgelt und Sozialtransfers

Im Berufsbildungsbereich erhalten Rehabilitanden („Teilnehmer“) kein Entgelt durch die WfbM, sondern entweder ein Ausbildungsgeld oder ein Übergangsgeld vom zuständigen Rehabilitationsträger. Das Ausbildungsgeld ist gesetzlich festgelegt. Zurzeit werden für die ersten 12 Monate (ab Eingliederung in die Werkstatt) 67 Euro gezahlt. Anschließend steigt das Ausbildungsgeld auf 80 Euro monatlich. Maßgeblich ist hierbei § 125 SGB III.

Im Arbeitsbereich ist dagegen eine Entlohnung durch die Werkstatt verpflichtend vorgeschrieben, wobei in der Regel mindestens 70 % des Arbeitsergebnisses ausgeschüttet werden müssen (§ 12 Abs. 5 S. 1 WVO).

Das individuelle Entgelt basiert auf einem Grundbetrag, der zurzeit 75 Euro, ab 01. Januar 2016 80 Euro, beträgt (§ 125 SGB III). Dieser Betrag ist gesetzlich vorgeschrieben (§ 138 Abs. 2 SGB IX). Hinzu kommt ein Arbeitsförderungsgeld in Höhe von 26 Euro monatlich (§ 43 SGB IX). Auf den Grundbetrag aufbauend wird ein Steigerungsbetrag, der leistungsabhängig sein soll, gezahlt. Bei der Bemessung des Steigerungsbetrages werden, je nach Konzept der Werkstatt, neben quantitativen und qualitativen Aspekten der Arbeitsleistung auch die Komplexität des Arbeitsplatzes, das Sozialverhalten, Schmutz- und Lärmzulagen, Lebensalter und die Werkstattzugehörigkeit berücksichtigt. Das Durchschnittsentgelt in den deutschen Werkstätten für behinderte Menschen betrug im Jahr 2008 rund 159 Euro im Monat (bei einer Mindestbeschäftigungszeit von 35 Stunden in der Woche).[10] Von diesem geringen Einkommen müssen diejenigen behinderten Menschen, die auf weitere Hilfen angewiesen sind (z. B. eine Wohnheimunterbringung), noch erhebliche Eigenleistungen erbringen. Diese Regelungen beziehen sich auf den § 82 SGB XII und legen fest, dass der Einkommensfreibetrag für Hilfeempfänger lediglich bei rund 43 Euro liegt. Darüber hinausgehendes Entgelt ist für die Wohnheimkosten einzusetzen. Einem Durchschnittsverdiener in der WfbM bleiben von den 159 Euro/Monat nach dem Abzug von 80,15 Euro für die Wohnheimunterbringung ein Resteinkommen von 78,85 Euro.

Zu den üblichen Leistungen gehört auch die Sicherstellung der Beförderung zur Werkstatt und ein Mittagessen.

Die Werkstattbeschäftigten werden unabhängig von den häufig geringen Entgeltzahlungen wie andere Arbeitnehmerunfall-, kranken-, pflege- und rentenversichert. Nach 20 Jahren Werkstatttätigkeit hat man dadurch Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung. Deren Höhe beträgt gemäß § 162 SGB VI 80 Prozent des Rentenniveaus eines durchschnittlichen deutschen Arbeitnehmers.

Vor Ablauf der Zwanzigjahresfrist stehen denjenigen Angehörigen einer WfbM, die nicht über zusätzliche Einnahmen oder Vermögen verfügen, in der Regel Leistungen im Rahmen der Grundsicherung bei Erwerbsminderung zu. Diese erhalten diejenigen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben und im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung dauerhaft voll erwerbsgemindert sind (§ 43 Abs. 2 SGB VI). Die Summe aus individuellem Entgelt und Grundsicherung entspricht nach § 42 SGB VI dem Betrag, den auch ein bedürftiger Rentner bei gleichen Lebensumständen erhalten würde.

Arbeitsgruppen

Der Gruppenschlüssel im Arbeitsbereich beträgt (laut WVO §9 Abs. 3) 1:12 (eine Fachkraft auf zwölf behinderte Mitarbeiter). Dies gilt als statistischer und gesetzlicher Wert. Jede Gruppe wird angeleitet durch eine (oftmals) „Gruppenleiter“ (den Begriff gab es gesetzlich noch nie) genannte „Fachkraft zur Arbeits- und Berufsförderung“ (FAB). Die Fachkräfte besitzen eine sonderpädagogische Zusatzausbildung und sind für die Qualität der entstehenden Endprodukte und die Entwicklung der Persönlichkeit der Werkstattbeschäftigten zuständig. Die Fachkräfte sollen möglichst aus dem handwerklichen Bereich stammen (Meisterqualifikation) und zusätzlich der pädagogischen Aufgabe gewachsen sein. In vielen Werkstätten wurden in den Arbeitsgruppen zur Unterstützung Zivildienstleistende eingesetzt. Zuweilen wird noch jemand unterstützend eingesetzt, der/die ein freiwilliges soziales Jahr leisten möchte.

Begleitende oder Soziale Dienste

Den Fachkräften stehen begleitende Dienste zur Seite, welche helfen, die Maßnahme und entsprechende Förderung zu konkretisieren oder ganz praktisch bei Konfliktsituationen Hilfe anbieten zu können. Dies sind hauptsächlich Sozialpädagogen oder Sozialarbeiter. In Einrichtungen für Menschen mit psychischen Besonderheiten können auch Psychologen eingestellt sein, die unterstützend zur Seite stehen. In den verschiedenen Werkstätten werden oft weitere begleitende Dienste wie Ergotherapie, Rehasport oder Erwachsenenbildung angeboten.

Fachausschuss

In jeder WfbM ist, nach § 2 WVO (Werkstättenverordnung), ein Fachausschuss zu bilden. Diesem gehören in gleicher Zahl jeweils Vertreter der Werkstatt, Vertreter der Bundesagentur für Arbeit sowie Vertreter des überörtlichen oder - je nach Bundesland - örtlichen Trägers der Sozialhilfe an.

Der Fachausschuss soll auch Vertreter anderer Rehabilitationsträger wie z. B. der Deutschen Rentenversicherung (ehem. LVA und BfA) oder der Berufsgenossenschaften beteiligen, wenn deren Zuständigkeit zur Erbringung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und ergänzender Leistungen in Betracht kommt. Er kann auch andere Personen hinzuziehen oder Sachverständige anhören.

Im Fachausschuss wird über Voraussetzungen und Förderung in der Werkstatt im Einzelfall beraten. Für jeden Werkstattbeschäftigten gibt der Fachausschuss ein Votum darüber ab, ob er aufgenommen werden soll, ob und wie er im Berufsbildungsbereich gefördert werden soll, ob er in den Arbeitsbereich übernommen wird und in welchen Bereich. Auch weitergehende Qualifizierungsmaßnahmen sind hier Beratungsgegenstand und ebenso Maßnahmen zur Gestaltung des Übergangs in den allgemeinen Arbeitsmarkt. Das fachliche Votum des Fachausschusses soll für den zuständigen Rehabilitationsträger Grundlage seiner Kostenentscheidung sein.

Zukunft der Werkstätten für behinderte Menschen

Im Zusammenhang mit der öffentlichen Debatte über die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns verteidigte die Bundesarbeitsgemeinschaft WfbM ihre Haltung, dass es nicht möglich sei, diesen an einer WfbM an ihre Beschäftigten auszuzahlen. Eine WfbM habe „weniger den Leistungsanspruch als mehr die Schutzpflicht gegenüber unseren Werkstattbeschäftigten im Blick. […] Ihre Beschäftigung hängt eben nicht von ihrer individuellen Leistungsfähigkeit ab, auch wenn in Werkstätten etwas geleistet wird. Werkstattbeschäftigte sind keine Arbeitnehmer, sondern Rehabilitanden.“[11]

Der Bundesverband evangelische Behindertenhilfe (BeB) stellt fest, dass die UN-Konvention über Rechte von Menschen mit Behinderungen „sehr klar“ formuliere, „dass das Recht auf Arbeit und Beschäftigung für Menschen mit Behinderung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt umgesetzt werden soll“. Einen Hinweis auf Werkstätten für behinderte Menschen suche man demzufolge vergeblich. Denn die UN-Konvention übertrage die Ablehnung von Sonderwelten konsequent auch auf den Bereich Arbeit. Allerdings müsse man berücksichtigen, dass Werkstätten für behinderte Menschen in vielen anderen Ländern praktisch unbekannt seien. „Die teilweise berechtigte, teilweise auch unberechtigte öffentliche Kritik kann aber in der Konsequenz nicht bedeuten, dass alle Werkstätten von heute auf morgen abzuschaffen sind. Aus Sicht des BeB wird die WfbM auch in der Zukunft für viele Menschen mit Behinderung ein angemessener und notwendiger Ort sein, um sinnvoll tätig zu sein und durch eigene Arbeit zur gesellschaftlichen Wertschöpfung beizutragen. Die Leistungsanforderungen des allgemeinen Arbeitsmarktes und seine geringe Aufnahmefähigkeit, der Bedarf an anpassungsfähigen Arbeitskräften und die Abnahme von Hilfstätigkeiten erschweren und verhindern, dass alle Menschen mit Behinderung am allgemeinen Arbeitsleben teilhaben können.[7]

Die Behauptung des BeB, es gebe außerhalb Deutschlands keine Einrichtungen, die mit deutschen Werkstätten für behinderte Menschen vergleichbar wären, ist nach Feststellung des Österreichers Franz Wolfmayr, Präsident der European Association of Service Providers for Persons with Disabilities (EASPD), sachlich falsch: Über drei Millionen Menschen mit Behinderungen arbeiteten in Europa in Sondereinrichtungen für Menschen mit Behinderungen, davon zehn Prozent in Deutschland.[12] In anderen Ländern jedoch sei es üblich, Werkstattlöhne zu subventionieren. Wolfmayr äußerte auf einer Tagung Ende 2014, die (zu geringe) Entlohnung von in WfbM's beschäftigten Menschen sei bislang ein z. B. auch von Gewerkschaften viel zu wenig berücksichtigtes Thema.[2] Er hatte bereits 2012 auch gefordert, WfbM-Beschäftigten Arbeitnehmer-Rechte zu geben, mit Ihnen einen Arbeitsvertrag zu vereinbaren und sie tariflich zu entlohnen.

Auch in Österreich wird von Gesetzes wegen zwischen „Erwerbsfähigen“ und „Nicht-erwerbsfähigen“ unterschieden, wobei Letztere aus dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausgegliedert werden. Der EASPD-Vorsitzende Wolfmayr hat mit dem von ihm geleiteten Projekt „Chance B“[13] in der östlichen Steiermark von Anfang an versucht, dieses System zu unterlaufen. Seine Begründung: „Diese Regelung widerspricht der UN-Konvention. Nicht Erwerbsfähige können kein gleichberechtigtes Leben führen, sie werden nicht in die gesetzliche Unfall- und Krankenversicherung aufgenommen und erwerben keine Rentenansprüche. Ihr Entgelt liegt auf Taschengeldniveau, teilweise unter zehn Euro. Um einen solchen beschämenden Status zu vermeiden, haben wir von Beginn an möglichst viele Menschen als erwerbsfähig definiert und sie mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln in den Arbeitsmarkt gebracht.“[14] Zur Situation in Deutschland meint Wolfmayr: „Mein Eindruck ist, dass deutsche Organisationen noch dem Trugschluss unterliegen, sie könnten selbst dauerhaft entscheiden, wohin der Weg gehen soll und wie die UN-Konvention umgesetzt wird. Das wird auf Dauer so nicht möglich sein. Aber im Moment sind die Einrichtungen noch sehr stark und der Wandel vollzieht sich langsam. Wesentlicher Motor werden bei Ihnen wie auch bei uns die Forderungen von Eltern und Angehörigen sein sowie der Wunsch der Menschen mit Behinderung selbst. Aus österreichischer Sicht muss ich aber auch sagen, die deutschen Standards sind sehr hoch, und es wäre nicht ratsam, sie aufzugeben.“ Vom Rechnungshof des Landes Steiermark wurde Wolfmayr vorgehalten, er maximiere mit seinen Innovationen Kosten.[15]

Die EU-Kommission kündigte 2010 in dem Arbeitspapier Europäische Strategie zugunsten von Menschen mit Behinderungen 2010-2020 an, die EU werde „die Frage der innerberuflichen Mobilität auf dem offenen Arbeitsmarkt und in geschützten Werkstätten aufgreifen“, und teilte mit, dass sie beabsichtige, „gegen die Sozialleistungsabhängigkeit von Menschen mit Behinderungen vorzugehen, die sie davon abhalten, in den Arbeitsmarkt einzutreten“.[16]

Die „Aktion Mensch“ stellte 2011 fest, dass es einen Widerspruch zwischen der Existenz von „Einrichtungen, die einst speziell für die Gruppe der Menschen mit Behinderung geschaffen wurden,“ einerseits und dem „wünschenswerte[n] Ziel des gleichberechtigten Miteinanders von Menschen mit und ohne Handicap“ andererseits gebe. Die Antwort auf die Frage, ob sich dieser Widerspruch auflösen lasse, ist für die „Aktion Mensch“ offen.[17] Das Gerücht, sie sei nicht mehr bereit, Maßnahmen von Werkstätten für behinderte Menschen finanziell zu unterstützen, wird von der „Aktion Mensch“ dementiert.[18]

Literatur

  • Horst H. Cramer: Werkstätten für behinderte Menschen. Beck C. H., ISBN 3-406-52559-8.
  • Florian Demke: Werkstätten für behinderte Menschen bei der Eingliederung ins Arbeitsleben. Das Spannungsfeld zwischen Exklusion und Inklusion. GRIN Verlag, 2010, ISBN 9783640721771.
  • Martin Rossol: Qualitätsmanagement in Werkstätten für behinderte Menschen: Die Implementierung von WfbM Qualität Plus. VDM Verlag, Saarbrücken 2010, ISBN 978-3639259841
  • Wolfgang Trunk: Qualität der Pädagogischen Arbeit in Werkstätten für behinderte Menschen: DGQ-Band 31-21; Berlin, Wien, Zürich 2006.
  • Martin Rossol: Muster-Handbuch AZAV - Trägerzulassung nach AZAV im Berufsbildungsbereich von Werkstätten für behinderte Menschen. 2. Auflage, epubli Verlag, Berlin, 2012, ISBN 978-3844233209
  • RAL Gütegemeinschaft Barrierefreiheit (Hrsg.): Managementanforderungen WfbM Qualität Plus 2013 - Begriffe und Kriterien. epubli Verlag, Berlin, 2013, ISBN 978-3844230703
  • Antje Kronberg: Zwischen Pädagogik und Produktion - Qualitätsmanagementsysteme in Werkstätten für behinderte Menschen. Verlag Martin Rossol, Pretzfeld, 2013, ISBN 978-3944736419
  • Marco Kreienbrink: Teilhabe am Arbeitsleben von Menschen mit Behinderungen im Kontext der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen am Beispiel von Werkstätten für behinderte Menschen. GRIN Verlag, 2013, ISBN 978-3656483960.

Siehe auch

Commons: Werkstatt für behinderte Menschen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Deutschland:

Österreich:

Einzelnachweise

  1. easpd.eu
  2. a b c badische-zeitung.de: Bisher gibt’s nur Einzelprojekte. Badische Zeitung, 21. November 2014
  3. lebenshilfe-bamberg.de: Erwerbsminderungsrente
  4. taz.de: Geldgierige Wohlfahrt. Taz, 15. Juli 2011
  5. stuttgarter-nachrichten.de: Menschen mit Behinderung weiter im Nachteil. Stuttgarter Nacjh, 14. Dezember 2014
  6. Bundesarbeitsgemeinschaft Werkstätten für behinderte Menschen (BAG WfbM)
  7. a b „Stellungnahme des BeB zum Gesetz zu dem Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 13.12.2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen sowie dem Fakultativprotokoll vom 13.12.2006. S.17“ (PDF; 97 kB)
  8. „ISB-Studie“, abgerufen am 10. August 2009, S. 233
  9. Bundesvereinigung der Werkstatträte in Berlin gegründet auf der Seite der BAG WfbM, abgerufen am 6. Januar 2012
  10. Nach Angaben des Statistischen Bundesamt, zitiert von der Website der Bundesarbeitsgemeinschaft Werkstätten für behinderte Menschen BAGWfbM [1], abgerufen 7. Juni 2010
  11. bagwfbm.de: Verständnis für Entgelte entwickeln: BAG WfbM im Austausch mit Bundesverband Selbsthilfe Körperbehinderter e. V.. 5. Juni 2014
  12. 53° Nord: Warum hat die WfbM einen schlechten Ruf?. Klarer Kurs. Ausgabe August 2012
  13. Chance B: Über uns
  14. Chance B: Vorrang für den Arbeitsmarkt, Werkstätten sind die Ausnahme. 23. August 2011
  15. Behinderte: Wolfmayr gibt die Führung ab. Kleine Zeitung. 10. Oktober 2012
  16. Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen. 15. November 2010. S. 21
  17. Heiko Kunert: Werkstätten und Inklusion: Ein Widerspruch?. 23. November 2011
  18. 53° Nord: Interview mit Friedhelm Pfeiffer. Klarer Kurs. Ausgabe Februar 2010