„Salmiak“ – Versionsunterschied

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Ammoniumchlorid / Salmiakgeist
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'''Salmiak''' ist ein selten vorkommendes [[Mineral]] aus der [[Systematik der Minerale|Mineralklasse]] der „[[Halogenide]]“ mit der [[Chemische Formel|chemischen Formel]] NH<sub>4</sub>Cl,<ref name="StrunzNickel" /> besteht also aus [[Ammonium]] und [[Chlor]] im Verhältnis 1&nbsp;:&nbsp;1 und ist damit chemisch gesehen ein natürliches [[Ammoniumchlorid]].
'''Salmiak''' ist ein selten vorkommendes [[Mineral]] aus der [[Systematik der Minerale|Mineralklasse]] der „[[Halogenide]]“ mit der [[Chemische Formel|chemischen Formel]] NH<sub>4</sub>Cl,<ref name="StrunzNickel" /> besteht also aus [[Ammonium]] und [[Chlor]] im Verhältnis 1&nbsp;:&nbsp;1 und ist damit chemisch gesehen ein natürliches [[Ammoniumchlorid]]. Mit ''Salmiakgeist''<ref>{{Literatur|Autor=A. Chevallier|Titel=Salmiakgeist gegen saures Aufstossen während der Verdauung|Sammelwerk=[[Annalen der Pharmacie]]|Band=15|Nummer=1|Verlag=|Jahr=1835|Monat=01|Seiten=108–109|Online=[http://libgen.io/scimag/get.php?doi=10.1002/jlac.18350150108 PDF]|DOI=10.1002/jlac.18350150108}}</ref> wird die Verbindung [[Ammoniumhydroxid]] bezeichnet.


Salmiak kristallisiert im [[Kubisches Kristallsystem|kubischen Kristallsystem]] und entwickelt nur selten kleine, kantengerundete [[Kristall]]e in Form von [[Deltoidalikositetraeder]]n sowie [[Kristallzwilling|Zwillinge]] mit der Oktaederfläche (111) als Zwillingsachse. Verzerrte Kristalle erscheinen zudem tetragonal. Meist findet sich das Mineral als stalaktitische, faserige oder erdige [[Mineral-Aggregat]]e sowie als krustige Überzüge. In reiner Form ist Salmiak farblos und durchsichtig. Durch vielfache Lichtbrechung aufgrund von Gitterbaufehlern oder [[polykristall]]iner Ausbildung kann er aber auch durchscheinend weiß sein und durch [[Fremdatom|Fremdbeimengungen]] eine gelbliche bis bräunliche Farbe annehmen.
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Version vom 29. Dezember 2015, 12:08 Uhr

Salmiak
Salmiak aus der Eisden Mine, Maasmechelen, Provinz Limburg, Belgien (Sichtfeld: 1,5 cm)
Allgemeines und Klassifikation
Andere Namen
Chemische Formel NH4Cl[2]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Halogenide
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

III/A.04
3.AA.25
09.01.03.01
Kristallographische Daten
Kristallsystem kubisch
Kristallklasse; Symbol hexakisoktaedrisch; 4/m32/m
Raumgruppe Pm3m (Nr. 221)Vorlage:Raumgruppe/221
Gitterparameter a = 3,87 Å[2]
Formeleinheiten Z = 1[2]
Häufige Kristallflächen {111}, {211}, {311}[1]; ebenso {112}, {113}, {011} und selten {001}[3]
Zwillingsbildung nach {111}[3]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 1 bis 2
Dichte (g/cm3) gemessen: 1,532; berechnet: 1,535[3]
Spaltbarkeit undeutlich[1] bis unvollkommen nach {111}[3]
Bruch; Tenazität muschelig
Farbe farblos, weiß, hellgrau, hellgelb bis hellbraun
Strichfarbe weiß
Transparenz durchsichtig bis durchscheinend
Glanz Glasglanz
Weitere Eigenschaften
Chemisches Verhalten leicht wasserlöslich[4]
Besondere Merkmale stechend salziger Geschmack[4]

Salmiak ist ein selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Halogenide“ mit der chemischen Formel NH4Cl,[2] besteht also aus Ammonium und Chlor im Verhältnis 1 : 1 und ist damit chemisch gesehen ein natürliches Ammoniumchlorid. Mit Salmiakgeist[5] wird die Verbindung Ammoniumhydroxid bezeichnet.

Salmiak kristallisiert im kubischen Kristallsystem und entwickelt nur selten kleine, kantengerundete Kristalle in Form von Deltoidalikositetraedern sowie Zwillinge mit der Oktaederfläche (111) als Zwillingsachse. Verzerrte Kristalle erscheinen zudem tetragonal. Meist findet sich das Mineral als stalaktitische, faserige oder erdige Mineral-Aggregate sowie als krustige Überzüge. In reiner Form ist Salmiak farblos und durchsichtig. Durch vielfache Lichtbrechung aufgrund von Gitterbaufehlern oder polykristalliner Ausbildung kann er aber auch durchscheinend weiß sein und durch Fremdbeimengungen eine gelbliche bis bräunliche Farbe annehmen.

Etymologie und Geschichte

Die von antiken Autoren überlieferte, griechische Bezeichnung hals ammoniakos hat mit dem heutigen Salmiak nichts zu tun, sondern beschrieb ein Steinsalz aus Ägypten. Die Verbindung Chlorammonium wurde erstmals 1546 durch Georgius Agricola beschrieben und als Salammoniac bezeichnet. Er bezog sich dabei allerdings auf synthetisch erzeugtes NH4Cl, das im Orient aus Tiermist hergestellt wurde.[1] Die synthetische Herstellung von Salmiak war nachweislich mindestens seit der Zeit um 1100 bekannt.[6]

Eine erste Erwähnung von natürlich gewachsenem Salmiak findet sich in der 1758 von dem Sankt Petersburger Apotheker Johann Georg Models verfassten Abhandlung „Versuche und Gedanken über ein natürliches und gewachsenes Salmiak“.[6] Als erste Fundorte für natürlichen Salmiak gelten die Vulkane Ätna und Vesuv in Italien, wo sich das Mineral an den Austrittsstellen vulkanischer Gase niederschlägt.[1] Die natürliche Entstehung von Salmiak wurde 1809 durch Leopold von Buch bestätigt. Er beobachtete am Vesuv die Abkühlung eines Lavastroms, der sich innerhalb von wenigen Stunden mit einer dicken, weißen Kruste aus Salmiak bedeckte.[6]

Klassifikation

Bereits in der veralteten, aber teilweise noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Salmiak zur Mineralklasse der „Halogenide“ und dort zur Abteilung der „Einfachen Halogenide“, wo er zusammen mit Lafossait die unbenannte Gruppe III/A.04 bildete.

Bei der seit 2001 gültigen und von der International Mineralogical Association (IMA) verwendeten 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik wurde diese Abteilung präzisiert und enthält nun „Einfache Halogenide ohne H2O“. Sie ist zudem weiter unterteilt nach dem Stoffmengenverhältnis von Kationen (M) und Anionen (X), so dass der Salmiak entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „M : X = 1 : 1 und 2 : 3“ zu finden ist, wo er als Namensgeber die „Salmiakgruppe“ mit der System-Nr. 3.AA.25 und dem weiteren Mitglied Lafossait bildet.

Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Salmiak in die Klasse und gleichnamige Abteilung der „Halogenide“ ein. Hier ist er ebenfalls zusammen mit Lafossait in der unbenannten Gruppe 09.01.03 innerhalb der Unterabteilung „Wasserfreie und wasserhaltige Halogenide mit der Formel AX“ zu finden.

Kristallstruktur

Salmiak kristallisiert kubisch in der Raumgruppe Pm3m (Raumgruppen-Nr. 221)Vorlage:Raumgruppe/221 mit dem Gitterparameter a = 3,87 Å sowie einer Formeleinheit pro Elementarzelle.[2]

Die Kristallstruktur besteht aus zwei kubisch primitiven Teilgittern. Das eine wird von den Cl--Ionen und das andere von den (NH4)+-Gruppen gebildet. Beide Teilgitter sind so ineinander geschoben, das jeweils ein Cl--Ion von acht (NH4)+-Gruppen umgeben ist und umgekehrt. Der kristalline Aufbau von Salmiak entspricht damit der Caesiumchlorid-Struktur.

Unterhalb von −30° C klappt das Kristallgitter von der hexakisoktaedrischen in die geringer symmetrische hexakistetraedrische Struktur mit der Raumgruppe P43m (Nr. 215)Vorlage:Raumgruppe/215 um.[1]

Eigenschaften

Salmiak ist leicht wasserlöslich und hat einen stechend salzigen Geschmack. Beim Erhitzen verflüchtigt sich Salmiak schnell und vollständig.[4]

Bildung und Fundorte

Schwefel und Salmiak, Ausblühung durch Haldenbrand von der Halde der Zeche Oberhausen - Ausgestellt im Ruhr Museum auf Zeche Zollverein
Federartig gewachsenes Mineral-Aggregat aus Ravat nahe des Jaghnob, Tadschikistan (Größe: 3,3 cm × 1,4 cm × 1,4 cm)

Salmiak bildet sich vorwiegend durch vulkanische Aktivitäten, wo er sich aus vulkanischen Gasen entweder direkt am Vulkankrater oder an Fumarolen und Solfataren abscheidet. Eine weitere Möglichkeit der Resublimation aus der Gasphase besteht in brennenden Kohleflözen und Abraumhalden. Daneben kann das Mineral auch als akzessorischer Bestandteil in Guano (Exkremente von Vögeln) entstehen. Als Begleitminerale treten unter anderem Schwefel, Realgar und Auripigment, Mascagnin (natürliches Ammoniumsulfat) und Tschermigit auf.

Als seltene Mineralbildung konnte Salmiak nur an wenigen Fundorten nachgewiesen werden, wobei bisher (Stand 2015) knapp 100 Fundorte[7] als bekannt gelten. In Italien kennt man das Mineral noch aus anderen vulkanischen Vorkommen wie den Phlegräischen Feldern und dem Stromboli.

Bekannt aufgrund außergewöhnlicher Kristallfunde sind unter anderem die brennenden Kohlehalden bei Kladno in der tschechischen Region Mittelböhmen, wo Kristalle von über einem Zentimeter gefunden werden konnten.[8]

In Deutschland trat Salmiak in verschiedenen Kohlebergwerken wie der Grube Anna und Zeche Alstaden in Nordrhein-Westfalen und sowie bei Oelsnitz/Erzgeb. und dem Königin-Carola-Schacht nahe Freital in Sachsen bzw. brennenden Flözen und Halden wie dem Brennenden Berg bei Saarbrücken im Saarland und der Absetzerhalde vom Tagebau Lichtenberg bei Lichtenberg in Thüringen auf.

In Österreich fand man das Mineral unter anderem am Muttlkogel im Kohlebergbaurevier Zangtal sowie bei Münzenberg und im Bergbau Seegraben in der Steiermark. Des Weiteren wurde es in einem Salzbergwerk bei Hall in Tirol entdeckt.

Der bisher einzige bekannte Fundort in der Schweiz ist das Salzbergwerk Bex im Kanton Waadt.

Weitere Fundorte liegen unter anderem in Belgien, Chile, China, Frankreich, Island, Japan, Mexiko, den Niederlanden, Norwegen, Peru, Polen, Portugal, Russland, Spanien, Südafrika, Tadschikistan, Tschechien, der Ukraine, Ungarn, Venezuela, im Vereinigten Königreich (UK) und in den Vereinigten Staaten von Amerika (USA).[9]

Verwendung

Bekannt ist Salmiak vor allem die Verwendung in Salmiak-Lakritz bzw. Salmiakpastillen. Daneben dient das Mineral oder besser sein synthetisches Pendant auch Herstellung von Kältemischungen sowie in der Färberei und Gerberei (siehe auch Ammoniumchlorid#Verwendung).

Siehe auch

Literatur

  • Georgius Agricola: Sal-ammoniac In: De Re Metallica 1556, übersetzt ins Englische von Herbert Clark und Lou Henry Hoover, Dover Publications, New York 1950, S. 560–560 (PDF 215,7 kB)
  • Johann Georg Models: Versuche und Gedanken über ein natürliches oder gewachsenes Salmiak, nebst Erörterung einiger vom Hrn. Baron gemachten Einwürfe über das persische Salz Joh. Friedrich Gleditschens Handlung, Leipzig 1758 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche)
  • B. K. Vainshtein: Refinement of the structure of the group NH4 in the structure of ammonium chloride. In: Trudy Instituta Kristallografii Akademiya Nauk SSSR. Band 12 (1956), S. 18–24
Commons: Salmiak – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c d e f Helmut Schröcke, Karl-Ludwig Weiner: Mineralogie. Ein Lehrbuch auf systematischer Grundlage. de Gruyter, Berlin; New York 1981, ISBN 3-11-006823-0, S. 318–319.
  2. a b c d Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 150.
  3. a b c d Sal ammoniac, In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America, 2001 (PDF 67 kB)
  4. a b c Friedrich Klockmann: Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie. Hrsg.: Paul Ramdohr, Hugo Strunz. 16. Auflage. Enke, Stuttgart 1978 (Erstausgabe: 1891), ISBN 3-432-82986-8.
  5. A. Chevallier: Salmiakgeist gegen saures Aufstossen während der Verdauung. In: Annalen der Pharmacie. Band 15, Nr. 1, Januar 1835, S. 108–109, doi:10.1002/jlac.18350150108 (PDF).
  6. a b c Hans Lüschen: Die Namen der Steine. Das Mineralreich im Spiegel der Sprache. 2. Auflage. Ott Verlag, Thun 1979, ISBN 3-7225-6265-1, S. 306–307.
  7. Mindat - Anzahl der Fundorte für Salmiak (Salammoniac)
  8. Petr Korbel, Milan Novák: Mineralien-Enzyklopädie. Dörfler Verlag GmbH, Eggolsheim 2002, ISBN 978-3-89555-076-8, S. 72.
  9. Fundortliste für Salmiak (Salammoniac) beim Mineralienatlas und bei Mindat