„Elektroschockpistole“ – Versionsunterschied

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Zudem wird auf die Zahl der bereits im Zusammenhang mit dem Einsatz von Elektroschockpistolen getöteten Personen, sowie eine zusätzliche Dunkelziffer (bspw. Fälle in [[Diktatur]]en) verwiesen.
Zudem wird auf die Zahl der bereits im Zusammenhang mit dem Einsatz von Elektroschockpistolen getöteten Personen, sowie eine zusätzliche Dunkelziffer (bspw. Fälle in [[Diktatur]]en) verwiesen.

Das polnische Außenministerium spricht sich klar gegen den Einsatz von Elektroschockgeräten aus.<ref>http://www.spiegel.de/panorama/justiz/0,1518,517793,00.html</ref>


== Einführung ==
== Einführung ==

Version vom 16. November 2007, 19:01 Uhr

Der M-26 TASER, die nicht zivile Version des Tasers.

Eine Elektroschockpistole, auch Taser genannt, ist eine pistolenähnliche Waffe, die zwei oder vier mit Widerhaken versehene Projektile gegen den Körper der Zielperson schießt und danach, je nach Bauart, nur während der Betätigung des Abzugshebels (Stinger) oder ca. fünf Sekunden (Air Taser) lang kurze Elektroschocks von etwa 17.500 V bis 50.000 V (Leerlaufspannung) durch die mit den Projektilen verbundenen Drähte schickt. In Deutschland darf ein Taser zwar ab einem Alter von 18 Jahren erworben werden, jedoch benötigt man zum Führen dieser Waffen (mit Kartusche) einen (großen) Waffenschein. Er steht dann rechtlich einer Luftdruckwaffe gleich. Ohne Kartusche darf der Taser ab 18 Jahren in der Öffentlichkeit ohne besondere Berechtigung geführt werden (Ausnahme: Öffentliche Veranstaltungen i.S. v. § 42 Abs. 1 WaffG). Der in vielen Ländern erhältliche Laserzielmarkierer darf in Deutschland von Privatpersonen nicht besessen werden (Anlage 1 Nr. 4.1 zu § 1 Abs. 4 WaffG).

Die Einstufung der Waffe nach dem deutschen Waffenrecht befindet sich zur Zeit noch in einer rechtlichen Grauzone, da jedes ohne spezielle Berechtigung erwerbbare Elektroimpulsgerät ein Zulassungszeichen tragen muß. Da bis Dato keine Prüfvorschriften hierüber erlassen worden sind, hat das BKA eine zeitlich befristete Ausnahmegenehmigung für den "Umgang mit Elektroimpulsgeräten ohne Zulassung und Prüfzeichen" erlassen.

Der Hersteller der Taser-Modelle sieht diese als Druckluftwaffen an, während Stinger Feuerwaffen sind.

Die bekanntesten Modelle sind zurzeit (Sommer 2005) die Modelle Taser der Firmen Taserton (von Taser International übernommen) und Taser International und Stinger. Einfachere Modelle, getarnt als Taschenlampe, sind schon seit den 1970er Jahren in Gebrauch.

Historisches

Der Name Taser stammt aus dem Buch „Tom Swift and His Electric Rifle“ (Victor Appleton, 1911). Als Akronym: Thomas A. Swift's Electric Rifle.

Die Waffe wurde in den USA von John H. Cover entwickelt und verschiedene Verfahren zur Erzeugung von Hochspannungsimpulsen niedriger Energie 1974 patentiert.

Funktionsprinzip

Distanzmodus

Im Distanzmodus werden aus einer Kartusche zwei Projektile abgefeuert, die eine Geschwindigkeit von ca. 50 m/s erreichen. An den zwei Projektilen sind isolierte Drähte angebracht, die die elektrischen Impulse der Elektroschockpistole auf den Körper der Zielperson übertragen. Die Projektile sind mit Nadeln versehen, Treibmittel ist beim Taser von TASER INTERNATIONAL Druckgas, beim Taser von TASERTON und beim Stinger Schießpulver. Die Projektile werden nicht parallel verschossen, damit sie mit einem höheren Abstand auf der Körperoberfläche einschlagen. Die Nadeln sind mit Widerhaken, ähnlich einem Angelhaken, versehen und sollen möglichst im hautnahen Körpergewebe des Opfers stecken bleiben.

Ein ausgelöster Taser ohne Kartusche

Der entstehende Elektroschock soll das sensorische und motorische Nervensystem der Zielperson lähmen und sie bewegungsunfähig machen. Die Muskulatur der getroffenen Person soll laut Herstellerangaben sofort paralysiert und für ca. 1 Minute außer Gefecht gesetzt werden. Im Tierversuch an Schweinen konnten diese Angaben allerdings nicht bestätigt werden. Die Wirkung ist in der Praxis von verschiedenen Faktoren abhängig:

  • Wo dringen die Nadelelektroden in den Körper ein? Es können unabhängig von den elektrischen Impulsen Organe wie Augen oder nahe der Körperoberfläche gelegene Arterien verletzt werden. Welche Nerven und Muskeln liegen im Strompfad?
  • Welchen Abstand haben die Nadeln? Je größer der Abstand ist, desto größer ist der Strompfad, desto mehr Nerven und Muskeln sind betroffen, damit steigt die Wirkung. Es ist aber noch nicht geklärt, ob Elektroschockwaffen die Nervenfasern, die Muskeln, die Übergänge von den Nervenfasern zu den Muskeln oder eine Kombination dieser drei beeinflussen.
  • Wie ist der Zustand der Hautoberfläche, und wie weit und an welchen Punkten dringen die Nadelelektroden ein? Diese Parameter legen die Grundlage für den Körperwiderstand, der grob zwischen 50 und 10.000 Ω (nach anderen Quellen bis 300.000 Ω) liegen kann.
  • Wird die Kleidung durchschlagen und dringen die Nadelelektroden in den Körper ein oder wird der Elektroschock nur über eine Funkenentladung auf den Körper übertragen?
  • Ist die angegriffene Person auf eine Attacke mit Elektroschocks vorbereitet und trainiert? Kann sie den „Schockzustand“ durchbrechen und gezielt weiterhandeln?
  • Ist die angegriffene Person bezüglich des Herz-Kreislauf-Systems gesundheitlich vorbelastet, trägt sie implantierte Elektrotherapiegeräte wie Herzschrittmacher? Grundsätzlich ist ein Strompfad, der die Herzregion einschließt, als potenziell gefährlich anzusehen.

Die Stromstärke der Impulse erreicht bei modernen Modellen Spitzenwerte von bis zu 14 Ampere (bei einer Pulsweite von 20.000 ns über einer Last von 1000 Ω), die abgegebene Ladung beträgt bis zu 0,15 mC, damit befindet sich der Impuls innerhalb der normativen Grenzen, innerhalb derer kein Herzkammerflimmern ausgelöst werden soll. Tatsächlich ist es wissenschaftlich noch nicht geklärt, ob die gängigen Elektroschockpistolen Herzrhythmusstörungen oder Herzkammerflimmern auslösen können.

Die Elektroschockpistole gehört zu den Elektroimpulswaffen. Die Reichweite beträgt bis zu ca. 10 m, die Kapsel durchdringt Kleidung bis zu einer Stärke von 5 cm (Herstellerangabe Stinger Systems).

Eine Elektroschockpistole kann mit der eingeführten Kartusche nur einmal abgefeuert werden. Jedoch kann ein Gegner, welcher einmal getroffen wurde, mehrmals unter Strom gesetzt werden. Es muss dafür nur entsprechend der Abzug betätigt werden. Die verbrauchte Kartusche kann durch seitliches Drücken der Druckstellen nach vorne weggezogen werden und innerhalb weniger Sekunden durch eine neue ersetzt werden.

Kontaktmodus

Im Kontaktmodus wird der Taser im Körperkontakt mit der Zielperson zum Zufügen von Schmerzen eingesetzt und zielt auf Willfährigkeit zur Schmerzvermeidung und nicht auf Bewegungsunfähigkeit wie im Distanzmodus ab. Die Gegner können mittels der Elektroden an der Pistole oder der verbrauchten Kartusche oder durch leitenden Körperkontakt über einen kurzen Strompfad Elektroschocks ausgesetzt werden.

Visierung

Eine Elektroschockpistole ist entweder mit einem konventionellen Visier oder mit einem Laser-Zielmarkierer ausgerüstet.

Tödlichkeit

Die Elektroschockpistole wird als nicht-tödliche Waffe verkauft, ihre Hersteller-Firma wirbt mit dem Spruch „saving lives every day". In den USA sind jedoch schon seit 2003 über 300 Menschen während oder nach dem Einsatz dieser angeblich „nicht-tödlichen Waffe“ getötet worden[1] [2], die Waffe als unmittelbare Ursache der Todesfälle konnte selten sicher nachgewiesen oder ausgeschlossen werden, oft fielen die Opfer unglücklich und verletzten sich so. Es folgten so gut wie keine eingehenden forensischen Untersuchungen, sondern eher statistische Auswertungen. Deswegen ist die Elektroschockpistole eher eine wenig tödliche Waffe („less lethal weapon“). Stinger Systems qualifiziert das Konkurrenzprodukt mit beiden Bezeichnungen.

Weitere Wirkungen

Die Anwendung einer Elektroschockpistole bereitet dem Opfer aufgund der durch die Nadelelektroden bedingten hohen Stromdichte und der hohen Spannung

  • extreme, quälende, akute Schmerzen, (gesicherte Wirkung)
  • Brandverletzungen (Strommarken),

aufgrund der Beeinflussung von Muskeln und Nerven im Strompfad

  • zeitweise Lähmungen von Sekunden- bis Minuten-Dauer, (nicht gesicherte Wirkung)
  • Sturzverletzungen (je nach den Umständen), insbesondere Schädelverletzungen durch Ausschalten von bei Stürzen normalerweise eingreifenden Schutzreflexen (die Probleme sind äquivalent zu Problemen bei Stürzen bei Epilepsie).

und als weitere Sekundärwirkungen

  • mögliche Hyperventilation (wahrscheinlich als Folge der extremen Schmerzen und des extremen Stresses) und daraus folgende Wirkungen (siehe dort),
  • Wunden bei Entfernung der Widerhaken,
  • im Tierversuch eine Azidose, also Übersäuerung des Blutes. Diese Wirkung wird nach Gutachten für das U.S. Department of Justice auch für spätere Todesfälle nach dem Einsatz von Elektroschockpistolen verantwortlich gemacht.

Spätauswirkungen

  • unspezifische Angstzustände
  • Angstzustände in sich anbahnenden ähnlichen Situationen

Die Effekte können von Person zu Person sehr unterschiedlich sein.

Elektroschockwaffen dürfen nie in explosionsgefährdeten Bereichen eingesetzt werden. Sie können eine Explosion auslösen. Sie dürfen auch nie auf Personen abgefeuert werden, deren Kleidung mit brennbaren Flüssigkeiten oder Fetten getränkt oder verschmutzt ist (Dochteffekt).

Werdende Mütter bzw. deren ungeborenes Kind gelten beim Einsatz dieser Waffen als erhöht gefährdet.

Verwendung

Die Waffen sollen verwendet werden, um Angreifer, Randalierer, fliehende oder mit Suizid drohende Personen kurz durch Versagen der Kontrolle über die Muskeln und Schmerz handlungsunfähig zu machen.

Durch die Verwendung einer „nicht-tödlichen Waffe“ sollen Schäden beim Opfer vermieden werden. Elektroschockpistolen stellen eine Eskalationsstufe unter den eigentlichen Schusswaffen mit geringerem Todesrisiko bereit.

Die Waffe dient auch dem Selbstschutz der Polizeivollzugsbeamten.

Weil Elektroschockpistolen dem Opfer große Schmerzen bereiten und dabei vergleichsweise geringe (bleibende) physische Schäden anrichten, eignen sie sich besonders gut, um ein Opfer zu quälen, ohne dass dieses es ohne weiteres (über körperliche Schäden) nachweisen kann („weiße Folter“). Die Wahrscheinlichkeit, dass ein solches Vorgehen erfolgreich strafrechtlich verfolgt wird, ist dementsprechend gering. Die Neigung derjenigen, die im Besitz einer solchen Elektroschock-Waffe sind, diese ohne Not anzuwenden, ist aus diesem Grund hoch anzusetzen. Um diesem Vorwurf zu begegnen, besitzen behördlich benutzte Elektroschockpistolen Einrichtungen, die den Verwender identifizieren sollen, z.B. in Form von mit Seriennummer versehenem Konfetti, das mit den Projektilen verschossen wird, oder von Videokameras, die mit dem Entsichern der Waffe aktiv werden. Weiterhin lassen sich Einsatzparameter über eine Computerschnittstelle der Waffe auslesen.

Elektroschockpistolen sind derzeit fast ausschließlich im Besitz von Polizisten. Geplant ist jedoch, Mitarbeiter privater Sicherheitsdienste ebenfalls damit auszustatten.

Kritik

Kritiker wie Amnesty International befürchten eine Herabsetzung der Schwelle zur Anwendung durch die scheinbare Harmlosigkeit der Waffe und verweisen als Beleg auf entsprechende Fälle in den USA (s. Jahresbericht von AI-USA 2004 [3]).

Da Elektroschockpistolen starke Schmerzen beim Opfer hervorrufen, können sie Kritikern zufolge auch zur inadäquaten Durchsetzung von Autorität von Polizisten gegenüber Zivilisten missbraucht werden. Als Beispiel wurden Fälle aus den USA zitiert, bei denen Taser im Rahmen einer normalen Fahrzeugkontrolle zur Anwendung kamen. In einem auf Video dokumentierten Fall hatte eine Frau sich bei einer Fahrzeugkontrolle geweigert, eine Zigarette zu löschen, ein Telefongespräch zu beenden und aus dem Auto zu steigen, daraufhin wendeten Polizeibeamte mehrmals den Taser auf sie an, auch als sie bereits auf dem Boden lag.[4]

Es wird auf die Demütigung der Betroffenen aufmerksam gemacht (Menschenwürde).

Zudem wird auf die Zahl der bereits im Zusammenhang mit dem Einsatz von Elektroschockpistolen getöteten Personen, sowie eine zusätzliche Dunkelziffer (bspw. Fälle in Diktaturen) verwiesen.

Das polnische Außenministerium spricht sich klar gegen den Einsatz von Elektroschockgeräten aus.[5]

Einführung

Deutschland

Bayern

Nach der Novellierung des bayerischen Polizeiaufgabengesetzes am 14. Dezember 2005 sind nach §61 neben Schlagstock, Pistole, Revolver, Gewehr, Maschinenpistole, Maschinengewehr und Handgranate auch „Elektroimpulsgeräte und vergleichbare Waffen“ als Waffen der bayerischen Polizei zulässig.

Hamburg

In Hamburg verabschiedete der CDU-Senat unter Bürgermeister Ole von Beust und Innensenator Udo Nagel im Juni 2005 ein neues Polizeigesetz, das u.a. auch die Einführung von Taser-Waffen vorsieht.

Bundesweit

Die Bundesinnenministerkonferenz hat 2006 empfohlen, dass die Polizei-Spezialeinsatzkommandos aller Bundesländer den Taser anschaffen.

Schweiz

Am 26. Juli 2003 wurde vom Schweizer Bundesamt für Polizeiwesen die Verwendung der WaffenAdvanced Taser M26“ und „TASER X26 EMD“ („EMD“ steht hier für „elektro-muskulare Disruption“) durch die Polizeibehörden genehmigt. Die Elektroschock-Waffe «Taser» ist seit Anfang 2005 für die Sondereinheit «Enzian» der Kantonspolizei Bern freigegeben und wurde am 30. Dezember 2006 erstmals eingesetzt.

Österreich

Im Februar 2006 wurden 20 Taser an oberösterreichische Polizisten verteilt. Zum ersten Einsatz eines Tasers kam es am 7. Juli 2006, als ein Polizist bei einer Kontrolle einen professionellen moldawischen Einbrecher während eines Fluchtversuchs aus etwa zwei Metern Entfernung mit zwei Schüssen außer Gefecht setzte.

Auch bei der Wiener Spezialeinheit WEGA ist der Taser in Verwendung.

Preis

Verschiedene Varianten des Tasers sind ab 300 US-Dollar (für einfache Waffen) bis zu 1.000 US-Dollar (für „professionelle Waffen“ ohne Sonderzubehör) käuflich erhältlich.

Schutz

Eine Gegenmaßnahme gegen eine Elektroschockwaffe wäre das Tragen von Westen aus Material mit hoher Leitfähigkeit (z. B. Aluminium). Selbst wenn die Nadeln die Weste durchdringen, bildet der metallische Zwischenraum einen elektrischen Kurzschluss zwischen den beiden Elektroden. Dieser Schutz ist jedoch ineffektiv wenn der Betroffene an einer Stelle getroffen wird an der keine solche Weste vorhanden ist (z.B. Gesicht, Hände).

Eingetragene Marke

Das Wort „Taser“ ist eine eingetragene Marke der Firma Taser International, Inc..

Status in Bezug auf Expertenwissen

Zu Wirkung und Effekten von Elektroschock- bzw. Elektroimpulswaffen (Electro-Muscular Incapacitating Devices) gibt es sehr wenig von Experten anerkannte Veröffentlichungen, die meisten Einschätzungen bezüglich der Wirkung beruhen auf Fallbeschreibungen, die im Auftrag und Interesse der Hersteller oder von Polizei- oder Justizbehörden erstellt worden sind [6]. Die meisten Studien erfüllen keinen wissenschaftlichen Anspruch.

Siehe auch

Literatur

  1. Flugpassagier stirbt durch Elektroschocker, Spiegel Online, 15. Oktober 2007
  2. As Taser International Unveils Newest Civilian Stun Device, Amnesty International USA Renews Call for an Independent Safety Review, Amnesty Int. USA, 8.1.2007
  3. Jahresbericht Amnesty International USA 2004
  4. Video, palmbeachpost
  5. http://www.spiegel.de/panorama/justiz/0,1518,517793,00.html
  6. Jauchem, Johnson und Kuhnel: An Evaluation Of The Electrical Properties And Bio-Behavioral Effects For Commercially Available Tasers And The Jaycor Sticky Shocker United States Air Force Research Laboratory: Juni 2003

Weblinks