Hermann Wislicenus

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Hermann Wislicenus um 1895

Hermann Wislicenus (* 20. September 1825 in Eisenach; † 25. April 1899 in Goslar) war ein deutscher Maler.

Leben und Wirken

Wislicenus ging 1844 auf die Kunstakademie in Dresden und wurde später Schüler Eduard Bendemanns, dann Schnorrs. Sein erstes Bild Überfluss und Elend wurde für die Dresdener Galerie angekauft (Karton im Museum in Leipzig). 1853 begab er sich mit einem Reisestipendium nach Italien, wo er sich in Rom besonders an Peter von Cornelius anschloss und das dortige Kunstschaffen der Nazarener kennenlernte.

Germania auf der Wacht am Rhein (1873/74)

Nach seiner Rückkehr ließ er sich in Weimar nieder und eröffnete ein großes Atelier. Bis 1868 arbeitete er hier und wurde von Kritikern wie auch von seinem Publikum hoch geschätzt. Im Frühjahr 1868 folgte Wislicenus einem Ruf als Professor für Historienmalerei an die Akademie in Düsseldorf.

Innerhalb der Kunstakademie Düsseldorf formierte sich eine Mehrheit gegen die Berufung Wislicenus’, der als Vertreter einer idealistischen und preußisch-nationalromantischen Kunstauffassung bekannt war. Viele Schüler und Professoren, auch Eduard Bendemann, der Inhaber des Lehrstuhls für Historienmalerei bis 1867, unterstützten für die Berufung in dieses für die Akademie profilbildende Lehramt Wilhelm Sohn, einen Künstler der realistischen Richtung sowie Neffen des verstorbenen Akademie-Professors Karl Ferdinand Sohn. Die Ernennung von Wislicenus wurde schließlich „wider Willen und das Wissen des Lehrerkollegiums“ vom preußischen Kultusministerium durchgesetzt. Gegen sie, gegen den Einfluss des preußischen Regierungsbeamten Hermann Altgelt und gegen die eingetretene Machtverschiebung innerhalb der Düsseldorfer Akademie erhoben sich am 23. Juni 1869, im Jahr des fünfzigjährigen Jubiläums ihrer Neugründung, 38 Künstler in einem Protestbrief an die Adresse des Kultusministeriums, der in der Presse veröffentlicht und landesweit diskutiert wurde.[1]

Neben seinem Lehrauftrag schuf Wislicenus wichtige Arbeiten wie Die vier Jahreszeiten oder Die Lurlei. Viele dieser Arbeiten sowie sämtliche Studien von Wislicenus wurden beim Brand der Düsseldorfer Akademie im März 1872 vernichtet und mussten deshalb nochmals ausgeführt werden, etwa das Bild Germania auf der Wacht am Rhein.[2] Wislicenus fertigte auch den Entwurf für den Puttenfries am Stegmannschen Haus in Weimar.

Zyklus im Kaisersaal der Pfalz zu Goslar

1877 erhielt Wislicenus den ersten Preis in der Konkurrenz um die Ausmalung des Kaisersaals in der Pfalz zu Goslar mit Gemälden aus der deutschen Kaisergeschichte und -sage, deren Ausführung ihn bis 1890 beschäftigte. Mit Unterstützung seines Schülers Franz Weinack malte er den Saal mit Bildern aus, die das Kaisertum der Hohenzollern in die Tradition der römisch-deutschen Kaiser stellen. Das größte Bild in der Mitte des Saales zeigt die Apotheose des Kaisertums: Zentral im Bild reitet Wilhelm I., hinter ihm, ebenfalls zu Pferd, sein Sohn und Thronfolger Friedrich Wilhelm. Zur Linken Wilhelms stehen zwei junge Frauen in langen, hellen Gewändern, die Lothringen und das Elsass verkörpern. Beide tragen ihre Hauptkirche, den Dom von Metz und das Straßburger Münster, in den Händen. Zur Rechten Wilhelms steht Bismarck, der Baumeister des neuen Reiches.

Auf der linken Seite des Bildes sind die deutschen Fürsten zu sehen, ganz vorn der Bayernkönig Ludwig II., der Wilhelm eine Krone reicht. Auf der rechten Seite des Bildes sitzen die Gemahlinnen Wilhelms I. und seines Sohnes, Augusta und Victoria. Der dort stehende Junge ist der spätere Kaiser Wilhelm II.

Über der Szene schweben im Himmel Kaiser des Heiligen Römischen Reichs, darunter Friedrich I. Barbarossa. Die Mutter Wilhelms I., Königin Luise, schwebt ihm von oben mit einer Krone entgegen.

Die an der langen Westwand und an den Schmalseiten im Norden und Süden um das größte Wandgemälde gruppierten Wandbemalungen entsprechen sich thematisch, passend zur Symmetrie des Saales.

Auf der Schmalseite im Süden ist das Märchen von Dornröschen dargestellt. Es soll hier symbolisieren, dass das alte Reich 1806 nicht untergegangen ist, sondern in einen langen Schlaf fiel und durch die Reichsgründung 1871 wiedererweckt wurde. Gegenüber auf der Schmalseite im Norden ist Friedrich I. Barbarossa zu sehen, wie er mit einem Schwert in der Hand dem Kyffhäuser entsteigt. Rechts oben in der Ecke fliegt ein Adler, der die Raben verjagt. Auf dem Bild trägt Friedrich I. die Gesichtszüge Wilhelms I. und blickt auch in dessen Richtung.

Weiterhin auf der Südseite: Sturz der Irminsul durch Karl den Großen 772. Gegenüber auf der Nordseite: Luther vor Karl V. auf dem Reichstag zu Worms 1521.

Auf der Westseite links vom großen Gemälde:

Auf der Westseite rechts vom großen Gemälde:

Familie

Hermann Wislicenus heiratete Ida Roederer und hatte mit ihr vier Kinder, darunter der Admiralitätsrat und Marineschriftsteller Georg Wislicenus (1858–1927), der Maler Max Wislicenus (1861–1957) und der Maler Hans Wislicenus (1864–1939). Die Bildhauerin Lilli Wislicenus-Finzelberg (1872–1939) war seine Nichte und spätere Schwiegertochter.

Im Alter von beinahe 74 Jahren starb Hermann Wislicenus am 25. April 1899 in Goslar. Seine sterblichen Überreste wurden auf seinen Wunsch hin im Gothaer Krematorium eingeäschert. Danach wurde die Asche nach Düsseldorf gebracht und dort an der Seite seiner Frau Ida beigesetzt (vermutlich auf dem Düsseldorfer Nordfriedhof). Der Sohn Max Wislicenus ließ 1948 die Urnen seiner Eltern nach Goslar überführen, wo sie am 17. September auf dem Alten Friedhof Goslar erneut beigesetzt wurden.[3]

Bildergalerie

Werke (Auswahl)

Kartons
  • Götterbacchanal, zu einem Deckengemälde für ein Haus in Leipzig
  • Entwurf zu einem Wandbild für die Schlosskapelle zu Weimar
Wandbilder
  • Engelskonzert, Apsisbild in der Schlosskapelle im Weimarer Stadtschloss (1868/69, 1968 übermalt, ab 2010 freigelegt)[4]
Ölbilder
Zeichnungen

Ehrungen

Die Städte Goslar und Ludwigshafen am Rhein benannten ihm zu Ehren jeweils eine Straße.

Literatur

  • Siegfried Gehrecke: Hermann Wislicenus 1825–1899. Verlag Erich Goltze, Göttingen 1987, ISBN 3-88452-830-0.

Einzelnachweise

  1. Wolfgang Hütt: Die Düsseldorfer Malerschule 1819–1869. VEB E.A. Seemann Buch- und Kunstverlag, Leipzig 1984, S. 250 ff.
  2. Karl Woermann: Zur Geschichte der Düsseldorfer Kunstakademie, Düsseldorf 1880, S. 18.
  3. Jörg Kuhn, Nicola Vösgen: Cherchez la femme. Biografische Fundstücke zu Berliner Grabstätten. In: Der Bär von Berlin, Jahrbuch des Vereins für die Geschichte Berlins. Berlin 2021, S. 61–66.
  4. Das Engelskonzert, abgerufen am 12. November 2021.
  5. s. a. Schack-Galerie in München.