Cadus (Hilfsorganisation)

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Cadus e. V.
Rechtsform Eingetragener Verein
Gründung 2014
Gründer Sebastian Jünemann
Sitz Berlin, Deutschland & Dnipro, Ukraine
Motto Redefine Global Solidarity
Zweck Humanitäre Hilfe
Schwerpunkt Medizinische Nothilfe
Aktionsraum Gazastreifen, Ukraine, Syrien, Irak, Pakistan, Papua-Neuguinea, Polen, Griechenland, Deutschland, Bosnien und Herzegowina, Mittelmeer
Geschäftsführung Sebastian Jünemann, Lysann Kaiser
Website www.cadus.org

Cadus e. V. – Redefine Global Solidarity ist eine deutsche Hilfsorganisation, die unter anderem in der Ukraine[1] und im Gazastreifen[2] medizinische Nothilfe und andere humanitären Leistungen leistet.

Organisation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mitte 2014 wurde die Organisation Phoenix e. V. als eingetragener Verein begründet, welche ein Jahr später in Cadus – Redefine Global Solidarity umbenannt wurde.[3] Davor existierte der Verein formal als Wind säen.[4] Ziel des Vereins ist es, Projekte zur medizinischen Versorgung, Errichtung von semi-permanenten Unterkünften, Traumahilfe und Wasserver- und -entsorgung in unterversorgten und entlegenen Gebieten und Krisenregionen zu initiieren bzw. bestehende Projekte zu unterstützen.[5]

Die Gründer des Vereins kommen aus der linken Club- und Musikszene von Berlin.[6] Bundespräsidentschaftskandidat Gerhard Trabert war im Jahr 2017 Teil eines Cadus-Zentrums zur Trauma-Stabilisierung in Mossul.[7]

Cadus wird von Sebastian Jünemann und Lysann Kaiser geleitet. Beide haben langjährige Erfahrungen in der medizinischen Humanitärer Hilfe, wie zum Beispiel mit Ärzte ohne Grenzen (MSF) und der Internationale Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung (ICRC).[8]

Projekte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

AERU – Airborne Emergency Response Unit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ziel des AERU-Projektes, das in Kooperation mit der Humanitarian Pilots Initiative (HPI) durchgeführt wird, soll ein plattformunabhängiges Notschirm-System zum Luftabwurf von 80 bis 120 Kilogramm schweren Hilfsgütern sein, um kostengünstige humanitäre Hilfe in schwer zugänglichen Regionen zu gewährleisten.[9]

Crisis Response Makerspace[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In Anlehnung an FabLabs will Cadus mit einem Forschungs- und Innovationsnetzwerk zu Universitäten, Hochschulen und der Maker-Szene neue Lösungen für Einsatzszenarien entwickeln. Die Entwicklung solle gemeinfrei gehalten werden, um sie auch anderen Nichtregierungsorganisationen zugänglich zu machen. Auch Teile der Open Health HACKademy, eines Hackathons für Gesundheitstechnologien, fanden im Makerspace statt.[10]

Mobile Hospital[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Cadus-Einsatzfahrzeuge und ein Anhänger des Mobile Hospitals vor einem mehrstöckigen Gebäude
„Trauma Stabilisation Point“ des Mobile Hospitals und Einsatzfahrzeuge in Mossul (2019)

Das Mobile Hospital ist ein Projekt für ein mobiles Krankenhaus im Norden vom Irak und Syrien. Es besteht aus zwei LKW und mehreren Behandlungs- und Operations­zelten, die schnell auf- und wieder abgebaut werden können. Die Mobilität des Krankenhauses ist von entscheidender Bedeutung, da in der Region häufig Gesundheitszentren attackiert werden. Das Mobile Hospital hat zehn Behandlungsplätze und einen OP-Tisch und wird von 10 Helfern, darunter drei Ärzte, betrieben.[11][12]

CADUS Team in der Ukraine (2023)

Gemeinsam mit Professuren der Beuth Hochschule für Technik und der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin wurde ein krisenfähiges Monitoringsystem für mobile Krankenhäuser konzipiert (remo²hbo)[13], das via Mailingliste und GitHub in einem offenen Entwicklungsprozess entwickelt wird.[14] Unter den zugehörigen Fahrzeugen befindet sich ein durch Spenden reaktivierter Gerätekraftwagen des Technischen Hilfswerks.[15]

SAR Mittelmeer[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Jahr 2015 sammelte die Organisation Geld für ein Boot, um die Seenotrettung vor Lesbos zu unterstützen.[16] 2016 betrieben sie zusammen mit der Organisation LifeBoat das Seenotrettungsschiff Minden vor der Libyschen Küste.[17]

Eingangsbereich eines Backsteingebäudes mit großem Schriftzug „Cadus Crisis Response Maker Space“ und Logo über den Flügeltüren
Eingangsbereich des Cadus Maker Spaces in Berlin

Universität Mossul[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zum Wiederaufbau der vom Islamischen Staat zerstörten Universität Mossul startete Cadus eine Spendenaktion über den Verkauf von T-Shirts und Beuteln mit Motiven Studierender und Kunstschaffenden Mossuls.[18]

Ukraine-Hilfe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Seit dem russischen Überfall auf die Ukraine 2022 unterstützte Cadus ukrainische Betroffene durch die Bereitstellung von Werkzeug, Verbrauchsmaterial und mobilen Makerspaces (Werkzeugwagen),[19] die beispielsweise zur Energieversorgung, Isolation von Gebäuden und sonstigen Reparaturen dienen. Das aus mindestens sechs Fahrzeugen bestehende Projekt Tolocar (nach „toloka“, gegenseitige Hilfe) wurde unter anderem durch GIZ und HIWW finanziert.[20]

Im Dezember 2023 schloss Cadus eine Kooperationsvereinbarung mit der Karasin-Universität Charkiw.[21]

Karte
Alle Einsatzgebiete von Cadus

Gaza-Hilfe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Als erstes deutsches Emergency Medical Team (EMT) leistet CADUS in Gaza medizinische Hilfe zusammen mit der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Insgesamt besteht das Team aus acht Personen und wird für drei Monate in Gaza Hilfe leisten.[22]

Kritik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Während des humanitären Einsatzes in Qamischli im Norden Syriens (2018) wurde der deutsche Cadus-Mitarbeiter Martin Lautwein und sein australischer Kollege entführt und im Gefängnis Far' Falastine des syrischen Geheimdiensts gefangen gehalten und gefoltert. Beide kamen nach 48 Tage Haft und Folter durch diplomatische Bemühungen der Tschechischen Republik frei. 2020 erstattete Lautwein Anzeige gegen Verantwortliche des syrischen Regimes.[23][24] 2023 verklagte Lautwein auch Cadus und warf der Organisation eine Verletzung der Fürsorgepflicht vor. Er sei durch die Organisation nicht ausreichend auf seinen zweiten Einsatz vorbereitet gewesen und es wäre ihm kein Visum der syrischen Regierung organisiert worden. Auch nach seiner Freilassung sei ihm durch Cadus keine medizinische oder psychologische Hilfe angeboten worden. Cadus wies die von Martin Lautwein vorgebrachten Vorwürfe zurück.[25]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Medienberichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. admin: CADUS in der Ukraine. In: cadus.org. Abgerufen am 17. Februar 2024 (amerikanisches Englisch).
  2. admin: Einsatzgebiet Gaza. In: cadus.org. Abgerufen am 17. Februar 2024 (deutsch).
  3. FAQ – CADUS – Redefine Global Solidarity. Abgerufen am 17. Oktober 2017.
  4. Cadus e.V. Chronologischer Abdruck/Historischer Abdruck. Amtsgericht Berlin (Charlottenburg) VR 31402. In: Gemeinsames Registerportal der Länder. Justizministerium des Landes Nordrhein-Westfalen, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 18. Februar 2016; abgerufen am 19. Juni 2019.
  5. Vereinssatzung. (PDF) 20. Februar 2016, abgerufen am 27. Oktober 2017.
  6. Niklas Franzen: Vom Club in den Krieg. In: Neues Deutschland. 21. Februar 2018, abgerufen am 26. Februar 2018.
  7. Jonas Grünwald: A special war story. In: Cadus e. V. – Redefine Global Solidarity. 4. März 2019, abgerufen am 10. Januar 2022.
  8. admin: Unser Team. In: cadus.org. Abgerufen am 17. Februar 2024.
  9. AERU. Airborne Emergency Response Unit. Airdrop Capacities for Disaster Relief. In: Humanitarian Pilots Initiative. Ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 3. Mai 2019.@1@2Vorlage:Toter Link/www.hpi.swiss (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)
  10. MatchMyMaker_SvensStorySpendenaufruf. In: YouTube. be able e.V., 3. April 2021, abgerufen am 19. Juli 2021 (deutsch).
  11. Anja Meyer: Helfen unter ständiger Bedrohung. In: Berliner Morgenpost. 31. Januar 2017, abgerufen am 27. Oktober 2017.
  12. Social Impact: Hilfe, wo sich keiner hintraut. In: enorm Magazin. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 3. Mai 2019; abgerufen am 3. Mai 2019.
  13. remo²hbo. Robustes und reparierbares Vitalparametermonitoring im mobilen Krankenhaus (repairable patient monitoring in mobile hospital boxes). Institut für angewandte Forschung IFAF Berlin, 1. April 2017, abgerufen am 3. Mai 2019.
  14. Remo²hbo. Robustes und reparierbares Vitalparametermonitoring im mobilen Krankenhaus (repairable patient monitoring in mobile hospital boxes). In: Remo²hbo. HTW Berlin. Centrum für biomedizinische Bild- und Informationsverarbeitung CBMI. Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 2. Juli 2019.
  15. Jonas Grünwald: Mobile Hospital. Von der Idee bis zum Einsatz. In: CADUS Blog. CADUS e.V. – redefine global solidarity, 12. Januar 2018, abgerufen am 12. September 2019.
  16. Berliner Organisation sammelt Geld für Rettungsboot. In: Der Tagesspiegel. 17. November 2015, abgerufen am 27. Oktober 2017.
  17. Erik Gaitzsch, Neda Ghotbi: An der Grenze der Zivilisation. In: Der Tagesspiegel. 7. November 2016, abgerufen am 27. Oktober 2017.
  18. CADUS e.V.: Schenken und Gutes tun! In: Facebook. 15. Dezember 2017, abgerufen am 6. Mai 2019.
  19. Mobile Crisis Response Makerspace Ukraine - Cadus e.V. - Redefine Global Solidarity. 7. Februar 2023, abgerufen am 14. April 2023.
  20. Home - Tolocar Project. Abgerufen am 14. April 2023.
  21. Instagram-Beitrag von CADUS (@cadus_org) am 18. Dezember 2023
  22. CADUS in Gaza. (PDF) 17. Februar 2024, abgerufen am 17. Februar 2024.
  23. Lena Kampf, Philipp Reichert: Folter in Syrien: "Die wollen die Menschen brechen". In: tagesschau.de. 10. November 2020, abgerufen am 11. September 2023.
  24. German aid worker sues Syria’s intelligence services over claims of torture. In: North Press Agency. 11. November 2020, abgerufen am 5. Februar 2024.
  25. Philipp Reichert: Entführung und Folter in Syrien: Deutscher Helfer verklagt NGO. In: tagesschau.de. 11. September 2023, abgerufen am 11. September 2023.