Grubenwerk

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Britisches bzw. kontinentales Erdwerk

Grubenwerke, auch Grabenwerke genannt,[1] sind Landschaftsbauwerke aus einfachen oder konzentrischen Wällen und Gruben, die durch schmale Erdbrücken unterbrochenen sind. Die sukzessiv angelegten Gruben sind so eng benachbart, dass sie lange für Gräben gehalten wurden. Die breiteren der Zugänge ins Innere sind teilweise durch komplizierte Bastionen geschützt.

Grubenwerke traten im westeuropäischen Spät-Neolithikum auf, vor allem in der Michelsberger Kultur, der Wartberg-Kultur, dem Chasséen, dem englischen Frühneolithikum und in den Vorläufern der Trichterbecherkultur (TBK) und der TBK-Zeit selbst während der sie auslaufen.

Deutsche Grubenwerke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Es gibt mehr oder weniger runde Anlagen und Abschnittsbefestigungen wie bei Heilbronn-Klingenberg. Von dort sind verkohlte Reste einer Palisade bekannt.[2]

Alleine in Norddeutschland und Dänemark sind 47 Grabenwerke belegt, wie Büdelsdorf und Albersdorf.

Füllung der Gräben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Gräben sind besonders in der Nähe der Erdbrückenzugänge sehr fundreich. Sie enthalten zerscherbte Keramik, Feuerstein, Felsgesteinartefakte, Hüttenlehm, Menschen- und Tierknochen, sowie Pflanzenreste. In Heilbronn-Klingenberg wurden Einkorn, Emmer, Hartweizen und Nacktgerste nachgewiesen, außerdem Erbsen, Linsen, Lein und Schlafmohn.[3]

Unterbrochene Grubenwerke in Großbritannien[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wyke Down in Dorset, Muster einer interrupted-ditch enclosure

Die Ursprünge der Grubenanlagen Großbritanniens liegen im Kontinentaleuropa des 6. Jahrtausend v. Chr. In England, und Wales insbesondere deren Südhälften, wurden Erdwerke[4] während des Frühneolithikums errichtet (Western Carinated, früher Windmill-Hill-Kultur). Es handelt sich um runde oder ovale Erdwerke, die zunächst als Causewayed camps heute als Causewayed enclosures oder als interrupted-ditch enclosures (unterbrochene Grabenwerke) bezeichnet werden. Sie liegen auf Hügeln oder in der Ebene, haben Durchmesser zwischen 12 und 225 m und im Unterschied zu kontinentalen Grubenwerken oft eine Vielzahl an Unterbrechungen. Ein oder mehrere Wälle sind von der entsprechenden Anzahl konzentrischer Grubenringe umgeben. Die 70 bekannten Anlagen in England bedecken Flächen zwischen einem und 8,5 ha. Die C14-Daten aus Abingdon in Oxfordshire zeigen eine Nutzung ab der Mitte des 4. Jahrtausends (3210 v. Chr.) an. Einige haben kontinuierliche oder diskontinuierliche Wälle, aus Aushubmaterial. Neue Forschungsergebnisse belegen, dass die meisten Erdwerke innerhalb einer Zeitspanne von 75 Jahren entstanden.[5]

Knochen, hauptsächlich von Rindern, sowie Keramik und Silex wurden in den Gräben gefunden, auch Menschenknochen kommen vor. Es herrscht keine Einigkeit betreffend der Nutzung von Causewayed enclosures, aber es scheint, dass sie eine Vielzahl sozialer, ökonomischer und ritueller Funktionen in frühneolithischen Gemeinschaften erfüllten. Man glaubt inzwischen, dass die frühen neolithischen Gesellschaften die Plätze für Tauschhandel, Feste und Rituale (Kingsmead Quarry) verwendeten.[6]

Grubenwerke in Frankreich[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die unterbrochenen Grubenwerke (französisch enceinte à fossé interrompu) bzw. neolithischen Einhegungen der ersten Bauern in Frankreich wurden im Tal der Somme gefunden (so Champ de bataille bei L’Étoile). Sie sind aber auch aus anderen Landesteilen bekannt (Champ-Durand, Diconche), besonders aus den Tälern der Aisne in Nordostfrankreich und aus einem Bereich südlich der Loiremündung, während sie in der Bretagne (bis auf Groh-Colle auf der Halbinsel-Quiberon und La Rochette, westlich von Mauron) zunächst fehlten. Auch in der Normandie sind sie selten (4 Anlagen).

Bei archäologischen Arbeiten an einer Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Tours und Bordeaux in Frankreich wurden mehr als 20 frühgeschichtliche Grubenwerke offenbart. Sie liegen an Hängen oder auf Plateaus und haben Durchmesser zwischen 7,0 m (Roullet-Saint-Estèphe, Vouharte) bis 20,0 m (Saint-Genis-d'Hiersac) – alle im Département Charente. Einige haben unterbrochene Gräben, wie jene, die in den Basses Landes oder am Croix de Bois in Poitiers (Département Vienne) entdeckt wurden. Einige sind zu Gruppen zusammengefasst wie La Grande Faye in Vouharte. In Roullet-Saint-Estèphe (Département Charente) bilden runde und viereckige Einfriedungen vermutlich eine Einheit. Die meisten dieser runden Anlagen liegen, zumindest soweit das anhand der Suchgräben zu beurteilen ist, isoliert. Daher wurden, mit Ausnahme von zwei Anlagen von Sablons in Luxé, keine ausgegraben. Die aus den Gräben entnommene Erde wurde entlang des Grabens oder im zentralen Bereich aufgeschichtet.

Die C14-Datierung von L’Étoile ergab, dass die jungsteinzeitliche Anlage vom späten 6. bis zum Ende des 5. Jahrtausends genutzt wurde. Der Hauptverbreitungszeitraum dieser Einhegungen liegt in der mittleren Jungstein (etwa 4500 v. Chr.), das ist die Zeit als in der Bretagne die ersten Megalithanlagen errichtet Wurden.

L’Étoile ist in seiner Gesamtheit erhalten und durch Luftaufnahmen dokumentiert. Die fast 5 ha große ovale Einhegung aus Gräben und Palisaden wird von Zugängen 8-mal unterbrochen. Weitere Palisaden trennen einen runden Bereich innerhalb der Einhegung ab, wie er ähnlich im nordirischen Fort Navan angetroffen wurde. Die archäologischen Untersuchungen ergaben, dass die Unterbrechungen breit waren und der Zugang durch trichterförmige Palisaden verlief.

Die Ausgrabungen von Rosheim im Elsass haben gezeigt, dass bandkeramische Erdwerke keine umlaufenden Gräben hatten. Die Anlage setzt sich aus einzelnen Langgruben zusammen, die diachron einer Trasse folgten. So entstand sukzessiv ein nur scheinbar kontinuierlicher Ringgraben, der als solcher jedoch nie bestand.[7]

Grubenwerke der Iberischen Halbinsel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Grubenwerke wurden lange nur mit Mitteleuropa und Großbritannien verbunden. Eine 2013 veröffentlichte Publikation zeigt jedoch, dass sie auch im Norden der Meseta auf der Iberischen Halbinsel vorkommen. In der Herdade do Estácio (bei Beja), wurde eine Folge konzentrischer langer Gruben ausgegraben die eindeutig Merkmale von Grubenwerken tragen. Die in den Gruben gesammelten Materialien deuten auf eine spätneolithische Chronologie. Das Layout und die Chronologie erinnert an die Anlage von Fareleira 3, obwohl die Gräben dort größer sind. Diese empirischen Daten legen nahe, dass die Halbinsel eindeutig in die gesamteuropäischen Phänomene integriert war.

Bekannte Grubenwerke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einige als Tor-Cairn bezeichnete Anlagen im Südwesten Britanniens – wie die von Carn Brea, Showery Tor und Rough Tor im Bodmin Moor (Cornwall), Stowes Hill und Whittor in Dartmoor – werden für lithische Gegenstücke der Erdwerke gehalten.

Grubenwerke anderer Zeitstellung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Erdwerke aus der Zeit der Bandkeramischen Kultur wurden stets als durchgängige Grabenringe und deshalb oft als Fortifikationen aufgefasst. Die Erdwerke von Herxheim bei Landau und Rosheim im Elsass zeigen,[8] dass es sich in diesem Fall um sukzessiv ausgehobene und teils wiederverfüllte Gruben handelt, die keine Grabenfunktion erfüllten, die aber im Magnetogramm als geschlossene Kreisgräben erscheinen.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Niels H. Andersen: Sarup Vol. 1, The Sarup Enclosures: The Funnel Beaker Culture of the Sarup site, including two causewaysed camps compared to the contemporary settlements in the area and other European enclosures (= Jutland Archaeological Society Publications. Band 33). Jysk Arkæologisk Selskab, Moesgaard 1997, ISBN 87-7288-588-2.
  • Niels H. Andersen: Causewayed enclosures in Northern and Western Europa. In: The Oxford Handbook of Neolithic Europe, 2015.
  • Vincent Ard et al.: Découverte d’un habitat ceinturé du début du Néolithique moyen dans le Centre-Ouest de la France : le Peu à Charmé (Charente) In: Bulletin de la Société préhistorique française 2016, S. 382–385
  • H. J. Case, Alastair W. R. Whittle (Hrsg.): Excavations at the Abingdon causewayed enclosure and other sites. CBA Research Report Series 44, 1982.
  • Rodney Castleden: The Stonehenge people, an Exploration of Life in Neolithic Britain 4700-2000 BC. Neuauflage, Routledge & Kegan Paul, London 1998 (Erstauflage 1987).
  • Michael Geschwinde, Dirk Raetzel-Fabian: EWBSL. Eine Fallstudie zu den jungneolithischen Erdwerken am Nordrand der Mittelgebirge. Mit Beiträgen von Ernst Gehrt, Silke Grefen-Peters und Walter Wimmer (= Beiträge zur Archäologie in Niedersachsen. Band 14). VML, Rahden/Westf. 2009, ISBN 978-3-89646-934-2.
  • Christian Jeunesse, Philippe Lefranc: Rosheim „Sainte-Odile“ (Bas-Rhin), un habitat rubané avec fossé d'enceinte. Première partie: les structures et la céramique. 1999.
  • Benedikt Knoche: Die Erdwerke von Soest (Kr. Soest) und Nottuln-Uphoven (Kr. Coesfeld). Studien zum Jungneolithikum in Westfalen. Mit Beiträgen von Hubert Berke, Jutta Meurers-Balke und Silke Schaumann (= Münstersche Beiträge zur ur- und frühgeschichtlichen Archäologie. Band 3). VML, Rahden/Westf. 2008, ISBN 978-3-89646-281-7.
  • Philippe Lefranc: Les enceintes néolithiques à pseudo-fossé - Monuments cérémoniels danubiens dans la plaine d’Alsace.
  • Alastair Oswald, Carolyn Dyer, Martyn Barber: The creation of monuments: neolithic causewayed enclosures in the British Isles. English Heritage, Swindon 2001 (Digitalisat).
  • Patrick Peredy: Les enceintes néolithiques à fossés interrompus entre Loire et Marais poitevin. In: Bulletin de la Société préhistorique française 1999 96-3 S. 421-426
  • Dirk Raetzel-Fabian: Calden. Erdwerk und Bestattungsplätze des Jungneolithikums. Architektur – Ritual – Chronologie. Mit Beiträgen von Gerd Nottbohm, Kerstin Pasda, Gesine Weber und Jaco Weinstock (= Universitätsforschungen zur prähistorischen Archäologie. Band 70). Rudolf Habelt, Bonn 2000, ISBN 3-7749-3022-8.
  • Katja Schmidt, Christian Jeunesse: Bandkeramische Erdwerke – Verteidigungsanlagen? In: Varia neolithica IV, 2006, ISBN 3-937517-43-X. S. 83–101.
  • Hans-Peter Stika: Vorgeschichtliche Pflanzenreste aus Heilbronn-Klingenberg. Theiss, Stuttgart 1998.
  • Ch. Verlux: Des bâtiments circulaires du Néolithique moyen à Auneau (Eure-et-Loir) et Orval (Cher). Note préliminaire / Middle neolithic circular buildings in Auneau (Eure-et-Loir) and Orval (Cher). First data, 1998.
  • D. R. Wilson: Causewayed camps and interrupted ditch systems. In: Antiquity. 49, no. 195, (1975) S. 178–86.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Johannes Müller: Großsteingräber, Grabenwerke, Langhügel – Frühe Monumentalbauten Mitteleuropas. 2017 (Online)
  2. Jörg Biel: Abschließende Untersuchung eines Michelsberger Erdwerkes bei Heilbronn-Klingenberg. Archäologische Ausgrabungen Baden-Württemberg 1987, S. 50–54, 1988
  3. Hans-Peter Stika: Cultivated plant remains of the late Neolithic Michelsberg Culture at Heilbronn-Klingenberg (southwest Germany) – a comparison of different features, find assemblages and preservation conditions relating to the representation of archaeobotanical remains. Journal of Vegetation History and Archaeobotany 5/1-2, 1996
  4. Rodney Castleden zählt in The Stonehenge People: An Exploration of Life in Neolithic Britain 4700-2000 BC auf Seite 48, 40 auf.
  5. Pallab Ghosh: Archaeologists unearth Britain's 'first building boom'. In: bbc.co.uk. 6. Juni 2011, abgerufen am 4. Februar 2024 (englisch).
  6. Alasdair Whittle, Joshua Pollard und Caroline Grigson: The harmony of symbols: the Windmill Hill causewayed enclosure, Wiltshire. (Oxford: Oxbow Books 1999)
  7. Philippe Lefranc: RA15-Les enceintes néolithiques à pseudo-fossé, auf cnrseditions.fr
  8. Ch. Jeunesse, P. Lefranc 1999, Rosheim Sainte Odile (Bas-Rhin), un habitat rubané avec fossé enceinte. Cahier d'association pour la promotion de la recherche archéologique en Alsace 15

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]