Edmund Glaise-Horstenau

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Edmund Glaise von Horstenau (* 27. Februar 1882 in Braunau am Inn; † 20. Juli 1946 im Lager Langwasser bei Nürnberg) war österreichischer Militärhistoriker, Publizist, Vizekanzler und General der Infanterie.

Der aus einer Offiziersfamilie stammende Edmund Glaise von Horstenau wurde nach dem frühen Tod seines Vaters in einer Militärschule erzogen, und trat danach in die Theresianische Militärakademie in Wiener Neustadt ein. Ab 1903 Berufsoffizier, erfolgte seine Generalstabsausbildung auf der Kriegsschule. 1913 war er als Hauptmann d.G. dem österreichischen Kriegsarchiv dienstzugeteilt.

Während des Ersten Weltkrieges diente Glaise von Horstenau nach einer kurzen Frontverwendung als Generalstabsoffizier in Galizien ab 1915 im Referat für Presse und Politik im k.u.k. Armeeoberkommando. In dieser Funktion arbeitete er eng mit dem deutschen Bevollmächtigten beim ö.-u. AOK, Generalmajor August von Cramon, zusammen und dürfte diesem auch wichtige Informationen über die ohne Kenntnis des deutschen Bündnispartners geführten Separatfriedenssondierungen Kaiser Karls zugespielt haben. 1918 kehrte er an das Kriegsarchiv zurück, dessen Direktion er zwischen 1925 und 1938 innehatte.

Seit 1924 österreichischer Hofrat, wurde Glaise-Horstenau 1934 zum Oberst in der Evidenz des österreichischen Bundesheers ernannt; 1932 mit dem Ehrendoktorat der Universität München ausgezeichnet, erhielt er 1934 die Venia legendi an der Universität Wien.

Seit 1934 Staatsrat im österreichischen Ständestaat, machte ihn Kurt Schuschnigg am 11. Juli 1936 zum Bundesminister ohne Portefeuille, der als Flügelmann der Regierung zu den deutschnationalen oppositionellen Kreisen dienen sollte. Im Übergangskabinett von Arthur Seyß-Inquart wurde er am 11. März 1938 zum Vizekanzler ernannt. Diesen Posten hatte er jedoch nur zwei Tage inne, am 13. März 1938, übernahm Seyß-Inquart die absolute Kontrolle.

Nach dem Anschluss wurde Glaise Angehöriger der österreichischen Landesregierung unter Reichsstatthalter Seyß-Inquart, gleichzeitig Mitglied des Großdeutschen Reichstages sowie Inhaber eines Ehrenrangs der SA - drei dekorative Funktionen abseits fast jeden Einflusses.

Im November 1939 - nach Kriegsausbruch - wurde Glaise von Horstenau als "General z. B.V." (zur besonderen Verwendung) beim OKW einberufen und zunächst auf den Posten eines Inspekteurs der Kriegsgräberfürsorge abgeschoben. Aufgrund seiner in der k.u.k. Armeezeit erworbenen Kenntnisse und Kontakte setzte ihn Adolf Hitler im April 1941, im Gefolge des deutschen Einmarsches in Jugoslawien, als Bevollmächtigten General in Kroatien ein. In dieser Stellung geriet er in Spannungen zum Bündnispartner Italien sowie zum kroatischen Ustaša-Regime und wurde im September 1944 auf Intervention des kroatischen Diktators Ante Pavelić abberufen. Nach seinem Sturz in Agram erlebte Glaise in Wien und Salzburg den Zusammenbruch. Vom Februar bis April 1945 stand er im Zusammenhang mit Versuchen, mit den Westmächten einen besonderen Waffenstillstand, ähnlich dem für den italienischen Raum, abzuschließen.

Während der Nürnberger Prozesse wurde Glaise von Horstenau als Zeuge befragt, und wurde dabei von den Amerikanern im Lager Langwasser interniert. Da er befürchtete, an Jugoslawien ausgeliefert zu werden, beging er während der Haft Suizid.

Seit 1915 als Generalstabsoffizier im österreichisch-ungarischen AOK tätig, hatte Glaise Gelegenheit, die letzten Bemühungen um die Erhaltung der österreichisch-ungarischen Monarchie und ihren Zusammenbruch aus nächster Nähe mitzuerleben. Vom wehmütigen Monarchismus, einer starken gefühlsmäßigen Anteilnahme am Kampf der Südtiroler gegen die Italienisierung, einer romantischen Reichsideologie und einem Glauben an unverrückbare Determinanten einer Geopolitik führte ihn der Weg zum "Betont Nationalen" der dreißiger Jahre. Politischer Ehrgeiz und persönliche Eitelkeit verleiteten den glänzenden Publizisten Glaise, der durch populäre militärhistorische und militärpolitische Vortrags- und Publikationstätigkeit einen gewissen Bekanntheitsgrad in der interessierten Öffentlichkeit Österreichs und Deutschlands erreicht hatte, dazu, sich ab 1934 Schuschnigg als potenziellen Verbindungsmann zu den deutschnationalen oppositionellen Kreisen anzubieten, um mit diesen eine "innere Befriedung" zu erzielen. Seit 1934 als Staatsrat und 1936 als Minister ohne Portefeuille bzw. Innenminister spielte Glaise als Mittelsmann zwischen Schuschnigg und Hitler neben Franz von Papen eine gewisse Rolle beim Zustandekommen des österreichisch-deutschen Abkommens vom 11. Juli 1936 (Juliabkommen). Als Vizekanzler mit Seyß-Inquart im März 1938 bei Hitler auf dem Obersalzberg hatte er zwar noch Mitanteil am schnellen Anschluss Österreichs, war hinterher allerdings enttäuscht darüber, dass die Autonomie Österreichs, wie von Glaise erhofft, von Hitler nicht gewährt wurde. Als langjähriges Parteimitglied der Christlichsozialen und bekennender Katholik hatte Glaise bei den illegalen Nationalsozialisten Österreichs wenig Vertrauen und Einfluss und wurde bald nach dem Anschluss, von Göring despektierlich als "Weihnachtsmann" apostrophiert, ins politische Abseits geschoben, obwohl er den Posten eines Territorialbefehlshabers über deutsche Truppen erhielt.

1941-1944 als Militärdiplomat im kroatischen Agram begann er die Niederschrift seiner Autobiographie, die er während der Haft 1945/46 bis kurz vor seinem Tod fortsetzte. Seine umfangreichen Erinnerungen bieten ein brillantes Porträt der österreichischen Eliten in den letzten Jahren der österreichisch-ungarischen Monarchie österreichisch-ungarische Monarchie und der Zwischenkriegszeit. Sie wurden vom österreichischen Staatsarchivar Peter Broucek gesammelt, editiert und zwischen 1980 und 1988 herausgegeben.

Hauptwerke

  • Österreich-Ungarns letzter Krieg, 7 Bände, 1931-35 (Hg.); Die Katastrophe, 1928; Franz Josephs Weggefährte, 1930

Literatur

  • Peter Broucek (Hrsg.), Ein General im Zwielicht. Die Erinnerungen Edmund Glaise von Horstenau, 3 Bände, Wien: Böhlau 1980-88.

Weblinks

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