„Ehrenamtlicher Richter“ – Versionsunterschied

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Ergänzungsschöffen werden bei umfangreichen Prozessen (vorbeugend) hinzugezogen, um bei Ausfall eines Hauptschöffen einspringen zu können. Um diese Funktion wahrnehmen zu können, muss der Ergänzungsschöffe während des gesamten Prozesses als „Anwesender“ jeder Verhandlung beiwohnen, nimmt jedoch (noch) nicht an den Beratungen des Gerichts (hauptamtliche Richter und aktive Schöffen) teil. Die Anwesenheit ist nötig um den gesamten Prozessablauf zu kennen und notfalls alle Kenntnisse zu besitzen, um für den ausfallenden (Haupt-)Schöffen tätig zu werden.
Ergänzungsschöffen werden bei umfangreichen Prozessen (vorbeugend) hinzugezogen, um bei Ausfall eines Hauptschöffen einspringen zu können. Um diese Funktion wahrnehmen zu können, muss der Ergänzungsschöffe während des gesamten Prozesses als „Anwesender“ jeder Verhandlung beiwohnen, nimmt jedoch (noch) nicht an den Beratungen des Gerichts (hauptamtliche Richter und aktive Schöffen) teil. Die Anwesenheit ist nötig um den gesamten Prozessablauf zu kennen und notfalls alle Kenntnisse zu besitzen, um für den ausfallenden (Haupt-)Schöffen tätig zu werden.
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== Österreich ==
== Österreich ==

Version vom 19. Februar 2014, 11:59 Uhr

Ein ehrenamtlicher Richter ist an Gerichtsverfahren als Richter beteiligt. Teilweise tragen ehrenamtliche Richter die Bezeichnung Schöffe, Geschworener oder Laienrichter.

Allgemeine Geschichte

Vor der Einführung einer zentralen Gerichtsbarkeit gab es in Dörfern neben dem Schulzen die Gerichtsschöppen. Dies waren zumeist Bauern des Dorfes, die im Allgemeinen vom Lehnsherren auf Zeit ernannt wurden. Sie wurden durch einen feierlichen Eid verpflichtet und wurden oftmals als geschworene Schöppen erwähnt. Ihre Aufgabe bestand darin, den Schulzen – später dem Richter – bei der Rechtsfindung zum Jahrgericht im Orte behilflich zu sein. Bei den Landgerichten gab es die Landschöppen (auch Amtslandschöppen genannt). Das Schöppenamt konnte auch an den Besitz bestimmter Güter gebunden sein, die Amtslandschöppengüter oder Saupengüter, beispielsweise im sächsischen Amt Rochlitz.[1] Diese Saupen konnten sich über mehrere Dörfer verteilen, welche „Gemeinde“ mit einem eigenen Saupenrichter bildeten.

Analog gab es schon in den mittelalterlichen Stadträten eine Schöffenbank, nachgewiesen für verschiedene Städte wie Aachen, Köln, Frankfurt am Main und Nürnberg. Obwohl auch diese Schöffen in Rechtsfragen zu entscheiden hatten, in der Regel ohne dass die Appellation an ein anderes städtisches Gericht möglich war, blieben sie bis weit in das 17. Jahrhundert hinein ohne Kenntnis der gelehrten Rechte.[2] Das Amt des ehrenamtlichen Richters geht auf die politische Aufklärung im 19. Jahrhundert und die Emanzipation des Bürgertums zurück. Die Beteiligung von Nichtjuristen an der Rechtsprechung sollte den Einfluss der Obrigkeit verringern. Ehrenamtliche Richter bringen im Ideal ein vom rein juristischen Denken unabhängiges Verständnis mit in die Urteilsfindung ein, das stärker in der Lebenswirklichkeit verwurzelt sein sollte.

Deutschland

Entschädigungsformular
verwendet am Landgericht

Bis zur „Emminger-Verordnung“ im Jahre 1924 sah die deutsche Strafprozessordnung in Schwurgerichtssachen noch ein echtes Geschworenengericht vor, bei dem die „Laienrichter“, als Geschworene allein über die Schuldfrage entschieden, die Berufsrichter waren nur für die Verhandlungsleitung und die Strafzumessung zuständig. Heute kommt dem Namen Schwurgericht nur noch eine historische Bedeutung zu. Sachliche Unterschiede zur zuständigen „normalen“ großen Strafkammer des Landgerichts sind damit nicht mehr verbunden. Die Besetzung des Schwurgerichts besteht heute aus drei Berufsrichtern und zwei Schöffen. Dabei sind Schöffen keine Geschworenen mehr.

Grundlegende Vorschriften sind die §§ 44–45a Deutsches Richtergesetz (DRiG). Im übrigen bestimmen sich die Rechte und Pflichten der ehrenamtlichen Richter nach den für die einzelnen Gerichtszweige geltenden Vorschriften.

Schöffen

Die ehrenamtlichen Richter bei der ordentlichen Gerichtsbarkeit bei der Strafgerichtsbarkeit der Amts- und Landgerichte werden als Schöffen bezeichnet. In Deutschland gab es im Jahr 2009 laut Bundesministerium der Justiz 36.956 Hauptschöffen.[3]

Das Schöffengericht des Amtsgerichts ist gemäß § 29 GVG – wie die kleine Strafkammer des Landgerichts – regelmäßig mit einem Berufsrichter und zwei Schöffen besetzt. In der großen Strafkammer des Landgerichts wirken zwei Schöffen neben drei Berufsrichtern mit.

Ziel

Durch Beteiligung von ehrenamtlichen Laienrichtern in Gerichtsverfahren soll das Vertrauen der Bürger in die Justiz gestärkt werden und eine lebensnahe Rechtsprechung erreicht werden. Die Beteiligung von Schöffen wird somit zu einem wichtigen Element des demokratischen Rechtsstaates, indem sie ein Bindeglied zwischen Staat und Bürger schaffen kann. Dementsprechend erfüllt der Schöffe eine verantwortungsvolle Aufgabe.[4]

Rechte und Pflichten

Ein ehrenamtlicher Richter ist in Deutschland in gleichem Maße sachlich unabhängig wie ein Berufsrichter. Er hat seine Pflichten getreu dem Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (GG) und dem Gesetz zu erfüllen, nach bestem Wissen und Gewissen ohne Ansehung der Person zu urteilen und nur der Wahrheit und Gerechtigkeit zu dienen. Auf diese Pflichten leistet er einen Eid. Er hat das Beratungsgeheimnis zu wahren.[5] Ein Richter kann unter engen Voraussetzungen von der Ausübung seines Amtes ausgeschlossen sein, nach § 41, § 42 ZPO und nach § 22, § 23 StPO. Als ehrenamtlicher Richter übt der Schöffe als Vertreter des Volkes neben dem berufenen Richter „das Richteramt in vollem Umfang und mit gleichem Stimmrecht“ aus (Definition aus § 30 GVG). Dabei haben Schöffen an Amts- und Landgerichten im Wesentlichen die gleichen Rechte und Pflichten wie Berufsrichter. Insbesondere sind sie daher nur dem Gesetz unterworfen und in ihrem Richteramt an Weisungen nicht gebunden.[6] Unparteilichkeit ist die oberste Pflicht der Schöffen.

Im Einzelnen gilt:[7][8]

  • Schöffen haben das Recht zur Akteneinsicht[9] und zur Kenntnisnahme der wesentlichen Ergebnisse der Ermittlungen.[10]
  • Schöffen sind – in der Hauptverhandlung – mit dem Berufsrichter gleichberechtigt, sowohl bei der Urteilsfindung als auch bei der Festsetzung des Strafmaßes.[11]
  • Zu eigenen Ermittlungen wie Tatortbesichtigungen oder Zeugenvernehmungen sind Schöffen nicht befugt.
  • Auf Verlangen haben ihnen die Gerichtsvorsitzenden zu gestatten, Fragen an Angeklagte, Zeugen und Sachverständige zu stellen, denn die Schöffen sind verpflichtet, auf die Aufklärung von Punkten hinzuwirken, die ihnen wesentlich erscheinen.[12]
  • Schöffen nehmen an allen Entscheidungen im Laufe der Hauptverhandlung teil, auch an solchen, die nicht das Urteil, sondern das übrige Verfahren betreffen.
  • Wenn ausnahmsweise die Schöffen an einer Entscheidung nicht teilnehmen, muss dies ausdrücklich in einem Gesetz geregelt sein.
  • Schöffen müssen Deutsch sprechen und verstehen können[13]

Ehrenamtliche Richter haben bei der Urteilsfindung wie der Berufsrichter das volle Stimmrecht. Dabei können sie den Berufsrichter überstimmen, da hier eine Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen erforderlich ist. Ansonsten entscheidet das Gericht mit absoluter Mehrheit der Stimmen.[14]

Kritik

Die in der Theorie starke Stellung der Schöffen wird durch zahlreiche Detailregelungen geschwächt. So werden die Ziele dieses Ehrenamtes häufig nicht erreicht, weil die Laienrichter nicht annäherungsweise auf Augenhöhe mit den Berufsrichtern gebracht werden bzw. agieren können. Placeboeffekte gegenüber der Öffentlichkeit sind daher nicht auszuschließen. Darüber hinaus ist, z.B. durch das Rechtspflegeentlastungsgesetz von 1993 und die Einführung des Gerichtsbescheides in der Sozialgerichtsbarkeit, die Zahl der Verfahren, an denen ehrenamtliche Richter teilnehmen, um bis zu 75 % gesunken; in Strafsachen finden nur noch rund 13 % aller Verfahren unter ihrer Beteiligung statt.[15]

Besondere Problembereiche:

  • Trotz der o. a. Rechtsprechung des BGH und des EGMR zu den Informationsrechten ist der Anspruch der Schöffen auf Akteneinsicht insbesondere des Anklagesatzes sowie der wesentlichen Ergebnisse der Ermittlungen nicht bundeseinheitlich anerkannt.[16]
  • Nicht in allen Gerichten finden Einführungsveranstaltungen in das Amt statt. In einzelnen Fällen wurden die Veranstaltungen durch Staatsanwälte statt durch Angehörige der Justiz durchgeführt, in anderen Fällen beschränkte man sich auf die Aushändigung eines Merkblattes.[17] Eine hinreichende Ausbildung der Schöffen vor oder am Beginn der Amtsperiode, durch welche die Schöffen nicht nur mit ihren Rechten und Pflichten vertraut gemacht werden, sondern auch wesentliche Details ihrer Gestaltungsmöglichkeiten nach der jeweiligen Verfahrensordnung erfahren oder gar erlernen, erfolgt nicht grundsätzlich im zuständigen Gericht. Viele einschlägige Angebote erfolgen nur durch Externe wie den Volkshochschulen oder anderen Bildungseinrichtungen, dabei jedoch meist nicht zeitnah zum Beginn des Schöffenamtes.[18]
  • In den Gerichten besteht teilweise noch eine Hierarchie, die den Schöffen dem vorsitzenden Richter nachordnet. Gegen die volle Gleichberechtigung aller Mitglieder des Gerichtes spricht u. a. die Ordnungsstrafe, die der Vorsitzende gegen die ehrenamtlichen Richter verhängen kann. Gleiches gilt für den augenfälligen Unterschied hinsichtlich der Kleidung: während die Berufsrichter in Roben vorsitzen, haben die Schöffen ihr Amt in Zivilkleidung wahrzunehmen.
  • Forderungen nach speziellen sachkundigen Schöffen in Wirtschaftsstrafverfahren und Zivilverfahren (Bauprozesse etc.) sind bisher nicht erfüllt.[19]
  • Die Beteiligung der ehrenamtlichen Richter an der Gerichtsverwaltung ist durch die Einführung von Ausschüssen der ehrenamtlichen Richtern (die es bundesgesetzlich in der Arbeits- und Sozialgerichtsbarkeit bereits gibt) bisher nur in den Landesrichtergesetzen von Brandenburg und Berlin für die ordentliche, Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit umgesetzt worden.
  • Den ehrenamtlichen Richtern fehlt an vielen Gerichten die Möglichkeit zur Netzwerkbildung, zum Informationsaustausch und der Kontaktpflege. Auch sie benötigen einen Arbeits- oder Aufenthaltsraum im Gerichtsgebäude.

Einsatzbereiche

Ehrenamtliche Richter werden bei folgenden Gerichten eingesetzt:

Bei den Oberlandesgerichten (§ 122 GVG) sowie dem Bundesgerichtshof (§ 132,§ 139 GVG) werden ehrenamtliche Richter weder in der Zivil- noch in der Strafgerichtsbarkeit eingesetzt. An den meisten Gerichten können Notare, Rechtsanwälte und Polizeivollzugsbeamte keine ehrenamtlichen Richter sein. Dies gilt laut § 22 Nr. 5 VwGO für die Verwaltungsgerichtsbarkeit und laut § 19 Nr. 5 FGO für die Finanzgerichtsbarkeit.

Namensgebung

In Strafsachen werden ehrenamtliche Richter meist als Schöffen oder ggf. Jugendschöffen bezeichnet. Bei den Kammern für Handelssachen werden sie als Handelsrichter bezeichnet, die ehrenamtlichen Beisitzer in hessischen Ortsgerichten heißen Ortsgerichtsschöffen und in Disziplinarverfahren gegen Beamte oder in Personalvertretungsangelegenheiten werden die ehrenamtlichen Richter in Bayern ehrenamtliche Beisitzer genannt, sonst einfach nur ehrenamtliche Richter".

Arbeitsgericht

Für Arbeitsgerichte enthält § 20 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG) die grundlegenden Voraussetzungen für das Amt als ehrenamtlicher Richter. § 21 und § 22 ArbGG regeln, aus welchen Personengruppen die ehrenamtlichen Richter aus dem Kreise der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer ausgewählt werden dürfen. Das Bundesarbeitsgericht hat mit Beschluss vom 19. August 2004[21] entschieden, dass das Auftreten vor den Arbeitsgerichten in fremden Angelegenheiten der Tätigkeit als ehrenamtlicher Richter grundsätzlich nicht entgegensteht. Auch ein Rechtsanwalt kann ehrenamtlicher Richter am Arbeitsgericht sein.

Die Kammer des Arbeitsgerichts ist mit einem hauptberuflichen Richter und zwei ehrenamtlichen Richtern besetzt. Die letzteren je aus den Reihen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer. Bei der Güteverhandlung sind die ehrenamtlichen Richter nicht anwesend.

Ehrenamtliche Richter als Bevollmächtigte

Ehrenamtliche Richter dürfen nicht vor dem Spruchkörper eines Gerichts, dem sie angehören, als Prozess- oder Verfahrensbevollmächtigte auftreten. Dies gilt seit 1. Juli 2008 und ist in folgenden Vorschriften geregelt:

  • Zivilprozessverfahren im § 79 Abs. 4 ZPO
  • Arbeitsgerichtsverfahren im § 11 Abs. 5 ArbGG
  • Sozialgerichtsverfahren im § 73 Abs. 5 SGG
  • Verwaltungsgerichtsverfahren im § 67 Abs. 5 VwGO
  • Finanzgerichtsverfahren im § 62 Abs. 5 FGO

Laut Rechtsdienstleistungsgesetz können sie in jedem anderen Spruchkörper auftreten. Besondere Rechte als Bevollmächtigter aufzutreten kommen dem ehrenamtlichen Richter nicht zu.

Schöffenauswahl und Berufung

Amtsperiode Dauer
1989–1992 4 Jahre
1993–1996
1997–2000
2001–2004
2005–2008
2009–2013 5 Jahre
2014–2018

Eine Amtsperiode für Schöffen beträgt zurzeit fünf Kalenderjahre, die nächste Amtsperiode beginnt 2019. Bewerbungen für das Schöffenamt sind in vielen Gemeinden möglich. Die Schöffen werden im Laufe des letzten Jahres vor Beginn der Amtsperiode gewählt und berufen. Sollten sich nicht genug geeignete Bewerber gefunden haben, können auch Personen berufen werden, die sich nicht beworben haben. Die Berufung zum Schöffen kann nur in wenigen begründeten Fällen abgelehnt werden.

Zum Schöffenamt kann grundsätzlich berufen werden, wer

  • mindestens 25 Jahre alt ist (er sollte jedoch nicht älter als 70 Jahre sein),
  • deutscher Staatsbürger ist,
  • über ausreichende deutsche Sprachkenntnisse verfügt,[22][23][24][25]
  • länger als ein Jahr in einer dem Gerichtsbezirk zugehörigen Gemeinde wohnt und
  • über eine „besondere Verfassungstreue“ verfügt. (Urteil des BVerfG im Mai 2008).[26]

Zum Schöffenamt dürfen keine Personen berufen werden, die zum Schöffenamt unfähig oder ungeeignet sind (§ 32 bis § 34 GVG).

Ablehnungsgrund für das Schöffenamt kann die Zugehörigkeit zu bestimmten Berufsgruppen sein:

Die Enthebung eines Schöffen aus dem Amt ist gerechtfertigt, wenn er seine Pflichten gröblich verletzt hat (§ 51, § 77 GVG) oder für verfassungsfeindliche Ziele eintritt. Die Entscheidung der zuständigen Stelle ist nicht anfechtbar (§ 51 GVG).[27]

Die Streichung von der Schöffenliste ist in Ausnahmefällen auf Antrag des Schöffens möglich. Anerkannte Gründe sind unabwendbare Umstände, nicht zumutbare Dienstleistung oder mehr als 24 Sitzungstage in einem Geschäftsjahr.[28]

Aufwandsentschädigung

Schöffen erhalten nach §18 JVEG für die Zeit, die sie bei Gericht waren, die Fahrzeit und die damit verbundenen Kosten eine Entschädigung. Diese beträgt 6 Euro je Stunde. Die Höchstsätze für Verdienstausfall liegen je nach den Umständen zwischen 24 Euro und 61 Euro je Stunde.[29]

Haupt-, Hilfs- und Ergänzungsschöffen

Man unterscheidet zwischen Haupt-, Hilfs- und Ergänzungsschöffen. Den Hauptschöffen werden vor Beginn eines jeden Geschäftsjahres die Verhandlungstermine (meist 12) für das ganze Jahr mitgeteilt. Falls ein Hauptschöffe einen Grund für die Abwesenheit einreicht, wird statt seiner ein Hilfsschöffe eingesetzt, der dann mit den vollen Rechten wie ein Hauptschöffe ausgestattet ist und dann über die gesamte Prozesszeit als Schöffe teilnehmen muss.

Ergänzungsschöffen werden bei umfangreichen Prozessen (vorbeugend) hinzugezogen, um bei Ausfall eines Hauptschöffen einspringen zu können. Um diese Funktion wahrnehmen zu können, muss der Ergänzungsschöffe während des gesamten Prozesses als „Anwesender“ jeder Verhandlung beiwohnen, nimmt jedoch (noch) nicht an den Beratungen des Gerichts (hauptamtliche Richter und aktive Schöffen) teil. Die Anwesenheit ist nötig um den gesamten Prozessablauf zu kennen und notfalls alle Kenntnisse zu besitzen, um für den ausfallenden (Haupt-)Schöffen tätig zu werden. taddl lp ist cool

Österreich

Das österreichische Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) sieht in Art. 91 Abs. 1 die grundsätzliche Beteiligung des Volkes an der Rechtsprechung der ordentlichen Gerichte vor. Während die folgenden Abs. 2 und 3 eine Existenzgarantie für die Beteiligung von Schöffen und Geschworenen im Strafverfahren vorsehen, besteht für die Beteiligung des Volks an der Zivilgerichtsbarkeit keine solche Garantie. Gestützt auf Art. 91 Abs. 1 B-VG wurde durch einfaches Gesetz die Beteiligung von fachkundigen Laienrichtern (im der Handelsgerichtsbarkeit: fachmännische Laienrichter) auch in der Zivilgerichtsbarkeit angeordnet, so etwa in der Handelsgerichtsbarkeit (§§ 7 und 8 JN), der Arbeits- und Sozialgerichtsbarkeit (§§ 10 ff. ASGG) und der Kartellgerichtsbarkeit (§§ 59 ff. Kartellgesetz). Für das Verfahren vor den Verwaltungsgerichten sieht Art. 135 B-VG die Möglichkeit der Beteiligung fachkundiger Laienrichter an der Rechtsprechung vor. Auch von dieser Möglichkeit wurde für viele Sachmaterien Gebrauch gemacht, beispielsweise für das Vergaberecht (§§ 292 ff Bundesvergabegesetz) oder das Dienstrecht der Bundesbeamten (§ 135b BDG).

Strafrecht

Die Beteiligung des Volks an der Rechtsprechung erfolgt bei den „mit schweren Strafen bedrohten Verbrechen“ (regelmäßig eine Strafdrohung mit einer Untergrenze von mehr als 5 Jahren und einer Obergrenze von mehr als 10 Jahren Haft) sowie bei allen politischen Delikten durch Geschworene, bei bestimmten anderen Straftaten, oder wenn die drohende Strafe ein bestimmtes Ausmaß (regelmäßig 5 Jahre Haft) überschreitet, durch Schöffen; andernfalls unterbleibt eine direkte Beteiligung des Volkes an der Rechtsprechung.

Eine Liste der Laienrichter wird zu Beginn jedes Jahres neu erstellt. Sie umfasst 5 vT (in Wien 10 vT) der Einträge der Wählerevidenz. Laienrichter müssen zu diesem Zeitpunkt zwischen 25 und 65 Jahre alt und unbescholten sein. Ihr körperlicher und geistiger Zustand muss ihnen gestatten, dem Gang der Verhandlung verlässlich folgen zu können. Insbesondere ist auch eine ausreichende Beherrschung der deutschen Gerichtssprache erforderlich.

Bei der Erstellung der Liste bestehen zahlreiche Ausnahmen: Die wichtigsten Berufspolitiker, wie der Bundespräsident, die Bundesminister und Staatssekretäre, Mitglieder der Landesregierung, der gesetzgebenden Körperschaften; der Präsident und der Vizepräsident des Rechnungshofes, die Volksanwälte; Geistliche und Ordenspersonen der gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften; Richter, Staatsanwälte, Notare, Rechtsanwälte sowie die Anwärter dieser Berufe; Bedienstete der Bundesministerien für Inneres und für Justiz sowie deren nachgeordneter Bundesdienststellen und Angehörige eines Gemeindewachkörpers; schließlich Personen ohne Hauptwohnsitz im Inland. Sie alle werden nicht als Laienrichter bestellt.

Auf Antrag sind darüber hinaus weitere Befreiungsgründe zu beachten, vor allem nämlich wenn der Dienst für die betreffende Person „mit einer unverhältnismäßigen persönlichen oder wirtschaftlichen Belastung für sie selbst oder Dritte oder mit einer schwerwiegenden und nicht anders abwendbaren Gefährdung öffentlicher Interessen“ verbunden wäre oder sie in den vergangenen Jahren ihrer Berufung als Geschworene oder Schöffen wirklich nachgekommen sind.

Schöffen

Schöffensenate bestehen aus einem Berufsrichter und zwei Schöffen. Die Schöffen entscheiden gemeinsam mit dem Berufsrichter über die Schuld des Angeklagten und in weiterer Folge das Strafmaß. Aufgrund der Strafhöhe bestehen Schöffensenate ausschließlich an den Landesgerichten, und zwar bei einer Reihe von im Gesetz aufgezählten Delikten (§ 31 StPO), darunter:

  • Tötung auf Verlangen (§ 77 StGB), Mitwirkung am Selbstmord (§ 78 StGB), Tötung eines Kindes bei der Geburt (§ 79 StGB),
  • Räuberischer Diebstahl (§ 131 StGB), minderschwerer Raub (§ 142 Abs. 2 StGB),
  • geschlechtlichen Nötigung (§ 202 StGB), sexueller Missbrauchs von Unmündigen (§ 207 StGB) oder einer wehrlosen Person (§ 205 StGB)
  • Landfriedensbruch bzw. Landzwang (§§ 274 f. StGB),
  • Missbrauch der Amtsgewalt (§ 302 StGB).

Ansonsten werden Schöffen bei Verbrechen, die mit mehr als fünf Jahren Haftstrafe bedroht sind, tätig, sofern nicht ein Geschworenengericht zuständig ist.

Geschworene

Geschworenengerichte werden grundsätzlich bei Verbrechen tätig, deren Strafdrohung eine Untergrenze von mehr als 5 Jahren und eine Obergrenze von mehr als zehn Jahren Haft vorsieht. Darüber hinaus auch bei bestimmten politischen Delikten, wie zum Beispiel:

  • Überlieferung an eine ausländische Macht (§ 103 StGB)
  • Hochverrat (§ 242 StGB) und der Vorbereitung dazu (§ 244 StGB)
  • Herabwürdigung des Staates und seiner Symbole (§ 248 StGB)
  • Angriff auf oberste Staatsorgane (§ 249 bis § 251 StGB)
  • Landesverrat (§ 252 bis § 258 StGB)
  • Ansammeln von Kampfmitteln (§ 280 StGB)
  • Aufforderung zu bzw. Gutheißung von mit Strafe bedrohten Handlungen (§ 282 StGB)
  • Störung der Beziehungen zum Ausland (§ 316 bis § 320 StGB)

Die Zuständigkeit von Geschworenensenaten kann auch in weiteren strafrechtlichen Nebengesetzen angeordnet werden. Ein wichtiges Beispiel ist das Verbotsgesetz.

Geschworenengerichte bestehen aus acht Laien und drei Berufsrichtern. Im Gegensatz zu den Schöffen obliegt die Entscheidung über die Schuldfrage des Angeklagten ausschließlich den Geschworenen. Erst bei Bejahung dieser Vorfrage entscheiden sie gemeinsam mit den drei Berufsrichtern über das Strafmaß. Im Gegensatz zu anderen Rechtssystemen ist dabei keine Einstimmigkeit erforderlich; einfache Mehrheit genügt. Im Fall einer Stimmengleichheit (4:4) gelangt der Grundsatz in dubio pro reo zur Anwendung, und es ist auf Freispruch zu erkennen.

Schweiz

In der Schweiz ist die Situation von Kanton zu Kanton verschieden, da für die Gerichtsorganisation grundsätzlich die Kantone zuständig sind.

Den Strafgerichten unterer Instanzen (siehe Schweizer Bezirksgerichte) gehören in den meisten Kantonen auch Laienrichter an. Einige Kantone verfügten bis zum Inkrafttreten der Schweizerischen Strafprozessordnung am 1. Januar 2011 über Geschworenengerichte, die aus einem Präsidenten oder mehreren Berufsrichtern und einer Anzahl von Laien, den Geschworenen, bestanden. Schon seit längerem jedoch wurden diese Geschworenengerichte, die eine lange historische Tradition hatten, in den Kantonen durch andere Gerichte ersetzt. Dazu wurde argumentiert, dass die Geschworenengerichte in der Regel zu langwierig, kostspielig und schwerfällig seien.

Auch in vielen kantonalen Zivilgerichten sind Laienrichter präsent.[30]

Einzelnachweise

  1. Besitz-, Berufs- und Amtsbezeichnungen sächsischer Bauern. Arbeitsgemeinschaft für mitteldeutsche Familienforschung, 23. März 2008, abgerufen am 24. Dezember 2010.
  2. Eberhard Isenmann: Gelehrte Juristen und das Prozessgeschehen in Deutschland im 15. Jahrhundert, in Franz-Josef Arlinghaus et al.: Praxis der Gerichtsbarkeit in europäischen Städten des Spätmittelalters, Klostermann, Frankfurt 2006, S. 307, Fußnote 11
  3. Ehrenamtliche Richterinnen und Richter zum 1. Januar 2009. (PDF) BMJ, 30. September 2009, abgerufen am 24. Dezember 2010.
  4. [1] Frei nach Justiz-Portal NRW, Das Schöffenamt
  5. § 45 (1), §43 DRiG
  6. § 97 (1) GG, §45 (1) 1 u. § 25 DRiG
  7. Merkblatt für Schöffen (PDF; 506 kB). JVA Geldern, justiz.de. Abgerufen am 18. Oktober 2013.
  8. Hasso Lieber: Fit fürs Schöffenamt - Ein Kursbuch des Deutschen Volkshochschulverbandes und des Bundesverbandes ehrenamtlicher Richterinnen und Richter
  9. BGH, Urteil v. 23. Februar 1960, 1 StR 648/59, RohR 1997, 95, RohR 2003, 96, bestätigt 1997 mit Urteil v. 26. März 1997, 3 StR 421/96, BGHSt 43, 36, RohR 1997, 95, RohR 1997, 80 Anm. Lieber, RohR 2003, 96
  10. Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Urteil v. 12.Juni 2008, 26771/03, RohR 2009, 74
  11. [2] Rechtsstellung laut DVS
  12. §§ 240 Abs. 2, 241 Abs. 2, 241a StPO
  13. LTO (Legal Tribune Online): Zum BGH-Urteil vom 26. Januar 2011 (Az. 2 StR 338/10), siehe auch LTO/Jan Bockemühl: Die Schöffin, die nicht Deutsch sprach
  14. Merkblatt für Schöffen (PDF; 506 kB). JVA Geldern, justiz.de, Ziffer 5.
  15. [3] Bundesverband ehrenamtlicher Richterinnen und Richter e.V., DVS-Aktionsprogramm
  16. Das Schöffenamt. Justiz-Portal NRW, unter Die wesentlichen Rechte.
  17. [4] (PDF; 506 kB) Merkblatt für Schöffen
  18. Beispiel eines Fortbildungsangebotes (PDF; 115 kB)
  19. Was sie über das ehrenamtliche Richteramt wissen sollten. Broschüre des Justizministeriums NRW, abgerufen am 11. Februar 2014 (PDF; 946 KB).
  20. § 71, § 74, § 75 WDO
  21. BArbG, Beschluss vom 19. August 2004, Az. 1 AS 6/03, Volltext.
  22. BGH, Urteil vom 26. Januar 2011, Az. 2 StR 338/10, Volltext; Leitsatz: Gerichtsverhandlung mit Schöffen, die kein Deutsch können, sind nichtig.
  23. "Die Gerichtssprache ist Deutsch". Deutscher Bundestag, abgerufen am 24. Dezember 2010.
  24. Bundesrat fordert hinreichende Deutschkenntnisse von Schöffen, Bundesrat, 5. März 2010 
  25. Schöffen müssen künftig Deutsch beherrschen, Rheinische Post, 2. Juli 2010. Abgerufen am 24. Dezember 2010 
  26. Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur besonderen Verfassungstreue. Bundesverfassungsgericht, 6. Mai 2008, abgerufen am 3. Juni 2013.
  27. Merkblatt für Schöffen (PDF; 506 kB). JVA Geldern, justiz.de, Ziffer 14.
  28. Merkblatt für Schöffen (PDF; 506 kB). JVA Geldern, justiz.de, Ziffer 13.
  29. Vergütung und Entschädigung für ehrenamtliche Richter [5]
  30. 155.100 - Gesetz über die Organisation der ordentlichen richterlichen Behörden (Gerichtsorganisationsgesetz, GOG). Kanton Aargau, abgerufen am 24. Dezember 2010: „§ 4 II. Wählbarkeit 1 Als Friedensrichter, Statthalter, Bezirksrichter und Ersatzrichter des Bezirksgerichtes ist jeder stimmberechtigte Bürger wählbar.“