Heinrich Friedrich Karl vom und zum Stein

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Carl Reichsfreiherr vom und zum Stein

Heinrich Friedrich Karl Reichsfreiherr vom und zum Stein (* 26. Oktober 1757 in Nassau; † 29. Juni 1831 in Cappenberg, Westfalen) war ein preußischer Staatsmann und Reformer. Er ist vor allem durch die Verwaltungs-, Wirtschafts- und Bildungsreformen bekannt geworden, die er und von Hardenberg nach dem Frieden von Tilsit in Preußen umsetzten.

Leben

Ehren-Büste vor der Philipps-Universität in Marburg

Vom Stein wurde am 26. Oktober 1757 in Nassau an der Lahn als neuntes Kind des kurmainzischen Kammerherrn Karl Philipp Reichsfreiherr vom und zum Stein und seiner Gemahlin Henriette Karoline Langwerth von Simmern, verwitwete Löw von und zu Steinfurth, geboren und wuchs im dortigen Schloss der Familie auf. Dieses Schloss, der Stein'sche Hof in der Ortsmitte von Nassau, befindet sich noch heute im Besitz von Steins Nachfahren in weiblicher Linie, den Grafen von Kanitz. Steins Schwester war die Äbtissin Marianne von und zum Stein, die in Homberg (Efze) lebte und am Dörnbergschen Aufstand beteiligt gewesen sein soll. Ihr Grabmal befindet sich auf dem Homberger Alten Friedhof.

Nach dem Studium ab 1773 von Jura, Geschichte und Kameralwissenschaften (Vorläufer der Wirtschaftswissenschaft) in Göttingen absolvierte er Praktika beim Reichskammergericht in Wetzlar und in den Verwaltungen von Regensburg, Mainz und Kleve sowie in Münster und Paderborn. 1780 wurde er in Berlin beim Bergwerks- und Hüttendepartment angestellt und trat in den preußischen Staatsdienst ein. Ab 1784 war er bis 1793 Direktor des Bergamtes, schließlich Oberbergamtes in Wetter an der Ruhr. In der Folgezeit war er Präsident der Märkischen Kriegs- und Domänenkammer in Hamm. Vom Stein war entscheidend für den Vollzug der Säkularisation (1803) in den zu Preußen gekommenen, zuvor geistlichen Territorien, Paderborn und Münster zuständig.

1804 wurde er als königlicher Finanz- und Wirtschaftsminister ins Generaldirektorium nach Berlin berufen, wo er für das Akzise-, Zoll-, Fabrik- und Kommerzialwesen zuständig war. Sein Büro und das preußische Finanzministerium befanden sich im bis heute unzerstörten Donner’schen Palais, dem jetzigen Palais am Festungsgraben direkt hinter der Neuen Wache. Eine wichtige Maßnahme war die Aufhebung der Binnenzölle. Mit weiteren durchgreifenden Maßnahmen wollte er Preußen zum Kampf gegen Napoleon rüsten. Er scheiterte aber mit seinem Versuch, die königliche Kabinettsregierung durch eine moderne Ministerialregierung zu ersetzen.

Heinrich Friedrich Karl vom Stein gehörte 1805 zum Kreis der Personen um Königin Luise, der dafür stand, Napoleon entgegen zu treten. Gemeinsam mit Louis Ferdinand Prinz von Preußen versuchten sie, König Friedrich Wilhelm III. davon zu überzeugen. Am 10. Mai 1805 übergab vom Stein eine entsprechende Denkschrift. Der König lehnte vorerst ab, gab schließlich jedoch dem Ansturm nach und befahl die Mobilmachung.

Steins Standbild am Rathaus von Wetter/Ruhr

Während der Koalitionskriege rettete er die preußische Staatskasse über Stettin nach Königsberg, wodurch der Hof in den folgenden kritischen Monaten zahlungsfähig blieb. Infolge der verlorenen Schlacht bei Jena und Auerstedt 1806 und der durch sie offenkundig gewordenen Verkrustungen in Verwaltung und Militär war der preußische Staat zu Veränderungen gezwungen. Stein empfahl in Königsberg, den Krieg gegen Napoleon mit allen Kräften fortzusetzen und grundlegende Reformen in der Struktur des Staates auf den Weg zu bringen, um einen stabilen Unterbau für die Kriegsanstrengungen zu gewinnen. Friedrich Wilhelm III. dankte es ihm nicht. Nach der Aufforderung an Stein, das Außenministerium anzunehmen, um den Frieden zu erreichen, lehnte Stein schroff ab. Dies führte zu folgender königlichen Explosion und zu seiner Entlassung am 3. Januar 1807:

dass ich mich leider nicht anfänglich in Ihnen geirrt habe, sondern dass Sie vielmehr als ein widerspenstiger, trotziger, hartnäckiger und ungehorsamer Staatsdiener anzusehen sind, der, auf sein Genie und seine Talente pochend, weit entfernt, das Beste des Staats vor Augen zu haben, nur durch Kapricen geleitet, aus Leidenschaft und aus persönlichem Hass und Erbitterung handelt ... .Da Sie indessen vorgeben, ein wahrheitsliebender Mann zu sein, habe ich Ihnen auf gut deutsch meine Meinung gesagt, indem ich noch hinzufügen muss, dass wenn Sie nicht Ihr respektwidriges und unanständiges Benehmen zu ändern willens sind, der Staat keine große Rechnung auf Ihre ferneren Dienste machen kann.[1]

Der spätere verbissene Gegner der Preußischen Reformen, Friedrich August Ludwig von der Marwitz, war ebenfalls in Königsberg anwesend. Er schrieb einen Tag später in sein Tagebuch:

Die letzte Stütze des Staates im Zivilfach, der Minister Stein, erhielt seinen Abschied. - Ich reite mit schwerem Herzen ab, ich sah keine Rettung für den Staat und keine Aussicht für mich, ihm nützlich werden zu können.[2]

Im Oktober 1807 musste der König seinen Stolz gegen den willensstarken und kompetenten Minister hintan stellen und übertrug ihm die Leitung aller inneren Angelegenheiten des Königreichs Preußen. In diesem Jahr erschien Steins Nassauer Denkschrift mit der Forderung nach Selbstverwaltung für Provinzen, Kreise und Gemeinden. Durch eine Beteiligung aller Bürger am Staatsleben wollte er eine Neugestaltung Preußens erreichen.

Freiherr-vom-Stein-Denkmal in Berlin Spandau

Im Frieden von Tilsit musste Friedrich Wilhelm III. große Gebiete abgeben, das Land wurde durch französische Truppen besetzt. Auf Drängen Napoleons wurde vom Stein am 10. Juli wieder zum Staatsminister berufen und leitete an der Seite von Hardenbergs die Preußischen Reformen zur Neukonstituierung des preußischen Staates ein.

Mit dem Edikt vom 9. Oktober 1807 wurde die Freiheit der Person und des Grundeigentums erklärt, die Erbuntertänigkeit der Bauern wurde aufgehoben. Die von ihm vorgedachte Selbstverwaltung von Städten und Gemeinden wurde durch die Städteordnung vom 19. November 1808 Realität, am 24. November wurde die Kabinettsregierung durch ein Staatsministerium mit fünf Fachministern für Inneres, Finanzen, Auswärtiges, Krieg und Justiz eingerichtet.

Seine Pläne für einen deutschen Volksaufstand wurden in einem Brief abgefangen und in vollem Wortlaut in der Zeitung Le Moniteur abgedruckt. Von Spanien aus gab – sehr ungewöhnlich – Napoleon einen Heeresbefehl aus, in dem er Stein zu einem Feind Frankreichs erklärte. Napoleon befahl dem französischen Außenminister schriftlich, die Besitzungen Steins zu beschlagnahmen und Stein selbst, falls er von französischen Truppen gefasst würde, erschießen zu lassen. Friedrich Wilhelm III. wurde zur Entlassung Steins gedrängt, womit der stärkste Antreiber für die preußischen Reformen ausgeschieden war. Er flüchtete nach Brünn, hielt sich in Troppau und Prag auf und beriet ab 1812 Zar Alexander von Russland. Als Abgeordneter des Zaren rief er 1813 in Königsberg die ostpreußischen Stände zum Kampf gegen Napoleon auf und vermittelte kurz darauf von Breslau aus das preußisch-russische Bündnis von Kalisch. Sein Nachfolger von Hardenberg wechselte vom Stein'schen Liberalismus zu einem Etatismus, der an die Stelle des alten Kabinettsystems trat. Stein kritisierte seinen Nachfolger, der viel mehr diplomatischen Kompromissen zustimmte, die Stein wahrscheinlich kategorisch abgelehnt hätte. Stein führte von Hardenbergs Mangel an Tatkraft auf dessen unglückliche Hand bei Ernennungen und seinen vertrauten Umgang mit nichtswürdigen Weibern zurück.[3]

Als nach der Absetzung Napoleons auf dem Wiener Kongress 1815 Europa politisch neugeordnet wurde, war vom Stein nur als Vertrauter des Zaren ohne politischen Einfluss anwesend. In Wien wandte er sich gegen die von Metternich vertretene Restitution und forderte einen deutschen Bundesstaat, konnte sich aber nicht durchsetzen.

Gedenkrelief Freiherr vom Stein am Rathaus Berlin-Schöneberg

Ab 1816 zog er sich auf sein Gut in Cappenberg (Westfalen) zurück und widmete sich der Geschichtsforschung. 1819 gründete er die Gesellschaft für ältere deutsche Geschichte (Monumenta Germaniae Historica). Erst ab 1826 saß er als Präsident den ersten drei westfälischen Provinziallandtagen vor. Am 29. Juni 1831 starb er auf seiner Domäne in Cappenberg.

Begraben liegt er in der Familiengruft in Frücht bei Bad Ems, die er selber bauen ließ. Seine älteste Tochter, Gräfin Giech, veranlasste nach künstlerischer Beratung durch Sulpiz Boisserée 1836-43 den Bau einer neugotischen Kapelle darüber, die der Münchner Architekt Joseph Daniel Ohlmüller entwarf. Das Marmorrelief auf Steins Grabdenkmal schuf 1837-40 Ludwig Schwanthaler.

Der Grabstein in der Familiengruft in Frucht bei Ems trägt folgende Inschrift:

Heinrich Friedrich Karl Reichsfreiherr vom und zum Stein geboren den 27sten Oktober 1757, gestorben den 29sten Juni 1831, ruhet hier; der Letzte seines über sieben Jahrhunderte an der Lahn blühenden Rittergeschlechtes; demütig vor Gott, hochherzig gegen Menschen, der Lüge und des Unrechtes Feind, hochbetagt in Pflicht und Treue, unerschütterlich in Acht und Bann, des gebeugten Vaterlandes ungebeugter Sohn, in Kampf und Sieg Deutschlands Mitbefreier. Ich habe Lust, abzuscheiden und bei Christo zu seyn. [4]

Heinrich Friedrich Karl Freiherr vom Stein ist außerdem Ehrenbürger der Stadt Frankfurt am Main. In Rheinland-Pfalz wird alle drei Jahre die Freiherr-vom-Stein-Plakette für langjährige kommunalpolitische Tätigkeit verliehen.

Bronzemaske des Freiherrn vom Stein am Denkmal bei Cappenberg

Stein war kein Preuße, sondern rheinischer Reichsritter. Die Familie besaß seit dem 14. beziehungsweise 16. Jahrhundert die Landesherrschaft über die beiden Dörfer Schweighausen und Frücht, unweit von Nassau, und war aufgrund dieser Besitzungen reichsunmittelbar. Steins Bewusstsein als souveräner, keinem Landesherrn, sondern nur dem Kaiser unterworfener Reichsritter ist wesentlich auf diesen Umstand zurückzuführen. Steins Familie besaß entlang des Rheins und der Lahn mehrere kleine Güter, was ihn wirtschaftlich unabhängig machte. Als Reichsritter war er durch Reichsgesetze geschützt und konnte sich bei Streitigkeiten direkt an Reichsgerichte wenden. Er sah sich nicht als Preuße, sondern als Deutscher. In dem bekannten Brief an seinen Freund Ernst Graf von Münster schrieb er

Es tut mir leid, dass Euer Exzellenz in mir den Preußen vermuten ... . Ich habe nur ein Vaterland, das heißt Deutschland, und da ich nach alter Verfassung nur ihm und keinem besonderen Teil desselben angehörte, so bin ich auch nur ihm und nicht einem Teil desselben von ganzer Seele ergeben.[5]

Freiherr-vom-Stein-Gesellschaft

1952 wurde die Freiherr-vom-Stein-Gesellschaft gegründet mit dem Ziel, die Ideen und Gedanken vom Steins wissenschaftlich zu betrachten und der Öffentlichkeit zugänglich zu erhalten.

Anmerkungen/Einzelnachweise

  1. Gordon A. Craig: Das Ende Preußens. Acht Porträts., S. 25; dort zitiert nach Frh. vom Stein: Briefe und amtliche Schriften, hg. von W. Hubatsch, 10 Bände, Stuttgart 1957-1974, Band II, S. 329 f.
  2. Gordon A. Craig, a.a.O.
  3. Gordon A. Craig, a.a.O., S. 29; dort zitiert nach Frh. v. Stein, a.a.O., Band ?, S. 324
  4. http://www.kreis.aw-online.de/kvar/VT/hjb1966/hjb1966.22.htm
  5. Gordon A. Craig, S. 36; dort zitiert nach Frh. vom Stein, Band III, S. 818

Werke

  • Frh. v. Stein: Briefe und amtliche Schriften, hg. von Walther Hubatsch, 10 Bände, Stuttgart 1957-1974
  • Frh. v. Stein: Denkwürdigkeiten und Briefe, hg. von L. Lorenz, Berlin 1919

Literatur

  • Gordon A. Craig: Das Ende Preußens. Acht Porträts. München: Verlag C.H.Beck, 2. Aufl. 2001. ISBN 3-406-45964-1
  • Walther Hubatsch: Der Reichsfreiherr Karl vom Stein und Immanuel Kant. In: Otto Büsch und Wolfgang Neugebauer (Hg.): Moderne Preußische Geschichte 1648-1947. Eine Anthologie, Band 3, Berlin, New York: Walter de Gruyter, 1981, Seite 1328-1345. ISBN 3-11-008324-8

Siehe auch

Weblinks

Commons: Heinrich Friedrich Karl vom und zum Stein – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien