Verfassung der Vereinigten Staaten

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Die amerikanische Verfassung
Die amerikanische Verfassung

Die Verfassung der Vereinigten Staaten von Amerika ist das oberste Gesetz der Vereinigten Staaten und dabei die älteste Verfassung, die bis heute besteht. Sie wurde von den zwölf ehemaligen Kolonien entworfen, die an der verfassungsgebenden Versammlung in Philadelphia teilnahmen (Rhode Island, die 13. ehemalige Kolonie, hatte keine Delegation entsandt). Sie trat im Jahre 1788 in Kraft und hat als Modell für viele andere staatliche Verfassungen gedient. Die neue Verfassung löste die vorher bestehenden "Artikel der Konföderation" ab.

Der vollständige Text der Verfassung kann in WikiSource gefunden werden: (Deutsch) (Englisch)

Geschichte

Ursprünglich lautete der Auftrag des Konvents, bestehende Mängel der Konföderationsartikel zu beheben. Die 55 Delegierten kamen aber zu dem Schluss, dass die Mängel so gravierend seien, dass eine völlig neue Verfassung geschaffen werden müsse. Sie überschritten damit ihr Mandat, was ihnen viel Widerspruch brachte, zumal die neue Verfassung erheblich ausgeweitete Kompetenzen für die Bundesregierung bedeutete (der zuvor bestehende Konföderationskongress beruhte unter anderem auf dem Prinzip der Einstimmigkeit, so dass die Souveränität der Kolonien gewährleistet war).

Einige der Verfassungsväter sahen sich daraufhin veranlasst, den Entwurf in den so genannten Federalist Papers zu verteidigen, die den Ratifikationskonvent im Staat New York beeinflussen sollten, und heute als Standard-Kommentar zur Verfassung gelten.

Die amerikanische Verfassung

Verfassung der USA - Übersicht

Die Verfassung versteht sich selbst als "höchstes Recht im Land". Die Gerichte haben diesen Satz so interpretiert, dass Gesetze, die von den jeweiligen Bundesstaaten oder dem Kongress verabschiedet wurden, als verfassungswidrig gelten und wirkungslos sind, falls sie sich im Widerspruch mit der Bundesverfassung finden. Dies gilt auch für die Verfassungen der Bundesstaaten. Entscheidungen des Supreme Court über die letzten zwei Jahrzehnte haben diese Lehre der Verfassungsvorherrschaft wiederholt gefestigt.

Endgültige politische und regierende Macht liegt nach der Verfassung beim amerikanischen Volk, das dieses Grundgesetz mittels Amendment jederzeit ändern oder im Extremfall durch eine neue ersetzen kann. Diese Macht wird natürlich nicht direkt ausgeübt. Stattdessen werden die alltäglichen Aufgaben des Regierens an gewählte oder ernannte Beamte delegiert. Einige dieser Posten, aber bei weitem nicht die Mehrheit, sind in der Verfasssung direkt vorgesehen.

Die Macht dieser Beamten ist begrenzt. Ihre offiziellen Handlungen müssen mit der Verfassung übereinstimmen und dürfen auch nicht anderes geltendes Recht brechen. Gewählte Vertreter können nur so lange bestehen, wie sie in regelmäßigen Intervallen wiedergewählt werden. Ernannte Beamte dienen gewöhnlich solange, wie die Person oder das Organ es wünscht, dass sie ernannt hat. Die einzigen Ausnahmen sind die Höchsten Richter des Supreme Court und die Bundesrichter, die vom Präsidenten auf Lebenszeit ernannt werden. Auf diese Weise sollen sie von politischen Erwartungen und Einfluss geschützt sein.

Prinzipien des Regierungssystem

Auch wenn sich die Verfassung in vielerlei Weise seit ihrer Annahme geändert hat, die fundamentalen Prinzipien sind heute die gleichen wie 1789.

Es gibt drei Säulen im Regierungssystem (Exekutive, Legislative, und Judikative), die getrennt und unterschiedlich agieren. Die Macht einer Säule wird dabei immer durch die Macht der beiden anderen ausgeglichen und kontrolliert. Damit dient jede Säule als ein Hindernis für etwaige Auswüchse der anderen - gemäß dem Prinzip der checks and balances.

Die Vereinigten Staaten haben eine föderale Natur. Bestimmte, aufgelistete Aufgabenbereiche gehören gemäß der Verfassung der Bundesebene und alle anderen, nicht gelisteten, gehören den Bundesstaaten und deren Bevölkerung (siehe dazu 10. Verfassungszusatz).

Die Verfassung, nach ihren Vorschriften erlassene Gesetzen und die Verträge, die vom Präsident vorgeschlagen und vom Senat ratifiziert wurden, stehen über allem anderen Recht und Gesetzen, Verordnungen oder Regulierungen. Beginnend mit dem Urteil in Marbury v. Madison hat die amerikanische Rechtsprechung mit der Verfassungskontrolle begonnen. Das bedeutet, dass Bundesgerichte korrekt erlassene Gesetze überprüfen und auf ihre Verfassungskonformität prüfen. Wenn die Gerichte diese als verfassungswidrig ansehen, gelten sie als aufgehoben. Sie überprüfen außerdem die öffentlichen Handlungen aller Staatsdiener inklusive dem Präsidenten.

Jeder ist gleich vor dem Recht und hat ebenwertig Anspruch auf seinen Schutz. Alle Bundsstaaten sind gleich und keiner kann offiziell von der Bundesregierung besser behandelt werden als ein anderer. Innerhalb der verfassungsrechtlichen Beschränkungen müssen sie das Recht der anderen anerkennen und respektieren. Die Regierungssysteme der Bundesstaaten müssen, genauso wie die Bundesebene, eine republikanische Form haben, in der die ultimativen Macht dem Volk gehört.

Präambel

Text (Deutsch) (Englisch)

Die Präambel der Verfassung besteht aus einem einzelnen Satz, der das Dokument und seinen Zweck vorstellt. Die Präambel verleiht selbst keine Macht und verbietet auch keine Handlungen. Es erklärt nur den Hintergrund und Sinn der Verfassung. Ein Gottesbezug findet sich bewusst nicht, da die Verfassung ein rein säkulares Dokument ist. Die Präambel, insbesondere die ersten drei Wörter ("We the people" - "Wir das Volk"), ist eines der am meisten ziterten Abschnitte der Verfassung.

Artikel

Der Rest der Verfassung gliedert sich in sieben Artikel. Die Aufteilung spiegelt im Allgemeinen die Idee der Gewaltenteilung wieder.

Artikel I

Text (Deutsch) (Englisch)

Der erste Artikel beschreibt die Legislative, den Kongress, der aus dem Repräsentantenhaus und dem Senat besteht. Der Artikel legt die Art und Weise der Wahlen und die Qualifikationen der Mitglieder beider Kammern fest. Zusätzlich beschreibt er das Gesetzgebungsverfahren und die Aufgabenbereiche des Kongresses. Schließlich etabliert er die Beschränkungen von Bundes- und bundesstaatlicher Gesetzgebungskraft.

Artikel I ist der längste der sieben Artikel. Verfassungszusätze, die den ersten Artikel verändern wollen, unterliegen einigen wenigen Beschränkungen. Insbesondere durften vor 1808 keine Veränderungen am ersten und vierten Satz des neunten Abschnitts vorgenommen werden, in denen die Sklaverei in Bundesstaaten, die diese wünschen, und der Import von Sklaven erlaubt werden. Außerdem kann der Kongress mittels Verfassungszusatz einem Bundesstaat das Recht der gleichwertigen Vertretung im Senat nur mit dessen Zustimmung entziehen. Dies steht im Kontrast zum Rest der Verfassung, der nach Belieben verändert werden darf. Damit gibt es in der amerikanischen Verfassung ähnlich dem deutschen Grundgesetz einen festen Verfassungskern, welcher jedoch in diesem Fall keine Menschenrechtsklauseln umfasst.

Artikel II

Text (Deutsch) (Englisch)

Der zweite Artikel beschreibt das Amt des Präsidenten (die Exekutive): die Macht des Amtes, Qualifikationen für das passive Wahlrecht und die Art und Weise der Präsidentenwahl. Es legt auch die Aufgabe des US-Vizepräsident fest, die hauptsächlich darin besteht, das Amt des Präsidenten zu übernehmen, wenn dieser unfähig wird, es selbst auszuüben oder er zurücktritt. Der Vizepräsident hat eine Doppelrolle als Präsident des Senats, kann aber nur im Falle eines Patts seine Stimme abgeben. Artikel II enthält auch die Bestimmungen zum Amtsenthebungsverfahren des Präsidenten und Vizepräsidenten (siehe auch Präsidialsystem).

Artikel III

Text (Deutsch) (Englisch)

Der dritte Artikel beschreibt die Rechtsprechung (die Judikative) und den Supreme Court. Der Artikel verlangt, dass es ein Gericht gibt namens Supreme Court. Der Kongress kann dabei weitere Gerichte aufstellen, deren Entscheidungen aber zum Supreme Court berufen werden können. Artikel 3 legt auch fest, dass alle Strafprozesse mithilfe von Geschworenen durchgeführt werden müssen, was als Verrat gilt und welche Einschränkungen bei dessen Bestrafung zu beachten sind.

Artikel IV

Text (Deutsch) (Englisch)

Dieser Artikel regelt die Beziehungen der Einzelstaaten untereinander; etwa die Pflicht zur Anerkennung von Rechtsakten, das Verbot selbstständig Verträge mit anderen Staaten abzuschließen, Auslieferung von Verbrechern, etc.

Artikel V

Text (Deutsch) (Englisch)

Artikel VI

Text (Deutsch) (Englisch)

Artikel VII

Text (Deutsch) (Englisch)

Möglichkeit der Verfassungsänderung

Verfassungszusätze

Änderungen im eigentlichen Verfassungstext finden bei der amerikanischen Verfassung nicht statt. Stattdessen wird sie bei Bedarf durch einen Verfassungszusatz (engl. Amendment) ergänzt, der an den Text angehängt wird. Dies ist bisher 18 Mal geschehen, wobei beim ersten Mal gleich 10 Zusätze angehängt wurden.

  • Verfassungszusatz 1 bis 10 1791 - bilden die Bill of Rights, den Grundrechtekatalog.
  • Verfassungszusatz 11 1795 - schränkt das Klagerecht von Bürgern gegen andere Bundesstaaten als den ein, in dem sie leben.
  • Verfassungszusatz 12 1804 - regelt die Wahl von Präsident und Vizepräsident in getrennten Wahlgängen.
  • Verfassungszusatz 13 1865 - Abschaffung der Sklaverei
  • Verfassungszusatz 14 1868 - Volle Bürgerrechte für ehemalige Sklaven und alle in den USA geborenen Menschen. auch die Einzelstaaten müssen die Grundrechte beachten.
  • Verfassungszusatz 15 1870 - Verbot, das Wahlrecht ehemaligen Sklaven vorzuenthalten (wurde in der Praxis von etwa 1880 bis etwa 1970 ständig unterlaufen).
  • Verfassungszusatz 16 1913 - Bundesweit einheitliche Einkommenssteuer erlaubt
  • Verfassungszusatz 17 1913 - Direktwahl der Senatoren statt Wahl durch die Einzelstaatsparlamente
  • Verfassungszusatz 18 1919 - Prohibition: Produktion, Verkauf, Transport, Import und Export alkoholischer Getränke verboten
  • Verfassungszusatz 19 1920 - Frauenwahlrecht (Text an Zusatz 15 angelehnt)
  • Verfassungszusatz 20 1933 - Details zur Präsidentenwahl, unter anderem Regelung für den Fall, dass ein gewählter Präsident vor dem Amtsantritt stirbt, Verkürzung der Frist zwischen Wahl und Amtsantritt
  • Verfassungszusatz 21 1933 - Aufhebung von Zusatz 18 und damit der Prohibition; Einzelstaaten dürfen Alkoholhandel weiterhin einschränken
  • Verfassungszusatz 22 1951 - Begrenzung der Wiederwahl von Präsidenten auf zwei Amtszeiten
  • Verfassungszusatz 23 1961 - Einwohner des District of Columbia dürfen Präsidenten mitwählen (aber nicht Kongress)
  • Verfassungszusatz 24 1964 - Verbot der Wahlrechtseinschränkung wegen Steuerrückständen (war in den meisten Südstaaten eingeführt worden, um Schwarze trotz Zusatz 15 am Wählen zu hindern)
  • Verfassungszusatz 25 1967 - Nachfolge des Vizepräsidenten, Nachfolge des Präsidenten wenn beide zugleich sterben, zeitweise Amtsübernahme durch den Vizepräsidenten wenn der Präsident amtsunfähig ist
  • Verfassungszusatz 26 1971 - aktives Wahlrecht wird auf 18 Jahre gesenkt
  • Verfassungszusatz 27 1992 - Einschränkung der Diätenerhöhung: sie wird erst nach der nächsten Wahl gültig. Dieser Artikel war ursprünglich als Teil der "Bill of Rights" von 1791 vorgesehen, wurde aber erst nach über 200 Jahren schließlich von genügend vielen Einzelstaaten ratifiziert.

Wertung

In der Tradition des Common Law ist die Verfassung relativ kurz gehalten und beschreibt oft auch nur sehr allgemeine Grundsätze. Als Ergebnis kann die grundrechtliche Wirklichkeit in den Vereinigten Staaten nicht direkt aus der Verfassung erlesen werden, sondern muss immer im Hintergrund der Rechtsprechung des Supreme Court verstanden werden. Dies wird von vielen, die kodifiziertes Recht erwarten, als unbefriedigend erachtet. Andererseits sehen Befürworter dieses Ansatzes, dass die Verfassung dadurch flexibel wird und sich leichter an verändernde Rahmenbedingungen anpassen lässt, ohne durch den formalen Änderungsprozess gehen zu müssen.

Siehe auch