Karl Rodbertus
Johann Karl Rodbertus (* 12. August 1805 in Greifswald; † 6. Dezember 1875 in Jagetzow) war ein deutscher Nationalökonom. Er gilt als Begründer des Staatssozialismus.
Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Karl Rodbertus entstammte einer Familie aus dem Herzogtum Schleswig, deren Stammreihe mit Petrus Rodbertus (um 1545–1609), Pastor zu Boren, beginnt. Sein Vater Johann Christoph Rodbertus war Professor der Rechtswissenschaften an der Universität Greifswald, Beisitzer und Justitiar der Juristenfakultät sowie königlich schwedischer Justizrat. Seine Mutter Ernestine Friederike Eleonore Schlettwein (1784–1849) war die Tochter des physiokratischen Ökonomen Johann August Schlettwein (1731–1802). Die Mutter erbte das Gut Beseritz bei Friedland in Mecklenburg-Strelitz. 1808 gab der Vater seine Professur auf und zog mit der Familie auf das Gut.
Nach dem Besuch des Gymnasiums in Friedland (Mecklenburg) studierte Rodbertus ab 1823 an der Georg-August-Universität Göttingen Rechtswissenschaften. 1824 war er Mitgründer der Burschenschaft Teutonia Göttingen.[1] 1825 wechselte er an die Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin. Anschließend ging er als Jurist in den preußischen Staatsdienst. Ab 1830 bereiste er für zwei Jahre Westeuropa. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland studierte er Nationalökonomie. 1835 erwarb er das Gut Jagetzow bei Völschow. Die Landwirtschaft ermöglichte ihm eine weitgehend unabhängige Existenz als Privatgelehrter. 1839 stellte er seine Arbeit „Die Forderungen der arbeitenden Classen“ fertig. Er entwickelte eine Unterkonsumtionstheorie und befürwortete einen Eingriff in die Lohngestaltung.
1848 nahm er als ritterschaftlicher Abgeordneter für den Landkreis Usedom-Wollin im Provinziallandtag der Provinz Pommern am zweiten Vereinigten Landtag teil. Nach der Märzrevolution 1848 war er für etwa eine Woche Minister für Kultur und Unterricht, legte dann aber sein Amt nieder. 1849 wurde Rodbertus als „Fremder“ aus Berlin ausgewiesen. Jahrelang stand er danach auf seinem Gut Jagetzow unter Polizeiaufsicht. Von hier aus veröffentlichte er weitere Schriften.
Rodbertus stellte den Kapitalismus in Frage, unterstützte jedoch anstatt revolutionärer Programme den Interventionismus. Karl Marx[2] und Friedrich Engels[3] befassten sich kritisch mit seinen Werken. Auch Rosa Luxemburg und August Bebel beschäftigten sich intensiv mit seinen Schriften. Für Franz Oppenheimer wurde er theoretisch sehr bedeutsam.
Karl Rodbertus war verheiratet mit Minette, geb. von Prittwitz (1803–1879). Seine Schwester Johanna Mathilde (1804–1886) war verheiratet mit Franz Heinrich Erich II. von Lepel auf Wieck bei Gützkow.
Ehrungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- Ehrendoktor der Universität Jena (1871)
- Göttinger Gedenktafel an seinem Wohnhaus in der Jüdenstrasse 24[4]
- Seine Grabstätte in Jagetzow wurde in die Denkmalliste (Kreis Demmin, jetzt Vorpommern-Greifswald) aufgenommen.
- Karl-Rodbertus-Weg in Vahr
Werke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- Thilo Ramm (Hrsg.): Gesammelte Werke und Briefe. Zusammengestellt auf Grund früherer Ausgaben und mit Einleitung sowie Bibliographie, 6 Bde., Osnabrück 1971/72. ISBN 3-535-01253-8 und ISBN 3-7648-2780-7
- Carl Rodbertus-Jagetzow: Deutscher Staat und Sozialismus. Reihe: Deutsche Schriften, 4. Auswahl & Vorwort Horst Wagenführ. Protte, Potsdam 1935.
Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- Georg Adler: Rodbertus, der Begründer des wissenschaftlichen Sozialismus. Eine sozial-ökonomische Studie. Duncker & Humblot, Berlin 1884 (Reprint 2012)
- Carl August Schramm: Rodbertus, Marx, Lassalle. Sozialwissenschaftliche Studie. Viereck, München 1885 (auch 1889)
- Hans-Otto Binder: Karl Rodbertus. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 8, Bautz, Herzberg 1994, ISBN 3-88309-053-0, Sp. 474–477.
- Heinz D. Kurz: Rodbertus, Johann Karl. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 21, Duncker & Humblot, Berlin 2003, ISBN 3-428-11202-4, S. 689 f. (Digitalisat).
- Otto Rodbertus: Zur Herkunft des Nationalökonomen Karl Rodbertus. In: Gesellschaft für pommersche Geschichte und Altertumskunde (Hrsg): Baltische Studien. Neue Folge Bd. 61, N. G. Elwert, Marburg 1975, S. 62–80 (Digitalisat).
- Günther Rudolph: Karl Rodbertus (1805-1875) und die Grundrententheorie. Politische Ökonomie aus dem deutschen Vormärz. Akademie-Verlag, Berlin 1984
- Günther Rudolph: Karl Rodbertus (1805-1875) und die soziale Frage. In: Zentralinstitut für Philosophie, Akademie der Wissenschaften der DDR (Hrsg.): Alternativen denken. Berlin 1991, S. 49–51
- Moritz Wirth: Rodbertus, Karl. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 28, Duncker & Humblot, Leipzig 1889, S. 740–763.
- Historisch-Genealogisches Handbuch der Familie v. Lepel (Lepell). Auf der Grundlage familiengeschichtlicher Quellen erarbeitet durch Andreas Hansert und Oskar Matthias Frhr. v. Lepel unter Mitarbeit von Klaus Bernhard Frhr. v. Lepel und Herbert Stoyan. Deutsches Familienarchiv, Band 151, Verlag Degener & Co., Inhaber Manfred Dreiss, Insingen 2008, ISBN 978-3-7686-5201-8
- Rolf Hecker: Engels' Kritik am Rodbertus-Mythos im Vorwort zum zweiten Band des Kapitals. In: Beiträge zur Marx-Engels-Forschung. Neue Folge 2008. Argument, Hamburg 2008, ISBN 978-3-88619-668-5, S. 176–189.
Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- Literatur von und über Karl Rodbertus im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Werke von und über Karl Rodbertus in der Deutschen Digitalen Bibliothek
- Literatur über Karl Rodbertus in der Landesbibliographie MV
- Acta Borussica Band 4/I (1848–1858)
- Acta Borussica Band 4/II (1848–1858)
- Karl Rodbertus - Theoretiker der Nationalökonomie und des Sozialismus
- K. Kautsky und Rodbertus. In: Die Neue Zeit. Stuttgart, 2. Jg. 1884, S. 481–493
- Antwort an Herrn Kautsky. In: Die Neue Zeit. Stuttgart. 3. Jg. 1885, S. 218–224
Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- ↑ Helge Dvorak: Biographisches Lexikon der Deutschen Burschenschaft. Band I: Politiker. Teilband 5: R–S. Winter, Heidelberg 2002, ISBN 3-8253-1256-9, S. 87–89.
- ↑ Karl Marx: Herr Rodbertus. Abschweifung. Neue Theorie der Grundrente. In: Marx-Engels-Werke. Bd. 26.2, S. 7–88 und 107 und S. 120–157.
- ↑ Friedrich Engels: Vorwort. In: Marx-Engels-Werke. Bd. 24, S. 13–26.
- ↑ Heinz Motel: Berühmte Persönlichkeiten und ihre Verbindung zu Göttingen. Göttingen 1997, S. 64.
Personendaten | |
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NAME | Rodbertus, Karl |
ALTERNATIVNAMEN | Rodbertus, Johann Karl (vollständiger Name) |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Nationalökonom, Begründer des Staatssozialismus |
GEBURTSDATUM | 12. August 1805 |
GEBURTSORT | Greifswald |
STERBEDATUM | 6. Dezember 1875 |
STERBEORT | Jagetzow |
- Kultusminister (Preußen)
- Publizist
- Privatgelehrter
- Ökonom (19. Jahrhundert)
- Person (Vorpommern)
- Mitglied der Preußischen Zweiten Kammer
- Mitglied der Preußischen Nationalversammlung
- Mitglied des Zweiten Vereinigten Landtages für die Provinz Pommern
- Mitglied des Provinziallandtages von Pommern
- Burschenschafter (19. Jahrhundert)
- Deutscher
- Geboren 1805
- Gestorben 1875
- Mann
- Ehrendoktor der Friedrich-Schiller-Universität Jena