Neuhaus am Rennweg

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 14. Mai 2011 um 19:35 Uhr durch 93.196.84.99 (Diskussion) (→‎Geografie). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Wappen Deutschlandkarte
Neuhaus am Rennweg
Deutschlandkarte, Position der Stadt Neuhaus am Rennweg hervorgehoben
Basisdaten
Koordinaten: 50° 31′ N, 11° 8′ OKoordinaten: 50° 31′ N, 11° 8′ O
Bundesland: Thüringen
Landkreis: Sonneberg
Höhe: 830 m ü. NHN
Fläche: 108,22 km2
Einwohner: 8927 (31. Dez. 2022)[1]
Bevölkerungsdichte: 82 Einwohner je km2
Postleitzahl: 98724
Vorwahl: 03679
Kfz-Kennzeichen: SON, NH
Gemeindeschlüssel: 16 0 72 013
Adresse der
Stadtverwaltung:
Kirchweg 2
98724 Neuhaus am Rennweg
Website: www.neuhaus-am-rennweg.de
Bürgermeisterin: Marianne Reichelt
Lage der Stadt Neuhaus am Rennweg im Landkreis Sonneberg
KarteFöritztalFrankenblickGoldisthalLauschaNeuhaus am RennwegSchalkauSonnebergSteinach (Thüringen)
Karte
Stadtkirche

Neuhaus am Rennweg ist eine Stadt in Thüringen im Landkreis Sonneberg.

Geografie

Die Stadt liegt im Thüringer Schiefergebirge, unmittelbar am Rennsteig. Neuhaus ist einer der höchst gelegenen Orte Thüringens. Als Neuhaus Kreisstadt war, sprach man von der höchst gelegenen Kreisstadt der DDR. Der Teil südlich des Rennsteiges wird zur Steinach entwässert, während der nördliche Teil im Einzugsgebiet der Schwarza liegt.

Nachbargemeinden

Im Uhrzeigersinn, beginnend im Norden: Katzhütte, Lichte, Lauscha, Steinheid und Scheibe-Alsbach.

Stadtgliederung

Zu Neuhaus gehören die beiden Stadtteile Igelshieb südlich und Schmalenbuche im Nordosten.

Klima

Das Klima in Neuhaus ist sehr rau mit sehr schneereichen Wintern und kalten, feuchten Sommern. Neuhaus hält auch den deutschen Rekord der längsten durchgängigen Nebelperiode; diese dauerte 242 Stunden oder 10 Tage und war im Mai 1996.[2]

Geschichte

Im Jahr 1607 wurde durch die Erteilung einer Konzession zur Errichtung einer Glashütte die Glasmachersiedlung Schmalenbuche gegründet und 1668 bis 1673 das Jagdhaus „Herrnhaus“ der Grafen von Schwarzburg-Rudolstadt erbaut. 1732 ging der Ort Igelshieb aus einer Köhlersiedlung hervor. Bis 1920 gehörten Neuhaus und Schmalenbuche zum fürstlich-schwarzburger Landratsamt Königsee. Igelshieb gehörte wie das Anwesen Bernhardsthal zum Kreis Sonneberg im Herzogtum Sachsen-Meiningen. Am 1. April 1923 erfolgte die Eingemeindung von Schmalenbuche und Igelshieb nach Neuhaus, 1933 erhielt Neuhaus am Rennweg Stadtrecht.

Von 1929 an war Otto Engert, Mitglied der KPO, Bürgermeister des Ortes, bis er 1931 aufgrund von Verordnungen des nationalsozialistischen Innenminister Thüringens Wilhelm Frick sein Amt verlor. Seit den 1970er Jahren erinnert ein Straßenname an ihn. Seit 1932 wirkte im Ort der evangelische Pfarrer Paul Friederich, der der Bekennenden Kirche (BK) angehörte. Nach diffamierenden Angriffen durch die NSDAP wurde er 1935 von der Deutsch-Christlichen Kirchenleitung nach Leislau zwangsversetzt, später verhaftet und aus der Landeskirche entlassen. Sein Nachfolger Hans Brunotte setzte die Arbeit der BK fort, indem er in der Gaststätte Waldhaus christliche Unterweisung und Gottesdienst durchführte. Auch Brunotte wurde verfolgt und 1937 von der Gestapo des Landes verwiesen. Nach Schließung des Waldhauses fanden Gottesdienste in einem Fabrikschuppen statt. Während des Zweiten Weltkrieges mussten mehr als 600 Frauen und Männer aus Russland, der Ukraine, Polen, Frankreich, den Niederlanden, Belgien und Tschechien im Telefunken-Röhrenwerk, in der Glasfabrik Müller & Co., in der Stadtverwaltung und bei der Firma Rudolf Heinz & Co. Zwangsarbeit verrichten.[3] Kurz vor Kriegsende, am 11. April 1945 wurde der alte Ortskern im Artilleriefeuer der vorrückenden amerikanischen Alliierten vollständig zerstört. 34 Häuser gingen in Flammen auf, 10 Menschen starben. Der Angriff galt einer Einheit der SS, die Neuhaus nur widerstrebend verließ und bei ihrem Abzug noch einige Greueltaten verübte. So erinnert u. a. eine Grabstätte nahe dem Dreistromstein in Siegmundsburg an drei Deserteure, die damals von Angehörigen der SS erschossen wurden. Später wurden an der Stelle des verwüsteten Ortszentrums das Kulturhaus und die Gebäude der Kreisverwaltung errichtet.

Von 1952 bis 1994 war Neuhaus Kreisstadt des Kreises Neuhaus, bis 1990 im Bezirk Suhl. Es war die höchstgelegene und kleinste Kreisstadt der DDR. Der aus dem Telefunken-Werk hervorgegangene VEB Röhrenwerk „Anna Seghers“, später VEB Mikroelektronik Neuhaus, beschäftigte Arbeiter und Angestellte aus dem ganzen Kreisgebiet, zeitweise bis zu 3000 Mitarbeiter. Mit der Öffnung der Märkte im Zuge der Wiedervereinigung waren die Produkte der Mikroelektronik der DDR der internationalen Konkurrenz ausgesetzt und nicht mehr absetzbar, das Werk wurde geschlossen. Als Erbe der ehemaligen Kreisstadt gibt es in Neuhaus ein Gymnasium, ein Hallenbad und das Medinos-Krankenhaus.

Zum 1. Januar 2012 soll der Nachbarort Steinheid in die Stadt Neuhaus am Rennweg eingemeindet werden.[4]

Politik

Die Stadt Neuhaus am Rennweg ist erfüllende Gemeinde für die Gemeinden Goldisthal, Scheibe-Alsbach und Siegmundsburg. Im Landesentwicklungsplan 2004 ist Neuhaus als teilfunktionales Mittelzentrum Neuhaus am Rennweg/Lauscha ausgewiesen.[5] Zukünftig wird eine verstärkte Zusammenarbeit im Städtedreieck Neuhaus am Rennweg-Lauscha-Steinach angestrebt.

Stadtrat

Der Rat der Stadt Neuhaus am Rennweg besteht aus 20 Ratsfrauen und Ratsherren.

(Stand: Kommunalwahl am 7. Juni 2009)

Städtepartnerschaften

Seit 1990 besteht eine Partnerschaft mit Dietzenbach in Hessen.

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Im Stadtbereich zählt die 1892 eingeweihte Stadtkirche zu den Sehenswürdigkeiten, sie ist eine der größten Holzkirchen in Thüringen. Ebenso lohnt der Besuch des Heimatmuseums Geißlerhaus, dem Geburtshaus von Dr. Heinrich Geißler, einem Pionier des Glasapparatebaus, der Vakuumtechnik und Elektrizitätslehre.

Etwas außerhalb in Richtung Steinheid, in Bernhardsthal, auf der Fläche der ehemaligen Tafelglashütte Greiner gegr. 1829 nahe dem Rennsteig, befindet sich das Freibad. Unweit davon, tief im Wald, findet man die Wüstung Glückstahl. Diese Siedlung wurde 1736 mit dem Bau einer Glashütte gegründet. Bei dem Glasmeister Johann Georg Greiner experimentierte der Theologe Georg Heinrich Macheleid mit verschiedenen Tonerden für die Porzellanherstellung. 1757 gelangen ihm die entscheidenden Entdeckungen, 1760 - 62 erhielt er vom Fürstentum Schwarzburg-Rudolstadt die Konzession zu Herstellung seines Porzellans und begründete die Porzellanmanufaktur in Volkstedt. 1838 wurde die Glashütte wegen wirtschaftlicher Probleme aufgegeben. Das Haus des Hüttenmeisters wurde abtransportiert und in Bock und Teich im Lichtetal wieder aufgebaut. In Glücksthal sieht man noch die Kellergewölbe der Häuser und den kleinen, durch die Arbeit ehrenamtlicher Helfer sehr gut erhaltenen Friedhof. Nicht weit davon, im Tal der Steinach, ist der Bach zum Wächtersteich aufgestaut. Das Aufstauen der Steinach diente dazu, Baumstämme nach Unterlauscha zu flößen.

Gedenkstätten

  • Gedenkkapelle für die Gefallenen und Vermißten beider Weltkriege in der Stadtkirche. Die aus Naturstein gefertigten Namenstafeln der im Ersten Weltkrieg gefallenen Igelshieber wurden beim Abriß des Ehrenmals zur DDR-Zeit gerettet und 2008 restauriert in den Boden der Gedenkkapelle eingelassen. Die Namen der anderen Gefallenen aus allen Ortsteilen von Neuhaus finden sich auf Tafeln an den Wänden der Kapelle.
  • Sowohl eine Kleingartenanlage mit ihrer Namensgebung „Otto Engert“ als auch ein dort errichteter Gedenkstein erinnern an den kommunistischen Bürgermeister und Widerstandskämpfer, der im Januar 1945 in Dresden ermordet wurde.
  • An der Eisfelder Straße wird in einer Parkanlage mit einem Denkmal der Opfer des Faschismus gedacht.

Wirtschaft und Infrastruktur

Der Bahnhof von Neuhaus

Neuhaus wurde im Zusammenhang mit der Gründung einer Glashütte gegründet. Die Glasindustrie stellt seit jeher die wichtigste Industrie der Stadt dar. Außerdem spielt der Tourismus eine wichtige Rolle.

Verkehr

Neuhaus liegt an der Bundesstraße 281, die von Saalfeld nach Eisfeld führt. Des weiteren führen noch Straßen nach Katzhütte, Oberweißbach und Lauscha. Unmittelbar am Bahnhof besteht eine Zentrale Omnibushaltestelle, von der aus mehrere Omnibuslinien betrieben werden, u.a. nach Saalfeld, Steinach, Katzhütte und Goldisthal. Eine Stadtverkehrslinie erschließt den Ortsteil Schmalenbuche sowie den Nachbarort Ernstthal am Rennsteig. Neuhaus besitzt einen Eisenbahnanschluss an einem Abzweig der Bahnstrecke Sonneberg–Probstzella. Diese Strecke wurde 1997 stillgelegt. Seit 2002 gibt es wieder Bahnverkehr zwischen Sonneberg und Neuhaus. Der Bahnhof Neuhaus ist mit 830 m ü. NN. der höchst gelegene Bahnhof Thüringens.

Ehrenbürger

Persönlichkeiten

Literatur

  • Wilhelm Engel: Die Denkschrift des Nikolaus Molwitz. Eine merkantilistische Betrachtung über das Fürstentum Schwarzburg-Rudolstadt zu Beginn des 18. Jahrhunderts. In: Thüringer Fähnlein, Monatshefte für die mitteldeutsche Heimat, 4. JG. Heft 2, Februar 1935, S. 84–100. (auf S. 92–93 Informationen über die Glashütte Schmalenbuche).
  • Neuhaus. In: August Schumann: Vollständiges Staats-, Post- und Zeitungslexikon von Sachsen. 7. Band. Schumann, Zwickau 1820, S. 57 f.

Weblinks

Commons: Neuhaus am Rennweg – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Bevölkerung der Gemeinden vom Thüringer Landesamt für Statistik (Hilfe dazu).
  2. Deutscher Wetterdienst: Wetterrekorde - Nebel
  3. Thüringer Verband der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten und Studienkreis deutscher Widerstand 1933-1945 (Hg.): Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der Verfolgung 1933-1945, Reihe: Heimatgeschichtliche Wegweiser Band 8 Thüringen, Erfurt 2003, S. 285f., ISBN 3-88864-343-0
  4. Steinheid soll Ortsteil von Neuhaus werden, Thüringer Allgemeine, abgerufen am 11. Februar 2011
  5. Ministerium für Bau und Verkehr Thüringen (Hrsg.): Landesentwicklungsplan 2004 ([1])