Pjotr Iwanowitsch Kondraschew

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Pjotr Iwanowitsch Kondraschew (russisch Пётр Иванович Кондрашев; * 16. Juli 1949 in Armawir[1]) ist ein russischer Industriemanager und -unternehmer, Oligarch und Milliardär.

Werdegang[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kondraschew erwarb einen Ingenieurabschluss in Bergbau und Metallurgie mit Spezialisierung auf Untertagebau an der Staatlichen Technischen Universität Magnitogorsk in Magnitogorsk.[2]

Im Jahr 1972 begann er im Kaliwerk Silwinit in Solikamsk als Steiger zu arbeiten. Bis 1990 betätigte er sich dort in dieser Stellung, als Chefingenieur und als stellvertretender Produktionsleiter. 1990 wählte ihn die Belegschaft zum Generaldirektor. Kondraschew leitete die Privatisierung ein und wurde einer der Hauptaktionäre von Silwinit. 2007 schied er als Unternehmensleiter aus, blieb aber Mitglied des Verwaltungsrats.[1] Ende 2010 verkauften Kondraschew, Eigentümer von 14 Prozent des Unternehmens,[3] und seine Partner ihre Silwinit-Anteile an den Wettbewerber Uralkali.[4][5] Als treibende Kraft hinter dieser Transaktion im Wert von fast 3 Milliarden US-Dollar[6] für zusammen 44 Prozent aller Aktien galten der kremlnahe Duma-Abgeordnete Suleiman Kerimow, der an beiden Unternehmen Anteile hielt,[4] ferner der Duma-Abgeordnete Selimchan Muzojew sowie der Milliardär Anatoli Skurow.[7][6] Durch diesen Vorgang entstand der damals weltweit zweitgrößte Hersteller von Kalidünger.[4]

Im Jahr 2014 kaufte Kondraschew das Solikamsk Magnesiumwerk (SMZ) von der Suleiman Kerimow gehörenden Unternehmensgruppe. SMZ fördert und verarbeitet Metalle der Seltenen Erden: 60 % des russischen Magnesiums werden in diesem Werk hergestellt.[8][5]

Kondraschew investierte 2016 in Meyer Burger[9][10] und rettete damit nach Ansicht der Neuen Zürcher Zeitung und der Berner Zeitung den Schweizer Solaranlagenhersteller.[3][11] Seine aktivistischen Forderungen nach personellen Veränderungen in der Spitze und einer neuen Ausrichtung des Unternehmens stießen bis März 2020 auf Widerstand.[12] Im Herbst 2022 hielt er rund 10 Prozent der Unternehmensaktien.[13]

Enteignung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

2019 verlangte der Föderale Antimonopoldienst Russlands die Annullierung des Kaufs von SMZ; die Transaktion sei 2014 illegal gewesen, weil SMZ als für Russland strategisch bedeutsames Unternehmen ohne Genehmigung von Regierungsstellen auf ausländische Investoren übertragen worden sei. Im Oktober 2020 gab ein Gericht in Perm der Behörde Recht.[14] Anfang Juli 2020 behauptete auch Michail Dworkowitsch, Bruder des früheren Stellvertretenden Ministerpräsidenten in der Regierung der Russischen Föderation Arkadi Dworkowitsch, in der russischen Zeitung Kommersant, die SMZ-Mehrheitsaktionäre um Kondraschew hätten Güter an „Zulieferer des militärisch-industriellen Komplexes der NATO-Länder“ verkauft, potenziell sei das eine Bedrohung der Sicherheit Russlands.[15] Der Online-Fachdienst intelligenceonline.com meinte zur Enteignung, Kondraschew habe als im Ausland lebender Russe in einer innerrussischen Enteignungswelle, die durch den Russisch-Ukrainischen Krieg beschleunigt worden sei, als Erster den Kürzeren gezogen.[16][17] Die Enteignung wurde Ende Januar 2023 per Dekret von Wladimir Putin vollzogen.[18]

Kontroversen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In russischen Blogs wurde 2021 behauptet, Kondraschew sei einer der „geheimen Eigentümer“ von Ecoprombank, einem russischen Finanzunternehmen, das 2014[19] Konkurs angemeldet hatte. In entsprechenden Beiträgen war von erheblichen Straftaten die Rede. Kondraschew leitete in Österreich und der Schweiz gerichtliche Schritte gegen diese Behauptungen und ihre Verbreitung ein. Nach Angaben der russischen Behörden gibt es, so Neue Zürcher Zeitung und Handelsblatt, kein Strafverfahren gegen Kondraschew.[3][20]

Vermögen, Privates, Ehrungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im August 2022 schätzte Forbes Kondraschews Vermögen auf 1,5 Milliarden US-Dollar.[5]

Kondraschew lebt seit 2008 in Wien[17] ist verheiratet und hat zwei Kinder.[5]

Er wurde mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit der Ehrenbürgerschaft der Stadt Solikamsk. 2004 erhielt er den Peter-der-Große-Nationalpreis für seine Leistungen als Manager.[21]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Петр Кондрашев. In: Forbes. Archiviert vom Original am 29. Oktober 2010; abgerufen am 21. Oktober 2022 (russisch).
  2. Kondrashev Pyotr Ivanovich. In: tadviser.com. Abgerufen am 14. August 2022 (englisch).
  3. a b c Daniel Imwinkelried: Der reiche Russe, der Meyer Burger rettete und für die Sowjetunion Nostalgie empfindet. In: Neue Zürcher Zeitung. 4. Oktober 2021, abgerufen am 14. August 2022.
  4. a b c Melissa Akin, Polina Devitt, Jane Merriman: Russian potash miner Uralkali to buy Silvinit. In: Reuters. 20. Dezember 2010, abgerufen am 14. August 2022 (englisch).
  5. a b c d Pyotr Kondrashev. In: Forbes. Abgerufen am 14. August 2022 (englisch).
  6. a b Петр Кондрашев. In: Forbes. Oktober 2021, archiviert vom Original am 10. Juni 2021; abgerufen am 14. August 2022 (russisch).
  7. 44% of Silvinit Sold, Potash Merger Nears. In: The Moscow Times. 15. August 2010, abgerufen am 21. Oktober 2022 (englisch).
  8. Петр Кондрашев. In: Forbes. Abgerufen am 14. August 2022 (russisch).
  9. Berichterstattung Geschäftsjahr 2016. Meyer Burger Technology AG, abgerufen am 14. August 2022.
  10. Arthur Rutishauser: Wundersamer Wertzuwachs bei vier Aktien. In: SonntagsZeitung, 21. Mai 2017.
  11. Julian Witschi: Meyer Burgers Retter machen Kasse. In: Berner Zeitung, 16. Juli 2021.
  12. Quentin Schlapbach: Das leise Ende eines erbitterten Machtkampfes. In: Berner Zeitung, 14. Mai 2020.
  13. Unternehmensprofil Meyer Burger. In: finanzen.net. Abgerufen am 21. Oktober 2022 (Aktienprofil).
  14. Dmitry Astakhov: Магническая сила. In: Kommersant. 6. Oktober 2020, abgerufen am 14. August 2022 (russisch).
  15. Михаил Дворкович: Не исключено, что в дальнейшем я буду наращивать пакет. In: Kommersant. 3. Juli 2020, abgerufen am 28. Oktober 2022 (russisch).
  16. Russian investors await Western asset nationalisation wave. In: intelligenceonline.com, 3. Juni 2022.
  17. a b Julian Witschi: Neues Geld für Solarfirma. Meyer Burger baut wieder Maschinen in Thun. In: Berner Zeitung. 28. Oktober 2022, abgerufen am 7. November 2022.
  18. "Росатом" получил от государства контрольный пакет акций Соликамского магниевого завода. In: www.interfax.ru. Interfax, 27. Januar 2023, abgerufen am 8. März 2023 (russisch).
  19. Bank Rossii: On revocation of banking licence and appointment of provisional administration. 18. August 2014, abgerufen am 21. Oktober 2022 (englisch, Pressemitteilung der russischen Zentralbank).
  20. Daniel Imwinkelried: Energiewende: Warum ein „Oligarch“ an den Wiederaufstieg der deutschen Solarindustrie glaubt. In: Handelsblatt. Abgerufen am 14. August 2022.
  21. КОНДРАШЕВ Петр Иванович. In: enc.ex.ru. Archiviert vom Original am 9. Juli 2007; abgerufen am 21. Oktober 2022 (russisch).