Wilhelm Schürer

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Wilhelm Karl Emil Schürer (* 15. September 1886 in Lübeck; † 1. November 1975 ebenda) war ein deutscher Architekt.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ausbildung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Er studierte zunächst an der Baugewerkschule seiner Heimatstadt, ehe er an die Technische Hochschule Karlsruhe wechselte.[1] Seit 1908 gehörte er der Karlsruher Burschenschaft Tuiskonia an.[2]

Berufliche Karriere[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Erstmals in größerem Maße auf sich aufmerksam machte Schürer mit dem von ihm entworfenen und am 6. März 1921 auf dem Ehrenfriedhof enthüllten Gedenkstein für die im Ersten Weltkrieg gefallenen Beamten und Arbeiter der Lübeck-Büchener Eisenbahngesellschaft. Dieses Werk dürfte ausschlaggebend dafür gewesen sein, dass man ihn wenig später in das Preisgericht berief, das im Juni gleichen Jahres die 48 eingereichten Entwürfe für ein Krieger-Ehrenmal in der Marienkirche beurteilte.[A 1]

Im Laufe seiner Karriere entwarf er zahlreiche Gebäude im Lübecker Stadtgebiet – zumeist Wohnbebauung – und ging kurzzeitige Bürogemeinschaften mit Otto Dethlef Siebert (1921–1923) sowie mit dem Regierungsbaumeister Heinz Grau (1932) ein.[3] Schürers bekannteste Bauten bilden die 1930 entstandene Siedlung mit den Hausnummern 70 bis 101 in der Triftstraße (). Die zweigeschossigen, kubischen Backstein-Doppelhäuser zu beiden Seiten der Straße sind ein herausragendes Lübecker Beispiel für die Architektur- und Städtebaubewegung des „Neuen Bauens“.[4] Sie verfügen über Flachdächer mit geringem Gefälle, verkoppelnde eingeschossige Bauteile, eine Sockelandeutung mit dünnem Ziegelsims und besaßen ursprünglich leicht liegende Fensterformate und -teilungen.[A 2] Bei bewusst reduzierten Details sind die prägenden Gestaltungselemente jeweils neun relief-artige Ziegelfelder beziehungsweise -bänder, die über das gesamte Obergeschoss hinweg komplett umlaufend und über alle Häuser hinweg die dortigen Fenster miteinander verbinden.

Während der Zeit des Nationalsozialismus wechselte Schürer nach Schwerin und wurde Regierungsbaurat des Landes Mecklenburg.[5] In dieser Funktion wirkte er unter anderem an der Entwurfsplanung für die Pädagogische Hochschule Güstrow mit. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges verließ er die sowjetische Besatzungszone und kehrte nach Lübeck zurück, wo er seine Wohnungsbauaktivitäten wieder aufnahm und sich außerdem um den Wiederaufbau des Marktplatzes verdient machte.

Werke (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sofern nicht anders angegeben, handelt es sich um Wohnbebauung in Lübeck
Neubauten

  • 1921: Gedenkstein auf dem Ehrenfriedhof
  • 1922: Schönböckener Straße 17 a (Helioswerk)
  • 1925: Bei der Wasserkunst 25
  • 1925: Wakenitzstraße 32
  • 1926: Hohelandstraße 2, 4 & 6
  • 1926/27: Hansestraße 126 & 128
  • 1927: Hansestraße 130 & 132
  • 1927: Hohelandstraße 20
  • 1928: Bei der Wasserkunst 1
  • 1928/29: Schützenstraße 66–72
  • 1930: Hüxtertorallee 1: Andreas-Wilms-Haus der Kirchengemeinde St. Aegidien
  • 1930: Triftstraße 70–101
  • 1930: Johannisstraße 5
  • Vor 1931: Moislinger Allee 71, 71 a, 71 b & 73
  • 1931: Neuengammer Straße 2
  • 1931: An der Stadtfreiheit 16–25
  • 1943: Pädagogische Hochschule Güstrow (an der Entwurfsplanung beteiligt)
  • 1952: Marquardplatz 5
  • 1952: Hohelandstraße 9–11 & 13–23
  • 1954: Strohkatenstraße 3
  • 1954: Hansestraße 9
  • 1963: Ziegelstraße 122 a (Umkleidehaus Sportplatz Neuhof)
  • 1964: Hohelandstraße 46–48
  • 1965: Schönböckener Straße 102 (Pflanzenschutzamt)

Umbauten und Erweiterungen

Nicht erfolgreiche Entwürfe

  • 1928: Johannisstraße 48 (Wettbewerb um den Neubau eines Gewerkschaftshauses; 3. Preis)[7]
  • 1935: Marktplatz (Wettbewerb um die künftige Gestaltung; Ankauf des Entwurfes)[8]
  • 1956: Kapelle Maria am Stegel (Überplanung als Gemeindehaus mit Dachwohnung)[6]

Publikationen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Noch einmal das Holstentor-Problem. In: Vaterstädtische Blätter. № 11, 1931, Seiten 41 ff.
  • Wiederherstellung des Lübecker Marktes im Rahmen des Möglichen. In: Lübeckische Blätter. Band 11, № 3, 1951, Seiten 29–31.
  • Brandnacht Palmarum 1942. In: Senat der Hansestadt Lübeck (Hrsg.): Hansestadt Lübeck. Concordia domi foris pax. 1954, Seiten 32–36.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Wilhelm Schürer – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Die anderen Mitglieder des Preisgerichts waren der städtische Baudirektor Johannes Baltzer, der Hauptpastor Paul Denker, der Senator Johann Georg Eschenburg, der Direktor des St.-Annen-Museums Carl Georg Heise, der Architektur-Professor Hermann Hosaeus von der Technischen Hochschule zu Berlin sowie Mitglieder des Kirchenvorstandes. Die Entscheidung über die drei zur Verfügung gestellten Preise (3000, 2000 und 1000 Mark) fiel am 1. Juni — 1. Preis: Konzept „Niemand hat größere Liebe“ (Architekt Gustav Blohm und Bildhauer Oscar E. Ulmer); 2. Preis: Konzept „Pyramide der Toten“ (Architekten Alfred Runge und Wilhelm Lenschow und Bildhauer Richard Kuöhl); 3. Preis: Konzept „Deutsches Schwert“ (Architekt Max Meyer). Diese Prämierung war zwar prestigeträchtig, allerdings nicht bindend für den Vorstand der Kirchengemeinde in seinem Beschluss darüber, welches Konzept umgesetzt werden solle. Die Verhandlungen mit den Erstplatzierten Blohm und Ulmer zerschlugen sich und letztlich kam keiner der Entwürfe zur Ausführung. Erst 1929 wurde schließlich ein Ehrenmal an der Marienkirche eingeweiht.
  2. Bei sogenannten „liegenden“ Fenstern die Fensterbreite um ein Vielfaches höher ist als die Fensterhöhe. Das Gegenstück bilden die sogenannten „stehenden“ Fenster.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Hartwig Beseler; Klaus Detlefsen; Kurt Gelhaar: Architektur in Schleswig-Holstein 1900–1980. Wachholtz Verlag, Neumünster, 1980, ISBN 978-3-529-02660-7.
  2. Unsere Toten. In: Burschenschaftliche Blätter, 92, Jg. (1977), H. 1, S. 32.
  3. Hans Meyer: Bau- und Architekturgeschichte, Stadtentwicklung in Lübeck. Gruppe G: Baumeister, Architekten, Bautennachweise, Wohnungsbauunternehmen. Teil 5: Bautennachweise S–Z. Archiv der Hansestadt Lübeck, 2011, Seite 25. Abgerufen auf bekanntmachungen.luebeck.de am 26. August 2023.
  4. Informationen zur Siedlung Triftstraße auf der offiziellen Website des Bereichs Archäologie und Denkmalpflege der Hansestadt Lübeck. Abgerufen auf luebeck.de am 26. August 2023.
  5. Silke Hameister: Stadtentwicklung und Wohnungsbau in der Stadt Güstrow in vergleichender Betrachtung zur Stadt Parchim in der Zeit von 1871 bis 1990. Teil I: Textband. Dissertation am Caspar-David-Friedrich-Institut (Fachbereich Kunstgeschichte) der Universität Greifswald, November 2017. Abgerufen auf epub.ub.uni-greifswald.de (Publikationsserver der Universität Greifswald) am 26. August 2023.
  6. a b Manfred Finke: Wer hat Angst vor Maria-am-Stegel? In: bürgernachrichten – Zeitung der Bürgerinitiative „Rettet Lübeck“. Jahrgang 30, № 97, Dezember 2006, Seiten 8–9. Abgerufen auf unser-luebeck.de (gemeinnütziges Online-Magazin für Kunst und Kultur) am 26. August 2023.
  7. Anke Hoffsten: Das Volkshaus der Arbeiterbewegung in Deutschland. Gemeinschaftsbauten zwischen Alltag und Utopie. Böhlau Verlag, Köln, 2017, ISBN 978-3-412-50734-3, Seite 478.
  8. „Entschiedene Preisausschreiben“. In: Der Baumeister. April 1935, Heft 4, Beilage, Seiten B 83–B 84. Abgerufen auf delibra.bg.polsl.pl (Digitale Bibliothek der Schlesischen Technischen Universität) am 26. August 2023.