Sinn und Sinnlichkeit (1995)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 10. Juni 2018 um 07:13 Uhr durch 195.135.251.153 (Diskussion) (→‎Handlung: link zu cottage). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Film
Titel Sinn und Sinnlichkeit
Originaltitel Sense and Sensibility
Produktionsland USA, UK
Originalsprache Englisch
Erscheinungsjahr 1995
Länge 136 Minuten
Altersfreigabe
Stab
Regie Ang Lee
Drehbuch Emma Thompson
Jane Austen (Roman)
Produktion Lindsay Doran
Musik Patrick Doyle
Kamera Michael Coulter
Schnitt Tim Squyres
Besetzung

Sinn und Sinnlichkeit ist ein Spielfilm des taiwanischen Regisseurs Ang Lee aus dem Jahr 1995. Die Romanvorlage, der englische Literaturklassiker „Sense and Sensibility“ („Verstand und Gefühl“) von Jane Austen, war zuvor bereits für zwei Fernsehversionen verfilmt worden, ehe sie für das Kino adaptiert wurde. Angelehnt an die Handlung des Romans spielt die Geschichte in der Zeit um 1800.

Handlung

Als ihr Vater stirbt, sind die Tage der Schwestern Elinor und Marianne Dashwood auf ihrem herrschaftlichen Anwesen Norland Park in der südenglischen Grafschaft Sussex gezählt. Neuer Hausherr wird ihr Halbbruder aus der ersten Ehe ihres Vaters. Dessen hochmütige Frau Fanny will das Anwesen mit niemandem teilen. Elinor und Marianne ziehen bald mit ihrer Mutter und der jüngsten Schwester Margaret in eine andere Grafschaft, wo ihnen Sir John Middleton, ein wohlmeinender Cousin der Mutter, ein Cottage auf seinem Landsitz Barton Park zur Verfügung stellt. Ihre finanziellen Mittel sind nun sehr beschränkt. Elinor hat sich mit dem Umzug auch schweren Herzens von Edward Ferrars, dem ältesten Bruder ihrer Schwägerin, verabschiedet: Die eben aufkeimende Zuneigung zwischen den beiden steht unter keinem guten Stern, da Edwards Mutter für den reichen Erben einer vornehmen Familie nur eine ebenso reiche Schwiegertochter akzeptieren würde – wie die argwöhnische Fanny Elinor nur zu gern wissen lässt.

Im Herrenhaus von Barton Park sind die Damen Dashwood immer herzlich willkommen; auch Mrs. Jennings, die Schwiegermutter Sir Johns, ist dort oft Gast. Nachdem sie ihre eigenen Töchter unter die Haube gebracht hat, möchte sie dies am liebsten auch mit den anderen jungen Frauen ihrer Umgebung tun. Colonel Christopher Brandon, ein weltgewandter, aber durch Schicksalsschläge etwas melancholisch gewordener Mittdreißiger, scheint genau die richtige Partie für Elinor zu sein. Der Colonel indessen verliebt sich sofort in die siebzehnjährige Marianne. Das Bestreben, seine Gefühle wegen des großen Altersunterschiedes zu verbergen, ist nicht immer erfolgreich. Elinor bemerkt sein Unglück bald. Die impulsive Marianne aber begegnet dem Colonel nur mit der wenig schmeichelhaften Rücksichtnahme auf einen harmlosen älteren Herrn; sie selbst flirtet heftig mit dem jungen John Willoughby und verliebt sich so sehr, dass sie sich heimlich mit ihm verlobt glaubt. Umso härter trifft es sie, als Willoughby sich plötzlich ohne jede Erklärung zurückzieht.

Zur Aufheiterung lädt Mrs. Jennings Elinor und Marianne in ihr Stadthaus in London ein, um dort die winterliche Ballsaison zu verbringen. Das ersehnte Wiedersehen mit Willoughby endet aber beinahe mit einem Eklat: Marianne trifft ihn auf einer großen Gesellschaft in Begleitung seiner Braut, einer sehr reichen Erbin. Mariannes Gesundheit ist nun sehr labil. Elinor muss ihre Schwester wieder aufpäppeln, obwohl sie selbst mit Hiobsbotschaften in Liebesdingen zu kämpfen hat. Mit Lucy Steele ist eine gänzlich unvermutete Rivalin auf den Plan getreten: Sie ist weder reich und vornehm, noch gebildet oder wirklich freundlich, dafür aber umso fester entschlossen, Mrs. Edward Ferrars zu werden. Und sie hat die Moral auf ihrer Seite, denn ein sehr junger Edward ohne sinnvolle Beschäftigung hat sich einige Jahre zuvor heimlich mit ihr verlobt – und sein Heiratsversprechen in einem Brief fixiert. Die vernünftige Elinor springt über ihren eigenen Schatten und ermöglicht dem Paar die Heirat, indem sie ihnen ein Hilfsangebot Colonel Brandons übermittelt: eine kleine Pfarrstelle mit eigenem Haus auf seinem Landsitz Delaford. Edward, der sich lieber von seiner Mutter enterben lässt als sein Heiratsversprechen zu brechen, nimmt das Angebot an.

Angesichts der angeschlagenen Gesundheit Mariannes entschließt sich Elinor, mit ihrer Schwester London zu verlassen. Bei der Rückkehr aufs Land hält sich die Gesellschaft für einige Tage auf dem Landsitz Cleveland der Familie Palmer auf; die dortige Hausherrin ist Mrs. Jennings' zweite Tochter. Gleich nach dem Eintreffen auf dem Palmerschen Landsitz läuft Marianne bei regnerischem Wetter auf einen Aussichtshügel, von dort kann sie den Landsitz des untreuen Willoughby sehen. Die Erkältung, die sie sich dabei einfängt, wächst sich rasch zu einer lebensgefährlichen Erkrankung aus. Der besorgte Colonel Brandon holt Mariannes in Barton Park zurückgebliebene Mutter nach Cleveland. Nach einigen Tagen können alle ins Cottage nach Barton zurückkehren. Und mit der überstandenen körperlichen Krise scheint Marianne nun auch seelisch gereift.

Nach einiger Zeit berichtet Thomas, der Diener der Dashwoods, von der Heirat des jungen Mr. Ferrars, und eines Tages erscheint dieser unerwartet selbst dort. Während des sehr stockenden Gespräches stellt sich heraus, dass es eine Mrs. Edward Ferrars gar nicht gibt: Lucy Steele fand den enterbten Erben nicht mehr begehrenswert und hat sich kurzentschlossen Edwards jüngeren Bruder Robert geangelt. Als daraufhin Elinor in Tränen ausbricht, gesteht Edward ihr seine Liebe.

Einige Monate später findet das Hochzeitsfest von Colonel Brandon und Marianne statt, auf dem auch das frisch vermählte Paar Edward und Elinor Ferrars anwesend ist.

Entstehungsgeschichte

Produzentin Lindsay Doran, die während ihres Collegestudiums auf Jane Austens Roman „Sense and Sensibility“ aus dem Jahr 1811 aufmerksam wurde, war schon nach der ersten Lektüre davon überzeugt, dass die Geschichte für eine filmische Umsetzung geradezu prädestiniert wäre. Über den Zeitraum von zehn Jahren las sie auf der Suche nach einem geeigneten Autor unzählige Drehbuchentwürfe. Die eingereichten Vorschläge hielt sie allesamt für ungeeignet, entweder waren sie „zu höflich oder zu melodramatisch, zu modern oder zu obskur. Die komischen waren nicht romantisch genug, die romantischen waren nicht witzig.“

Bei den Dreharbeiten zu dem Film Schatten der Vergangenheit (1991) fand Doran dann in der Hauptdarstellerin Emma Thompson endlich die Drehbuchautorin für das Projekt. Thompson, die ihr schriftstellerisches Talent schon mit dem Schreiben kurzer Sketche für ihre eigene TV-Show Thompson bewiesen hatte, war ebenso Feuer und Flamme für den Film, da Jane Austen zu ihren Lieblingsautoren zählte. Ihr erster Entwurf bestand aus 300 handgeschriebenen Seiten – erst vier Jahre später fand der kreative „Prozess“ nach vierzehn Entwürfen seine Vollendung. Thompson verzichtete auf mehrere Randfiguren, erfand stattdessen einige Szenen neu, um die Zeitumstände und den Charakter der Figuren besser einzufangen; z. B. die Szene, in der Edward und Elinor gemeinsam versuchen, die kleine Schwester Margaret mit einem Gespräch über Geographie aus ihrem Versteck unter dem Tisch hervorzulocken.

Am 19. April 1995 begannen die Dreharbeiten. Produzentin Lindsay Doran hatte eine illustre Auswahl der seinerzeit besten britischen Schauspieler um sich geschart: Neben der Drehbuchautorin Emma Thompson für den Part der Elinor Dashwood und der noch unbekannten Kate Winslet in der Rolle der Marianne Dashwood waren dies Alan Rickman, Hugh Grant, Harriet Walter, Hugh Laurie, Imelda Staunton und Robert Hardy. Die knapp drei Monate dauernden Dreharbeiten fanden in London und in verschiedenen Herrenhäusern im Westen Englands, beispielsweise im Saltram House in Plympton bei Plymouth, statt.

Hintergrund

  • Das Sonett von William Shakespeare, das während des Films zitiert wird, ist das „Sonett Nr. 116“. Weitere Gedichte, die im Film Erwähnung finden, sind „The Castaway“ von William Cowper, ein Sonett von Hartley Coleridge sowie ein wenig von „Book V canto ii verse 39“ von Edmund Spensers „The Faerie Queene“.
  • Colonel Brandons Vorname wird in Jane Austens Roman nie erwähnt. Der Name „Christopher“, mit dem er den Begleitbrief für sein Geschenk an Marianne, ein Pianoforte, unterschreibt, ist eine Erfindung für den Film, genauso wie das Geschenk selbst; denn im Roman ist Mariannes Klavier neben Porzellan und Tafelsilber der wertvollste Haushaltsgegenstand, den die Dashwoods aus Norland nach Barton mitbringen. Es müsste ihr also niemand ein neues Instrument schenken.
  • Bevor ihm das Filmstudio Columbia Pictures Emma Thompsons Drehbuch schickte, hatte Regisseur Ang Lee Jane Austens Roman noch nie gelesen.
  • Ursprünglich sollte der britische Schauspieler und Regisseur Kenneth Branagh an dem Projekt mitwirken (das Paar Thompson/Branagh trennte sich jedoch gerade zu der Zeit).
  • Nur die bei den Dreharbeiten neunzehnjährige Kate Winslet entsprach ungefähr dem Alter der laut Roman siebzehnjährigen Marianne. Die übrigen Darsteller übertrafen das Alter der entsprechenden Romanfiguren zum Teil um mehrere Jahrzehnte: Die eigentlich neunzehnjährige Elinor wurde von der vierunddreißigjährigen Emma Thompson gespielt, Alan Rickman war statt Mitte dreißig bereits neunundvierzig, und der siebzigjährige Robert Hardy stellte einen Sir John Middleton dar, der laut Roman vierzig Jahre und damit ebenso alt wie Elinors Mutter (im Film von der dreiundfünfzigjährigen Gemma Jones dargestellt) ist. Imogen Stubbs und Imelda Staunton verkörperten mit Mitte bzw. Ende dreißig Figuren, die laut Romanhandlung erst Anfang zwanzig sind.

Kritik

„Brillant und amüsant. Ein herrlicher, romantischer Genuss für alle Liebenden.“

Jamie Bernard: „New York Daily News“

„Ein mit grandiosen Landschaftsaufnahmen und glanzvollen schauspielerischen Leistungen aufwartender Film.“

„Film-dienst“

„Humorvolles Drama über zwei Schwestern, die aus dem englischen Standesdünkel im 19. Jahrhunderts ausbrechen wollen.“

„DVD & Video Report“

„Regisseur Ang Lee, der mit der eleganten Satire Das Hochzeitsbankett das westliche Publikum im Sturm gewann, erweist sich in Sinn und Sinnlichkeit als Meister der Charakterzeichnung, der mit viel Humor die versteckten Gefühle seiner Protagonisten aufdeckt. Emma Thompson (Carrington), die auch das Drehbuch verfaßte, überzeugt als vernunftbetonte Elinor, während die schöne Kate Winslet wie eine geborene Romantikerin anmutet. Ein köstlicher Kostümfilm für Freunde der gehobenen Unterhaltung.“

„VideoWoche“

„Ein delikater, visuell eindrucksvoller Ausflug ins Revier James Ivorys, der sich mühelos mit dessen besten Arbeiten messen kann.“

„Blickpunkt: Film“

Auszeichnungen

1996 galt Sinn und Sinnlichkeit mit sieben Nominierungen als einer der großen Favoriten für die Oscar-Verleihung, nachdem das Werk zuvor mit dem Golden Globe Award und dem British Academy Film Award als bestes Drama bzw. Film des Jahres ausgezeichnet worden war. Bei den Academy Awards unterlag Ang Lees Drama in den wichtigen Kategorien jedoch Mel Gibsons Historienepos Braveheart, das mit fünf Oscars ausgezeichnet wurde, darunter auch in den Kategorien Bester Film und Beste Regie. Lediglich Emma Thompson gewann den Oscar für ihre Drehbuchadaption des Jane-Austen-Romans.

Das British Film Institute wählte Sinn und Sinnlichkeit im Jahre 1999 auf Platz 62 der besten britischen Filme des 20. Jahrhunderts.

Oscar 1996

  • Bestes adaptiertes Drehbuch

Zudem nominiert in den Kategorien

  • Bester Film
  • Beste Hauptdarstellerin (Emma Thompson)
  • Beste Nebendarstellerin (Kate Winslet)
  • Beste Kamera
  • Beste Filmmusik
  • Beste Kostüme

British Academy Film Awards 1996

  • Bester Film
  • Beste Hauptdarstellerin (Emma Thompson)
  • Beste Nebendarstellerin (Kate Winslet)

Nominiert in den Kategorien

  • Beste Regie
  • Bester Nebendarsteller (Alan Rickman)
  • Beste Nebendarstellerin (Elizabeth Spriggs)
  • Bestes adaptiertes Drehbuch
  • Beste Musik
  • Beste Kamera
  • Beste Ausstattung
  • Beste Kostüme
  • Bestes Make-Up/Haarstyling

Golden Globe 1996

  • Bester Film – Drama
  • Bestes adaptiertes Drehbuch

Nominiert in den Kategorien

  • Beste Regie
  • Beste Hauptdarstellerin – Drama (Emma Thompson)
  • Beste Nebendarstellerin (Kate Winslet)
  • Beste Filmmusik

Weitere

Berlinale 1996

Die Deutsche Film- und Medienbewertung FBW in Wiesbaden verlieh dem Film das Prädikat wertvoll.

Literatur

  • Jane Austen: Verstand und Gefühl. Roman (Originaltitel: Sense and Sensibility). Deutsch von Ursula und Christian Grawe. Nachwort und Anmerkungen von Christian Grawe. Reclam, Leipzig 2001, 410 S., ISBN 3-379-01733-7
  • Jane Austen: Sense and Sensibility (Dover Thrift Editions), 1996 Dover Publications, ISBN 0-486-29049-2 (engl. Ausgabe)
  • Emma Thompson: The Sense and sensibility screenplay & diaries: bringing Jane Austen's novel to film. New York: Newmarket Press, 1995. ISBN 1-55704-260-8 (engl. Ausgabe)
  • Martina Anzinger: Gainsborough pictures reframed or: raising Jane Austen for 1990s film. A film historic and film analytical study of the 1995 films „Sense and sensibility“ and „Persuasion“. European university studies, Series 14, Anglo-Saxon language and literature, Vol. 397. Lang, Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Brüssel, New York, Oxford und Wien 2003, 234 S., [ Diplomarbeit, 2001], ISBN 3-631-50199-4 oder ISBN 0-8204-6053-2

Weblinks