„Niederkalifornien-Erdbeben von 2010“ – Versionsunterschied

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Das Epizentrum des Bebens liegt in [[jungpleistozän]]em und [[holozän]]em [[Alluvialboden|Alluvium]] am Südwestrand der Salton-Senke und ist der Sierra de Los Cucapah und der Sierra el Mayor etwa 5 Kilometer östlich vorgelagert. Das Hypozentrum befindet sich wahrscheinlich in kristallinen Gesteinen des [[Grundgebirge]]s. In Südostrichtung wechselt die Bruchzone nach etwa 15 Kilometern in die Deltasedimente des Colorado Rivers. Sie hält sich hierbei an den Nordostrand des Deltas. Die wassergesättigten Deltasedimente erlitten in einem rund 25 Kilometer breiten Streifen durch die Schockwellen des Bebens eine sehr starke [[Liquefaktion]]. Diese ereignete sich auch um das Epizentrum und am Nordostrand des [[Laguna-Salada-Becken]]s.
Das Epizentrum des Bebens liegt in [[jungpleistozän]]em und [[holozän]]em [[Alluvialboden|Alluvium]] am Südwestrand der Salton-Senke und ist der Sierra de Los Cucapah und der Sierra el Mayor etwa 5 Kilometer östlich vorgelagert. Das Hypozentrum befindet sich wahrscheinlich in kristallinen Gesteinen des [[Grundgebirge]]s. In Südostrichtung wechselt die Bruchzone nach etwa 15 Kilometern in die Deltasedimente des Colorado Rivers. Sie hält sich hierbei an den Nordostrand des Deltas. Die wassergesättigten Deltasedimente erlitten in einem rund 25 Kilometer breiten Streifen durch die Schockwellen des Bebens eine sehr starke [[Liquefaktion]]. Diese ereignete sich auch um das Epizentrum und am Nordostrand des [[Laguna-Salada-Becken]]s.


Nach Nordwesten durchquerte der Bruch die Sierra de Los Cucapah. Diese baut sich überwiegend aus plutonischen Gesteinen auf – mittel- bis grobkörnige [[Granit|Granitoide]] aus dem [[Jura (Geologie)|Jura]] und der [[Kreide (Geologie)|Kreidezeit]] ([[Tonalit]]e und melanokratische [[Granodiorit]]e).<ref>{{Literatur |Autor=G. A. Ostermeijer, T. M. Mitchell, F. M. Aben, M. T. Dorsey, M. J. Browning, T. K. Rockwell, J. M. Fletcher und F. Ostermeijer|Titel=Damage zone heterogeneity on seismogenic faults in crystalline rock; a field study of the Borrego Fault, Baja California|Sammelwerk=Journal of Structural Geology|Datum=2020|DOI=10.1016/j.jsg.2020.104016}}</ref> Die Granitoide waren in Metasedimente (vorwiegend [[Gneis]]e und [[Marmor]]e) des [[Paläozoikum]]s und [[Mesozoikum]]s eingedrungen, die als Abdeckung nur am Nordwestende der Sierra von der Borrego-Verwerfung durchschlagen werden. Das Alter der Metasedimente ist nicht gesichert, es wird vom Zeitraum [[Perm (Geologie)|Perm]] bis Jura ausgegangen. Ihr [[Metamorphose (Geologie)|Metamorphosegrad]] erreichte die [[Amphibolit-Fazies]] (mit [[Cordierit]]). Konkordant eingedrungene Hornblende-Biotit-Tonalite lieferten Alter von 160 bis 125 Millionen Jahren ([[Oberjura]] bis [[Unterkreide]]). Die Tonalite werden ihrerseits im [[Cenomanium]] von rund 100 Millionen Jahre alten Biotit-Granodioriten intrudiert. In der [[Oberkreide]] wurde die Sierra herausgehoben. Auf das angehobene Grundgebirge legten sich im mittleren [[Miozän]] ([[Langhium]]) [[Vulkanit]]e ([[Andesit]]e und [[dazit]]ische vulkanische Brekzien), die mittels [[Biotit]] auf 15,3 Millionen Jahre datiert wurden. [[Fanglomerat]]e verzahnen sich sodann mit den Vulkaniten und überlagern diese. Im oberen [[Pliozän]] folgen marine Ton- und Sandsteine der [[Imperial-Formation]] aus der Salton-Senke. Im [[Altpleistozän]] lagerten sich vor 2 Millionen Jahren Deltasedimente der [[Palm-Spring-Formation]] ab. Den Abschluss bilden [[Konglomerat (Gestein)|Konglomerate]] der [[Canebrake-Formation]].
Nach Nordwesten durchquerte der Bruch die Sierra de Los Cucapah. Dieses herausgehobene Grundgebirgsmassiv überragt seine Umgebung etwas mehr als 1000 Meter und baut sich überwiegend aus plutonischen Gesteinen auf – mittel- bis grobkörnige [[Granit|Granitoide]] aus dem [[Jura (Geologie)|Jura]] und der [[Kreide (Geologie)|Kreidezeit]] ([[Tonalit]]gneise [[La-Puerta-Tonalit]] – und [[Granodiorit]]e – [[Cucapah-Granodiorit]]).<ref>{{Literatur |Autor=G. A. Ostermeijer, T. M. Mitchell, F. M. Aben, M. T. Dorsey, M. J. Browning, T. K. Rockwell, J. M. Fletcher und F. Ostermeijer|Titel=Damage zone heterogeneity on seismogenic faults in crystalline rock; a field study of the Borrego Fault, Baja California|Sammelwerk=Journal of Structural Geology|Datum=2020|DOI=10.1016/j.jsg.2020.104016}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=G. J. Axen, D. F. Stockli, M. Grove, O. M. Lovera, D. A. Rothstein, J. M. Fletcher und K. A. Farley|Titel=Thermal evolution of Monte Blanco dome: Low-angle normal faulting during Gulf of California rifting and late Eocene denudation of the eastern Peninsular Ranges|Sammelwerk=Tectonics|Band=v. 19|Seiten=197–212|DOI=10.1029/1999TC001123}}</ref> Die Granitoide waren in Metasedimente (vorwiegend [[Gneis]]e und [[Marmor]]e) des [[Paläozoikum]]s und [[Mesozoikum]]s) eingedrungen, die als Abdeckung nur am Nordwestende der Sierra von der Borrego-Verwerfung durchschlagen werden. Die Sierra wird von 4.000 Meter mächtigen Riftbodensedimenten umgeben, deren Alter vom oberen Miozän bis in die Moderne reicht.<ref>{{Literatur |Autor=J. J. Chanes-Martínez, M. González-Escobar, F. Suárez-Vidal und C. G. Gallardo-Mata|Titel=Structural geometry of a sector of the Colorado river delta, Baja California, Mexico, based on seismic reflections|Sammelwerk=Pure and Applied Geophysics|Band=v. 171|Seiten=1107–1127|Datum=2014|DOI=10.1007/s00024-013-0729-z}}</ref>
Das Alter der Metasedimente ist nicht gesichert, es wird vom Zeitraum [[Perm (Geologie)|Perm]] bis Jura ausgegangen. Ihr [[Metamorphose (Geologie)|Metamorphosegrad]] erreichte die obere [[Amphibolit-Fazies]] (mit [[Cordierit]]). Konkordant eingedrungene Hornblende-Biotit-Tonalite lieferten Alter von 160 bis 125 Millionen Jahren ([[Oberjura]] bis [[Unterkreide]]). Die Tonalite werden ihrerseits im [[Cenomanium]] von rund 100 Millionen Jahre alten Biotit-Granodioriten (mit melanokratischer Fazies) intrudiert. In der [[Oberkreide]] wurde die Sierra herausgehoben. Auf das angehobene Grundgebirge legten sich im mittleren [[Miozän]] ([[Langhium]]) [[Vulkanit]]e ([[Progreso-Vulkanite]] – [[Andesit]]e und [[dazit]]ische vulkanische Brekzien), die mittels [[Biotit]] auf 15,3 Millionen Jahre datiert wurden. [[Fanglomerat]]e verzahnen sich sodann mit den Vulkaniten und überlagern diese. Im oberen [[Pliozän]] folgen marine Ton- und Sandsteine der [[Imperial-Formation]] aus der Salton-Senke. Im [[Altpleistozän]] lagerten sich vor 2 Millionen Jahren Deltasedimente der [[Palm-Spring-Formation]] ab. Den Abschluss bilden [[Konglomerat (Gestein)|Konglomerate]] der [[Canebrake-Formation]].


Der Bruch endet dann in [[Quartär (Geologie)|quartären]] Sanden der Yuha-Wüste (bzw. des Yuha-Beckens).
Der Bruch endet dann in [[Quartär (Geologie)|quartären]] Sanden der Yuha-Wüste (bzw. des Yuha-Beckens).
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== Literatur ==
== Literatur ==
* {{Literatur |Autor=Frederick L. Barnard|Titel=Structural geology of the Sierra de los Cucapas, Northern Baja California, Mexico, and Imperial County, California|Sammelwerk=Doktorarbeit|Verlag=University of Colorado|Datum=1968}}
* {{Literatur |Autor=Frederick L. Barnard|Titel=Structural geology of the Sierra de los Cucapas, Northern Baja California, Mexico, and Imperial County, California|Sammelwerk=Doktorarbeit|Verlag=University of Colorado|Ort=Boulder, Colorado|Seiten=157|Datum=1968}}
* {{Literatur |Autor=John M. Fletcher und Kollegen|Titel=Assembly of a large earthquake from a complex fault system: Surface rupture kinematics of the April 4, 2010 El Mayor–Cucapah Mw7.2 earthquake|Sammelwerk=Geosphere|Band=v. 10|Seiten=797–827|Datum=2014|DOI=10.1130/GES00933.1}}
* {{Literatur |Autor=John M. Fletcher und Kollegen|Titel=Assembly of a large earthquake from a complex fault system: Surface rupture kinematics of the April 4, 2010 El Mayor–Cucapah Mw7.2 earthquake|Sammelwerk=Geosphere|Band=v. 10|Seiten=797–827|Datum=2014|DOI=10.1130/GES00933.1}}
* {{Literatur |Autor=M. E. Oskin und Kollegen|Titel=Near-field deformation from the El Mayor–Cucapah earthquake revealed by differential LIDAR|Sammelwerk=Science|Band=v. 335, no. 6069|Seiten=702–705|Datum=2012|DOI=10.1126/science.1213778}}
* {{Literatur |Autor=M. E. Oskin und Kollegen|Titel=Near-field deformation from the El Mayor–Cucapah earthquake revealed by differential LIDAR|Sammelwerk=Science|Band=v. 335, no. 6069|Seiten=702–705|Datum=2012|DOI=10.1126/science.1213778}}
* {{Literatur |Autor=O. J. Teran und Kollegen|Titel=Geologic and structural controls on rupture zone fabric: A field-based study of the 2010 Mw 7.2 El Mayor-Cucapah earthquake surface rupture|Sammelwerk=Geosphere|Band=v. 11|Seiten=899–920|Datum=2015|DOI=10.1130/GES01078.1}}


== Belege ==
== Belege ==

Version vom 17. Juli 2023, 18:54 Uhr

Niederkalifornien-Erdbeben von 2010
Niederkalifornien-Erdbeben von 2010 (Baja California)
Niederkalifornien-Erdbeben von 2010 (Baja California)
Datum 4. April 2010
Uhrzeit 22:40:41 UTC
Intensität IX auf der MM-Skala
Magnitude 7,2 MW
Tiefe 10 km
Epizentrum 32° 7′ 41″ N, 115° 18′ 11″ WKoordinaten: 32° 7′ 41″ N, 115° 18′ 11″ W
(60 km SSO von Mexicali)
Land Mexiko, Vereinigte Staaten
Betroffene Orte

Mexicali

Tote >2
Verletzte >100

Das Niederkalifornien-Erdbeben von 2010 war ein schweres Erdbeben, das sich am 4. April 2010 um 22:40:41 Uhr UTC (15:40:41 Uhr Ortszeit) unweit der mexikanischen Stadt Guadalupe Victoria ereignete. Es erreichte auf der Momenten-Magnituden-Skala eine Stärke von MW = 7,2 und auf der Mercalliskala wurde die Stufe VIII (schwer) registriert.

Hergang

Das Niederkalifornien-Erdbeben von 2010, englisch 2010 Baja California earthquake oder 2010 El Mayor – Cucapah earthquake, wurde am Ostersonntag den 4. April 2010 um 15:40:41 Uhr Pacific Daylight Time bzw. um 22:40:41 Uhr UTC instrumentell erfasst. Sein Epizentrum lag in Niederkalifornien 18 Kilometer westsüdwestlich von Guadalupe Victoria, etwa 45 Kilometer südlich der amerikanisch-mexikanischen Grenze. Die Koordinaten des Epizentrums sind 32,259° nördliche Breite und 115,287° westliche Länge. Das Hypozentrum des Erdbebens befand sich nach Angaben des United States Geological Survey 47 km süd-südöstlich von Mexicali, 51 Kilometer süd-südöstlich von Calexico, 167 km ost-südöstlich von Tijuana und 180 Kilometer südöstlich von San Diego in rund 10 km Tiefe.

Ausgehend vom Epizentrum waren etwa 120 Kilometer beidseitig in sowohl nordwestlicher Richtung bis an die amerikanische Grenze und südöstlich bis an die Nordspitze des Golfs von Kalifornien eingerissen. Hierbei handelt es sich um eine komplexe Störungszone, die zwei geomorphologisch und strukturell sehr unterschiedliche Terrane durchläuft. Mehrere nicht durchgehende Stränge wurden benutzt und auch ältere, bereits gerissene Verwerfungen wiederverwendet.

Die Erschütterungen des Hauptbebens vom 4. April waren in ganz Niederkalifornien, im Südwesten der Vereinigten Staaten und im Nordwesten von Mexiko deutlich spürbar.

Vor- und Nachbeben

Ausgelöste Beben unmittelbar nach dem Hauptbeben

Die Region war ein Jahr vor dem Hauptbeben (mit Mw=7,2) seismisch verstärkt aktiv; seit dem 1. April ereigneten sich mehrere leichte Erdbeben, die eine Stärke zwischen 3 und 4 auf der Momenten-Magnituden-Skala erreichten.[1][2]

Innerhalb der ersten sechs Stunden wurden im Norden Niederkaliforniens und in Südkalifornien mehr als 90 Nachbeben registriert – mit einer Magnitude von mindestens 3,0.[3] Eines von ihnen erzielte 5,2 Mw,[4] ein weiteres 5,4 Mw[5] und eines 5,1 Mw[6] – alle innerhalb von 60 Minuten nach dem Hauptbeben.

Seismologische Parameter

Das Erdbeben erlangte eine Stärke von MW = 7,2 und eine maximale Intensität auf der Mercalliskala generell von VII (sehr stark), lokal aber auch IX (verwüstend). Die stärksten Auswirkungen erreichten die Stufe VIII (schwer) in Progreso. In Calexico, Imperial, El Centro, Heber und in Guadalupe Victoria konnte der Wert VII anhand baulicher Schäden ermittelt werden. Intensitätswerte von VI (stark) fanden sich in Ocotillo, Calipatria, Brawley, Holtville und in San Luis Río Colorado.[7]

Die Erschütterungen des Hauptbebens dauerten insgesamt 89 Sekunden. Die Herdtiefe wird generell mit 10 Kilometer angegeben. Als maximale Beschleunigung wurde 0,58 m/s2 erzielt – das 0,059-fache der Erdbeschleunigung. Die Spitzenverschiebungsgeschwindigkeit betrug 0,61 m/s.

Die Herdflächenlösung ergab eine vertikale, rechtsverschiebende, Südost-streichende (N 137) Herdfläche mit horizontalem Versatz. Die Stärke des Bebens konnte hiermit auf MW = 7,17 näher eingeengt werden. Das Seismische Moment wurde mit 7,2 × 1019 Nm bestimmt.

Der höchste Versatz wurde an der Borrego-Verwerfung gemessen – der rechtsseitige Seitenversatz betrug hier 3,1 Meter an einer nahezu vertikalen Verwerfung. Hinzu kamen 2,0 Meter an Abschiebung nach Osten – was eine Schrägabschiebungskomponente von nahezu 4 Meter ergab.[8]

Verwerfungsverlauf

Das Bruchgeschehen erfolgte ausgehend vom Hypozentrum sowohl in Südost- als auch in Nordwest-Richtung.[9] Der südöstliche Ast bildet eine südwestwärts geneigte Bruchzone, die durch die Deltasedimente des Colorado Rivers schneidet. Hierbei kam es zu Liquefaktionen entlang der Indiviso-Verwerfung.[10] Einzelne Bruchstränge unterscheiden sich zum Teil deutlich in ihrer Richtung und halten oft nicht mehr als wenige hundert Meter in ihrem Streichen aus. Die Bruchzone verlässt hierbei zusehends die Sierra El Mayor nach Südosten. Der nordwestliche Ast propagierte rund 55 Kilometer durch einen nach Osten einfallenden Verwerfungsstapel in der Sierra de Los Cucapah. Der Oberflächenriss erfolgte hier an der Laguna-Salada-, an der Pescadores- und an der Borrego-Verwerfung. Auf den ersten 20 Kilometern folgt die Ruptur der Laguna-Salada- und der Pescadores-Verwerfung. Hier wurde ein maximaler dextraler Seitenversatz von 2,50 Meter erzielt. Der Höhenversatz ist variabel und ändert seine Polartät entlang der Laguna-Salada-Verwerfung. Mit Erreichen der Pescadores-Verwerfung erfolgt dann generell ein Abschieben nach Osten mit maximalen Versätzen von 1,50 Meter. Der Bruch endet im Hochland der Sierra Cucapah und springt dann nahezu 10 Kilometer nach Süden und bildet so einen linken Übertritt zur Borrego-Verwerfung. Gleichzeitig ereignete sich ein erneuter Bruch (mit 10 bis 30 Zentimeter Höhenversatz) am Nordende der Laguna-Salada-Verwerfung, die bereits 1892 eingerissen war. Die Laguna-Salada-Verwerfung verläuft hier parallel zur Borrego-Verwerfung. Der zentrale Abschnitt der Borrego-Verwerfung wird sodann an einer Segmentgrenze von einer flachen Detachment Fault betroffen. Hier spaltet sich der Bruch auf, wobei ein Ast dem Detachment in mehr westlicher Richtung folgt. Auf den nächsten 6 Kilometern erfolgt ein erneuter linker Übertritt in einer 2 Kilometer breiten Zone. Schließlich konsolidiert sich die Bruchlinie entlang der Paso-Superior-Verwerfung, zieht noch 10 Kilometer weiter nach Nordwesten und endet dann am Südrand der Yuha-Wüste in sich überkreuzenden Verwerfungen mit sehr geringem Versatz (weniger als 10 Zentimeter).[11] Die Bruchlinie des Bebens stellt sehr wahrscheinlich die unmittelbare Fortsetzung der Elsinore-Verwerfung nach Südosten dar.

Die Komplexität des beobachteten Bruchverhaltens lässt sich teilweise auf den Einfluss der Detachments zurückführen. Diese erlauben der Bruchfront, sich in Oberflächennähe zu verbreitern. Das so entstandene Netzwerk von miteinander verwobenen, sowohl steilstehenden als auch flachliegenden Verwerfungen ist ein Ausdruck der dreidimensionalen Verformungen, die aus den transtensionellen Scherbewegungen der Plattenrandlage resultieren.

Geologie

Das Epizentrum des Bebens liegt in jungpleistozänem und holozänem Alluvium am Südwestrand der Salton-Senke und ist der Sierra de Los Cucapah und der Sierra el Mayor etwa 5 Kilometer östlich vorgelagert. Das Hypozentrum befindet sich wahrscheinlich in kristallinen Gesteinen des Grundgebirges. In Südostrichtung wechselt die Bruchzone nach etwa 15 Kilometern in die Deltasedimente des Colorado Rivers. Sie hält sich hierbei an den Nordostrand des Deltas. Die wassergesättigten Deltasedimente erlitten in einem rund 25 Kilometer breiten Streifen durch die Schockwellen des Bebens eine sehr starke Liquefaktion. Diese ereignete sich auch um das Epizentrum und am Nordostrand des Laguna-Salada-Beckens.

Nach Nordwesten durchquerte der Bruch die Sierra de Los Cucapah. Dieses herausgehobene Grundgebirgsmassiv überragt seine Umgebung etwas mehr als 1000 Meter und baut sich überwiegend aus plutonischen Gesteinen auf – mittel- bis grobkörnige Granitoide aus dem Jura und der Kreidezeit (TonalitgneiseLa-Puerta-Tonalit – und GranodioriteCucapah-Granodiorit).[12][13] Die Granitoide waren in Metasedimente (vorwiegend Gneise und Marmore) des Paläozoikums und Mesozoikums) eingedrungen, die als Abdeckung nur am Nordwestende der Sierra von der Borrego-Verwerfung durchschlagen werden. Die Sierra wird von 4.000 Meter mächtigen Riftbodensedimenten umgeben, deren Alter vom oberen Miozän bis in die Moderne reicht.[14]

Das Alter der Metasedimente ist nicht gesichert, es wird vom Zeitraum Perm bis Jura ausgegangen. Ihr Metamorphosegrad erreichte die obere Amphibolit-Fazies (mit Cordierit). Konkordant eingedrungene Hornblende-Biotit-Tonalite lieferten Alter von 160 bis 125 Millionen Jahren (Oberjura bis Unterkreide). Die Tonalite werden ihrerseits im Cenomanium von rund 100 Millionen Jahre alten Biotit-Granodioriten (mit melanokratischer Fazies) intrudiert. In der Oberkreide wurde die Sierra herausgehoben. Auf das angehobene Grundgebirge legten sich im mittleren Miozän (Langhium) Vulkanite (Progreso-VulkaniteAndesite und dazitische vulkanische Brekzien), die mittels Biotit auf 15,3 Millionen Jahre datiert wurden. Fanglomerate verzahnen sich sodann mit den Vulkaniten und überlagern diese. Im oberen Pliozän folgen marine Ton- und Sandsteine der Imperial-Formation aus der Salton-Senke. Im Altpleistozän lagerten sich vor 2 Millionen Jahren Deltasedimente der Palm-Spring-Formation ab. Den Abschluss bilden Konglomerate der Canebrake-Formation.

Der Bruch endet dann in quartären Sanden der Yuha-Wüste (bzw. des Yuha-Beckens).

Tektonische Übersicht

Die Karte stellt die Intensität des Bebens in der Erdbebenregion dar.

Das Erdbeben vom 4. April 2010 mit der Magnitude 7,2 Mw ereignete sich etwa 45 km südlich der Grenze zwischen den Vereinigten Staaten und Mexiko im Norden der Halbinsel Niederkalifornien in geringer Tiefe an der Grenze zwischen der Nordamerikanischen und Pazifischen Platte. Dies ist ein Gebiet mit einem hohen Niveau an historischer seismischer Aktivität, das auch in jüngster Zeit seismisch aktiv war; dennoch war das Erdbeben das stärkste an dieser Stelle seit 1892 – dem Laguna-Salada-Erdbeben 1892. Es war stärker als das M-6.9-Erdbeben von 1940 und die weiteren Erdbebenereignisse in dieser Region Niederkaliforniens zu Beginn des 20. Jahrhunderts (beispielsweise 1915 und 1934).[15]

In der geographischen Breite des Erdbebens schiebt sich die Pazifische Platte in Hinsicht zur Nordamerikanischen Platte mit einer Geschwindigkeit von etwa 45 mm pro Jahr nach Nordwesten. Die Hauptplattengrenze im Norden Niederkaliforniens besteht aus einer Reihe von nach Nordwesten streichenden Blattverschiebungsverwerfungen, die von auseinanderstrebenden Becken voneinander getrennt werden. Diese Verwerfungen unterscheiden sich zu den allerdings parallel verlaufenden Fasern der San-Andreas-Verwerfung. Das Hauptbeben vom 4. April ereignete sich an einem Blattverschiebungssegment der Plattengrenze, die mit dem südöstlichen Abschnitt der Laguna-Salada-Verwerfung zusammenfällt. Zwar sind die Lage und der fokale Mechanismus des Erdbebens konsistent mit dem Schock an der Verwerfung, ein Reißen der Erdkruste an dieser Stelle ist jedoch noch nicht bestätigt. Die Nachbeben erstrecken sich beiderseits des Epizentrums entlang der Verwerfung. Die Zone der Nachbeben reicht von der Nordspitze des Golfes von Kalifornien bis zur mexikanisch-amerikanischen Grenze.

Erdbeben mit Magnituden von bis zu 7 wurden historisch in diesem Bereich der Plattengrenzen aufgezeichnet. Das Erdbeben von 1892 ereignete sich an der Laguna-Salada-Verwerfung, lag jedoch deutlich weiter nordwestlich. Das Imperial-Valley-Erdbeben 1940 erreichte die Magnitude 7 und hatte ein Zentrum weiter nördlich an der Imperial-Verwerfung. Beide Erdbeben gingen mit einer deutlichen Oberflächenverformung einher. Ein Ereignis mit der Magnitude M 7,0 oder 7,1 ereignete sich 1915 in dieser Region und ein Erdbeben mit der Magnitude M 7,0 bis 7,2 im Jahr 1934 brach die Cerro-Prieto-Verwerfung auf, wobei die Oberfläche um mehrere Meter versetzt wurde.

In der Umgebung des Erdbebens vom 4. April 2010 bestehen mehrere aktive Verwerfungen. Da in diesem Gebiet die unterseeische Plattengrenze im Golf von Niederkalifornien in die kontinentale Plattengrenze im Salton-Graben übergeht, ist die seismische Tätigkeit hier komplex. Die meisten der wichtigeren aktiven Verwerfungen laufen von Nordwesten nach Südosten und es handelt sich dabei um rechtsseitige Blattverschiebungen, die in der San-Andreas-Verwerfung und den parallel verlaufenden Verwerfungen bei Lake Elsinore und San Jacinto nördlich der Staatsgrenze üblich sind.[15]

Auswirkungen

Die meisten Schäden verursachte das Erdbeben in der Zwillingsstadt Mexicali-Calexico, die sich beiderseits der Grenze zwischen den Vereinigten Staaten und Mexiko erstreckt. In der fast eine Million Einwohner zählenden Stadt Mexicali barsten Gasleitungen, weswegen Brände ausbrachen. Unter den berichteten Schäden sind außerdem eingestürzte Gebäude, geknickte Straßenoberflächen sowie der Ausfall des Telefonnetzes und der Stromversorgung.[1] Das gesamte Tal von Mexicali bis hinunter zum Golf von Kalifornien war betroffen. Viele kleine Dörfer und landwirtschaftliche Betriebe erlitten wegen der Liquefaktion und der Bodenrisse starke Beschädigungen. Durch die Liquefaktion unterhalb der Oberfläche kam es teilweise zu bedeutenden Wasseraustritten. Risse durchzogen geteerte Straßen, Wasserkanäle wurden versetzt und brachen, Strommasten knickten ein und auch Wohnhäuser blieben nicht verschont. Insgesamt wurden 25.000 bis 35.000 Menschen aus der vom Erdbeben betroffenen Zone evakuiert.[16]

Die Gesamtschäden des Erdbebens werden mit 1,15 Milliarden US-Dollar beziffert.

Durch das Beben waren 4 Todesopfer zu beklagen, die Zahl der Verletzten wird mit 100 bis 233 angegeben.

Bedeutung

Das Niederkalifornien-Erdbeben von 2010 mit einer Stärke von MW = 7,2 erzeugte einen der kompliziertesten Oberflächenbrüche, der jemals entlang der Pazifisch-Nordamerikanischen Plattengrenze dokumentiert worden war.[17] Durchschnittlich konnten rund 2 Meter an dextralem Schrägversatz an mindestens 7 verschiedenen Verwerfungen identifiziert werden. Die betroffene Zone mit einer Streichrichtung von N 135 war rund 120 Kilometer lang und erstreckte sich von der amerikanisch-mexikanischen Grenze bis an den Golf von Kalifornien.[18]

Innerhalb der Plattengrenzregion ist das Niederkalifornien-Erdbeben die bedeutendste Erdbebenfolge seit dem Hector-Mine-Erdbeben 1999 und dem Landers-Erdbeben 1992. Mit diesen beiden Ereignissen hatte es mehrere seismotektonische Charakteristiken gemein.[19] So ereignete sich keine dieser drei Erdbebenfolgen direkt entlang der Plattengrenzen, definiert durch die San Andreas-Verwerfung, die Imperial-Verwerfung oder die Cerro-Prieto-Verwerfung. Zweitens waren bei ihnen mehrere Stränge mit dextraler Schrägabschiebung gerissen und ihre Nachbebensequenzen waren vergleichbar. Und drittens waren die Verwerfungen des Landers-Erdbebens von der San-Andreas-Verwerfung deutlich nach Osten abgesetzt, so wie auch die Verwerfungen des Niederkalifornien-Erdbebens mehr als 10 Kilometer westlich von der Cerro-Prieto-Verwerfung entfernt liegen. Diese Westwärtsdrift des Verwerfungsverlaufs geht konform mit einer westwärts wandernden Verformungskonzentration im Golf von Kalifornien.[20] Somit dehnt sich auch die Salton-Senke weiter nach Westen aus.

Siehe auch

Literatur

  • Frederick L. Barnard: Structural geology of the Sierra de los Cucapas, Northern Baja California, Mexico, and Imperial County, California. In: Doktorarbeit. University of Colorado, Boulder, Colorado 1968, S. 157.
  • John M. Fletcher und Kollegen: Assembly of a large earthquake from a complex fault system: Surface rupture kinematics of the April 4, 2010 El Mayor–Cucapah Mw7.2 earthquake. In: Geosphere. v. 10, 2014, S. 797–827, doi:10.1130/GES00933.1.
  • M. E. Oskin und Kollegen: Near-field deformation from the El Mayor–Cucapah earthquake revealed by differential LIDAR. In: Science. v. 335, no. 6069, 2012, S. 702–705, doi:10.1126/science.1213778.
  • O. J. Teran und Kollegen: Geologic and structural controls on rupture zone fabric: A field-based study of the 2010 Mw 7.2 El Mayor-Cucapah earthquake surface rupture. In: Geosphere. v. 11, 2015, S. 899–920, doi:10.1130/GES01078.1.

Belege

  1. a b Quake rolls across Baja, Los Angeles Times, 5. April 2010 (englisch). 
  2. Alicia Chang: Big Baja quake came from 'chaotic' fault system, San Jose Mercury News, 4. April 2010. Abgerufen am 5. April 2010 (englisch). 
  3. 90+ aftershocks in Mexico-California region after strong quake In: Digital Journal, 4. April 2010 
  4. Magnitude 5.2 - BAJA CALIFORNIA, MEXICO. In: United States Geological Survey. Archiviert vom Original am 9. April 2010; abgerufen am 4. Mai 2010.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/earthquake.usgs.gov
  5. Magnitude 5.4 - BAJA CALIFORNIA, MEXICO. In: United States Geological Survey. Archiviert vom Original am 9. April 2010; abgerufen am 4. Mai 2010.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/earthquake.usgs.gov
  6. Magnitude 5.1 - SONORA, MEXICO. In: United States Geological Survey. Archiviert vom Original am 9. April 2010; abgerufen am 4. Mai 2010.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/earthquake.usgs.gov
  7. PAGER - M 7.2 - 39.0 mi SSE of Calexico, CA. United States Geological Survey, 5. April 2010, archiviert vom Original am 8. April 2010; abgerufen am 5. April 2010 (englisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/earthquake.usgs.gov
  8. The Earthquake Engineering Research Institute (EERI): Learning from earthquakes The Mw 7.2 El Mayor Cucapah (Baja California) Earthquake of April 4, 2010. In: EERI Special Earthquake Report. 2010, S. 1–12.
  9. T. Uchide, H. Yao und P. M. Shearer: Spatio-temporal distribution of fault slip and high-frequency radiation of the 2010 El Mayor–Cucapah, Mexico earthquake. In: Journal of Geophysical Research. v. 118, 2013, S. 1546–1555, doi:10.1002/jgrb.50144.
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Weblinks

Commons: Niederkalifornien-Erdbeben von 2010 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien