Alphorn

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Alphorn-Konzert in Vals GR (2005)

Das Alphorn ist ein Blechblasinstrument. Diese Zuordnung ergibt sich (unabhängig vom verwendeten Material – meistens Holz, seltener Plexi) aus der Technik der Tonerzeugung und dem Mundstücktypus (Kessel- oder Trichtermundstück bzw. Kombinationen hieraus). Da es keine Möglichkeit hat, seine Rohrlänge flexibel zu verändern, ist das Alphorn an die Töne der Naturtonreihe gebunden (Zur Physik der Tonerzeugung siehe den Artikel Polsterpfeife) und ist somit ein Naturhorn. Es gilt als ein Nationalsymbol der Schweiz. Auch in Österreich und den bayerischen Alpen sind Alphörner verbreitet.

Beschreibung und Geschichte

Alphornbläser in Dießen am Ammersee (2004)

Das Alphorn gehört aufgrund seiner Anblastechnik instrumentenkundlich zu den Blechblasinstrumenten, obwohl es traditionell überwiegend aus Holz gefertigt wird. Es besitzt weder Klappen, Züge noch Ventile und ist daher bezüglich der zu spielenden Töne auf die Naturtonreihe beschränkt. Ein Alphorn kann man, je nach Landschaft, 5 bis 10 km weit hören. Lange Holztrompeten gibt es in vielen Kulturen und Ländern, z. B. in Tibet, den Pyrenäen und den Karpaten (Trembita genannt), oder bei den Kirgisen. In der Schweiz erfreut sich das Alphorn jedoch allgemeiner Beliebtheit. Der nach demselben Prinzip funktionierende Büchel und die Tiba sind weniger verbreitet.

Die erste bekannte schriftliche Erwähnung eines Alphorns in der Schweiz datiert auf 1527. Von damals stammt ein Eintrag in einem Rechnungsbuch des Klosters von St. Urban über „zwei Batzen an einen Walliser mit Alphorn“.

Im 18. Jahrhundert geriet das Alphorn fast in Vergessenheit, da die verarmten musizierenden Hirten in den Städten es im 17. Jahrhundert in Verruf brachten und es als Bettelhorn verspottet wurde. Doch die Romantik und die Touristen in den Schweizer Alpen (zuerst waren es vor allem die Engländer) brachten im 19. Jahrhundert die Folklore und auch das Alphorn zum Blühen. Heute gilt in der Schweiz das Alphorn und das Schweizer Taschenmesser neben Käse und Schokolade als das Nationalsymbol. Die ersten Hirtenfeste (Unspunnenfeste) mit Alphorn-Musik fanden 1805 und 1808 statt.

Heutige Verbreitung und Verwendung

49. Allgäuer Alphornbläsertreffen 2007 in Engetried

Der Eidgenössische Jodlerverband zählt an die 1800 organisierte Alphornbläser in der Schweiz und in der ganzen Welt zu seinen Mitgliedern. In Deutschland gibt es zahlreiche Alphornbläser, die sich auch zu internationalen Treffen zusammenfinden und dort als Solisten, Ensembles oder auch in Massenchören auftreten, wie beispielsweise beim jährlichen Allgäuer Alphornbläsertreffen[1] oder beim Landestreffen der baden-württembergischen Alphornbläser.[2] In Österreich gibt es unter anderem das Alphornfestival in Baad im Kleinwalsertal.[3]

Im jetzt französischen Munster (Elsass), dessen Geschichte von den Zuwanderern aus den Alpenländern nach dem Dreißigjährigen Krieg geprägt wurde, hat sich das Alphorn-Spielen unter den Sennern auf den vogesischen Gipfeln seit zwei Jahrhunderten eingebürgert. Obwohl diese Tradition[4] erst am Anfang des 19. Jahrhunderts schriftlich belegt ist, besteht kein Zweifel daran, dass die Herstellung und Anwendung des Alphorns durch Münsterer Sennhirten auf den vogesischen Almen auf die Schweizer oder Tiroler Einwanderung[5] in das verwüstete Tal zurückzuführen sind. Es bedurfte einiger Jahrhunderte, bis dieses eingeführte Wissen sich dauerhaft im Fecht-Tal etablierte und so weit entwickelte, dass eine lokale Produktion auch mit anderen Materialien wie Glas oder Weißblech[6] anfing.

Detail eines Alphorns mit folkloristischer Bemalung

Es gibt wenige klassische Kompositionen für Alphorn, die bekanntesten davon sind die Sinfonia pastorella für Alphorn und Streicher in G-Dur von Leopold Mozart sowie die Parthia auf Bauerninstrumenten von Jiří Družecký (Georg Druschetzky). Neuere Werke sind das Concertino Rustico des ungarischen Komponisten Ferenc Farkas sowie das Konzert für Alphorn und Orchester und Dialog mit der Natur für Alphorn, Piccolo und Orchester des Schweizer Dirigenten und Komponisten Jean Daetwyler. 1996 entstand das Concertino für Alphorn in F und Streicher von Franz Kanefzky. Im Jahre 2004 entstand im Auftrag des Menuhin Festivals in Gstaad das Concerto for Alphorn and Orchestra des Schweizer Komponisten Daniel Schnyder, das von Arkady Shilkloper uraufgeführt wurde. Es verwendet ein konventionelles, klassisches Sinfonieorchester, zieht jedoch einen dreifach zu besetzenden Schlagzeugpart und Synthesizer hinzu. Stilistisch kann man es als Crossover zwischen Jazz und Klassik bezeichnen. 2014 wurde als Kompositionsauftrag der musica viva das concerto grosso Nr. 1 für 4 Alphörner und Orchester von Georg Friedrich Haas uraufgeführt, das mit Obertonreihen und Mikrotonalität arbeitet.[7]

Vereinzelt wird das Alphorn auch rein im Jazz verwendet. Die Gruppe Kerberbrothers Alpenfusion setzt das Instrument in den Stücken Alphornblues und Geierwalli, beide 1998 auf CD veröffentlicht, ein. Auch der Jazztrompeter und Komponist Matthias Schriefl benutzt teilweise mehrere Alphörner in verschiedenen Tonarten bei seiner Band 6, Alps and Jazz.

Die Behauptung, dass Hirten früher ihre Hörner vorwiegend als Signalhörner benutzten, ist falsch. Die Ortung des Horns wäre in einem mit Bergen umgebenen Gebiet beinahe unmöglich, da der Schall von den Wänden reflektiert werden würde. Der Schall wäre somit mehrfach und von verschiedenen Seiten hörbar (Echo).

Fertigung

Die Technik der Rohrherstellung aus Holz ist uralt, bis in die jüngste Zeit wurden sogar Wasserleitungen so oder ähnlich hergestellt.

Heute gibt es einige spezialisierte Instrumentenbauer, die aus geeigneten Holzstämmen ein Alphorn herstellen. Seine unten abgebogene Form stammte ursprünglich von der am Hang und somit krumm gewachsenen Fichte, die geschält und der Länge nach halbiert wird. Schon seit längerem wird dieser gebogene Teil nicht mehr verwendet und die Form des Bechers hängt nicht mehr von der natürlichen Krümmung ab, sondern ist standardisiert: In der Schweiz unterscheidet man die Berner Form – größerer Bogen – von der Luzerner oder Innerschweizer Form, mit etwas engerer Schallbecherkrümmung. Das anschließende Aushöhlen der beiden Hälften auf eine Wanddicke von 6 bis 8 Millimeter ist eine über siebzig Stunden dauernde Handarbeit. Eine anschließende Umwicklung aus Peddigrohr (früher Rindenblätter, Holzstreifen oder Wurzeln) dient als Wetterschutz und ein (zumeist) hölzernes Mundstück als Mittel zur Tonerzeugung, wie bei Blechblasinstrumenten üblich. Der Preis für ein solches Instrument liegt bei etwa 1200 bis 3300 Euro (Stand: 2013).

Stimmung

Folgende Stimmungen werden heute gebaut:

Stimmung (Grundton) Länge tiefster Ton
Es 4,05 m Es1
E 3,89 m E1
F 3,68 m F1
Fis/Ges 3,47 m Fis1/Ges1
G 3,27 m G1
Gis/As 3,09 m Gis1/As1
B 2,75 m B1
C 2,45 m C

In der Schweiz ist das Fis/Ges-Alphorn am weitesten verbreitet, in Deutschland das F-Alphorn. In der üblichen Ausführung kann man Alphörner heute in drei Teile zerlegen.

Das längste Alphorn

Das längste Alphorn der Welt hat eine Länge von 47 Metern.[8] Diesen Weltrekord hält der Alphornbauer Josef Stocker aus Kriens zusammen mit dem US-Amerikaner Peter Wutherich, wobei zum endgültigen Entscheid auch um den Durchmesser des Bechers (engl.: bell) gerungen wurde.[9] Nach Angaben von Josef Stocker ist dieses Alphorn nicht bespielbar. Wenn jedoch beim Zusammenbau nicht alle Teile verwendet werden, dann entsteht mit einer Länge von 14 Metern das längste bespielbare Alphorn. Dieses hat 64 Töne gegenüber den 16 Tönen eines „normalen“ Alphorns.[10]

Das längste an einem Stück gefertigte Alphorn mit 20,67 Metern, eingetragen ins Guinness-Buch der Rekorde, stammt aus der Werkstatt von Alois Biermaier in Bischofswiesen (Oberbayern) und kann dort besichtigt werden.

Weiterentwicklungen und Varianten

Heute werden vereinzelt Alphörner aus mit Glas- oder Kohlenstofffasern verstärktem Kunststoff, aber auch aus Acrylglas gefertigt. Sie sind nicht mehr als ein knappes Kilogramm schwer und kosten ca. 2.500 Euro. Klanglich ist solch ein modernes Alphorn den Holzhörnern deutlich unterlegen. Versuchsweise wurden auch Instrumente mit Klappen oder einer Ventilmaschine (Wirkung der Ventile wie bei einer Trompete) gebaut, um den Tonumfang auf eine diatonische Tonleiter (Klappen) oder eine chromatische Tonleiter (Ventilmaschine) zu erweitern.[11]

Orgelregister „Alphorn“

In Orgeln findet man gelegentlich das Register Alphorn. Der spezielle Klang des Alphorns wird bei diesen Orgeln durch eine Orgelpfeife (meist aus Holz) imitiert, zu finden ist zum Beispiel in der Schwalbennestorgel von 1977 im Ulmer Münster als 16′-Register im Hauptwerk.

Film

Der derzeit einzige Film über das Alphorn in Spielfilmlänge stammt von Stefan Schwietert und heißt Musik der Alpen – Das Alphorn. Er hat eine Spielzeit von 76 Minuten und ist auch als DVD erhältlich. Er behandelt die Ursprünge des Instruments und leitet über zu moderner Auffassung über das Alphornmusizieren – sozusagen vom Jodlerverband bis zum Jazz.

Musik

Eliana Burki spielt Alphorn beim Bardentreffen in Nürnberg (2009)

Schweizer Protagonisten im Bereich der alpinen Weltmusik sind Hans Kennel, Eliana Burki, MYTHA mit Betty Legler und Hans Kennel, Balthasar Streiff als Soloperformer, mit hornroh, modern alphornquartet und Stimmhorn. Hartmut Schmidt schrieb zwei Konzerte für Alphorn und Orchester.

Armin Rosin brachte klassische Musik in Zusammenhang mit dem Alphorn: Alphorn Goes Classic (CD-Einspielung 2001).

Auch in der moderneren Popmusik fand das Alphorn schon Verwendung. Der Schweizer Musiker Pepe Lienhard und seine Band verwendeten das Instrument 1977 in ihrem Song Swiss Lady, mit dem sie am Eurovision Song Contest teilnahmen und damit den sechsten Platz erreichten. In der Schweiz war der Titel ein Nummer-eins-Hit und hielt sich 18 Wochen lang in den nationalen Charts.

Bekannte Alphornspielerinnen sind unter anderen Lisa Stoll und Eliana Burki.

Literatur

  • Brigitte Bachmann-Geiser: Das Alphorn – Vom Lock- zum Rockinstrument, Haupt, Bern 1999, ISBN 3-258-05640-4.
  • Werner Bauregger, Josef Focht, Werner Sepp: Das Alphorn in Oberbayern, Bayerischer Landesverein für Heimatpflege, München 1998, ISBN 3-931754-11-1.
  • Franz Schüssele: Alphorn und Hirtenhorn in Europa: hölzerne Hörner von der Schweiz bis nach Schweden, von Russland bis Rumänien: in Geschichte und Gegenwart, Buch und Begleit-CD mit 63 Tonbeispielen, Gälfiäßler Verlag, Friesenheim 2000, ISBN 3-927781-22-3.
  • Pierre Grandjean: Das Alphorn – Tradition, Handwerk, Musik. AT-Verlag, Aarau, München 2012, ISBN 978-3-03800-599-5.

Weblinks

Commons: Alphörner – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Alphorn – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Alphorn im Allgäu, abgerufen am 31. Dezember 2013
  2. Gesamtchor beim Landestreffen der Alphornbläser Baden-Württemberg in Rötenbach im Allgäu am 18. August 2013, Video auf Youtube
  3. Website des Alphornfestival in Baad im Kleinwalsertal
  4. Erklärungen von Guy Buecher, Ensemble des Cors des Alpes du Hohnack Walbach online zu lesen, Teil Geschichte alphorn.fr (Memento vom 31. Juli 2014 im Internet Archive)Vorlage:Webarchiv/Wartung/Linktext_fehlt
  5. Siehe Quellen H. Dierstein, Seite 120 erzählt er zum Beispiel die Niederlassung von den Brüdern Latscha aus Délémont im Kanton Jura in Mittlach im Rothenbacher Hochtal
  6. Der schwäbische Alphornbauer Bernhard Köhler bestätigt es in seinem Reisebericht Bericht Internationales Alphornbläsertreffen am 14. September 2008 in Münster/Elsaß nach Munster: „Bevor wir in die gastliche Sennhütte gingen packte ich mein Alphorn aus und ließ es weit ins Tal und zu den Almen rundum erschallen, mit Echoantwort. Der Hüttenwirt und Senn stellte sich gleich ein und verschwand kurz. Er wischte mit dem Ärmel über ein verstaubtes Bild, das die Hütte im Steinwasen zeigte, vor der ein junger Senn das Alphorn blies. Es war ein aus Blech gefertigtes Alphorn ohne extra Mundstück. ‚Jetzt müssten von den Almen umher die Sennen antworten, aber es gibt sie nicht mehr, die das Alphorn blasen.‘“; Zitat aus der Website alphornkoehler.de (Memento vom 1. November 2014 im Internet Archive)
  7. Angaben bei BR Klassik
  8. Das längste Alphorn der Welt auf der Website Alphornmusik.de mit Fotos der längsten Alphörner
  9. World's Biggest Alphorn Claimed Artikel der Chicago Tribune vom 28. Dezember 1999
  10. Grösstes bespielbares Alphorn der Welt, Artikel der Neuen Luzerner Zeitung vom 14. Juni 2011
  11. Die nachstehende Seite ist nicht mehr abrufbar, festgestellt im Juli 2015. (Suche in Webarchiven.) @1@2Vorlage:Toter Link/www.gaisophon-academy.de Er bläst den Alphorn-Blues Bericht auf gaisophon-academy.de, abgerufen am 14. Juni 2011