St. Anna (Düren)

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Annakirche
Innenraum der Annakirche
Südportal des gotischen Vorgängerbaus
Sankt-Anna-Relief aus der spätgotischen Wallfahrtskirche

Die Annakirche ist die Pfarrkirche der zum 1. Januar 2010 gegründeten Pfarrgemeinde St. Lukas in Düren (Nordrhein-Westfalen).[1]

Die Pfarren St. Anna, St. Marien, St. Bonifatius, St. Josef, St. Cyriakus und St. Antonius schlossen sich zur neuen Großpfarre St. Lukas zusammen. Bis zu diesem Zeitpunkt war St. Anna die Stadtpfarrkirche.

Die Annakirche stand nicht immer unter dem Patrozinium der hl. Anna. Früher war sie dem hl. Martin geweiht.

Baugeschichte

Frühmittelalter

In einem Protokoll über ein Gottesurteil im Jahre 748 wird eine Kapelle genannt, aus der die Martinskirche entstanden ist. Diese Pfalzkapelle wurde im Jahr 843 letztmals erwähnt. Darauf wurde eine größere Kirche errichtet. Es war eine dreischiffige, vermutlich flachgedeckte Kirche im Baustil der Romanik mit einer halbkreisförmigen Apsis.[2] Diese wird 941 erwähnt, da Otto I. das Gotteshaus dem Aachener Domstift schenkte. Ein Teil des Zehnten besaß das Domstift noch bis zu seiner Auflösung im Jahr 1802.[3]

Hochmittelalter

Im Hochmittelalter wurde die kleinere romanische Kirche durch einen Neubau ersetzt. Dieser war eine dreischiffige, romanische vierjochige Pfeilerbasilika mit vorgesetztem Glockenturm. Die beiden Seitenschiffe schlossen mit einer halbkreisförmigen Apsis ab. Der einjochige Chor schloss ebenfalls mit einer Apsis. Ob diese Anlage überwölbt war, kann nicht mit Sicherheit gesagt werden. Es ist jedoch anzunehmen, dass zumindest die Seitenschiffe ein Gewölbe besaßen.[4]

Spätmittelalter

Nach 1250 und vor 1300 wurde nun mit dem Bau des vierten Gotteshaus an gleicher Stelle begonnen. Dieses Bauwerk wurde 1306 im Liber valoris erwähnt. Der Bau hatte im Wesentlichen Bestand bis zum 16. November 1944. Der Chor war vermutlich bereits um 1300 fertiggestellt. Daraufhin wurde das dreischiffige und dreijochige Langhaus in Form einer Basilika im Baustil der Gotik errichtet. Beim Bau wurden anscheinend die Pläne verändert, sodass das Mittelschiff höher gebaut wurde als vorher geplant. Dadurch wurden die ursprünglichen Fenster im Obergaden letztlich als Blendarkaden belassen und darüber die eigentlichen Fenster gesetzt. Um das Jahr 1331 war das Gotteshaus mitsamt Glockenturm vollendet. Heute ist von diesem Bau nur noch das Südportal erhalten.[5]

Frühe Neuzeit und Renaissance

Annakirche um 1634 (Modell)

1501 brachte der Steinmetz Leonhard aus Kornelimünster das Annahaupt von Mainz nach Düren. Es kam zuerst in die Klosterkirche der Franziskaner, die heutige Marienkirche. Nachdem durch eine Bulle von Papst Julius II. der Streit zwischen Mainz und Düren über den Besitz der Reliquie für Düren entschieden worden war, wurde um 1506 die Martinskirche in Annakirche umbenannt.

Im Jahre 1510 sind schon 20.000 Pilger zur Verehrung des Annahauptes in der Annakirche nachgewiesen – eine damals ungeheuer hohe Zahl. Um dieses Jahr wurde wohl auch mit dem Erweiterungsbau des gotischen Gotteshauses begonnen. Dafür wurde zunächst der Turm niedergelegt. Im Anschluss daran wurde unter dem Pfarrer Hildebrand von Weworden ein im Baustil der Spätgotik errichteter, vierjochiger und ebenfalls dreischiffiger Anbau mit eingezogenem und fünfgeschossigen Glockenturm an das bestehende Langhaus angebaut. Am ersten Joch des Erweiterungsbaus wurde an der Südseite die so genannte Marienkapelle angebaut. Diese hatte den Zweck, den Annaschrein aufzubewahren, wurde jedoch erst im 19. Jahrhundert vollendet. Das Mittelschiff wurde mit einem Sterngewölbe überwölbt und die Seitenschiffe mit Netzgewölben.[6]

1543 wurde die Kirche nach der Beschießung durch die kaiserlichen Truppen von Karl V. stark beschädigt. Der Wiederaufbau zog sich zwei Jahre hin. 1545 wurden zwei Glocken für die Annakirche gegossen. 1550 baute Clais Wyndemaiker von Gangelt aus Münster das erste Glockenspiel in das Kirchengebäude ein. Auch heute noch erklingt stündlich ein Glockenspiel über die Dächer von Düren. Zwischen 1555 und 1557 wurde die erste große Renaissanceorgel eingebaut. Im 16. und 17. Jahrhundert schlug mehrmals der Blitz in den Kirchturm ein und zerstörte ihn. 1638 wurde die Annakirmes, die damals noch an der Kirche als Markt stattfand, erstmals erwähnt.

19. und 20. Jahrhundert

Im Hintergrund Turm der Annakirche um 1900

Im Jahr 1879 wurde mit der Restaurierung der Annakirche begonnen. Dabei wurde zunächst zwischen 1879 und 1881 an der Nordseite als Gegenstück zur Marienkapelle an der Südseite die Josefskapelle errichtet. Somit war faktisch ein Querschiff entstanden. Die Pläne dazu lieferte der Architekt Franz Schmitz. Zwischen 1883 und 1884 wurde das Äußere nach Plänen des Kölner Architekten Heinrich Wiethase restauriert, der barocke Turmhelm durch einen Neuen ersetzt und Galerien um die Dächer erbaut. Daraufhin wurde in den Jahren 1887 bis 1890 die Marienkapelle ebenfalls nach Plänen von Wiethase vollendet. Als letzte bauliche Veränderung wurden 1899 bis 1902 an den Chor zwei Sakristeien angebaut. Die Pläne dazu lieferte der Kölner Diözesanbaumeister Franz Statz.[7]

Zerstörung und Wiederaufbau

Im Zweiten Weltkrieg beim Luftangriff auf Düren am 16. November 1944 wurde die gotische Annakirche völlig zerstört. Lediglich das frühgotische Südportal überstand den Angriff fast unbeschädigt. Initiator für den Neubau der Kirche war der langjährige Oberpfarrer Heinrich Köttgen.

Zwischen 1954 und 1956 wurde an der Stelle der zerstörten Kirche die siebte Martins- bzw. Annakirche erbaut. Architekt Rudolf Schwarz plante und baute eine moderne Kirche, in die einige Teile und Trümmer der alten Kirche integriert wurden. Der Turmhahn von 1622 wurde im Kircheninnern befestigt.

Die Grundsteinlegung war am 16. Januar 1955, nachdem eine Prozession von der Notkirche in der Waisenhausstraße am Waisenhaus zum Baugelände gezogen war. In der Grundsteinurkunde steht: „Anno Domini 1955 nach Christi Geburt am 16. Januar wurde dieser Grundstein zum Neubau der St. Annakirche feierlich gelegt und vom hochwürdigen Geistlichen Rat ad honorem Josef Adolph, Dechant des Dekanates Düren, Pfarrer an St. Bonifatius, geweiht.“ Gebaut wurde die neue Annakirche von einer Arbeitsgemeinschaft Dürener Firmen, bestehend aus Hubert Iven, Philipp Kutsch und Johann Steffens.

Die neue Kirche wurde am 7. Juli 1956 durch den Aachener Bischof Johannes Pohlschneider konsekriert.

Zum Erhalt und zur Weiterentwicklung der Kirche wurde im 21. Jahrhundert die Stiftung Annakirche Düren gegründet.

Das in die neue Kirche eingebaute historische Portal der Vorgängerkirche ist unter Nr. 1/110 in die Denkmalliste der Stadt Düren eingetragen.

Übersicht der Bauwerke

748 Erste Kapelle genannt
28. Juni 775 2. Kapelle als Pfalzkapelle bezeugt
25. November 941 3. Kirche nach Zerstörung durch die Normannen in 881
1188 4. Kirche
1563 5. Kirche nach Zerstörung durch Karl V.
1878 6. Kirche mit Anbau Josephskapelle
1956 7. Kirche

Ausstattung

Wetterhahn von 1622

An der äußeren Nordwand sind insgesamt 13 Reliefs angebracht. Sie stehen unter dem Thema „Das Verhältnis des Menschen zu Christus“ und wurden aus Buntsandstein von Ewald Mataré und seinen Schülern geschaffen. In die Ostwand ist durch den Architekten Rudolf Schwarz ein Lebensbaum mit runden Fensteröffnungen aus Alabaster eingebaut worden.

Im Innenraum befindet sich als wichtigstes und bedeutendstes Ausstattungsstück der Annaschrein mit dem Annahaupt, welcher im Kern noch aus dem 14. Jahrhundert stammt. Beides überlebte durch Auslagerung die Zerstörungen des Krieges. Neben dem Annaschrein befindet sich eine Anna selbdritt der Künstlerin Marga Grove aus den 1950er Jahren. Das Kreuz am Schrein und der Osterleuchter sind Werke von Hein Wimmer. In der sogenannten Pilgerhalle befinden sich weiterhin drei Figurengruppen, welche früher Bestandteil eines Altars in der Vorgängerkirche waren und aus dem Schutt geborgen werden konnten. Der Volksaltar wurde nach einem Entwurf des Architekten Schwarz in den 1950er Jahren aus Odenwälder Sandstein geschlagen. Direkt dahinter befindet sich das Altarkreuz. Dies ist ebenfalls ein Werk von Ewald Mataré, genauso wie die Türgriffe an den Eingangsportalen. Das größte erhaltene Ausstattungsstück des Vorgängerbaus ist das Renaissance-Chorgestühl. Es wurde zwischen 1562 und 1563 geschaffen und überdauerte den Krieg ebenfalls durch Auslagerung. Es befand sich früher in den beiden Seitenschiffen und nun in der Werktagskirche. In der Vorhalle des gotischen Südportals befindet sich außerdem noch der neugotische Taufstein aus dem Vorgängerbau. Weiterhin ist in der Vorhalle der alte Wetterhahn aus dem Jahr 1622 ausgestellt.[8]

Die Buntglasfenster im Obergaden sind Werke des Alsdorfer Glasmalers Ludwig Schaffrath aus den Jahren 1987 und 1988. Sie sind freie Kompositionen und bestehen aus Antik- und Opalglas sowie Blei.[9]

Orgel

Am 21. März 2010 wurde die neue Orgel eingeweiht. Sie soll 900.000 Euro gekostet haben.[10] Erbaut wurde die Orgel von der Schweizer Firma Metzler Orgelbau (Dietikon). Sie verfügt über 45 Register (davon eine Extension) und drei Transmissionen.[11]

I Rückpositiv C–g3
1. Principal 8′
2. Rohrflöte 8′
3. Octave 4′
4. Holzflöte 4′
5. Nasard 22/3
6. Doublette 2′
7. Terz 13/5
8. Larigot 11/3
9. Scharf IV 1′
10. Krummhorn 8′
11. Vox humana 8′
Tremulant
II Hauptwerk C–g3
12. Principal 16′
13. Octave 8′
14. Viola d’amore 8′
15. Flûte harmonique 8′
16. Bourdon 8′
17. Octave 4′
18. Spitzflöte 4′
19. Quinte 22/3
20. Superoctave 2′
21. Mixtur V 2′
22. Cornet V (ab c1) 8′
23. Fagott 16′
24. Trompete 8′
25. Chamade 8′
III Schwellwerk C–g3
26. Bourdon 16′
27. Gambe 8′
28. Voix céleste (ab c0) 8′
29. Doppelflöte 8′
30. Principal 4′
31. Traversflöte 4′
32. Octavin 2′
33. Sesquialter II 22/3
34. Mixtur IV 2′
35. Basson 16′
36. Trompette 8′
37. Oboe 8′
38. Clarion 4′
Tremulant
Pedal C–f1
39. Untersatz 32′
40. Holzprincipal 16′
41. Principalbass (= Nr. 12) 16′
42. Subbass (aus Nr. 39) 16′
43. Octavbass 8′
44. Viola (= Nr. 14) 8′
45. Choralbass 4′
46. Bombarde 16′
47. Fagott (= Nr. 23) 16′
48. Trompete 8′
  • Koppeln: I/II, III/II, III/I, I/P, II/P, III/P

Glocken

Mit dem Bau des Glockenturmes neben der Kirche wurde am 11. März 1963 begonnen. Im April 1964 war er fertiggestellt. In den Turm wurde auch wieder ein Glockenspiel eingebaut. Das Glockenspiel von 1564 war am 16. November 1944 zerstört worden. Das Glockenspiel ertönt zu jeder vollen Stunde und spielt ein Kirchenlied, passend zu den unterschiedlichen Zeiten im Kirchenjahr.

Im Turm hängen vier Bronze-Glocken (Tonmotiv: Regina caeli). Sie wurden 1964 von der Glockengießerei Mabilon in Saarburg gegossen und sind in mittelschwerer Rippe konstruiert.[12]

Nr.
 
Name
 
Durchmesser
(mm)
Masse
(kg, ca.)
Schlagton
(HT-1/16)
Inschrift
 
1 Anna 1.960 5.050 as0 0+2 HEILIGE MUTTER ANNA / BEGEGNEN WERDEN SICH GNADE UND TREUE, RECHT UND FRIEDE EINANDER UMARMEN. GEGOSSEN 1545, ERNEUERT 1841, WIEDERUM ERNEUERT 1964
2 Maria 1.750 3.500 b0 00+1 HEILIGE JUNGFRAU MARIA / DER GERECHTE LEBT AUS DEM GLAUBEN. GESTIFTET VON DER ANNA-BAUHÜTTE 1964
3 Josef 1.571 2.500 c1 00+1 HEILIGER JOSEF / IN CHRISTUS LEUCHTEN UNS DIE HOFFNUNG SELIGER AUFERSTEHUNG. GEGOSSEN 1964
4 Martin 1.478 2.200 des1 +2 HEILIGER MARTIN / WIE ICH EUCH GELIEBT HABE, SOLLT AUCH IHR EINANDER LIEBEN! GEGOSSEN 1545, ERNEUERT 1697, UND 1934, WIEDERUM NEU GEGOSSEN AUS SPENDEN DER ANNA-BRUDERSCHAFT 1964

Sage zum Glockenspiel

Zum alten Glockenspiel von 1564 gibt es eine Sage:

Das Glockenspiel auf dem Annaturm der alten Annakirche war anfangs viel künstlerischer eingerichtet als heute. Um 12 Uhr traten aus einem Gehäuse die zwölf Apostel hervor, mit jedem Schlag der Stunde ein Neuer. Nun hätten die Kölner auch gerne so ein kunstvolles Werk gehabt, und sie versprachen dem Erbauer, den Weg von Düren nach Köln mit Talern zu belegen, wenn er ihnen ein gleiches Glockenspiel anfertige. Die Dürener wollten jedoch den Ruhm des einzigartigen Glockenspiels für sich alleine haben. Um den Meister am Bau eines neuen Werks zu hindern, bemächtigten sie sich seiner mit Gewalt und blendeten ihn. Blind bat er darum, dass man ihn noch einmal an sein geliebtes Werk heranführe; er wolle noch eine Verbesserung vornehmen. Man erfüllte ihm diesen Wunsch und führte ihn zum Annaturm. Er drückte eine verborgene Feder im Uhrengehäuse und die Apostel kamen nicht mehr zum Vorschein. Die Dürener ließen von Nah und Fern tüchtige Meister kommen, damit das Werk wieder in Ordnung käme. Aber niemand war dazu im Stande und so wurde das Gehäuse mit den zwölf Aposteln entfernt. An den geblendeten Meister erinnerte später ein vergoldetes Brustbild im Balkongitter des historischen Rathauses, welches einen Mann mit verbundenen Augen darstellte.

Literatur

  • Erwin Gatz: St. Anna in Düren, B. Kühlen Verlag, Mönchengladbach 1972, ISBN 3-87448-074-7

Weblinks

Commons: St. Anna (Düren) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Katholische Pfarrkirche St. Anna. Abgerufen Format invalid.
  2. Vgl. Kirchenführer St. Anna in Düren, S. 28.
  3. Vgl. Paul Hartmann, Edmund Renard: Die Kunstdenkmäler der Rheinprovinz. Band 9: Die Kunstdenkmäler des Kreises Düren. Herausgegeben von Paul Clemen, Düsseldorf 1910, S. 74.
  4. Vgl. Kirchenführer St. Anna in Düren, S. 28.
  5. Vgl. Paul Hartmann, Edmund Renard: Die Kunstdenkmäler der Rheinprovinz. Band 9: Die Kunstdenkmäler des Kreises Düren. Herausgegeben von Paul Clemen, Düsseldorf 1910, S. 74.
  6. Vgl. Paul Hartmann, Edmund Renard: Die Kunstdenkmäler der Rheinprovinz. Band 9: Die Kunstdenkmäler des Kreises Düren. Herausgegeben von Paul Clemen, Düsseldorf 1910, S. 74, 76, 79.
  7. Vgl. Paul Hartmann, Edmund Renard: Die Kunstdenkmäler der Rheinprovinz. Band 9: Die Kunstdenkmäler des Kreises Düren. Herausgegeben von Paul Clemen, Düsseldorf 1910, S. 76.
  8. Vgl. Kirchenführer St. Anna in Düren, S. 7-24.
  9. Internetseite der Stiftung Forschungsstelle Glasmalerei des 20. Jahrhunderts. Abgerufen am 24. Februar 2016
  10. In St. Anna gibt es Feinkost für die Ohren. Abgerufen am 5. September 2012.
  11. Nähere Informationen zur Metzler-Orgel.
  12. Glockenbuch der Region Düren (PDF; 1,3 MB).

Koordinaten: 50° 48′ 5″ N, 6° 29′ 2″ O