Bharatiya Janata Party

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Bharatiya Janata Party
Das Parteisymbol der BJP, die Lotusblüte
Amit Shah
Partei­vorsitzender Amit Shah
Gründung Dezember 1980
Gründungs­ort Delhi, Indien
Jugend­organisation Bharatiya Janata Yuva Morcha
Zeitung Kamal Sandesh
Aus­richtung Konservatismus,
Hindutva
Farbe(n) Safran-Orange
Parlamentssitze Lok Sabha:
280/543

Rajya Sabha:
48/245
Mitglieder­zahl über 100 Millionen
Internationale Verbindungen Internationale Demokratische Union,
Asia Pacific Democrat Union
Website BJP.org
Titelblatt des BJP-Wahlprogramms 2014 mit prominenten Persönlichkeiten.
Obere Reihe von links nach rechts: Atal Bihari Vajpayee, Lal Krishna Advani, Rajnath Singh, Murli Manohar Joshi
Untere Reihe (v. l. n. r.): Manohar Parrikar, Raman Singh, Sushma Swaraj, Narendra Modi, Arun Jaitley, Shivraj Singh Chauhan, Vasundhara Raje.

Die Bharatiya Janata Party (BJP; Hindi भारतीय जनता पार्टी bhāratīya janatā pārṭī; Aussprache auf Hindi/?; „Indische Volkspartei“) ist eine rechtskonservative, hindu-nationalistische Partei in Indien, die seit ihrer Gründung 1980 innerhalb von zwanzig Jahren zu einer der stärksten parlamentarischen Kräfte angewachsen ist und zeitweise auch die Kongresspartei überflügelt hat. Die BJP ist durch die Indische Wahlkommission als nationale Partei Indiens registriert. Zwischen 1998 und 2004 bildete sie die Regierung in Indien mit dem Premierminister Atal Bihari Vajpayee. Seit 2014 stellt sie erneut die indische Regierung unter Ministerpräsident Narendra Modi. Zurzeit ist die BJP nicht nur in Indien, sondern auch weltweit die mitgliederstärkste politische Partei.[1]

Parteigeschichte und ideologische Basis

Der ideologische Vorläufer der BJP ist die 1951 gegründete Bharatiya Jana Sangh („Jan Sangh“), die 1977 in der neu gegründeten Janata Party aufging. Führende Jan-Sangh- und spätere BJP-Politiker wie Vajpayee und Lal Krishna Advani nahmen in der Janata Party wichtige Positionen ein. Nach dem Zerfall der Janata Party in den Jahren 1978 bis 1979 und der Wahlniederlage bei der Parlamentswahl 1980 entstand die Jan Sangh neu, diesmal aber unter dem Namen ‚Bharatiya Janata Party‘ (BJP).

Die BJP ist ideologisch einem Verbund von Hindu-nationalistischen Organisationen der Sangh Parivar verbunden. Hierzu gehören der als nationales Freiwilligenkorps agierende Rashtriya Swayamsevak Sangh (RSS) und der selbsternannte Weltrat der Hindus Vishva Hindu Parishad. Der zentrale Gedanke dieser Organisationen ist letztlich der, dass Indien die Heimat und ein Land der Hindus ist. Andere Religionen (insbesondere Islam und Christentum – der Buddhismus wird ausgenommen –) sind in der Vergangenheit in Indien eingedrungen und haben einen Teil der Hindus zum erheblichen Teil unter Zwang zu landesfremden Religionen bekehrt. Es gilt nun, das Selbstbewusstsein und die Position der Hindus zu stärken und zu verhindern, dass sich andere Religionen noch weiter ausbreiten.

In den ersten 1 ½ Jahrzehnten ihres Bestehens hatte die BJP bei vielen Beobachtern und ihren politischen Gegnern den Ruf einer ausgesprochenen „Rabaukenpartei“, die systematisch die Emotionen der Massen aufstachelte und kommunalistisches Gedankengut beförderte. Besonders der ehemalige Parteipräsident, Innenminister und stellvertretende Premierminister Lal Krishna Advani erwarb sich einen Ruf als Hardliner. Die politischen Führer der BJP nahmen gewissermaßen augenzwinkernd in Kauf, dass es bei den von ihnen organisierten Massenveranstaltungen auch zu unkontrollierten und unkontrollierbaren Gewaltausbrüchen der aufgewiegelten Volksmassen kommen konnte. Den Höhepunkt dieser Politik bildete 1992 der von der BJP und ihren hindunationalistischen Schwesterorganisationen organisierte Pilgerzug hin zur Babri-Moschee im nordindischen Ayodhya, die nach der Überlieferung auf den Grundmauern eines zerstörten Hindu-Tempels, am Geburtsort des Hindu-Gottes Rama errichtet worden war. Was als reiner Pilgerzug angekündigt war, endete in einem vandalistischen Gewaltakt, als die Moschee am 6. Dezember 1992 durch Hunderttausende Hindu-Pilger buchstäblich dem Erdboden gleichgemacht wurde. Als Reaktion darauf folgten monatelange Gewaltausbrüche zwischen Hindus und Muslimen in ganz Indien, besonders in Bombay, die Tausende Tote forderten. Auch bei den Gewaltausbrüchen in Gujarat 2002 zwischen Hindus und Muslimen wurde der BJP eine Mitverantwortung zugeschrieben, da die amtierende BJP-Regierung unter dem damaligen Chief Minister Narendra Modi nur sehr zögerlich gegen die pogromartigen Ausschreitungen vorgegangen war.

Die Parteifarbe der BJP ist das Safran-Orange, das als Farbe des Hinduismus gilt. In der englischsprachigen indischen Presse wird die BJP daher häufig als die saffron party bezeichnet.[2][3] Für ihre Politik der Hindutva wird gelegentlich der (meist kritisch gemeinte) Begriff saffronisation („Safranisierung“) gebraucht[4] und für Gewaltakte von Hindu-Nationalisten gibt es den Begriff saffron terror.[5] Das Parteisymbol ist die Lotosblume, die im Hinduismus und auch Buddhismus große Bedeutung hat. Sie gilt als Symbol der Reinheit und traditionell werden viele Gottheiten in einer geöffneten Lotosblüte sitzend dargestellt.

Gründe für den Aufstieg der BJP

Die Vorläuferpartei der BJP, die Jan Sangh, konnte bei den gesamtindischen Wahlen in den Jahren 1951 bis 1971 nie mehr als 10 % der Wählerstimmen für sich gewinnen. Das Wählerpotential der BJP lag ursprünglich bei etwa 10 bis 15 % der Wählerschaft. In den 1990er Jahren realisierten die BJP-Parteistrategen, dass mit diesem Wählerstamm und bei der gleichzeitigen entschiedenen Ablehnung der hindu-nationalistischen Ideologie durch fast alle anderen indischen Parteien keine Regierungsmehrheit zu erlangen war. Als die BJP beispielsweise nach der Parlamentswahl 1996 zur stärksten Partei im Parlament aufgestiegen war, lehnten es fast alle dort vertretenen Parteien ab, eine BJP-geführte Minderheitsregierung auch nur zu tolerieren. Die 1990er Jahre waren außerdem durch eine extreme Zersplitterung des indischen Parteienspektrums gekennzeichnet. Keine Partei schien trotz des relativen Mehrheitswahlrechts alleine mehr in der Lage, die absolute Mehrheit zu erlangen, wie das noch in den vorangegangenen Jahrzehnten immer der Fall gewesen war. Daher begann die BJP Wahlbündnisse und Koalitionen mit anderen kleinen Parteien zunächst auf lokaler bundesstaatlicher Ebene abzuschließen. Vor der gesamtindischen Wahl 1998 gelang schließlich die Bildung eines großen Multiparteien-Zweckbündnisses unter Führung der BJP, der National Democratic Alliance (NDA). Die NDA existiert bis heute, allerdings in deutlich wechselnder Zusammensetzung.

Der Aufstieg der BJP zu einer der führenden indischen Parteien in den 1980er und 1990er Jahren hatte mehrere Gründe. Zum einen war die Kongresspartei seit den Zeiten Indira Gandhis personell völlig auf die Nehru-Gandhi-Familie fixiert, so dass die Politik der Kongresspartei weitgehend von einigen wenigen Mitgliedern dieser Familie bestimmt wurde, was sich negativ auf die Herausbildung einer kompetenten Führungselite auswirkte. Nach dem Tod Indira Gandhis 1984 geriet die Kongresspartei in den folgenden Jahren in eine Führungskrise. Außerdem wurde ihr Ansehen durch Korruptionsskandale erschüttert. Sie verlor einen Teil ihrer bisherigen integrierenden Kraft und viele ihrer Wähler (vor allem Angehöriger niederer Kasten und Muslime) wandten sich von ihr ab und begannen, andere Parteien zu wählen. Die BJP ist dagegen bis heute relativ frei von Nepotismus geblieben. Familienclans, die dominant die Parteipolitik bestimmen, wie das in sehr vielen indischen Parteien der Fall ist, gab es dort nie. Beide Premierminister, die die BJP bisher gestellt hat (Vajpayee und Modi), sind unverheiratet und haben bzw. hatten keine Nachkommen mit Posten zu versorgen. Zum zweiten war die BJP durch eine vergleichsweise straffe interne Parteiorganisation und -disziplin gekennzeichnet, wozu die ideologische Schulung durch den RSS beigetragen haben mag, die sich in der Politik und bei Wahlen vorteilhaft auswirkte. Die meisten anderen Parteien, darunter auch die Kongresspartei, waren dagegen von wiederholten Abspaltungen einzelner größerer Fraktionen oder regionaler Parteiorganisationen betroffen, was bei der BJP nicht vorkam. Und drittens verfügte die BJP in dieser Zeit über fähige und organisatorisch geschickte Führungspersönlichkeiten an ihrer Spitze, namentlich Atal Bihari Vajpayee und Lal Krishna Advani.

Entwicklung seit dem Jahr 1998, Regierungszeiten unter der BJP

Der erste indische Premierminister aus den Reihen der BJP war Atal Bihari Vajpayee. Er amtierte kurz 1996 und dann von 1998 bis 2004. Vajpayee war ein Mann des gemäßigten Flügels der BJP, der auch weit über seine Partei hinaus in der indischen Wählerschaft erhebliches Ansehen genoss.[6][7] Die im Vorfeld bei Wahlen vielfach geäußerten Befürchtungen hinsichtlich einer BJP-geführten Regierung erfüllten sich zu großen Teilen nicht. Allerdings war Vajpayee auch auf seine vielen Koalitionspartner angewiesen, die eine Hindutva-Politik nicht mitgemacht hätten. Unter seiner Regierung erfolgte eine weitere Liberalisierung der Wirtschaft, die außenpolitische Stilisierung Indiens als aufstrebende Macht, z. B. mit Atomwaffentests, und bemerkenswerterweise auch Versuche einer Entspannungspolitik mit dem vermeintlichen Erzfeind Pakistan.

Die Parlamentswahl 2004 führte trotz der scheinbar relativ positiven Bilanz der Vajpayee-Regierung zum Verlust der Regierungsmehrheit. Dies wurde zum einen auf das Überlaufen der kleineren NDA-Parteien in das Lager der rivalisierenden Kongresspartei zurückgeführt, zum anderen auf einen schlechten Regierungsstil auf bundesstaatlicher Ebene. Eine Rolle spielten vermutlich auch die Gujarat-Pogrome und eine verfehlte Wahlkampagne, die die BJP unter der Parole India Shining („Strahlendes Indien“) geführt hatte. Gerade die ärmere Bevölkerung konnte sich nur schwer mit dieser identifizieren.

Bei der Parlamentswahl 2009 schnitt die BJP ebenfalls relativ enttäuschend ab. Dies wurde im Wesentlichen auf zwei Faktoren zurückgeführt. Zum einen beurteilten die Wähler insbesondere die Wirtschaftspolitik des amtierenden Ministerpräsident Manmohan Singh (Kongresspartei) als relativ erfolgreich. Zum anderen genoss der BJP-Spitzenkandidat Lal Krishna Advani den Ruf eines Hindu-Ideologen und kompromisslosen hardliners, so dass er für viele Wähler damit nicht wählbar war.

Bei der Parlamentswahl 2014, bei der sich ihr Spitzenkandidat Narendra Modi, der ehemalige Chief Minister von Gujarat, als dynamischer und un-ideologischer Modernisierer inszenierte, kam es zu einem Erdrutschsieg der BJP. Mit 31 % der Stimmen und begünstigt durch das relative Mehrheitswahlrecht erlangte sie die absolute Mehrheit (51,9 %) der Parlamentssitze. Zusammen mit den verbündeten Parteien der National Democratic Alliance verfügt sie über 334 Mandate in der Lok Sabha, dies sind 61,5 % der Gesamtmandate. Auch bei den Wahlen zu den Regionalparlamenten in Maharashtra, Haryana, Jharkhand, Goa und Jammu und Kashmir im Jahr 2014 war die BJP sehr erfolgreich. 2016 gewann die BJP sogar die Wahl in Assam, wo sie lange Zeit kaum eine Rolle gespielt hatte, während die wichtige Wahl in Bihar 2015 verloren ging.

Liste der Parteivorsitzenden

Liste der Parteivorsitzenden der BJP seit der Gründung 1980:[8]

Amtszeit Name
1980–1986 Atal Bihari Vajpayee
1986–1990 Lal Krishna Advani
1991–1993 Murli Manohar Joshi
1993–1998 Lal Krishna Advani
1998–2000 Kushabhau Thakre
2000–2001 Bangaru Laxman
2001–2002 Jana Krishnamurthi
2002–2004 Venkaiah Naidu
2004–2005 Lal Krishna Advani
2005–2009 Rajnath Singh
2009–2013 Nitin Gadkari
2013–2014 Rajnath Singh
seit 2014 Amit Shah

Wahlergebnisse

Die folgende Tabelle zeigt die Wahlergebnisse (gewonnene Mandate) bei den gesamtindischen Parlamentswahlen. Da das geltende Mehrheitswahlrecht große Parteien wie die BJP begünstigt, erzielte die BJP bei allen Wahlen außer 1984 deutlich mehr Mandate, als ihr nach dem reinen Stimmenanteil zugekommen wären.

Jahr Wahl Stimmen-
anteil
Parlaments-
sitze
1984 Indien Wahl zur Lok Sabha 1984 7,74 %
2/514
1989 Indien Wahl zur Lok Sabha 1989 11,36 %
85/529
1991 Indien Wahl zur Lok Sabha 1991 20,11 %
120/521
1996 Indien Wahl zur Lok Sabha 1996 20,29 %
161/543
1998 Indien Wahl zur Lok Sabha 1998 25,59 %
182/543
1999 Indien Wahl zur Lok Sabha 1999 23,75 %
182/543
2004 Indien Wahl zur Lok Sabha 2004 22,16 %
138/543
2009 Indien Wahl zur Lok Sabha 2009 18,80 %
116/543
2014 Indien Wahl zur Lok Sabha 2014 31,00 %
282/543

Weblinks

Commons: Bharatiya Janata Party – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. 'World's Largest Political Party' BJP Crosses 10-Crore Membership Mark. NDTV.com, 20. April 2015, abgerufen am 30. Oktober 2015 (englisch).
  2. Saffron party turns things around in Weir bypolls. The Deccan Herald, , abgerufen am 2. Oktober 2014 (englisch).
  3. Hitender Rao: Haryana polls: Saffron party tries balancing act in distribution of tickets. Hindustan Times, 22. September 2014, abgerufen am 2. Oktober 2014 (englisch).
  4. NDA Government warned against saffronisation of education. The Hindu, 31. Juli 2014, abgerufen am 2. Oktober 2014 (englisch).
  5. 'Saffron terror' remark controversy: Sushil Kumar Shinde to clarify, stand-off to end soon: sources. NDTV.com, 20. Februar 2013, abgerufen am 2. Oktober 2014 (englisch).
  6. Vajpayee, the right man in the wrong party. msn.com, 12. August 2009, abgerufen am 2. Oktober 2014 (englisch).
  7. Harbaksh Singh Nanda: India's Vajpayee: Right man, wrong party. upi.com, 14. Mai 2004, abgerufen am 2. Oktober 2014 (englisch).
  8. Website der BJP: BJP Presidents from 1980 to 2009.