Dreiecksbeziehung
Unter einer Dreiecksbeziehung, Dreierbeziehung, Ehe zu dritt oder auch ménage à trois (franz.: Dreierverhältnis) wird im allgemeinen Sprachgebrauch meist eine Konstellation zwischen drei Menschen verstanden, in der eine Person zu zwei anderen Personen eine Liebesbeziehung, eine Sexualbeziehung bzw. eine Partnerschaft unterhält. Dabei kann die Person mit zwei Beziehungen eine oder beide Beziehungen heimlich führen (Seitensprung) oder beide Beziehungen offen ausleben, wie in einer offenen Beziehung. Die Verallgemeinerung offener Beziehungen zu mehreren Partnern ist die Polyamorie.
Im strengeren Sprachgebrauch bezeichnet Dreiecksbeziehung eine Beziehungskonstellation zwischen drei Menschen, in der jede Person zu jeder anderen Person eine Beziehung unterhält (so wie in einem Dreieck jeder Eckpunkt mit jedem anderen Eckpunkt verbunden ist). Diese Beziehungskonstellation wird auch Triade genannt. Eine Konstellation zwischen drei Menschen, in der nur eine Person zwei Beziehungen unterhält, wird in dieser engen Definition „V“ oder englisch „Vee“ genannt.
Wenn eine Person langfristig zwei Beziehungen pflegt, spricht man oft von Parallelbeziehungen.
Motive für Dreiecksbeziehungen
Geschlecht, Alter und familiäre Nähe schließen Dreiecksbeziehungen nicht aus. Im Hinblick auf eine bestehende Paarbeziehung werden Dreiecksbeziehungen entweder als Bereicherung gerühmt oder als Untreue, Verrat und Verbrechen gegeißelt (Sünde). Sie können durch Absprache der Partner zustandekommen (Toleranzmodell) oder sogar Gewaltanwendung aufgrund von besitzergreifender Eifersucht auslösen (Ausschließlichkeitsmodell). Die Unvollkommenheit einer Paarbeziehung wird oft als Ursache beim Entstehen von Dreiecksbeziehungen gesehen. Paarbeziehungen gründen sich auf Wünsche nach Geborgenheit, Schutz, Intimität, Vertraulichkeit und ruhiger Lebensperspektive und enthalten je nach der Autonomie und Reife der Partner gleichzeitig die Tendenz zur Ausschließlichkeit, Isolation, Zerstörung bestehender Freundschaften, Sterilität und Monotonie (Gefängnis zu zweit). Dreiecksbeziehungen werden manchmal als Ausweg oder Korrektiv einer Paarbeziehung gesehen.
Die klassische Dreiecksbeziehung zwischen erwachsenen gemischtgeschlechtlichen Partnern gibt ein Muster von Partner/Partnerin und Geliebtem/Geliebter vor. Sie kann auf Absprache beruhen, wird aber oft verheimlicht und gelegentlich auch nur fingiert. Homosexuelle Dreiecksbeziehungen haben oft eine ähnliche Bedeutung, wenn ihnen eine feste Partnerschaft vorausgeht. Bei bisexuellen Menschen wird oft der Wunsch berichtet, Sexualität mit Menschen beider Geschlechter erleben zu können.
Die subjektiven Auslöser und Motive zum Eingehen einer Dreiecksbeziehung liegen teils offen zutage, andere werden sorgfältig versteckt oder konsequent geleugnet. Nicht selten sind die Motive nicht bewusst und können nur aus dem Beziehungskontext vermutet werden.
Dreiecksbeziehungen können die eigene sexuelle Spannung entlasten, Bedürfnisse nach freundschaftlich gefärbter Erotik befriedigen, sexuelle Spezialitäten ausleben, eine Animierfunktion erfüllen, den Hauptpartner disziplinieren und/oder demütigen oder ein Instrument eigener Selbstbehauptung sein.
Dynamik von Dreiecksbeziehungen
Dreiecksbeziehungen gelten üblicherweise als spannungsreich, instabil und zeitlich deutlich befristet. Meist ist schon von Beginn an ein Scheitern vorauszusehen. Doch es gibt auch stabile Arrangements zwischen allen Beteiligten über Jahre. Nicht wenige Dreiecksbeziehungen bleiben während ihres Bestehens unentdeckt. Heimliche Dreiecksbeziehungen werden oft unmittelbar nach ihrer Entdeckung oder freiwilliger Offenlegung beendet. Häufig übertrifft das Ausmaß der Erregung und Gespanntheit einer Dreiecksbeziehung das einer unbefriedigenden Paarbeziehung, sodass über Monate und sogar Jahre um klarere Verhältnisse gerungen werden muss.
Herkunft des Begriffes
In Ibsens Schauspiel Hedda Gabler findet sich die Bezeichnung „Dreieckiges Verhältnis“. In seinen Kommentaren zu den Kupferstichen Hogarths schreibt Lichtenberg 1799 von einem „Glückseligkeits-Triangel“. Er nimmt dabei Bezug auf eine ältere italienische Wendung: „Triangolo equilaterato heißt in Italien das häusliche Glückseligkeitssystem aus Mann, Frau und Amant.“
Dreiecksbeziehungen in der Kunst
Filme
- Ernst Lubitsch: Serenade zu dritt (1933)
- François Truffaut: Jules und Jim (1962)
- Donald Cammel & Nicolas Roeg: Performance (1970)
- Bertrand Blier: Die Ausgebufften (1974)
- Andrew Fleming: Einsam Zweisam Dreisam (1994)
- Rolf Schübel: Ein Lied von Liebe und Tod (1999)
- Woody Allen: Vicky Cristina Barcelona (2008)
- Salvador García Ruiz: Luftschlösser (Castillos de Cartón) (2009)
- Tom Tykwer: Drei (2010)
- Xavier Villaverde: The Sex of Angels (2011)
Literatur
- Milan Kundera: Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins. Fischer Taschenbuchverlag, 1987, ISBN 3-596-25992-4.
- Ernest Hemingway: Der Garten Eden. 4. Auflage. Rowohlt Tb., 2003, ISBN 978-3-499-22606-9.
- Verliebe dich oft, verlobe dich selten, heirate nie? Die Sehnsucht nach der romantischen Liebe. Droemer Knaur, München 2005, ISBN 3-426-27368-3 (Knaur Taschenbuch 77923, München 2007, ISBN 3-426-77923-4).
Musik
- David Crosby: Triad (zuerst aufgenommen 1967 mit seiner Band The Byrds; zuerst veröffentlicht 1968 in der Version von Jefferson Airplane; Live-Version 1971 von Crosby, Stills, Nash & Young auf dem Album 4 Way Street)
Autoren, die sich mit Dreiecksbeziehungen beschäftigen
- Henry & June, Henry Miller, Anaïs Nin
- Jean-Paul Sartre und Simone de Beauvoir
- Nelly Barth, Karl Barth, Charlotte von Kirschbaum
- Raoul Hausmann, Vera Broido
- Lou Andreas-Salomé, Friedrich Nietzsche
- Theodore Sturgeon publizierte 1951 eine Geschichte im Gewande der Science Fiction, der zufolge Liebe „vielleicht doch nicht auf Geschlecht oder Monogamie beschränkt sein könnte“ und in der er die Dreierbeziehung als höherwertig darstellte [1]
- Felicitas von Lovenberg
Weitere Beziehungsformen
Siehe auch
Literatur
- Unda Hörner: Eine Liebe zu dritt. Neun Porträts. Berlin: edition ebersbach, 2009.
- Hans Jellouschek: Die Rolle der Geliebten in der Dreiecksbeziehung. 4. Auflage. Kreuz-Verlag, Stuttgart, 1999, ISBN 978-3-268-00183-5.
- Andreas Köhnemann: Liebe in alle Richtungen. Sexuell ambivalente Dreiecksbeziehungen im Film. Mühlbeyer Filmbuchverlag, Frankenthal 2014. ISBN 978-3-945378-02-1.
Weblinks
- http://nhz.twoday.net/topics/Komplexe+Liebesbeziehungen Betrachtung der Stabilität und Dynamik von offen verhandelten Dreiecksbeziehungen
Einzelnachweise
- ↑ Theodore Sturgeon, Rule of Three, in: „Galaxy“ Januar 1951, deutsch: Dreiecksverhältnisse, in: (ders.:) Fährmann ins All, 1979 (Goldmann SF), S.63, ISBN 3-44223395-X.