Elisabeth Rotten

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Elisabeth Friederike Rotten (* 15. Februar 1882 in Berlin; † 2. Mai 1964 in London) war Reformpädagogin und Friedensaktivistin.

Leben

Als Tochter des Schweizer Ehepaars Moritz und Luise Rotten besuchte sie die zehnklassige höhere Mädchenschule „Luisenschule“ von 1888 bis 1898, später das Victorialyzeum Berlin ab 1904. Im September 1906 legte sie die Reifeprüfung am Kaiserin-Augusta-Gymnasium Charlottenburg ab. Ihr Studium in Philosophie, Germanistik absolvierte sie in Heidelberg, Berlin, Marburg und Montpellier. In Marburg wurde die Begegnung mit Hermann Lietz und Gustav Wyneken entscheidend für ihren weiteren Werdegang. 1913 verteidigte sie an der Universität Marburg ihre Doktorarbeit über „Goethes Urphänomen und die platonische Idee“ und ging als Lektorin für deutsche Literatur an die Universität Cambridge.

1914 kehrte sie nach Berlin zurück und arbeitete beim Rettungswerk „Auskunfts- und Hilfsstelle für Deutsche im Ausland und Ausländer in Deutschland“ zusammen mit Friedrich Siegmund-Schultze.[1] Im gleichen Jahr wurde sie Mitbegründerin des „Bund Neues Vaterland“, später „Deutsche Liga für Menschenrechte“. 1915 reiste sie als Vertreterin des Bundes zum 1. Internationaler Frauenfriedenskongress in Den Haag und wirkte bei der Gründung der „Internationalen Frauenliga für Frieden und Freiheit“ (der Women’s International League for Peace and Freedom, WILPF) mit.

1919 hielt sie die vielbeachtete Rede auf der Internationalen Erziehungskonferenz in Genf über „Die Versuche einer neuen Erziehung in Deutschland“. Sie war Mitbegründerin des „Bundes Entschiedener Schulreformer“. Bis 1921 war sie als Leiterin der Pädagogischen Abteilung der „Deutschen Liga für Völkerbund“ tätig und gab 1920 bis 1921 die „Internationale Erziehungsrundschau“ heraus (als Beilage der Zeitschrift „Die neue Erziehung“). 1921 wurde sie Mitbegründerin des Weltbundes für Erneuerung in der Erziehung (New Education Fellowship) und Direktorin für die deutschsprachigen Länder. Elisabeth Rotten gab – in der Nachfolge der „Internationalen Erziehungsrundschau“ – als deutschsprachiges Organ des Weltbundes die Zeitschrift „Das Werdende Zeitalter“ heraus (ab 1926 zusammen mit Karl Wilker). 1922 arbeitete sie in der Schulfarm Insel Scharfenberg bei Berlin. 1923 beteiligte sie sich an der Gründung der kunstgewerblichen Siedlung auf dem Gut Kohlgraben bei Vacha in der Rhön. Bis 1923 arbeitete sie mit den englischen Quäkern in der Kinderhilfe (Quäkerspeisung) zusammen, 1930 wurde sie Mitglied der Religiösen Gesellschaft der Freunde (Quäker). Ab 1925 war sie Mitdirektorin des Bureau International d’Education in Genf.

1930 bis 1934 wirkte sie in der Gartenstadt Hellerau, unter anderem als Mitbegründerin der Staatlichen Wohlfahrtsschule Hellerau, in dieser Zeit gründete sie auch zusammen mit Jean Piaget die Schweizerische Montessori-Gesellschaft und war von 1937 bis zu ihrem Tod Vizepräsidentin der Association Montessori Internationale. 1934 emigrierte sie in die Schweiz, nach Saanen im Berner Oberland. Dort setzte sie ihre Arbeit mit Vorträgen, Kursen, Publikationen und Übersetzungen fort.

Nach 1945 beteiligte sie sich an der Gründung des Internationalen Kinderdorfes Pestalozzi in Trogen, Kanton Appenzell Ausserrhoden. 1947 wirkte sie als Dozentin an der Pädagogischen Hochschule Berlin. 1948 leitete sie das „Büro für kulturellen Austausch“ der „Schweizer Spende für die Kriegsgeschädigten“. Darüber hinaus betätigte sich Elisabeth Rotten auch als Übersetzerin.

Rotten starb im Mai 1964 und wurde in Saanen beerdigt.

Literatur

  • Claus Bernet: Elisabeth Rotten. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 26, Bautz, Nordhausen 2006, ISBN 3-88309-354-8, Sp. 1283–1310.
  • Claus Bernet: Rotten, Elisabeth Friederike. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 22, Duncker & Humblot, Berlin 2005, ISBN 3-428-11203-2, S. 140 (Digitalisat).
  • Dietmar Haubfleisch: Schulfarm Insel Scharfenberg. Mikroanalyse der reformpädagogischen Unterrichts- und Erziehungsrealität einer demokratischen Versuchsschule im Berlin der Weimarer Republik (=Studien zur Bildungsreform, 40). Frankfurt u.a. 2001. ISBN 3-631-34724-3 Inhaltsverzeichnis und Vorwort des Herausgebers der Reihe "Studien zur Bildungsreform"
  • Dietmar Haubfleisch: Elisabeth Rotten (1882 - 1964) - eine (fast) vergessene Reformpädagogin. In: Inge Hansen-Schaberg (Hrsg.): „etwas erzählen“. Die lebensgeschichtliche Dimension in der Pädagogik. Bruno Schonig zum 60. Geburtstag. Baltmannsweiler 1997, S. 114-131. - Überarb. Ausg. unter Weglassung der Abb. Marburg 1997: http://archiv.ub.uni-marburg.de/sonst/1996/0010.html. - Überarb. und akt. Fassung: Elisabeth Rotten (1882-1964) - Netzwerkerin der Reformpädagogik. In: Entwicklung, Bildung, Erziehung. Beiträge für eine zeitgemäße Reformpädagogik (=undKinder. Hrsg. vom Marie Meierhofer Institut für das Kind, Nr. 81), Zürich 2008, S. 47-61.
  • Dietmar Haubfleisch: Elisabeth Rotten (1882 - 1964) - ein Quellen- und Literaturverzeichnis. Marburg 1997: http://archiv.ub.uni-marburg.de/sonst/1997/0010.html
  • Das Werdende Zeitalter (Internationale Erziehungs-Rundschau). Register sämtlicher Aufsätze und Rezensionen einer reformpädagogischen Zeitschrift in der Weimarer Republik. Zusammengestellt und eingeleitet von Dietmar Haubfleisch und Jörg-W. Link (=Archivhilfe, 8), Oer-Erkenschwick 1994. - Auszug der Einleitung (S. 5-16) wieder in: Mitteilungen & Materialien. Arbeitsgruppe Pädagogisches Museum e.V., Berlin, Heft Nr. 42/1994, S. 97-99; Einleitung in leicht korr. Fassung u.d.T.: Dietmar Haubfleisch und Jörg-W. Link: Einleitung zum Register der reformpädagogischen Zeitschrift 'Das Werdende Zeitalter' ('Internationale Erziehungs-Rundschau') wieder: Marburg 1996 (online).

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Stibbe, Matthew (2007): Elisabeth Rotten and the ‚Auskunfts- und Hilfsstelle für Deutsche im Ausland und Ausländer in Deutschland 1914–1919‘, in: Fell, Alison S., Sharp, Ingrid (eds.): The Women’s Movement in Wartime. International Perspectives, 1914–19. Basingstoke, Hampshire u.a., S. 194–210.