Ensemblefilm
Der Ensemblefilm [frz.: ensemble = miteinander, Gesamtheit) bezeichnet eine Filmgattung, bei der die Hauptrollen eines Films in ihrer Wichtigkeit gleichbedeutend sind. Dabei verzichten Stars meist auf ihre übliche Bezahlung[1] und der Ausfall eines Darstellers ist leichter zu verkraften. Die Besetzung im Ensemble kann als Kunstgriff verarbeitet werden, weil der Zuschauer die Entwicklung aller Figuren äquivalent mitverfolgen muss. Es gibt eigene Filmpreise, die für Ensemblefilme verliehen werden, zum Beispiel in den USA die Auszeichnungen National Board of Review Award for Best Cast und Best Ensemble Award der Screen Actors Guild.[2]
] (vonCharakterisierung
Die Dominanz eines Filmhelden ist im US-amerikanischen Film ein wesentliches Stilmerkmal: Der Held ist Mittelpunkt der Geschichte, seine Handlungen, Ziele und Wünsche bestimmen das Geschehen.[3] Andere Figuren sind ihm in ihrer Bedeutung untergeordnet. Die Kritik an diesem Stereotyp bestimmt von Beginn an die Rezension des Hollywoodfilms. Der Ensemblefilm verwendet statt des individuellen Helden entweder ein Heldenkollektiv (Panzerkreuzer Potemkin, 1925), mehrere Protagonisten (Rom, offene Stadt, 1945) oder ein Ensemble von Charakteren, die in ihrer Bedeutung für die Handlung gleichberechtigt sind (Nashville, 1975; Eine Hochzeit, 1978).[3] Tröhler unterteilt den Ensemblefilm in Gruppen- und Mosaikfilm. Während im Gruppenfilm eine Gruppierung wie etwa eine Schulklasse, eine Familie oder informelle Gruppen an einem zentralen Ort auftritt (The Group, 1966), wird ein Mosaikfilm von unabhängigen und zufälligen Überschneidungen von Handlung und Figuren bestimmt (Short Cuts, 1993; 71 Fragmente einer Chronologie des Zufalls, 1994).[4] Ein Ensemble hat in seiner Gesamtheit einen bestimmten Wirkungseffekt. Wenn sich Ensembles über mehrere Filme hinweg formieren, entsteht ein eigenes kommunikatives Repertoire; zum Beispiel in den Filmen von John Cassavetes und Rainer Werner Fassbinder.[5]
Beispiele
Folgende Spielfilme können als Ensemblefilm gewertet werden:
- Sechs Schicksale (1942)
- Frankie und seine Spießgesellen (1960)
- Das Urteil von Nürnberg (1961)
- Der längste Tag (1962)
- Das war der Wilde Westen (1963)
- Eine total, total verrückte Welt (1963)
- Die größte Geschichte aller Zeiten (1965)
- Hotel (1967)
- Casino Royale (1967)
- Airport (1970)
- Erdbeben (1974)
- Mord im Orient- Express (1974)
- Die Brücke von Arnheim (1977)
- JFK (1991)
- Short Cuts (1993)
- Pulp Fiction (1994)
- Heat (1995)
- Mars Attacks! (1996)
- Der schmale Grat (1998)
- Magnolia (1999)
- Rat Race – Der nackte Wahnsinn (2001)
- Ocean’s Eleven (2001, und seine beiden Fortsetzungen)
- Der Herr der Ringe: Die Gefährten (2001, und seine beiden Fortsetzungen)
- Dogville (2003)
- Tatsächlich … Liebe (2003)
- Sin City (2005)
- Bobby (2006)
- The Expendables (2010, und seine beiden Fortsetzungen)
- Movie 43 (2013)
- Das ist das Ende (2013)
- Der Butler (2013)
- Nymphomaniac (2013)
- Grand Budapest Hotel (2014)
- The Hateful 8 (2015)
Literatur
- Tröhler, Margrit: Les films à protagonistes multiples et la logique des possibles. In: Iris 29, 2000, S. 85–102.
Einzelnachweise
- ↑ Geoffrey M. Horn: Movie Acting. Gareth Stevens Inc., 2006. S. 8. ISBN 0-8368-6836-6
- ↑ Outstanding Performance by a Cast in a Motion Picture. Vgl. Submission Categories, Webseite der Screen Actors Guild Awards. Abgerufen am 5. Oktober 2015.
- ↑ a b Hans J. Wulff, Ludger Kaczmarek: Ensemblefilm. In: Lexikon der Filmbegriffe, Hrsg. von Hans. J. Wulff und Theo Bender
- ↑ Tröhler, 2000.
- ↑ Martina Roepke, Hans J. Wulff: Ensemble. In: Lexikon der Filmbegriffe, Hrsg. von Hans. J. Wulff und Theo Bender