Faust – eine deutsche Volkssage

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Film
Titel Faust – eine deutsche Volkssage
Produktionsland Deutschland
Originalsprache Deutsch
Erscheinungsjahr 1926
Länge 106 Minuten
Stab
Regie Friedrich Wilhelm Murnau
Drehbuch Hans Kyser
Produktion Erich Pommer
Musik Werner Richard Heymann (bei der Uraufführung)
Kamera Carl Hoffmann
Besetzung

Faust – eine deutsche Volkssage ist ein deutsches Filmepos von Friedrich Wilhelm Murnau aus dem Jahr 1926.

Handlung

Erzengel Michael und Mephisto schließen einen Pakt, nach dem Mephisto die Erde gehören würde, wenn es ihm gelingt, die Seele des Gelehrten Faust zu erringen.

Als in der Stadt die Pest ausbricht, findet Faust kein Mittel gegen die Seuche. In seiner Verzweiflung ruft er die bösen Geister an. Mephisto, der selbst die Pest entfacht hat, erscheint und bietet ihm seine Hilfe an. Faust lässt sich auf einen Vertrag - zunächst für einen Probetag - ein, indem er als Gegenleistung Mephisto seine Seele verspricht. Es gelingt Faust, einen Pestkranken zu heilen. Doch eine weitere Heilung kann er nicht vollbringen, weil die Kranke ein Kreuz in der Hand hält. Die Menge will Faust steinigen, er rettet sich in sein Studierzimmer.

Mephisto macht ihm jetzt das Ideal der Jugend schmackhaft und Faust wieder jung. Beide ziehen an den Hof von Parma, wo Faust die Herzogin von ihrem Hochzeitsfest weg verführt. Während Faust die Herzogin in Armen hält, ist der Probetag abgelaufen, und Mephisto nötigt Faust die ewige Geltung ihres Pakts ab.

Faust ist vom Rausch des jugendlichen Lebens nicht zufriedenzustellen, es zieht ihn zurück in seine Heimat. Dort begegnet er an der Kirche Gretchen und verliebt sich in sie. Mephistos Tricks verhelfen Faust zunächst zum Zusammentreffen mit Gretchen in Marthe Schwerdtleins Garten - mit letzterer "vergnügt" sich Mephisto. Gretchen gewährt Faust schließlich Zugang zu ihrer Kammer. Mephisto sorgt für Entdeckung des Liebespaars. Er lässt durch einen Wind die Mutter erwachen und lockt Gretchens Bruder Valentin aus dem Wirtshaus nach Hause. Die Mutter entdeckt das Paar im Bett, Valentin stellt Faust auf der Flucht zum Kampf. Mephisto tötet Valentin heimtückisch, ruft den Mord aus und zwingt damit Faust zur sofortigen Flucht.

Gretchen wird als Dirne an den Pranger gestellt und ist eine Ausgestoßene. Im Winter bringt sie ein Kind von Faust zur Welt, das erfrieren muss, da niemand Mutter und Kind Einlass gewährt. Sie wird als Kindsmörderin zum Tod auf dem Scheiterhaufen verurteilt. Ein Hilfeschrei Gretchens dringt zu Faust, er eilt zur Todgeweihten. Noch auf dem Weg verflucht er die Jugend angesichts Gretchens Tragödie, woraufhin Mephisto ihm sein altes Aussehen zurückgibt. Erst auf dem brennenden Scheiterhaufen erkennt Gretchen ihren Faust in dem alten Mann. Sie sterben beide und fahren auf in den Himmel.

Mephisto hat seine Wette mit dem Erzengel verloren, da er besiegt wurde durch eine Macht, die er nicht kennt: Liebe!

Anmerkungen

Die Dreharbeiten zu Faust – eine deutsche Volkssage fanden in den Filmateliers der UFA in Neubabelsberg statt, dem heutigen Studio Babelsberg in Potsdam.[1] „Bauten, Landschaften und Kostüme“ stammen von den beiden bedeutendsten deutschen Szenenbildnern und Filmarchitekten des 20. Jahrhunderts, Robert Herlth und Walter Röhrig.[2]

Als der Film am 14. Oktober 1926 uraufgeführt wurde, stand Friedrich Wilhelm Murnau auf dem Höhepunkt seiner Karriere: Mit Nosferatu, eine Symphonie des Grauens war ihm bereits 1922 einer der bedeutendsten Filme der Stummfilmära gelungen. Drei Jahre später begründete Der letzte Mann (1924) Murnaus internationale Karriere, was den Ruf nach Hollywood nach sich zog: Im Januar 1925 unterschrieb er bei seiner ersten Reise in die Vereinigten Staaten einen Vertrag mit dem Produzenten William Fox. Doch ehe Murnau endgültig nach Kalifornien übersiedelte, drehte er einen letzten Film in Deutschland - den Faust mit Emil Jannings als Hauptdarsteller, der bereits in Der letzte Mann die Hauptrolle gespielt hatte. In den weiteren Hauptrollen besetzte er den schwedischen Theaterstar Gösta Ekman als Faust sowie die zu diesem Zeitpunkt noch unbekannte Camilla Horn als Gretchen, nachdem die eigentliche Wunschbesetzung Lillian Gish absagte.

Murnaus Faust – eine deutsche Volkssage verwebt Motive aus dem Volksbuch Historia von Doktor Johann Fausten – dem weitbeschreyten Zauberer und Schwarzkünstler (1587) mit Elementen aus den Dramatisierungen dieses Stoffes durch Christopher Marlowe und J. W. Goethe: Die Suche des alten Faust nach Weisheit, das Angebot Mephistos, dem greisen Gelehrten mittels eines mit Blut besiegelten Pakts ein Leben in ewiger Jugend zu verschaffen, sowie Fausts Begegnung mit Gretchen mit den Episoden Verführung, Duell mit Gretchens Bruder Valentin, Pranger, Scheiterhaufen und Erlösung durch die Liebe. Und dies alles eingerahmt von den Streitgesprächen zwischen dem Erzengel und dem Herrn der Finsternis.

Bereits das "Vorspiel im Himmel" zeigt einen Hauptcharakterzug von Murnaus Faust: seine ausgeklügelte Kamera- und Tricktechnik, die ihm eine außerordentliche visuelle Kraft verleiht. Murnau lotet im Faust die Grenzen beim Einsatz filmischer Möglichkeiten, insbesondere bei den visuellen Effekten - etwa Doppelbelichtungen - aus. Das Bühnenbild hält die Balance zwischen dem Expressionismus, der seit Das Cabinet des Dr. Caligari (Robert Wiene, 1920) den deutschen Film bestimmt, und - vor allem bei den Landschaftsaufnahmen - der romantischen Malerei, etwa von Caspar David Friedrich und Lovis Corinth.

Filmmusik

Eine neue symphonische Musik erhielt der restaurierte Film 2001 durch den Komponisten Marco Nola. Die Uraufführung fand am 23. Juni 2001 im Rahmen des „Erbhof-Festival Thedinghausen“ [3] statt. Es spielte das Bremer Philharmonische Staatsorchester mit dem Chor des Goethe Theaters Bremen unter der Leitung von Gabriel Feltz [4]. Weitere Aufführungen fanden 2002 in Bremen[5], Gera[6], und Schwäbisch Gmünd[7] statt. 2017 wird die „Faust“-Komposition am Stadttheater Bremerhaven erneut aufgeführt werden.

2013 schuf der Komponist und Dirigent Bernd Wilden eine weitere Musik zum Film. Die Uraufführung fand am 7. November 2013 in der Rudolf-Oetker-Halle in Bielefeld statt, der Geburtsstadt des Regisseurs. Dabei spielten die Bielefelder Philharmoniker mit dem Chor des Musikvereins der Stadt Bielefeld unter der Leitung des Komponisten.

Kritiken

Bei seiner Veröffentlichung in Deutschland erhielt der Film nur mittelmäßige Kritiken und oftmals warfen deutsche Filmkritiker Murnau ein mangelndes Verständnis von Goethes Faust und dessen philosophischer Tiefe vor. Dabei ist Murnaus Werk allerdings nicht als Verfilmung des Goethe-Werkes zu verstehen, sondern ist vielmehr ein „eigenständiges, suggestives Werk“.[8] Mittlerweile wird der Film auch in Deutschland überwiegend positiv bewertet, etwa das Lexikon des internationalen Films: „Murnaus Faust-Version, eine Mischung aus der alten Volkssage und Goethes und Marlowes Variationen, läßt den metaphysischen Kampf zwischen Gut und Böse an der Zeitenwende vom Mittelalter und Irreligiosität erscheinen und deutet Faust als den ersten modernen Menschen mit freier Willensentscheidung und einem Bekenntnis zur Allmacht der Liebe. In seiner letzten Arbeit für die UFA, bevor er nach Hollywood ging, gestaltete Murnau (1888-1931) den klassischen Stoff als Licht- und Schattenspiel, das die Perfektion des deutschen Stummfilmkinos noch einmal suggestiv auskostete: Ein Film voll spielerischer Freude am Phantastischen.“[9]

International erhielt Murnaus Film dagegen schon seit seiner Veröffentlichung hervorragende Kritiken, bei Rotten Tomatoes besitzt er eine positive Wertung von 94 %.[10] Roger Ebert gab dem Film vier von vier Sternen und schrieb zu Faust in seiner Kolumne Great Movies: „F.W. Murnau (1888-1931) machte zwei der größten Filme der Übernatürlichkeit, "Nosferatu" (1922) und "Faust" (1926) (...)“ Ebert lobt insbesondere Murnaus „verwegene visuelle Imagination“ und seine eindrucksvollen Kameraarbeiten und Bildkompositionen.[11]

Literatur

  • Ilona Brennicke, Joe Hembus: Klassiker des deutschen Stummfilms. 1910–1930 (= Goldmann 10212 Goldmann Magnum. Citadel Filmbücher). Goldmann, München 1983, ISBN 3-442-10212-X.
  • Christiane Mückenberger: Faust. Eine deutsche Volkssage. In Günther Dahlke, Günter Karl (Hrsg.): Deutsche Spielfilme von den Anfängen bis 1933. Ein Filmführer. 2. Auflage. Henschel-Verlag, Berlin 1993, ISBN 3-89487-009-5, S. 135 ff.
  • Maik Bozza: Metaphysik und Romanze. Murnaus Faust. In: Maik Bozza, Michael Herrmann (Hrsg.): Schattenbilder – Lichtgestalten. Das Kino von Fritz Lang und F. W. Murnau. Filmstudien. transcript-Verlag, Bielefeld 2009, ISBN 978-3-8376-1103-8, S. 99–115.

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. kinofenster: „Die drei Leben von Babelsberg“ www.kinofenster.de vom 7. Februar 2012, abgerufen 3. Februar 2016
  2. youtube-Video: Titelsequenz „Faust – eine deutsche Volkssage“ www.youtube.com vom 27. Dezember 2012, abgerufen 3. Februar 2016
  3. Spektakel in stilvollem Ambiente
  4. Publikum hingerissen von Uraufführung, Weser-Kurier vom 25. Juni 2001
  5. Sternklar und unvergesslich, die tageszeitung vom 19. August 2002
  6. Küchengarten wird zur großen Bühne
  7. "Faust" auf dem Münsterplatz
  8. http://www.wissen.de/lexikon/faust-eine-deutsche-volkssage
  9. http://www.zweitausendeins.de/filmlexikon/?sucheNach=titel&wert=24672
  10. "Faust" bei Rotten Tomatoes
  11. http://www.rogerebert.com/reviews/great-movie-faust-1926