Gated Community

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Zufahrt zu einer geschlossenen Wohnanlage (Boca Bayou condominiums in Boca Raton, Florida)

Eine Gated Community beschreibt einen geschlossenen Wohnkomplex mit verschiedenen Arten von Zugangsbeschränkungen. Die Größe von Gated Communitys variiert von einzelnen bewachten Appartementblöcken bis hin zu großflächigen Siedlungen mit über 100.000 Einwohnern mit eigener Infrastruktur wie Einkaufsmöglichkeiten, Gemeinschaftseinrichtungen, eigenen Schulen und Krankenhäusern und sogar eigenen Bürozentren und Arbeitsstätten. Seit den 1970er Jahren ist die Anzahl der geschlossenen Wohngegenden kontinuierlich gestiegen, vor allem in den Ballungszentren Nord- und Südamerikas. Auch in Asien und Europa gibt es seit Beginn des 21. Jahrhunderts diese Art von Wohnform.

Geschichte

Ab dem 19. Jahrhundert zogen sich wohlhabende Leute in private Wohnanlagen zurück, um sich vor den Auswirkungen der Industrialisierung zu schützen.[1] Schon 1857 entstand in New Jersey eine der ersten Gated Communitys, der Llewellyn Park. Dieser besteht aus Villen, einem künstlich angelegten Teich und verfügt über 13 ha Land. Die Privatsiedlung mit überwachter Toreinfahrt ist ein Vorbild für die Entstehung weiterer privater Wohngegenden, die zunächst von wohlhabenden Bürgern bewohnt wurden.[2]

Auch in Paris entstanden ab Mitte des 19. Jahrhunderts privat erschlossene, gemeinschaftlich verwaltete und geschlossene Wohnviertel. Herausragendes Beispiel ist die „Villa Montmorency“.[3] Dennoch sind Gated Communitys über längere Zeit hinweg in erster Linie ein amerikanisches Phänomen der Sun-Belt-Staaten wie Arizona, Kalifornien oder Florida sowie der Ballungsräume von New York City und Chicago geblieben. Sie dienten oftmals als Zweitwohnsitz und wurden überwiegend von Rentnern in Anspruch genommen.[4]

Der eigentliche Boom begann ungefähr 1970, jetzt waren Gated Communitys nicht nur der privilegierten Bevölkerung vorbehalten, auch die unvermögenden Bürger konnten sich ein Leben in privaten Wohnsiedlungen leisten. Dies wiederum führte bei der Oberschicht zu dem Wunsch nach noch exklusiveren Angeboten innerhalb der Gated Communitys, wie zum Beispiel Golfplätzen.[5]

Verbreitung

Eine Erhebung im Jahr 2000 ergab, dass es in den USA mittlerweile knapp über 20.000 Gated Communitys für insgesamt mehr als neun Millionen Einwohner gibt. Daraus ergibt sich, dass 3,2 % der Gesamtbevölkerung der USA in Gated Communitys leben. Darüber hinaus gibt es noch andere Wohnanlagen, die zwar nicht durch ein Tor geschützt sind, aber über andere Sicherheitsmaßnahmen verfügen. Daraus geht hervor, dass über 20 Millionen Amerikaner in Siedlungen mit besonderen Sicherheitsmaßnahmen leben.[6]

Gründe für die Verbreitung

Es gibt verschiedene Gründe und Motivationen der Menschen, in Gated Communitys zu wohnen. In Gated Communitys zu leben bedeutet auch gleichzeitig ein Rückzug aus der gewohnten und städtischen Umgebung, der mit Veränderungen der eigenen Lebensweise einhergeht. Es handelt sich dabei um folgende, häufige Motive:[7]

  • die Angst vor Kriminalität (Schutz durch Mauern, Sicherheitspersonal, Überwachungsmaßnahmen)
  • Abgrenzungsbedürfnisse bspw. vor anderen Gesellschaftsschichten
  • die Unzufriedenheit mit öffentlichen Dienstleistungen
  • die Möglichkeit der Mitgestaltung und -wirkung der eigenen Wohnsiedlung
  • Verlangen nach Ruhe, Naturnähe, Privatsphäre und sozialer, kultureller Homogenität (verkehrsarme Planung der Straßen)
  • der hohe Status von Bewohnern dieser Viertel in der übrigen Stadt (hohes Soziales Kapital)

Typologien

Aufgrund des unterschiedlichen Grades ihrer Abgrenzung, der Art der eingesetzten Sicherheitsmaßnahmen sowie ihrer Bewohnerschaft samt ihren Einzugsmotiven sind in der Literatur verschiedene Typologien der Gated Communitys herausgebildet. Gated Communitys lassen sich demnach nach ihrer Sicherheit und Abgrenzung und nach Gründen ihrer Entstehung unterschiedlich kategorisieren.

Nach Sicherheit und Abgrenzung

Nach Sicherheit und Abgrenzung werden Gated Communitys in drei verschiedene Kategorien unterteilt:[8]

Neu entstehende private Gated Communitys

Neu entstehende private Gated Communitys befinden sich vor allem in Vororten und werden von Angehörigen der unteren Mittelschicht bis hin zur Oberschicht bewohnt. Sie sind dadurch gekennzeichnet, dass ihr Aufbau von Anfang an streng geplant ist, damit ein einheitliches Bild entsteht. Bei neu geplanten Gated Communitys wird das Wohnviertel durch eine Mauer oder einen Zaun abgegrenzt. In größeren Einheiten können die Bewohner zahlreiche Alltagsaktivitäten verrichten; es gibt Einkaufmöglichkeiten, Kindergärten u. ä. In kleineren Anlagen sind diese Möglichkeiten eng begrenzt; oft gibt es nur eine kleine Gartenanlage als einzige Gemeinschaftseinrichtung. Die Bewachung wird oft von privaten Wachdiensten übernommen.

Nachträglich geschlossene Nachbarschaften

Im Gegensatz zu neu entstehenden privaten Gated Communitys werden nachträglich geschlossene Nachbarschaften nicht auf Initiative von Bauträgern entwickelt, sondern schon bestehende Wohnviertel werden nachträglich auf Wunsch der Bewohner umzäunt. Diese Gated Communitys liegen oft mitten in einer Stadt, was Schwierigkeiten mit sich bringt, da beispielsweise Durchfahrtsstraßen eine komplette Abriegelung verhindern können.

Doorman- oder Concierge-Gebäude

Bei Doorman- oder auch Concierge-Gebäuden handelt es sich, anders als bei Gated Communitys, ausschließlich um ein Gebäude, in dem mehrere Mietparteien wohnen. In dieses Gebäude gelangen nur die Bewohner oder auch Gäste, die vorher von dem jeweiligen Bewohner angemeldet worden sind. Außerdem gibt es in manchen Fällen Gesichts- und Ausweiskontrollen. Die Zugangsüberwachungen können unterschiedlich ausgeführt werden. Die Installation von Kameras oder die Einstellung von so genannten Doormen oder Concierge als Torwächter wären möglich.

Nach ihrer Bewohnerschaft und Einzugsmotiven

Edward Blakely und Mary Snyder machen ihre Typologien von Gated Communitys an den in den USA existierenden Communitys fest und unterteilen diese in drei idealtypische Kategorien. Sie unterscheiden zwischen Lifestyle Communities (Lebensstil-Gemeinschaften), Prestige Communities (Prestige-Gemeinschaften) und Security Zone Communities (Sicherheits-Gemeinschaften), die sich alle aus verschiedenen Gründen bilden und unterschiedliche Zugangsbedingungen besitzen. Jedoch ist nicht auszuschließen, dass in der Realität auch Überschneidungen zwischen den Kategorien vorzufinden sind. Als Bedingung aller Gated Communitys müssen eine (sichtbare) Abgeschlossenheit gegenüber Nichtmitgliedern, eine eigenständige (Versorgungs-) Infrastruktur und das Bestehen einer Gemeinschaft mit gewissen Regeln gegeben sein.[9]

Lifestyle Communitys (Lebensstil-Gemeinschaften)

In Lifestyle Communitys finden sich Personen nach ihren Interessen bzw. ihrer Lebenseinstellung zusammen, um dort unter Gleichgesinnten, abgegrenzt von anderen, zu leben und Freizeitmöglichkeiten gemeinsam und exklusiv zu nutzen.

Es gibt drei Arten von Lifestyle Communitys: Retirement Communitys (Rentner-Gemeinschaften), Golf and Leisure Communitys (Golf- und Freizeitgemeinschaften) und Suburban New Towns (Neuentstehende Vorstadt-Gemeinschaften), welche allesamt sehr häufig in den so genannten Sunbelt-Staaten der USA, die sich von Kalifornien durch den kompletten Süden bis nach Florida ziehen, zu finden sind.

  • Retirement Communitys werden in der Regel von Personen der Mittel- und der gehobenen Mittelklasse bewohnt, die das Rentenalter bereits erreicht haben, da ein bestimmtes Alter in diesen Gemeinschaften meist als Voraussetzung für einen Einzug gilt. In nicht wenigen Fällen werden die Häuser anfangs lediglich als Zweitwohnsitze genutzt und nur in den Wintermonaten genutzt, die dort ebenfalls mit angenehmen Temperaturen aufwarten.
  • Golf and leisure Communitys lassen Menschen der Oberschicht zusammenkommen, die abgegrenzt von anderen in einem elitären Kreis wohnen möchten. Gemeinsames Interesse, beispielsweise am Golf- oder Tennissport, spielt zudem eine wichtige Rolle in diesen Gemeinschaften und wird in vielen Fällen durch Mitgliedschaften in den verschiedenen Clubs unterstrichen.
  • Suburban new town Communitys sind die modernste Form der Lifestyle Communitys. Es handelt sich hierbei um riesige, oft mehrere tausend Wohneinheiten umfassende Gemeinschaften, die allerdings nicht von vornherein als solche gedacht waren, sondern erst nachträglich geschlossen wurden und darum neben Wohngebiet auch gewerbliche Flächen mit einschließen können. Die Zusammenschlüsse resultieren oft aus Unzufriedenheit mit der städtischen Versorgung, wie z. B. der Müllabfuhr, die dann in der Community von den Mitgliedern selbst geregelt wird und das Gebiet quasi zu einer völlig autonomen Vorstadt-Gemeinschaft werden lässt.

Security Zone Communitys

Die Motivation von Personen, sich in sogenannten Security-Zone-Communitys zusammenzuschließen, wird hauptsächlich durch begründete oder unbegründete Angst vor Kriminalität sowie ein mitunter als unerträglich empfundenes Verkehrsaufkommen in ihrer Umwelt geleitet. Das Sicherheitsbedürfnis überwiegt für die Bewohner dieser Communitys, als primäre Motivation, und spiegelt sich in der Planung sowie Umsetzung wider. Der Zugang zu diesen Security-Zone-Communitys wird stark reglementiert und durch Überwachungs- und Sicherheitsvorrichtungen (Zäune, Sicherheitstore, Bewegungsmelder etc.), sowie privates Wachpersonal, für Nichtmitglieder so gut wie unmöglich gemacht.

In gewisser Form findet das Prinzip der Security-Zone-Communitys auch Anwendung bei der Umsetzung von Lifestyle-Communitys.

Prestige Communitys

Prestige Communitys bilden einige der sich am schnellsten verbreitenden Gated-Communitys-Formen. Vor allem die Stabilität der sozialen und wirtschaftlichen Umwelt sowie das Bieten von Luxus sind hier wichtig. Die Abgrenzung von der Außenwelt und die Privatisierung staatlicher Dienstleistungen sind vorhanden, stehen jedoch im Hintergrund. Es besteht folgende Unterscheidung von Typen:

  • Rich-and-famous-Communitys waren die ersten Wohngegenden dieser Art in den Vereinigten Staaten. Sie dienen als Rückzugsort für Prominente und Reiche. Sie sind durch Sicherheitsanlagen und Wachpersonal geschützt. Oft werden sie sogar versteckt angelegt, um dem Interesse der Öffentlichkeit ganz zu entgehen.
  • Top-Fifth-Communitys wurden für Bewohner von weniger exklusivem Status entworfen. Sie bieten diesen dennoch Prestigegüter wie prunkvolle Parkanlagen und sogar künstliche Strände an. Auch hier ist der Zugang stark beschränkt und wird stets bewacht.
  • Executive-Communitys sind die Bürgerliche-Mittelstand-Version dieser Community-Form. Sie sind mit weit weniger Mitteln ausgestattet, bieten ihren Bewohnern dennoch das Gefühl von Luxus und einem prestigeträchtigen Stand in der Gesellschaft. Innerhalb der Community werden Gleichheit, Ordnung und Sicherheit als Sinnbild für Stabilität wahrgenommen. Diese Form von Community taucht in den Vereinigten Staaten immer häufiger auf.

Struktur, Verwaltung und Organisation

Viele Gated Communities haben eine besondere Art der Verwaltung, die durch die HOAs (Homeowners Associations) ausgeführt wird. Sie besitzen neben den Grundstücken auch Teile der Straßen, Gehwege und gegebenenfalls Tore. Ihr Hauptziel ist es, den Wert ihrer Grundstücke zu erhalten.

Dazu dienen ihnen die CC&Rs (Convenants, Conditions & Restrictions), die einen Teil des Mietvertrages darstellen und vielzählige Anforderungen an die Bewohner stellen. Dazu gehört neben der Gestaltung des Grundstückes, z. B. Art der Pflanzen oder Höhe der Hecke, auch die Einrichtung im Haus selbst. So soll unter anderem darauf geachtet werden, in welcher Farbe die Fassade gestrichen wird, welche Art von Gardinen vor den Fenstern hängen und welche Möbel von außen ersichtlich sind. Bei einem Verstoß gegen die CC&Rs wird der Mieter verwarnt. Sollte er sich wiederholt nicht an die Richtlinien halten, kann eine Klage folgen.

Die HOAs bieten darüber hinaus oftmals gemeinschaftliche Dienstleistungen an, die sonst zumeist durch staatliche bzw. kommunale Stellen erbracht werden. Sie kümmern sich z. B. um die Müllabfuhr, die Kanalisation und die Reparatur von Straßen. Die Kosten dafür werden meist den Mietern zur Last gelegt. Über die Entscheidungen der HOAs können die Mieter mitbestimmen, jedoch meist mit einer Art Zensuswahlrecht: die Anzahl der Stimmen richtet sich hauptsächlich nach dem Wert des Besitzes.

Anfang der 1960er Jahre gab es ca. 500 HOAs, 1970 waren es 10.000, 1980 55.000 und um 2000 betrug ihre Anzahl 205.000, von denen über die Hälfte zusammenhängende private Wohnanlagen vertreten.[10]

Beispiele

Aus den USA

Über 40 % der planmäßigen Siedlungskomplexe im Westen, Süden und Südosten der USA sind Gated Communities. Nach Blakely & Snyder haben sich bereits sechs Gated Communities als vollständig unabhängige Gemeinden etabliert, darunter Canyon Lake (Kalifornien) mit 14.000 Einwohnern.[11] Schöps hat für Südtexas nachgewiesen, dass die Verbreitung von Gated Communities durch wirtschaftliche Prosperität und Bevölkerungszunahme verstärkt werden kann und die Siedlungsstruktur ganzer Metropolregionen dabei binnen kürzester Zeit grundlegend verändert wird. Mit der Zunahme von umschlossenen Wohnkomplexen kommt es zu nachhaltig negativen Effekten auf die sozialen Interaktionspotenziale der Be- und Anwohner und zu damit verbundenen massiven sozialen Desintegrationsprozessen bis hin zum vollständigen Ausschluss der offenen Stadt von der Lebenswelt der Bewohner der Gated Communities.[12]

Desert Mountain (USA)

Ein Beispiel für eine Gated Community in den USA ist der Desert Mountain Wohnpark (Scottsdale). Dieser verfügt über 29 kleinere Dörfer und ist auf ca. 3.200 Hektar verteilt. Davon sind 800 Hektar im Tonto National Forest. Die komplette Anlage ist radarüberwacht und somit unter ständiger Kontrolle. Diese bietet unter anderem fünf Golf- und 17 Tennisplätze, drei Clubhäuser und andere luxuriöse Möglichkeiten, die die Wohnanlage einzigartig macht. Insgesamt sind ca. 600 Bedienstete dort eingestellt. Der Preis für einen Wohnkomplex variiert zwischen 1,25 und 8,7 Mio. US-Dollar.[13]

Aus Deutschland

Arcadia

Das bekannteste Beispiel in Deutschland für eine Gated Community ist die Arcadia-Wohnanlage. Sie liegt am Ufer der Havel in der UNESCO-geschützten Parklandschaft Potsdams und bietet auf einer Fläche von ca. 30.000 m² Platz für acht Villen und 43 Wohnungen. Die Wohnanlage lässt einen Ausblick auf die Schlösser Babelsberg und Glienicke zu und verfügt über eine eigene Grünanlage. Die Wohnanlage ist umzäunt und wird mit Kameras überwacht. Hinzu kommen die „Doormen“, die die Wohnanlage überwachen. Zusätzliche Dienste werden in der Wohnanlage zudem angeboten, wie z. B. Hol-, Bring- oder auch Reparaturdienste. Jedoch blieb der erhoffte Erfolg der Arcadia-Wohnanlage als eine Gated Community aus. Eine der Ursachen hierfür wird in der Lage zum Ufer gesehen. Dieses ist öffentlich zugänglich und garantiert für sich somit keine Exklusivität für die Bewohner.[14][15]

Barbarossapark

2005 wurde im Zentrum von Aachen rund 200 m Luftlinie vom Marktplatz entfernt durch die Delius-Gruppe auf einer Brachfläche von 3.500 m² im Dreieck Pontstraße, Neupforte, Hirschgraben eine geschlossene Wohnanlage aus 29 luxuriösen Eigentumswohnungen mit dem Namen „Barbarossapark“ gebaut.[16][17] Ein Stück der in die Anlage integrierten historischen Stadtmauer ergänzt um einen 2,50 m hohen efeubewachsenen Drahtzaun schirmen die Anwohner, die überwiegend dem Bildungsbürgertum zuzurechnen sind und deren Altersdurchschnitt über 50 Jahre liegt, von den umliegenden Wohngebieten ab. Der Zutritt erfolgt durch ein Gittertor mit Videoüberwachung in der Barbarossamauer.[18]

Wohnanlage am Olympiapark

2000 wurden in München auf dem Gelände einer ehemaligen Molkerei unmittelbar südlich des Olympiaberges zehn fünfgeschössige Häuser als Solitäre mit einer 22.000 m² großen Gartenlandschaft durch die Bayerische Hausbau erbaut.[19] Im autofreien Hof in der Mitte der Anlage befinden sich ein von Bäumen umgebenenes, vier Meter breites und 70 Meter langes Wasserbecken sowie fünf Kinderspielplätze. Eine zweieinhalb Meter hohe Mauer sowie ein eisernes Tor mit Videoüberwachung schützt die Bewohner vor unerwünschten Besuchern.[20]

Spanien: La Finca bei Madrid

Zahlreiche Fußballstars von Real Madrid wohnen in einer abgeschotteten Wohnanlage in nahezu baugleichen Häusern desselben Architekten, Joachin Torres.[21]

Frankreich

Beispiele in Frankreich sind die Domaine Le Grand Duc in Mandelieu (bei Cannes) sowie Les Hauts de Vaugrenier und Domaine du Loup in Villeneuve-Loubet (bei Nizza).

Mittel- und Osteuropa

In ganz Osteuropa sind nach 1990, vor allem aber nach 2000 geschlossene bewachte Wohnkomplexe entstanden, so in St. Petersburg, Warschau, Sofia, die meist jungen wohlhabenden Personengruppen und international tätigen Akteuren als Wohnstätten dienen. Öffentlichen Einrichtungen wird der Schutz dieser Wohnungen nicht mehr zugetraut.[22] Polen hat besonders viele solcher Siedlungen.[23]

Südafrika

Viele Angehörige der Ober- und Mittelschicht haben sich seit den 1990er Jahren in eingezäunte, extrem gesicherte sog. Compounds (deutsch: eingezäuntes Gelände, Gehege) zurückgezogen. Diese umfassen einzelne Häuser oder ganze Wohnanlagen. Während der Stromversorgungskrise im Boom 2007/2008 wurde der Strom in einzelnen Wohnvierteln stundenweise abgeschaltet. So häuften sich Einbrüche in den von Elektrozäunen gesicherten Wohnanlagen. Nach Einsetzen der Finanzkrise ging die Elektrizitätsnachfrage zurück und die Energieversorgung war wieder gesichert.[24]

Kritik

Kritiker bemängeln, dass Gated Communities der allgemeinen Öffentlichkeit nicht unbeschränkt zugänglich sind, dass also öffentlicher Raum verloren gehe. Auch wenn die Idee der „europäischen Stadt“ als offenes, demokratisches, sozial integriertes Gemeinwesen im Sinne eines normativen Ideals nie vollständig erfüllt wurde, sei doch die Planung daran zu bemessen.[25]

Darüber hinaus wird kritisiert, dass die staatliche Verwaltung – je nach Art der Gated Community – einen Teil ihrer Planungs- und Verwaltungshoheit an die Träger der Wohnanlagen abgibt. Umgekehrt sei das Wuchern der Gated Communities ein Indikator für eine schwache Regulation der Stadtentwicklung (so z. B. in Istanbul).[26] Studien aus England und Frankreich belegen, dass die öffentliche Verwaltung unter dem Druck von Immobilienanbietern auf Einsprüche gegen unerwünschte Eigenschaften der Gated Communities verzichten. Insbesondere wenn es – wie in Frankreich – Anbietern gelingt, ihre Leistungen als „innovativ“ – z. B. im Hinblick auf die öffentliche Sicherheitsdebatte – zu verkaufen, tritt die Verwaltung einen Teil ihrer Planungsfunktion ab.[27] Umgekehrt gelingt es ab und zu, traditionelle geschlossene Wohnkomplexe unter dem Druck der Anwohner zu öffnen.[28]

Oft wird den Gated Communities seitens ihrer Kritiker auch Segregation und soziale Abgrenzung gegenüber dem Umfeld vorgeworfen.[29][30] Dabei bestehe die Gefahr der (Selbst-)Isolierung und Fixierung der Bewohner auf ihre Community, was den Zusammenhalt der Gesamtgesellschaft gefährde. Die Kritik ähnelt in diesem Punkt jener an so genannten Parallelgesellschaften.

Demgegenüber kommen Analysen von Gated Communities in Osteuropa zu dem Schluss, dass sich die meisten Einwohner untereinander gar nicht kennen, dass sie also auch kein Interesse an sozialem Zusammenhalt und an einer Vernetzung haben. Es handele sich um eine Wohnpräferenz einkommensstarker Bevölkerungsschichten, die der lokalen Wohnungsmarktsituation mit ihrem Mangel an sauberen und sicheren Wohnlagen, vor allem aber den Sauberkeit und Sicherheit versprechenden Angebotsstrategien internationaler Immobilienbetreiber geschuldet sei.[31]

Aus Sicht von Kritikern seien einige Gated Communities durch strikte Regulierung gekennzeichnet. So existieren Vorschriften zur Instandhaltung von Häusern und Pflege von Gärten (Mindestbudgets für Bepflanzungen, Brutregelungen für Vögel, Unkrautbeseitigung), Besuchs- und Untervermietungsbeschränkungen („rental restrictions“), Regeln, die in die persönliche Lebensplanung eingreifen und andere soziale und optische Regelungen bis hin zu speziellen Naturschutz- oder Katastrophenschutzplänen nur für die Wohnanlage.[32] U. a. wird in verschiedenen Gated Communities der USA von den Parzelleneigentümern der Abschluss einer teuren Versicherung gefordert, damit ihre Häuser nach Hurricanes nicht als Ruinen leer stehen. In Florida ist der Wohnungseigentümer nur noch für die Stromkosten zuständig und wird dadurch fast in einen Mieter verwandelt; alle anderen Serviceleistungen werden über eine Community Fee abgegolten.[33] Der Gründer einer Gated Community entscheidet in vielen Fällen auch über Mitgliedschaft und Ausschluss und ist die letzte Instanz in allen Streitigkeiten. In Gated Communities werden diese Regeln jedoch per privatrechtlichem Vertrag vereinbart und nicht durch staatliche Vorschriften gesetzt.

Synonyme

  • condomínios fechados und condomínios exclusivos in Portugal und Brasilien
  • barrios cerrados, barrios privados und urbanizaciones cerradas in Venezuela, Argentinien und Ecuador
  • condominios verticales, gesicherte Apartmenthochhäuser, die vornehmlich für die Ober- und Mittelschicht errichtet werden. Eine Spezialform ist der sogenannte torre jardin, ebenfalls ein Apartmenthochhaus, das jedoch von der Straßenfront zurückgesetzt ist und über eine private Grünfläche verfügt, die ausschließlich den Bewohnern zugänglich ist.
  • ensembles résidentiels clos in Frankreich, etwa Villa Montmorency im 16. Arrondissement von Paris[34]
  • osiedla strzeżone, osiedla (o)grodzone, osiedla zamknięte in Polen

Eine Sonderform sind die Country Clubs, die ursprünglich allein der sportlichen Betätigung wohlhabender Bürger dienten, heute aber meist geschlossene Wohnanlagen in Außenbezirken von Städten mit besonders großen Grundstücken und exklusiven Sportanlagen sind.

Literatur

Gated Communities in der Belletristik

Fachliteratur

  • Georg Glasze: Geschlossene Wohnkomplexe (gated communities): „Enklaven des Wohlbefindens“ in der wirtschaftsliberalen Stadt. In: Heike Reggenthin (Hrsg.): Stadt – der Lebensraum der Zukunft? Gegenwärtige raumbezogene Prozesse in Verdichtungsräumen der Erde. Mainzer Kontaktstudium Geographie. Band 7. Mainz 2001, S. 39–55 (online; PDF; 1,5 MB).
  • Georg Glasze: Some reflections on the economic and political organisation of private neighbourhoods. In: Housing Studies (20) 2: 221–233, 2005, doi:10.1080/026730303042000331745 (online; PDF; 1,1 MB)
  • Georg Glasze: Gated community. In: Marquart, N. und V. Schreiber (Hrsg.): Ortsregister: Ein Glossar zu Räumen der Gegenwart. 2012, Transcript. S. 126–132 (online; PDF; 335 kB)
  • S. M. Low: Behind the Gates: Life, Security and the Pursuit of Happiness in Fortress America, 2003 New York/London: Routledge. ISBN 0415944384.
  • Stefan Preis: Die filmische Darstellung von Gated Communities am Beispiel von „The Stepford Wives“ und „The Village“.[35]
  • Andreas Schöps Inseln der Gleichheit und Glückseligkeit? Die strukturelle, institutionelle und soziale Integration der Gated Communities im Lower Rio Grande Valley, Texas (USA) in ihr Umland – ein sozialgeographischer Beitrag. Passau. 2011. ISBN 978-3-9811623-6-3

Weblinks

Commons: Gated communities – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Edward J. Blakely, Mary Gail Snyder: Fortress America. Gated Communities in the United States, 2. Auflage, 1999, Washington: Brooking Institution Press. ISBN 0815791070. S. 3 ff.
  2. K. Frantz: Gated Communities in Metro Phoenix (Arizona). Neuer Trend in der US-amerikanischen Stadtlandschaft. In: Geographische Rundschau 53, 2001: S. 12f.
  3. Georg Glasze: Bewachte Wohnkomplexe und „die europäische Stadt“, Paper, Geograph. Institut der Universität Mainz, o.J., online: http://www.sokoliuk.de/ag-glasze/gated-communities/Abstracts%20GeogrHelv%20Deutsch/Editorial%20Glasze.pdf
  4. K. Frantz: Gated Communities in Metro Phoenix (Arizona). Neuer Trend in der US- amerikanischen Stadtlandschaft. In: Geographische Rundschau 53, 2001: S. 13
  5. Jan Wehrheim: Die überwachte Stadt – Sicherheit, Segregation und Ausgrenzung. 1. Auflage. Leske + Budrich Verlag, Opladen 2002, ISBN 978-3-8100-3383-3, S. 168 ff.
  6. Jan Wehrheim: Die überwachte Stadt – Sicherheit, Segregation und Ausgrenzung. 1. Auflage. Leske + Budrich Verlag, Opladen 2002, ISBN 978-3-8100-3383-3, S. 170 f.
  7. Jan Wehrheim: Die überwachte Stadt – Sicherheit, Segregation und Ausgrenzung. 1. Auflage. Leske + Budrich Verlag, Opladen 2002, ISBN 978-3-8100-3383-3, S. 173 f.
  8. Jan Wehrheim: Die überwachte Stadt – Sicherheit, Segregation und Ausgrenzung. 1. Auflage. Leske + Budrich Verlag, Opladen 2002, ISBN 978-3-8100-3383-3, S. 175 ff.
  9. Edward J. Blakely, Mary Gail Snyder: Fortress America. Gated Communities in the United States, 2. Auflage, 1999, Washington: Brooking Institution Press. ISBN 0815791070. S. 39 ff.
  10. Edward J. Blakely, Mary Gail Snyder: Fortress America. Gated Communities in the United States, 2. Auflage, 1999, Washington: Brooking Institution Press. ISBN 0815791070. S. 180
  11. Edward J. Blakely, Mary Gail Snyder: Fortress America. Gated Communities in the United States, 2. Auflage, 1999, Washington: Brooking Institution Press. ISBN 0815791070. S. 26
  12. Andreas Schöps: Inseln der Gleichheit und Glückseligkeit? Die strukturelle, institutionelle und soziale Integration der Gated Communities im Lower Rio Grande Valley, Texas (USA) in ihr Umland.Passau. 2011. ISBN 978-3-9811623-6-3)
  13. K. Frantz: Gated Communities in Metro Phoenix (Arizona). Neuer Trend in der US-amerikanischen Stadtlandschaft. In: Geographische Rundschau 53, 2001: S. 4
  14. Georg Glasze: Geschlossene Wohnkomplexe (gated communities): „Enklaven des Wohlbefindens“ in der wirtschaftsliberalen Stadt. In: Stadt – der Lebensraum der Zukunft? Gegenwärtige raumbezogene Prozesse in Verdichtungsräumen der Erde. Band 7, 2001, S. 10 (PDF-Datei; 1,5 MB).
  15. Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, „Leben hinterm Zaun“, von Lena Schipper, Roland Lindner und Thomas Scheen, 21. Februar 2016
  16. wenig freude am Projekt Barbarossapark in Aachener Nachrichten vom 8. Februar 2005
  17. im Luxus eingemauert in Focus vom 17. Mai 2011
  18. im Luxus eingemauert in Bild der Wissenschaft vom 19. Juli 2011
  19. Grundstein für Wohnanlage am Olympiaberg in München gelegt
  20. Reiche hinter Gittern in Süddeutsche Zeitung vom 22. November 2011
  21. Bunker für die Galaktischen. Spiegel 51/2012
  22. Christian Smigiel, Sozialräumlicher Wandel in Stadtregionen des östlichen Europa. Eine Bestandsaufnahme des Aufkommens einer neuer Wohnform: Geschlossene und bewachte Wohnkomplexe in der bulgarischen Hauptstadt Sofia, in: Modernisierung in Ost- und Mitteleuropa? Arbeitspapiere der Forschungsstelle Osteuropa der Universität Bremen, Nr. 98, Sept. 2008, S. 83–86
  23. Video der Deutschen Welle (4.30 min) auf der Seite der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, abgerufen am 14. April 2016
  24. kapstadt-entdecken.de, Zugriff 23. Juli 2013
  25. G. Glasze: Privatisierung öffentlicher Räume? Einkaufszentren, Business Improvement Districts und geschlossene Wohnkomplexe, in: Berichte zur deutschen Landeskunde 75 (2–3): 160–177; siehe auch Glasze, Bewachte Wohnkomplexe …, o.J., o.S.
  26. Glasze, Bewachte Wohnkomplexe ..., o.J., o.S. (nach einer Studie von Jean-François Pérouse)
  27. Glasze: Bewachte Wohnkomplexe …, o.J., o.S.
  28. P. J. Atkins: How the West End was Won: the Struggle to Remove Street Barriers in Victorian London, in: Journal of Historical Geography 19. Jg. 1993 (H. 3), S. 265–277
  29. Tilman Harlander: Leitbild soziale Mischung – vom ‚empfehlenswerten Durcheinanderwohnen‘ zu ‚gated communities‘, in: Die alte Stadt 27, 2000, S. 97
  30. T. P. R. Caldeira: Fortified Enclaves: The New Urban Segregation, in: Public Culture 8: 303–328.
  31. Christian Smigiel, 2008, S. 85
  32. Siehe beispielhaft für einige dieser Beschränkungen und Gebote den Common Code von Canyon Lake, http://www.cityofcanyonlake.com/code_enforcement.asp Zugriff 24. Juli 2013
  33. http://floridakauf.com/florida/immobilienkauf.html Ziffer 8, Zugriff 24. Juli 2013
  34. La Cité interdite, lepoint.fr vom 10. Juli 2008 (frz.), abgerufen am 16. Mai 2012
  35. Interfilm-Akademie München, Die filmische Darstellung von Gated Communities, 2015