Heinz Herre

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Heinz Danko Herre (* 23. Januar 1909 in Sankt Avold, Elsaß-Lothringen; † 5. Oktober 1988 in Krün), Dienstnamen Dessau und Herdahl,[1] war ein deutscher Offizier, zuletzt im Dienstgrad eines Brigadegenerals der Reserve der Bundeswehr und Angehöriger des Bundesnachrichtendienstes.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Beförderungen

Herre wurde 1909 als Sohn eines Offiziers geboren. Nach der Reifeprüfung 1927 trat er in Hannover in das 13. (Preußische) Reiter-Regiment ein. 1928/29 besuchte er die Infanterieschule der Reichswehr in Dresden. 1933 legte er eine Dolmetscherprüfung für Russisch ab. 1934 wurde er Zugführer und 1935 Kompaniechef im Pionierbataillon in Hann. Münden, später dann im Gebirgspionierbataillon in Mittenwald.

1936 war er als Ehrenoffizier zu den Olympischen Spielen in Berlin abkommandiert; er selbst absolvierte zuvor verschiedene Vorbereitungskurse im Fünfkampf. Von 1937 bis 1939 nahm er am Generalstabslehrgang an der Kriegsakademie in Berlin teil. Im August 1939 wurde er Dritter Generalstabsoffizier (Ic) im Führungsstab Wodrig und im Oktober 1939 des XXVI. Armeekorps in Polen, den Niederlanden und Belgien. Im Juni 1940 wurde er Zweiter Generalstabsoffizier (Ib) der 3. Gebirgsdivision. Von Juli bis Oktober 1940 war er Ib beim stellvertretenden Generalkommando XVIII. Armeekorps in Salzburg. Von 1940 bis 1942 diente er als Generalstabsoffizier u. a. bei einer Gebirgsdivision. 1943 kam er als Gruppenleiter zur Abteilung Fremde Heere Ost unter Reinhard Gehlen. In dieser Position war er zusätzlich in der Zeit 1943/44 Chef des Stabes des Generals der Freiwilligen-Verbände beim Oberkommando des Heeres. Ebenso war er dadurch kurzzeitig in Italien eingesetzt, bis er Ende 1944 als Chef des Stabes zu der von Andrei Andrejewitsch Wlassow geführten und an der Seite der deutschen Wehrmacht kämpfenden Russischen Befreiungsarmee kam.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges kam Herre in Kriegsgefangenschaft und stieß im Frühjahr 1946 zur Gruppe um Reinhard Gehlen in Fort Hunt in Virginia. Im Juli 1946 kehrte die Gruppe nach Deutschland zurück und wurde als Auswertegruppe in die von Hermann Baun geleitete Operation Rusty integriert, eine von der US-Army finanzierte Nachrichtendienstorganisation mit deutschem Personal. Nachdem Gehlen im Februar 1947 die Führung übernommen hatte, etablierte sich der Name Organisation Gehlen. Baun, der eine tiefe Abneigung gegenüber Herre empfand, schob ihn in die Nordeuropäische Zentrale (NEZ) nach Stadtoldendorf (Niedersachsen) ab. Da Baun Herre keine personelle und materielle Unterstützung zur Verfügung stellte, blieb die NEZ ein Ein-Mann-Unternehmen. Unter Gehlen kehrte Herre in den Leitungsbereich zurück und übernahm im Frühjahr 1947 das neu entstandene Referat Presseauswertung. Sie zog in Schloss Kransberg im Taunus ein. Nachdem die Verantwortung für die Organisation von der US-Army auf die Central Intelligence Agency (CIA) übergegangen war, wurde Herre Stellvertreter von August Winter, einem vom drei persönlichen Mitarbeitern Gehlens, der eine Art Klammer zwischen Beschaffung und Auswertung bildete. Winter hatte jedoch keine nennenswerten Befugnisse und sein Posten hatte im Kern repräsentativen Charakter. Winter und Herre standen sich in starker Antipathie gegenüber. Anfang 1952 übernahm Herre kurzzeitig kommissarisch den Bereich der operativen Meldungsbeschaffung Sowjetunion (Tarnchiffre „50/R“). Anfang 1953 wurde er Leiter der Auswertung („70 F“) und blieb dies auch, als die Organisation als Bundesnachrichtendienst (BND) am 1. April 1956 in die Bundesverwaltung integriert wurde.[2]

Im Sommer 1958 übernahm Herre von Lothar Metz als „Führungsbeauftragter 70 A“ die Verantwortung über alle Abteilungen, Sondereinrichtungen und Außenorganisationen, die für die Informationsbeschaffung über den Ostblock (mit Ausnahme der politischen Beschaffung) sowie für die Gegenspionage zuständig waren. Herres Nachfolger als Leiter der Auswertung wurde Erich Dethleffsen.[3] Seine Laufbahn schloss Herre im Jahre 1970 als BND-Resident in Washington, D.C. ab. Im BND hatte Herre den Dienstgrad Brigadegeneral der Reserve. Im Verteidigungsfall hätte er die Funktion des Verbindungsoffiziers des BND zur CIA wahrgenommen.[4]

Herre war u. a. Mitglied im Deutschen Alpenverein, verheiratet mit einer geborenen von Wedel und Vater von vier Kindern. Herres (Dienst-)Tagebuch-Aufzeichnungen dienten als Quelle für die Aufarbeitung der Geschichte der Organisation Gehlen und sind im Digitalen Archiv des College of William & Mary online verfügbar.[5][6]

Auszeichnung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Dermot Bradley, Heinz-Peter Würzenthal, Hansgeorg Model: Die Generale und Admirale der Bundeswehr (1955–1999). Die militärischen Werdegänge (= Deutschlands Generale und Admirale, Teil 6b). Band 2, 1: Gaedcke – Hoff, Biblio Verlag, Osnabrück 2000, ISBN 978-3-7648-2369-6, S. 321–322.
  • Heinz Danko Herre (1909-1988). Reinhard Gehlen und das „andere Ich“. In: Susanne Meinl, Bodo Hechelhammer: Geheimobjekt Pullach. von der NS-Mustersiedlung zur Zentrale des BND. Links, Berlin 2014, ISBN 978-3-86153-792-2, S. 172–174.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Thomas Wolf: Die Entstehung des BND. Aufbau, Finanzierung, Kontrolle (= Jost Dülffer, Klaus-Dietmar Henke, Wolfgang Krieger, Rolf-Dieter Müller [Hrsg.]: Veröffentlichungen der Unabhängigen Historikerkommission zur Erforschung der Geschichte des Bundesnachrichtendienstes 1945–1968. Band 9). 1. Auflage. Ch. Links Verlag, Berlin 2018, ISBN 978-3-96289-022-3, S. 558.
  2. Thomas Wolf: Die Entstehung des BND. Aufbau, Finanzierung, Kontrolle (= Jost Dülffer, Klaus-Dietmar Henke, Wolfgang Krieger, Rolf-Dieter Müller [Hrsg.]: Veröffentlichungen der Unabhängigen Historikerkommission zur Erforschung der Geschichte des Bundesnachrichtendienstes 1945–1968. Band 9). 1. Auflage. Ch. Links Verlag, Berlin 2018, ISBN 978-3-96289-022-3, S. 58 u. v. m.
  3. Thomas Wolf: Die Entstehung des BND. Aufbau, Finanzierung, Kontrolle (= Jost Dülffer, Klaus-Dietmar Henke, Wolfgang Krieger, Rolf-Dieter Müller [Hrsg.]: Veröffentlichungen der Unabhängigen Historikerkommission zur Erforschung der Geschichte des Bundesnachrichtendienstes 1945–1968. Band 9). 1. Auflage. Ch. Links Verlag, Berlin 2018, ISBN 978-3-96289-022-3, S. 391 f.
  4. Agilolf Keßelring: Kriegs-BND: Planungen für die Mobilmachung des Bundesnachrichtendienstes von 1953 bis 1968. In: Militärgeschichtliche Zeitschrift. Band 79, Nr. 2, 2020, S. 480 ff. (Im Kriegsfall hätte das Führungspersonal des BND militärische Dienstgrade getragen.).
  5. Thomas Wolf: Die Entstehung des BND. Aufbau, Finanzierung, Kontrolle (= Jost Dülffer, Klaus-Dietmar Henke, Wolfgang Krieger, Rolf-Dieter Müller [Hrsg.]: Veröffentlichungen der Unabhängigen Historikerkommission zur Erforschung der Geschichte des Bundesnachrichtendienstes 1945–1968. Band 9). 1. Auflage. Ch. Links Verlag, Berlin 2018, ISBN 978-3-96289-022-3, S. 57.
  6. Tagebuch Heinz Danko Herre