Imiterit

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Imiterit
Nadeliger Imiterit in Matrix aus der Typlokalität Imiter-Mine, Ouarzazate, Marokko (Sichtfeld 5 mm)
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Nummer

1983-038[1]

IMA-Symbol

Imi[2]

Chemische Formel Ag2HgS2[3][1]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Sulfide und Sulfosalze
System-Nummer nach
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

II/B.06-060

2.BD.05
02.05.08.01
Kristallographische Daten
Kristallsystem monoklin
Kristallklasse; Symbol monoklin-prismatisch; 2/m
Raumgruppe P21/c (Nr. 14)Vorlage:Raumgruppe/14[3]
Gitterparameter a = 4,04 Å; b = 8,01 Å; c = 6,58 Å
β = 107,1°[3]
Formeleinheiten Z = 2[3]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 2,5[4] (VHN100 = 86)[5]
Dichte (g/cm3) berechnet: 7,846(4)[5]
Spaltbarkeit nicht definiert
Bruch; Tenazität nicht definiert
Farbe hellgrau, silbergrau, stahlgrau, schwarz
Strichfarbe dunkelgrau[4]
Transparenz undurchsichtig
Glanz starker Metallglanz

Imiterit (IMA-Symbol Imi[2]) ist ein sehr selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Sulfide und Sulfosalze“ mit der chemischen Zusammensetzung Ag2HgS2[3] und damit chemisch gesehen ein Silber-Quecksilber-Sulfid.

Imiterit kristallisiert im monoklinen Kristallsystem und entwickelt gelegentlich kleine, nadelige Kristalle bis etwa einen Zentimeter Länge mit starkem Metallglanz auf den Oberflächen. Meist findet er sich in Form unregelmäßiger Körner und in Mineral-Aggregaten. Das Mineral ist in jeder Form undurchsichtig (opak) und seine Farbe variiert zwischen Hellgrau, Silbergrau und Stahlgrau bis Schwarz.

Etymologie und Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Erstmals entdeckt wurde Imiterit im Silbererz-Tagebau „Imiter“ (Imiter Mine) bei Boumalne Dadès in der marokkanischen Provinz Ouarzazate. Die Erstbeschreibung erfolgte durch J. J. Guillou, J. Monthel, P. Picot, F. Pillard, J. Protas und J. C. Samama, die das Mineral nach dessen Typlokalität benannten. Das Mineralogenteam um Guillou sandte seine Analyseergebnisse und den gewählten Namen zur Prüfung an die International Mineralogical Association (interne Eingangs-Nr. der IMA: 1983-038), die den Imiterit als eigenständige Mineralart anerkannte. Die Publikation der Erstbeschreibung folgte 1985 im französischen Fachmagazin Bulletin de Minéralogie und wurde ein Jahr später im englischsprachigen Fachmagazin American Mineralogist mit der Publikation der New Mineral Names bestätigt.

Das Typmaterial des Minerals wird im Bureau de recherches géologiques et minières (BRGM) in Orléans und der Mines ParisTech (École des mines de Paris) in Frankreich aufbewahrt.[5]

Die ursprünglich von den Erstbeschreibern gewählte Schreibweise Imitérit (französisch Imitérite) ist seit 2008 diskreditiert, da sich der namensgebende Tagebau ohne Akut über dem ‚e‘ schreibt und es sich daher um ein überflüssiges diakritisches Zeichen handelt.[6]

Klassifikation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Da der Imiterit erst 1983 als eigenständiges Mineral anerkannt wurde, ist er in der seit 1977 veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz noch nicht verzeichnet.

Im zuletzt 2018 überarbeiteten und aktualisierten Lapis-Mineralienverzeichnis nach Stefan Weiß, das sich aus Rücksicht auf private Sammler und institutionelle Sammlungen noch nach dieser alten Form der Systematik von Karl Hugo Strunz richtet, erhielt das Mineral die System- und Mineral-Nr. II/B.06-60. In der „Lapis-Systematik“ entspricht dies der Klasse der „Sulfide und Sulfosalze“ und dort der Abteilung „Sulfide, Selenide und Telluride mit dem Stoffmengenverhältnis Metall : S,Se,Te > 1 : 1“, wo Imiterit zusammen mit Brodtkorbit, Eukairit, Henryit, Jalpait, Mckinstryit, Selenojalpait und Stromeyerit die unbenannte Gruppe II/B.06 bildet.[4]

Die von der IMA zuletzt 2009 aktualisierte[7] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Imiterit ebenfalls in die Abteilung der „Metallsulfide, M : S > 1 : 1 (hauptsächlich 2 : 1)“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach den in der Verbindung vorkommenden Metallen, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „mit Quecksilber (Hg), Thallium (Tl)“ zu finden ist, wo es als einziges Mitglied die unbenannte Gruppe 2.BD.05 bildet.

Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Imiterit in die Klasse der „Sulfide und Sulfosalze“ und dort in die Abteilung der „Sulfidminerale“ ein. Hier ist er zusammen mit Brodtkorbit in der unbenannten Gruppe 02.05.08 innerhalb der Unterabteilung „Sulfide – einschließlich Seleniden und Telluriden – mit der Zusammensetzung AmBnXp, mit (m + n) : p = 3 : 2“ zu finden.

Kristallstruktur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Imiterit kristallisiert monoklin in der Raumgruppe P21/c (Raumgruppen-Nr. 14)Vorlage:Raumgruppe/14 mit den Gitterparametern a = 4,04 Å; b = 8,01 Å; c = 6,58 Å und β = 107,1° sowie zwei Formeleinheiten pro Elementarzelle.[3]

Bildung und Fundorte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kristallstufe mit Imiterit-Nadeln von mehreren Millimetern Größe aus der Imiter-Mine, Marokko (Größe: 4,0 cm × 3,0 cm × 2,6 cm)
Imiterit (silbrige Nadeln) auf Proustit (dunkelrot) aus der Imiter-Mine (Gesamtgröße: 5,8 cm × 3,6 cm × 2,7 cm)

Imiterit bildet sich in Hydrothermal-Adern pyrithaltiger Lagerstätten, wo er neben Pyrit noch mit anderen Sulfidmineralen wie Akanthit, Arsenopyrit, Chalkopyrit, Galenit, Markasit, Polybasit und Sphalerit, aber auch mit häufig vorkommenden Karbonat Calcit vergesellschaftet sein kann.

Als seltene Mineralbildung konnte Imiterit nur an wenigen Fundorten nachgewiesen werden, wobei bisher (Stand 2013) etwas mehr als 10 Fundorte bekannt sind.[8] Neben seiner Typlokalität, dem Tagebau „Imiter“ trat das Mineral in Marokko bisher nur noch in der nahegelegenen Grube „Igoudrane“ im Jbel-Sarhro-Gebirge.

In Deutschland fand man Imiterit bisher in einem Gabbro-Steinbruch bei Nieder-Beerbach in Hessen und den Gruben „Alexander“ und „Dörnberg“ bei Ramsbeck im nordrhein-westfälischen Hochsauerlandkreis.

Der bisher einzige bekannte Fundort in Österreich ist Ruden im Astental in der Goldberggruppe in Kärnten.

Weitere bisher bekannte Fundorte sind die „San Giovanni Mine“ bei Punta della Torre in der italienischen Provinz Carbonia-Iglesias (Sardinien), die „Andrássy III. Mine“ in der ungarischen Gemeinde Rudabánya, die Grube „Lill“ bei Březové Hory und Jáchymov in Böhmen sowie die „Golden Rule Mine“ bei Jamestown im Tuolumne County (Kalifornien) und die „Geis Mine“ bei Cone Butte im Fergus County (Montana) in den Vereinigten Staaten von Amerika (USA).[9]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Jean-Jacques Guillou, Jacques Monthel, Paul Picot, François Pillard, Jean Protas, Jean-Claude Samama: L'imitérite, Ag2HgS2, nouvelle espèce minérale; propriétés et structure cristalline. In: Bulletin de Minéralogie. Band 108, 1985, S. 457–464 (französisch, rruff.info [PDF; 693 kB; abgerufen am 18. November 2022]).
  • Frank C. Hawthorne, Michael Fleischer, Edward S. Grew, Joel D. Grice, John Leslie Jambor, Jacek Puziewicz, Andrew C. Roberts, David A. Vanko, Janet A. Zilczer: New mineral names. In: American Mineralogist. Band 71, 1986, S. 1277–1282 (englisch, rruff.info [PDF; 641 kB; abgerufen am 18. November 2022]).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Imiterite – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: January 2023. (PDF; 3,7 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Januar 2023, abgerufen am 1. Februar 2023 (englisch).
  2. a b Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
  3. a b c d e Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 72 (englisch).
  4. a b c Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. 5. vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2008, ISBN 978-3-921656-70-9.
  5. a b c Imiterite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 51 kB; abgerufen am 17. November 2022]).
  6. Ernst A. J. Burke: Tidying up Mineral Names: an IMA-CNMNC Scheme for Suffixes, Hyphens and Diacritical marks. In: Mineralogical Record. Band 39, Nr. 2, 2008, S. 134 (englisch, cnmnc.main.jp [PDF; 2,8 MB; abgerufen am 30. Mai 2019]).
  7. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,9 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Januar 2009, abgerufen am 18. November 2022 (englisch).
  8. Localities for Imiterite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 17. November 2022 (englisch).
  9. Fundortliste für Imiterit beim Mineralienatlas (deutsch) und bei Mindat (englisch), abgerufen am 17. November 2022.