James-Webb-Weltraumteleskop

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Oberseite des James Webb Space Telescope
Unterseite des James Webb Space Telescope

Das James Webb Space Telescope (abgekürzt JWST, früher Next Generation Space Telescope, 2002 nach dem im Jahre 1992 verstorbenen Leiter der Luft- und Raumfahrtbehörde NASA James Edwin Webb umbenannt) ist ein geplantes Weltrauminfrarotteleskop unter der Kooperation von NASA, ESA und der CSA. Es kann als Nachfolger des Hubble-Teleskops gesehen werden. Der Hauptspiegel des Teleskops hat einen Durchmesser von 6,5 Metern.[1] Die Masse des gesamten Teleskopes beträgt etwa 6,2 Tonnen.[1] Es sollte ursprünglich im Jahr 2014 mit einer Ariane 5 gestartet werden.[2] Die für Bau und zehnjährigen Betrieb nach offiziellen Angaben zunächst notwendigen 3,3 Milliarden Euro waren auf US-amerikanischer Seite gesichert.

Aufgrund der enorm gestiegenen Kosten hat der Wissenschaftsausschuss des US-Repräsentantenhauses am 13. Juli 2011 eine Empfehlung ausgesprochen, den Bau des Teleskops zu stoppen. Die Baukosten wurden von der NASA zu der Zeit auf 8,7 Milliarden Dollar geschätzt.[3] Bis dahin wurden etwa 3 Milliarden Dollar (2,6 Mrd €) ausgegeben und etwa 75 % der notwendigen Komponenten waren angeschafft, darunter die meisten wissenschaftlichen Instrumente. Auch alle Elemente des Primärspiegels wurden fertiggestellt. Mit Stand vom Dezember 2014 gilt die Finanzierung inkl. Betriebskosten der ersten fünf Jahre wieder als gesichert und ein Start wäre frühestens 2018 zu erwarten.[4] Europa ist am JWST mit 300 Millionen Euro beteiligt, darin ist der Start mit der Ariane-5-Rakete enthalten.[5] Am 18. Dezember 2015 wurde der Liefervertrag für die Ariane-5-Rakete unterzeichnet. Der Flug ist für Oktober 2018 geplant.[6]

Aufgaben

Der (nah-)infrarote Spektralbereich zeigt bei manchen Studienobjekten deutliche Vorteile.

Das JWST hat vier primäre wissenschaftliche Aufgaben:[1]

  • Es soll nach Licht von den ersten Sternen und Galaxien nach dem Urknall suchen.
  • Es sollen allgemein Struktur und Entwicklung von Galaxien untersucht werden.
  • Das Verständnis der Struktur von Sternen und planetaren Systemen soll erweitert werden
  • Die planetaren Systeme selbst und der Ursprung von Leben sollen untersucht werden.

Aufgrund einer Kombination von Rotverschiebung, Verdunkelungen durch galaktische Staubnebel und niedriger Temperaturen vieler Studienobjekte arbeitet das JWST auf den Wellenlängen 0,6–28 µm im Frequenzspektrum des infraroten Lichtes.[1] Nach einer Übergangszeit von sechs Monaten beginnen dann die wissenschaftlichen Projekte mit dem Teleskop, die es im derzeit geplanten Umfang für fünf Jahre in Beschlag nehmen. Eine Ausweitung der wissenschaftlichen Aufgaben auf zehn Jahre wird allerdings vorgesehen.

Umlaufbahn

Position der Lagrange-Punkte im System Erde-Sonne

Um sicherzustellen, dass die Beobachtungen nicht von der Infrarotstrahlung (Wärmestrahlung) des Teleskops und der Instrumente selbst verfälscht werden, muss die gesamte Beobachtung in einem sehr kalten Zustand und besonders geschützt vor Sonnenstrahlen bei unter −220 °C (50 Kelvin) ablaufen.[1] Deswegen verfügt das JWST über einen 12,2 m × 19,8 m großen mehrlagigen Sonnenschild,[1] der das Teleskop vor den Wärmestrahlen von Sonne, Mond und Erde abschirmt. Dieser Sonnenschild besteht aus fünf Lagen Kapton, einem Polyimid, das mit Aluminium und dotiertem Silizium beschichtet wurde.

Das Teleskop soll deswegen in eine Umlaufbahn an dem Lagrange-Punkt L2 des Erde-Sonne-Systems gebracht werden, ca. 1,5 Millionen km von der Erde entfernt auf der sonnenabgewandten Seite.[1] Dies stellt sicher, dass die Hauptquellen der Infrarotstörstrahlung, Sonne und Erde, aus Sicht des Teleskops in der gleichen Richtung liegen, um den Strahlungsschild möglichst effektiv einzusetzen. Das MIRI (Mid Infrared Instrument) wird aktiv gekühlt, um eine Temperatur von unter 15 Kelvin (−258,15 °C) zu erreichen. Im Gegensatz zu einer Umlaufbahn um die Sonne ist die Entfernung zur Erde bei dieser Vorgehensweise aber noch vergleichsweise gering, sodass die Datenübertragungsrate recht hoch ist. Die Positionierung um den L2-Punkt erlaubt auch längere Belichtungs- und Beobachtungszeiten. Das Hubble-Teleskop umkreist hingegen die Erde, weshalb die maximale Belichtungszeit etwa 40 Minuten beträgt, da danach der Stern – vom Hubble-Teleskop gesehen – unter dem Erdhorizont verschwindet. Dabei muss das Teleskop ständig zum Beobachtungspunkt mit Drallrädern nachgeführt werden. Dies entfällt bei der Positionierung um den L2-Punkt. Ein positiver Nebeneffekt dieser Umlaufbahn ist, dass das Teleskop weniger gefährdet ist, von Weltraumschrott getroffen zu werden. Der Orbit ist auf Dauer nicht stabil, weshalb der Kurs in regelmäßigen Abständen durch Raketentriebwerke korrigiert werden muss. Der mitgeführte Treibstoff wird für ca. zehn Jahre reichen, die angesetzte Mindestlebensdauer beträgt fünf Jahre. Ein Nachteil der Positionierung des Teleskops um den L2-Punkt ist die im Vergleich beispielsweise zum Hubble-Teleskop große Entfernung zur Erde, wodurch Reparatur- und Wartungsmissionen deutlich erschwert werden.

Optik

Vergleich der Primärspiegel des Hubble-Teleskops und des James Webb Space Telescopes
Strahlengang des JWST
Spiegelelemente des JWST bei der Vorbereitung eines Kältetests
Das JWST mit allen 18 Spiegeln

Das JWST ist als Korsch-Teleskop (TMA – Three-Mirror-Anastigmat) aufgebaut. Die effektive Brennweite beträgt 131,4 Meter.[1]

Der Hauptspiegel hat 6,5 Meter Durchmesser und besteht aus 18 sechseckigen Segmenten, die sich erst im All entfalten. Die Spiegel bestehen aus Beryllium,[1] das hauptsächlich wegen seiner geringen Dichte gewählt wurde. Das Flächengewicht der Berylliumplatten beträgt 10,3 kg/m2 (einschließlich der Spiegelmontierung sind es 15,6 kg/m2). Aktuatoren sorgen dafür, dass die einzelnen Segmente genau ausgerichtet werden. Jedes Segment ist 1,3 Meter groß bei einer Masse von 20 Kilogramm. Gefertigt wurden sie von Ball Aerospace in Boulder (Colorado). Die letzte Platte verließ am 7. Februar 2007 die Fertigung, um geschliffen und poliert zu werden.

Der Sekundärspiegel lässt sich in sechs Freiheitsgraden ausrichten und ist an einer faltbaren Haltestruktur angebracht. Über den Tertiärspiegel und den Feinausrichtungsspiegel wird das Licht auf die Instrumente in der Bildebene geleitet.

Die Spiegel wurden von Ball Aerospace & Technologies Corporation in Boulder, Colorado gebaut. Bis Anfang Februar 2016 wurden alle 18 Segmente an dem Satelliten installiert.[7]

Instrumente

Ein Computermodell der NIRCam
Modell des MIRI
  • NIRCam (Near Infrared Camera) ist ein Projekt der NASA und detektiert Licht bzw. Infrarotstrahlung mit einer Wellenlänge zwischen 0,6 und 5 µm und wird vor allem zur Erforschung der ersten nach dem Urknall entstandenen Sterne eingesetzt werden. Ihr Sichtfeld besteht aus 2 Quadraten (jeweils 2,3′ × 2,3′ (Bogenminuten)), wovon eines Strahlung mit einer Wellenlänge kleiner und das andere größer als 2,5 µm detektiert. Die Winkelauflösung beträgt 0,034″ bzw. 0,068″ (Bogensekunden).
  • MIRI (Mid Infrared Instrument) ist für Infrarotstrahlung mit Wellenlängen zwischen 5 und 27 µm empfindlich und besteht aus einer Kamera mit drei identischen 1024 × 1024-Pixel-Detektoren und einem Spektrographen. Die Winkelauflösung beträgt ca. 0,19″.
  • NIRSpec (Near Infrared Spectrograph) ist ein Spektrograph für den Wellenlängenbereich von 0,6 bis 5 µm. Entwickelt und gefertigt wurde er im Auftrag der ESA von Astrium in Ottobrunn und Friedrichshafen.
  • FGS (Fine Guidance Sensor) dient der Ausrichtung des Teleskops und wurde in Kanada entwickelt. Das Projekt wird von der Canadian Space Agency (CSA) geleitet. Weitere Beteiligte an dem Projekt sind das Herzberg Institute of Astrophysics, das National Research Council of Canada und die Universität Montreal.

Zusammenarbeit

Logo des JWST

Die NASA, die ESA und die CSA kooperieren seit 1996 beim Projekt des neuen Weltraumteleskops. Der Anteil der Beteiligung der ESA sowohl bei Konstruktion als auch Inbetriebnahme wurde 2003 durch die Mitgliedstaaten bestätigt und im Jahr 2007 offiziell eine Vereinbarung zwischen NASA und ESA dazu getroffen. Im Austausch für eine vollständige Partnerschaft, Vertretung und Zugriff ihrer Astronomen auf das Observatorium, stellt die ESA das NIRSpec, das Optical Bench Assembly des MIRI, den Raketenstart durch die Ariane-5 ECA und Personal zum Betrieb des Teleskops zur Verfügung.[5][8] Die kanadische CSA wird einerseits den Fine-Guidance-Sensor und den Near-Infrared-Imager-Slitless-Spektrographen stellen[9] und zusätzlich ebenso Personal zum Betrieb des Teleskops.

Teilnehmer in alphabetischer Reihenfolge:

Siehe auch

Weblinks

Commons: James-Webb-Weltraumteleskop – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g h i The James Webb Space Telescope. NASA, abgerufen am 13. Mai 2012 (englisch).
  2. ABOUT JWST. In: jwst.nasa.gov. Abgerufen am 27. April 2010.
  3. cris: 8,7 Milliarden Dollar In: Süddeutsche Zeitung. München 24. August 2011, S. 16.
  4. James Webb vorerst gerettet. (HTML) Deutschlandfunk, 27. April 2012, abgerufen am 28. September 2012.
  5. a b European agreement on James Webb Space Telescope’s Mid-Infrared Instrument (MIRI) signed. In: eesa. media centre space sciense. 9. Juni 2004, abgerufen am 31. Juli 2011.
  6. http://futurezone.at/science/james-webb-teleskop-startet-im-oktober-2018-ins-all/170.402.074, Futurezone.at vom 18. Dezember 2015
  7. NASA's James Webb Space Telescope Primary Mirror Fully Assembled. NASA, 4. Februar 2016, abgerufen am 11. Februar 2016 (englisch).
  8. ESA Science & Technology: Europe’s Contributions to the JWST Mission
  9. Canadian Space Agency "Eyes" Hubble’s Successor: Canada Delivers its Contribution to the World’s Most Powerful Space Telescope – Canadian Space Agency