Johann Friedrich Camerer

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Johann Friedrich Camerer (* 1720 in Oettingen, im Landkreis Donau-Ries; † 6. November 1792 in Hadersleben) war ein deutscher Dramatiker, Jurist, Gerichtsoffizier, Volkskundler und ein archäologischer Pionier des 18. Jahrhunderts. Er besuchte Museen, widmete sich der Literatur und schrieb Tragödien, Reden und selbstkritische Bücher und Abhandlungen. Er ist wahrscheinlich der Verfasser des Werkes Der Fall Struensee.[1] [2]

Leben

Camerer wurde 1720 in Oettingen (Schwaben) geboren, studierte in Göttingen und war Ehrenmitglied der Göttingischen Deutschen Gesellschaft und „öffentlicher Hofmeister“ am Collegium Carolini. Durch seine Tätigkeit am Collegium Carolini war er mit Johann Arnold Ebert und Karl Christian Gärtner befreundet, die zum Freundeskreis von Friedrich Gottlieb Klopstock zählten und ihn mit Klopstock bekannt machten. Später war er Kriegs-Assessor, Korrespondent der königlichen Großbritannischen Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen, Flensburg und Leipzig. 1752 wurde er Auditor und Gerichtsoffizier beim Königlich-Dänischen Leibregiment Dragoner unter Conrad Wilhelm Graf von Ahlefeldt und 1761 Kriegsrat in Hadersleben. Es starb am 6. November 1792 in Hadersleben.

Wirken als Archäologe

Camerers Zeichnung von Funden von der Insel Sylt und in der Nähe von Schuby
angefertigt für Professor Seidler aus Braunschweig

Besonders interessierten ihn die Westküste und die Insel Sylt mit ihren großen Hünengräbern. Mit der Zeit lernte er Akademiker aus diesem Gebiet kennen, mit denen er sein Interesse teilte. In Tondern traf er auf Christian Fabricius, der Ausgrabungsgegenstände sammelte. Camerer begleitete ihn bei seinen Ausgrabungen und untersuchte mit ihm zusammen den Fundort der Goldhörner von Gallehus. Danach besuchten sie die Insel Sylt, die zu damaliger Zeit mit Hünengräbern aus der Bronzezeit übersät war und sicherten diverse Fundstücke vor Raub und Vernichtung. Nachdem er wieder nach Tondern zurückgekehrt war, erhielt er eine Grabungsgenehmigung vom Amtmann von Holstein und untersucht die Grabhügel und Hünengräber bei Årøsund, Arrild, Schuby und entlang des Ochsenweges und später auch die Hünengräber bei Ostenfeld, Husum und auf Sylt.

Durch seine Ausgrabungen bestärkt, vertrat er die Auffassung die Gräber zu schützen, da vielerorts Hünengräber und Grabhügel durch Grabräuber gefährdet waren. Diese plünderten die alten Gräber und zerstörten entweder die gefunden Gegenstände, schmolzen sie ein oder schafften sie über den Seeweg illegal ins Ausland. In Holstein kam noch ein anderes Problem dazu: die immer intensivere Nutzung der Landwirtschaft. So wurden Gräber wie die Grabhügel bei Hemdingen und das Gräberfeld von Langeln durch profitgierige Grundbesitzer zerstört oder überpflügt. Einer von diesen war auch Georg Christian Otte (1702–1778), 1. Bürgermeister von Schleswig und Leiter der Otteschen Unternehmungen in Schleswig. Er besaß in der Nähe von Selk ein großes Landgebiet, auf dem er vorhatte, einen großen Gutshof zu bauen, und ließ die Hünengräber, die ihm für den Bau des Gutshofs im Weg standen, rücksichtslos entfernen. So ein Verhalten wollte Camerer unterbinden, damit der Nachwelt nicht alle geschichtlichen Andenken verloren gingen.

So entwickelte er in der Zeit von 1754 bis 1755 ein archäologisches Forschungsprojekt, in dem er vorschlug, dass alle geplanten Ausgrabungen gesetzlich geregelt werden sollten. Sein Plan war, dass zuerst in den Herzogtümern Schleswig und Holstein von Ost nach West festgestellt werden sollte, wo sich noch Altertümer befinden. Dieses Verfahren sollte später auch auf das gesamte Heilige Römische Reich übertragen werden. Er versuchte auch, einen Gönner zu finden, der seine archäologische Pionierarbeit unterstützte. Doch leider fand sich keiner, der sich für diese Idee begeistern ließ.

1756 forderte ihn Professor Seidler aus Braunschweig auf, seine Zeichnungen von Gegenständen, die er bei den Grabungen mit Christian Fabricius machte, zu veröffentlichen. Diese Zeichnungen waren so präzise und sorgfältig ausgeführt, dass sie noch heute in archäologischen Standardwerken verwendet werden.

Bis ins hohe Alter beschäftigte sich Camerer mit den Altertümern. So veröffentlichte er noch in den späten 1780er Jahren Schriften darüber. Auch bemerkte er, dass es immer noch illegale und unsachgemäße Ausgrabungen gebe, obwohl es das Gesetz „Danefæ“ gab, das vorschrieb, dass alle Fundstücke aus Metall, insbesondere aus Gold und Silber, dem König bzw. dem Staat auszuhändigen sind. Die Gräber und Fundstätten wurden zerstört und die Fundstücke über Holland immer noch ins Ausland geschafft. Teilweise wurden Fundstücke einfach weggeworfen oder mit nach Hause genommen und achtlos in die Ecke gestellt, weil sie für den Finder keinen Wert darstellten. Camerer schlug deshalb vor, dass die königliche Kunstkammer in Kopenhagen diese und andere Sammlungen aufkaufen solle, um sie für die Nachwelt zu sichern. Gleichzeitig sollte so die Kunstkammer mit einem eigenen Museum für Altertümer erweitert werden. Doch erst 1807 wurde mit dem Bau des Dänischen Nationalmuseums begonnen, die alte Kunstkammer 1821 aufgelöst und die Sammlung neu geordnet.

Wirken als Heimatforscher

Trotz der Militärausbildung galt er als ein feinsinniger, hochgebildeter und sensibler Mensch, der von 1752 bis 1755 im Raum Schleswig und von 1756 bis 1761 in Uetersen stationiert war. Seine reichlich bemessene Freizeit nutzte er zu umfangreichen historischen und zeitgenössischen Studien zunächst in Schleswig. Dort schieb er seine Studien als „auswertiger Betrachter“ über Land und Leute in Briefform auf, die später im Buch Sechs Schreiben von einigen Merkwürdigkeiten der Holsteinischen Gegenden (1756) erschienen. 1756 wurde er in Uetersen in der Nähe des Klosters stationiert und machte auch dort als „auswertiger“ Studien über Land und Leute in der Region Holstein. Ein besonderes Augenmerk hatte Camerer auf das Kloster und den damaligen Flecken Uetersen, dem er 271 Seiten seines später erscheinenden, 872 Seiten starken Buch Vermischte historisch-politische Nachrichten in Briefen von einigen merkwürdigen Gegenden der Herzogthümer Schleßwig und Hollstein, ihrer natürlichen Geschichte und andern seltenen Alterthümern widmete. Beide Bücher gelten heute als erste umfassende Darstellung, die sich mit den Landesteilen, der Kultur, Flora und Fauna sowie den Bewohnern des heutigen Schleswig-Holsteins befasst.

Erst nach 135 Jahren erschien mit dem Buch Schleswig-Holstein meerumschlungen in Wort und Bild von Hippolyt Haas, Hermann Krumm und Fritz Stoltenberg, eine weitere umfassende Darstellung der Kultur und der Geschichte des Landes, die mit zahlreichen Abbildungen versehen war.

Werke

  • Octavia, Ein Trauerspiel in fünf Aufzügen (Wolfenbüttel 1748)
  • Die Belohnung der Tugend (um 1750)
  • Der vierte glückliche Tag, Singspiel (1751)
  • Gedicht von der Heucheley (Göttingen 1751)
  • Reden (Göttingen 1751)
  • Geschmack und Sitten, eine Wochenschrift (2 Teile, Göttingen 1752 und 1753)
  • Das Glück der schönen Wissenschaften in Norden (Göttingen 1753)
  • Der Tempel zu Gnidus, deutsche Übersetzung (Hamburg und Leipzig 1751 und 1753) (Digitalisathttp://vorlage_digitalisat.test/1%3D%7B%7B%7B1%7D%7D%7D~GB%3DJyU6AAAAcAAJ~IA%3D~MDZ%3D%0A~SZ%3D~doppelseitig%3D~LT%3D~PUR%3D)
  • Die Hexe zu Endor, Heldengedicht (Calicut 1753)
  • Schreiben an eine vornehme Standesperson, in Absicht einiger Merkwürdigkeiten der holsteinischen Gegenden (Wolfenbüttel 1755)
  • Gedanken vom Duelle (Leipzig und Wolfenbüttel 1756)
  • Sechs Schreiben von einigen Merkwürdigkeiten der Holsteinischen Gegenden (Leipzig, Meissner 1756)
  • Vermischte historisch-politische Nachrichten in Briefen von einigen merkwürdigen Gegenden der Herzogthümer Schleßwig und Hollstein, ihrer natürlichen Geschichte und andern seltenen Alterthümern (Flensburg und Leipzig 1758–1762)
  • Briefe an Freunde und Freundinnen aus den Quartieren der Dänischen Armee (Altona 1759)
  • Magazin für den Vorstand, für den Geschmack und das Herz (Altona 1759)
  • Versuch eines vollständigen Repertorii aller königl. Verortnungen, soweit sie den Militairetat angehen; sammt einer Anbange von vielen ungedruckten Rescripten; Mandaten, hochfürstl. marggräflichen Befehlen, Canzeley- und Commissariatschreiben (Schleswig 1760)
  • Betrachtungen über verschiedene Gegenstände (Hamburg 1763)
  • Beyspiele zur Bildung eines Soldaten (Hamburg 1764)
  • Meine Langeweile (Hadersleben 1764)
  • Nachrichten vom Baltischen Meere aus dem Reiche der Gelehrsamkeit, der Sittenlehre, der Haushaltungskunde, der schönen Wissenschaften und Künste u.s.w. (2 Teile, Hadersleben 1765–1767)
  • Rede bey der Einweihung und Eidesleistung zu den zwei neuen Fahnen des k. Leibrigements Dragoner, an das denkende Puplikum (Hadersleben 1766)
  • Besondere Nachrichten von den Opfern der Staaten forwohl als auch von den Opfern der Gerichtigkeit dieses 18ten Jahrhunderts (Pelim 1772)
  • Etwas über die Grabhügel in den Herzogthümern; in den Schleswig-Holsteinischen Provinzialberichten (Hadersleben 1787)
  • Muthmassungen über die Beförderungen des häuslichen Lebens an den Küsten der Herzogth. Schleswig und Holstein in der Weltsee liegenden Inseln (Hadersleben 1787)
  • Bedenken über die Verkleinerung der großen Guter (Hadersleben 1788)
  • Über die Einsammlung des Bernsteins an der westlichen des Herzogthums Schleswig, veranlasst durch die Nachricht des Herren des Pastors Wolf im 2ten Jahrg. (Hadersleben 1789)
  • Über den Bernstein an der Dänischen und Schleswig-Holsteinischen Küste; Sätze und Folgerungen, Nachweisungen und Fragen eines Liebhabers dieses Produkts (Hadersleben 1789)
  • Beytrag zu den neusten Nachrichten von den Bernstein an der Schleswig-Holsteinischen Westküste, in Beziehung auf die fortgesetzten Nachrichten des Hrn. Past. Wolf (Hadersleben 1790)

Quellen

  • Dansk biografisk leksikon Camerer, Johann Friedrich
  • Johann Georg Meusel: Lexikon der vom Jahr 1750 bis 1800 verstorbenen teutschen Schriftsteller.
  • Christian Friedrich Rassmann: Literarisches Handwörterbuch der verstorbenen deutscher Dichter.
  • Jahrbuch der Landeskunde Schleswig-Holstein. 1862.
  • Hans Ferdinand Bubbe: Versuch einer Chronik der Stadt und des Klosters Uetersen. Band 1, 1932–1934
  • Wilhelm Ehlers: Geschichte und Volkskunde des Kreises Pinneberg. 1922.
  • Margarete und Jörg Eichbaum: dat dörp to heest. Heist: Beiträge zur Geschichte eines Dorfes. 1. Teil, Uetersen 1983.
  • Elsa Plath-Langheinrich: Als Goethe nach Uetersen schrieb: Das Leben der Conventualin Augusta Louise Gräfin zu Stolberg-Stolberg 1989, ISBN 3-529-02695-6.
  • Chronik der Gemeinde Hemdingen.
  • Infoschild des Landesamt für Vor- und Frühgeschichte von Schleswig-Holstein in Langeln.

Weblinks

Commons: Johann Friedrich Camerer – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Verlagsmeldung
  2. DNB Eintrag