Jörg Zink
Jörg Zink (* 22. November 1922 in Elm; † 9. September 2016[1] in Stuttgart[2]) war ein deutscher evangelischer Theologe, Pfarrer, Publizist und einer der bekanntesten Sprecher der Friedens- und Ökologiebewegung.[3]
Biografie
Jörg Zink wurde 1922 auf dem Habertshof, einem christlichen Bruderhof bei Schlüchtern, geboren. Schon früh starben seine Eltern (1925/1926). Nach dem Abitur in Ulm diente er bei der Luftwaffe als Bordfunker. Am 8. März 1944 sah er auf dem Rückflug von einem Einsatz in Algier zum Fliegerhorst Istres aus der Flugzeug-Glaskuppel heraus im Rahmen einer existentiellen Erfahrung den, wie er es beschrieb, „Himmel meines Lebens“. Am 11. April 1944 überlebte er den Abschuss seines Flugzeuges durch britische Streitkräfte und kam 1945 in US-amerikanische Kriegsgefangenschaft. Er hatte als einer von dreien aus dem Geschwader von 400 Mann überlebt.[4]
Nach seiner Freilassung studierte Zink Philosophie und Theologie an der Universität Tübingen, unter anderem bei Romano Guardini und Eduard Spranger. Von 1952 bis 1955 war er Repetent am Evangelischen Stift in Tübingen und promovierte schließlich bei Helmut Thielicke in Hamburg zum Thema Der Kompromiß als ethisches Problem.
Nach zwei Jahren als Pfarrer in Esslingen am Neckar arbeitete er von 1957 bis 1961 als Direktor des Burckhardthauses in Gelnhausen, dem westdeutschen Schwerpunkt der Young Women’s Christian Association (YWCA); von dort pflegte er Kontakte zu den evangelischen Kirchen in der DDR. Fast zwanzig Jahre war Jörg Zink Fernsehbeauftragter der Württembergischen Landeskirche im Süddeutschen Rundfunk und sprach über hundertmal das Wort zum Sonntag in der ARD.
Die rund dreihundert von ihm verfassten religiösen Sachbücher erzielten eine Auflage von mehr als 17 Millionen Exemplaren, dazu kamen Auslandslizenzen in 20 Sprachen.[5] Viel beachtet ist insbesondere seine Übersetzung des Neuen Testaments ins Deutsche, die ab 1965 veröffentlichte Jörg-Zink-Bibel. Er wurde für diese Übersetzung angefeindet, sie galt als „Sakrileg an Luthers prägender Sprache“.[6] Sein Liedertext Der Abend kommt wurde in die Regionalausgabe Württemberg des Evangelischen Gesangbuchs aufgenommen.[7] Charakteristisch für seine Texte ist das Aufgreifen tradierter christlicher Leitmotive, die in einen neuen Kontext gestellt werden, z. B. in Neue Zehn Gebote oder Die sieben letzten Tage der Schöpfung.
Seit 1970 trat Zink regelmäßig bei den Deutschen Evangelischen Kirchentagen als Redner auf. Meist gestaltete er dort morgendliche Bibelarbeiten, die gut besucht waren. Beim Evangelischen Kirchentag 1981 in Hamburg gestaltete er mit dem Flötisten Hans-Jürgen Hufeisen beispielsweise eine Bibelarbeit vor 15.000 Zuhörern.[8] „Die Bibelarbeiten waren mir wichtig, weil ein Kirchentag ohne Orientierung an der Bibel nicht sein kann“, sagte Zink bei seinem Abschied aus dieser Arbeit 2011.[9] Sein letzter Auftritt auf dem Kirchentag wurde per Video und Großleinwand an die Zuschauer übertragen, da er nach einer schweren Operation nicht selbst am Kirchentag teilnehmen konnte.[10] Matthias Morgenroth zitiert ihn mit den Worten: „Der Kirchentag ist das Beste, was die Kirche den Menschen heute zu bieten hat.“[11]
Ebenso seit 1970 bereiste Zink Länder des Nahen Ostens, im Besonderen Israel, und produzierte Filme und Bücher über die Religionsgeschichte und Kultur dieser Länder. Ab 1980 tat er dies als freier Publizist, nachdem er vom kirchlichen Dienst beurlaubt wurde. 1980 trat Zink den Grünen bei[12][13] und wurde zu einem „protestantische[n] Inspirator der Friedens- und Umweltbewegung in den Achtzigerjahren“, wie Matthias Drobinski in seinem Nachruf schrieb.[14] Am 7. November 1996 erhielt Zink für seine Verdienste um die evangelische Publizistik den Wilhelm-Sebastian-Schmerl-Preis.
Zink war verheiratet und hatte drei Töchter und einen Sohn sowie vier Enkel.
Würdigungen
Jörg Zink war einer der wichtigsten Sprecher der Friedens- und Ökologiebewegung und wurde hierfür 1983 mit dem Bundesnaturschutz-Preis ausgezeichnet. Im Jahr 2004 wurde er für sein Lebenswerk mit dem Predigtpreis des Verlags für die Deutsche Wirtschaft (Bonn) ausgezeichnet.[15] Im Jahr 2012 wurde ihm die Staufermedaille in Gold des Landes Baden-Württemberg verliehen.
Von Ministerpräsident Winfried Kretschmann wurde Zink 2015 zum Professor (Ehrentitel in Baden-Württemberg) ernannt. Kretschmann würdigte Zinks Einsatz in der Friedensbewegung und bei der Gründung der Partei der Grünen. Damit habe der Geehrte entscheidend dazu beigetragen, dass aus einer Protestbewegung eine ernstzunehmende politische Kraft in der Mitte der Gesellschaft geworden sei.[16]
Werke (Auswahl)
- Der Begriff des Kompromisses, sein Ort, sein Rang und seine Verwandlung in der theologischen Ethik, Ein Beitrag zum Problem der Weltlichkeit des christl. Handelns, Hamburg 1955, DNB 480587574 (Dissertation Universität Hamburg, Evangelisch-theologische Fakultät, 22. November 1955, 244 Seiten).
- Womit wir leben können. Kreuz-Verlag, Stuttgart 1963–2009, ISBN 978-3-7831-3284-7.
- Die letzten sieben Tage der Erde. Plakattext für Brot für die Welt mit Grafiken von Heinz Giebeler, Stuttgart 1973.
- Erfahrung mit Gott. Kreuz-Verlag, Stuttgart 1974–2008. ISBN 978-3-7831-3123-9.
- Licht über den Wassern. Kreuz-Verlag, Stuttgart 1978–1988, ISBN 978-3-7831-0551-3.
- Was bleibt, stiften die Liebenden. Kreuz-Verlag, Stuttgart 1979, ISBN 3-7831-0581-1.
- Kostbare Erde. Biblische Reden über unseren Umgang mit der Schöpfung. Kreuz-Verlag, Stuttgart 1981, ISBN 3-7831-0617-6
- Tief ist der Brunnen der Vergangenheit. Kreuz-Verlag, Stuttgart 1988, ISBN 978-3-7831-0937-5.
- Sieh nach den Sternen – gib acht auf die Gassen. Kreuz-Verlag, Stuttgart 1992, ISBN 3-7831-1201-X (Autobiographie)
- Neue Zehn Gebote. Kreuz-Verlag, Stuttgart 1995, ISBN 3-7831-1396-2.
- Wo das Rettende wächst. Kreuz-Verlag, Stuttgart 1996, ISBN 3-7831-1467-5.
- Zum Abendmahl sind alle eingeladen. Warum ziehen die Kirchen Grenzen? Kreuz-Verlag, Stuttgart 1997, ISBN 3-7831-1583-3.
- Am Ufer der Stille. Kreuz-Verlag 2001, ISBN 978-3-7831-2002-8.
- Der Gang zur Quelle – Über die Taufe. Verlag am Eschbach, Eschbach 2001, ISBN 978-3-88671-238-0.
- Nimm’s gelassen – ein Gespräch mit Älterwerdenden. Verlag am Eschbach, Eschbach 2002, ISBN 3-88671-252-4.
- Dem Herzen nahe. Verlag am Eschbach, Eschbach 2002, ISBN 978-3-88671-244-1.
- Die Urkraft des Heiligen. Kreuz-Verlag, Stuttgart 2003, ISBN 978-3-7831-2327-2.
- Ein paar Schritte an Ihrer Seite – Für Trauernde. Kreuz-Verlag 2005, ISBN 978-3-7831-2535-1.
- Schöpfungsglaube. Kreuz-Verlag, Stuttgart 2006, ISBN 978-3-7831-2778-2.
- Trauer hat heilende Kraft. Kreuz-Verlag, Stuttgart 1985 (1. Aufl.) – 2005 (17. Aufl.); Neuausgabe: Herder Verlag, Freiburg im Breisgau 2014, ISBN 978-3-451-31262-5.
- Ufergedanken. Gütersloher Verlagshaus 2007, ISBN 978-3-579-06460-4.
- Zehn Wünsche für heute und morgen. Verlag am Eschbach, Eschbach 2008, ISBN 978-3-88671-941-9.
- An den Wassern zu Babel – Wie der Glaube an den einen Gott in die Welt kam. Gütersloher Verlagshaus 2008, ISBN 978-3-579-06463-5.
- Sieh nach den Sternen – gib acht auf die Gassen. Erinnerungen. Neuausgabe. Kreuz-Verlag, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-7831-3129-1.
- Zwölf Nächte. Was Weihnachten bedeutet. Verlag am Eschbach, Eschbach (Markgräflerland), überarbeitete Neuausgabe 2009, ISBN 978-3-88671-979-2.
- Vom Geist des frühen Christentums [Den Ursprung wissen – das Ziel nicht verfehlen]. Kreuz-Verlag, Stuttgart 2011, ISBN 978-3-451-61018-9.
- Die Stille der Zeit [Gedanken zum Älterwerden]. Gütersloher Verlagshaus 2012. ISBN 978-3-579-06580-9.
- Aufrecht unter dem Himmel. Gütersloher Verlagshaus 2012, ISBN 978-3-579-06582-3.
- Die Kinder-Bibel, mit Bildern von Pieter Kunstreich. Nikol, Hamburg 2012, ISBN 978-3-86820-163-5.
- Das offene Gastmahl. Gütersloher Verlagshaus 2013, ISBN 978-3-579-06592-2.
- Deine Wege werden kürzer – fürchte dich nicht! Gütersloher Verlagshaus 2013, ISBN 978-3-579-06594-6.
- Was Christen glauben. Gütersloher Verlagshaus, ergänzte Neuausgabe 2014, ISBN 978-3-579-08505-0.
- Wie wir beten können. Kreuz-Verlag, Freiburg im Breisgau, überarbeitete Neuausgabe 2015, ISBN 978-3-451-61342-5.
Bibelübersetzungen
Literatur
- Matthias Morgenroth: Jörg Zink. Die Biografie. Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2013, ISBN 978-3-579-06591-5.
Weblinks
- Literatur von und über Jörg Zink im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Werke von und über Jörg Zink in der Deutschen Digitalen Bibliothek
- Website von Jörg Zink/Gütersloher Verlagshaus
- Persönliche Website von Jörg Zink
- Rezension des Werkes „Zwölf Nächte: Was Weihnachten bedeutet“, umfangreiche Zusatzinformationen
- Jörg Zink: Die letzten sieben Tage der Schöpfung
- Ehrenprofessur 2015
Einzelnachweise
- ↑ Joergzink.de – Persönliche Internetseite von Jörg Zink. In: www.joergzink.de. Abgerufen am 11. September 2016.
- ↑ dpa: Jörg Zink (†): Dieser Mann sprach mehr als 100 Mal das „Wort zum Sonntag“. 11. September 2016, abgerufen am 12. September 2016 (deutsch).
- ↑ Biographische Daten von Jörg Zink in: Wer ist Wer – Das deutsche Who's Who 2000/2001. 39. Ausgabe, Schmidt-Römhild, Verlagsgruppe Beleke, Lübeck 2000, ISBN 978-3-7950-2029-3, S. 1580.
- ↑ Matthias Morgenroth: Jörg Zink. Die Biografie. Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2013, ISBN 978-3-579-06591-5, S. 85.
- ↑ Jörg Zink ist tot. boersenblatt.net, abgerufen am 14. September 2016.
- ↑ Matthias Morgenroth: Jörg Zink. Die Biografie. Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2013, ISBN 978-3-579-06591-5, S. 19.
- ↑ Evangelisches Gesangbuch, Ausgabe Württemberg, Stuttgart 1996, Nr. 673.
- ↑ Matthias Morgenroth: Jörg Zink. Die Biografie. Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2013, ISBN 978-3-579-06591-5, S. 197.
- ↑ Der Sonntag, Wochenzeitung für die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Sachsens – Sonderausgabe zum 33. Deutschen Evangelischen Kirchentag vom 4. Juni 2011, S. 4.
- ↑ Kirchentag.de http://www.kirchentag.de/jetzt-2011/religion-glaube/03-freitag/utc-zink-bibelarbeit.html
- ↑ Matthias Morgenroth: Jörg Zink. Die Biografie. Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2013, ISBN 978-3-579-06591-5, S. 193.
- ↑ Matthias Kamann: Spirituell und betroffen – Gottes wahrer Grüner. welt.de, 21. November 2011, abgerufen am 7. April 2013.
- ↑ Fernsehpfarrer Jörg Zink zeigt Flagge für die Grünen: Auf daß die Welt und die Menschen nicht veröden. In: Die Zeit, 8. Februar 1980, Nr. 07/1980.
- ↑ Matthias Drobinski: Er war so frei. sueddeutsche.de, 12. September 2016, abgerufen am 14. September 2016.
- ↑ Predigtpreis: Preisträger 2004
- ↑ http://www.elk-wue.de/landeskirche/meldungen-landeskirche/detail/?tx_ttnews%5Btt_news%5D=61168&tx_ttnews%5BbackPid%5D=68168&no_cache=1 abgerufen am 18. Februar 2015
Personendaten | |
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NAME | Zink, Jörg |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Theologe, Publizist und Friedensaktivist |
GEBURTSDATUM | 22. November 1922 |
GEBURTSORT | Elm |
STERBEDATUM | 9. September 2016 |
STERBEORT | Stuttgart |
- Autor
- Bibelübersetzer
- Lutherischer Theologe (20. Jahrhundert)
- Lutherischer Theologe (21. Jahrhundert)
- Lutherischer Geistlicher (20. Jahrhundert)
- Lutherischer Geistlicher (21. Jahrhundert)
- Friedenspfarrer
- Person (Evangelische Landeskirche in Württemberg)
- Träger der Staufermedaille
- Träger des Verdienstordens des Landes Baden-Württemberg
- Ehrenprofessor des Landes Baden-Württemberg
- Kirchenlieddichter
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