Kreis Flatow

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Die Provinz Westpreußen.
  • Regierungsbezirk Danzig
  • Regierungsbezirk Marienwerder
  • Der preußische Landkreis Flatow bestand von 1818 bis 1945. Er umfasste am 1. Januar 1945 die zwei Städte Flatow und Krojanke sowie weitere 66 Gemeinden und einen Gutsbezirk (Forst).

    Verwaltungsgeschichte

    Königreich Preußen

    Nach der Neuorganisation der Kreisgliederung im preußischen Staat nach dem Wiener Kongress entstand mit dem 1. April 1818 der Kreis Flatow im Regierungsbezirk Marienwerder in der Provinz Westpreußen. Dieser umfasste meist ländliche Gebiete um die Stadt Flatow, dem Kreissitz.

    Seit dem 3. Dezember 1829 gehörte der Kreis – nach dem Zusammenschluss der bisherigen Provinzen Preußen (nicht: Ostpreußen) und Westpreußen – zur neuen Provinz Preußen mit dem Sitz in Königsberg i. Pr. Der Regierungsbezirk Marienwerder blieb dabei bestehen.

    Seit dem 1. Juli 1867 gehörte der Kreis zum Norddeutschen Bund und ab 1. Januar 1871 zum Deutschen Reich.

    Deutsches Reich

    Karte der Provinz Grenzmark Posen-Westpreußen mit Kreisgrenzen (1938)

    Nach der Teilung der Provinz Preußen in die neuen Provinzen Ostpreußen und Westpreußen wurde der Kreis Flatow am 1. April 1878 wieder Bestandteil Westpreußens. Am 20. November 1919 wurde der Kreis Flatow der neuen Regierungsstelle in Schneidemühl (Verwaltungsbezirk Grenzmark Westpreußen-Posen) unterstellt.

    Mit Inkrafttreten des Versailler Vertrages am 10. Januar 1920 wurde der östliche Teil des Kreises Flatow mit den Städten Vandsburg, Zempelburg und Cammin i. Westpreußen zum Zweck der Einrichtung des Polnischen Korridors ohne Abstimmung dem polnischen Staat einverleibt. In dem entrissenen Teil lebten 30.516 Menschen, von denen nur 8600 Personen Polen waren.[1] Dieser östliche Teil bildete später den neuen polnischen Landkreis Sępolno/Zempelburg.

    Zum 11. Januar 1921 wurde der Verwaltungsbezirk „Grenzmark Westpreußen-Posen“ in „Grenzmark Posen-Westpreußen“ umbenannt. Am 1. Juli 1922 konnten endgültige Regelungen hinsichtlich der Reste der Provinz Westpreußen getroffen werden. Es wurde die neue preußische Provinz Grenzmark Posen-Westpreußen gebildet, in die der Kreis Flatow eingegliedert wurde. Dieser trat am 1. August 1922 zum neuen Regierungsbezirk Schneidemühl.

    Zum 30. September 1929 fand im Kreis Flatow entsprechend der Entwicklung im übrigen Freistaat Preußen eine Gebietsreform statt, bei der alle bisher selbstständigen Gutsbezirke bis auf einen aufgelöst und benachbarten Landgemeinden zugeteilt wurden.

    Am. 1. Oktober 1938 wurde der Kreis Flatow nach der Auflösung der Provinz Grenzmark Posen-Westpreußen in die Provinz Pommern eingegliedert. Der Regierungsbezirk „Schneidemühl“ erhielt aus Traditionsgründen die Bezeichnung „Grenzmark Posen-Westpreußen“. Zum 1. Januar 1939 führte der Kreis Flatow entsprechend der jetzt reichseinheitlichen Regelung die Bezeichnung Landkreis.

    Im Frühjahr 1945 wurde das Kreisgebiet von der Roten Armee besetzt und nach Kriegsende unter polnische Verwaltung gestellt.

    Landräte

    1816–1825: Ferdinand Baron de l’Homme de Courbière
    1825–0000: N. N.
    1827–1832: Wilhelm Schirmeister
    1832–1833: Wilkens
    1833–1851: Bernhard von Benkendorff
    1852–0000: Wagner (kommissarisch)
    1852–0000: Ebmeyer (kommissarisch)
    1852–1882: Benno von Weiher
    1882–1894: Alfred von Conrad (1852–1914)
    1895–1915: Fritz Freiherr von Massenbach (1861–1915) [2]
    1915–1916: Ludwig Bartels
    1916–1929: Kurd Janssen (1881–1953) (Landrat und 1919 bis 1920 Generalkommissar für die Übergabe der Zivilverwaltung der an Polen abzutretenden Teile des Kreises)
    1929–1934: Werner Snay (* 1892)
    1934–1935: Waldemar Vöge (* 1901) (vertretungsweise)
    1935–0000: Freiherr von Perfall (vertretungsweise)
    1935–1937: Friedrich „Fritz“ Ackmann (1903–1972) [3]
    1943–0000: Paul Wilke (vertretungsweise)
    1943–0000: C. Knabe (vertretungsweise)
    1943–0000: Danzig (kommissarisch)

    Kommunale Verwaltungseinheiten

    Im Jahr 1932 gab es im Kreis Flatow zwei Städte, 69 Landgemeinden und einen Gutsbezirk:

    Städte
    1. Flatow (heute polnisch Złotów)
    2. Krojanke (Krajenka)
    Landgemeinden
    1. Adlig Landeck
    2. Aspenau
    3. Augustendorf
    4. Battrow
    5. Blankenfelde
    6. Blankwitt
    7. Böck
    8. Conradsfelde
    9. Deutsch Fier
    10. Dobrin (Debrzno-Wieś)
    11. Espenhagen
    12. Friedrichsbruch
    13. Glumen
    14. Gresonse
    15. Groß Butzig
    16. Groß Friedrichsberg
    17. Grunau
    18. Gursen
    19. Hammer
    20. Hohenfier
    21. Hütte
    22. Kappe
    23. Karlsdorf
    24. Kietz
    25. Kirschdorf
    26. Klein Butzig
    27. Klein Friedrichsberg
    28. Kleschin
    29. Krummenfließ
    30. Kujan
    31. Kölpin
    32. Königsdorf
    33. Lanken
    34. Lessendorf
    35. Linde (Lipka)
    36. Lugetal
    37. Mittel Friedrichsberg
    38. Neu Battrow
    39. Neu Butzig
    40. Neu Grunau
    41. Neuhof
    42. Petzin
    43. Posenberg
    44. Pottlitz
    45. Preußenfeld
    46. Proch
    47. Radawnitz (Radawnica)
    48. Ruden
    49. Sakollnow
    50. Schmirdau
    51. Schmirtenau
    52. Schwente
    53. Schönfeld
    54. Seedorf (Grenzmark)
    55. Seefelde
    56. Steinau
    57. Steinmark
    58. Stewnitz
    59. Straßforth
    60. Strusendorf
    61. Tarnowke (Tarnówka)
    62. Treuenheide
    63. Wengerz
    64. Wilhelmsbruch
    65. Wilhelmssee
    66. Wittenburg
    67. Wonzow
    68. Zakrzewo
    69. Ziskau
    Gutsbezirk
    1. Kujan, Forst

    Amtsbezirke

    Im Jahr 1932 gab es in Kreis Flatow zwanzig Amtsbezirke:

    1. Adlig Landeck
    2. Battrow
    3. Glumen
    4. Groß Butzig
    5. Grunau
    6. Gursen
    7. Kujan
    8. Kölpin
    9. Lanken
    10. Linde (Lipka)
    11. Lugetal
    12. Petzin
    13. Pottlitz
    14. Radawnitz (Radawnica)
    15. Sakollnow
    16. Schwente
    17. Seefelde
    18. Steinau
    19. Stewnitz
    20. Tarnowke (Tarnówka)

    Kommunalverfassung

    Die Landkreis Flatow gliederte sich zunächst in die Stadtgemeinden Camin i. Westpreußen, Flatow, Krojanke, Vandsburg und Zempelburg, in Landgemeinden und – bis zu deren nahezu vollständiger Auflösung – in selbstständige Gutsbezirke.

    Mit Einführung des preußischen Gemeindeverfassungsgesetzes vom 15. Dezember 1933 gab es ab 1. Januar 1934 eine einheitliche Kommunalverfassung für alle preußischen Gemeinden. Die bisherigen Stadtgemeinden Flatow und Krojanke führten jetzt die Bezeichnung Stadt.

    Mit Einführung der Deutschen Gemeindeordnung vom 30. Januar 1935 wurde zum 1. April 1935 das Führerprinzip auf Gemeindeebene durchgesetzt.

    Eine neue Kreisverfassung wurde nicht mehr geschaffen; es galt weiterhin die Kreisordnung für die Provinzen Ost- und Westpreußen, Brandenburg, Pommern, Schlesien und Sachsen vom 19. März 1881.

    Bevölkerung

    Im Folgenden eine Übersicht[4] nach Einwohnerzahl, Konfessionen und Sprachgruppen:


    Jahr 1821 1831 1841 1852 1861 1871 1880 1890 1900 1910 1925
    Einwohner 28.854 36.066 ? 52.761 58.695 63.303 ? 65.156 65.752 69.186 41.241[5]
    Evangelische
    Katholiken
    Juden
    14.630
    11.842
    2.282
    19.378
    14.063
    2.625
      30.578
    19.076
    3.107
    34.511
    21.205
    2.971
    37.084
    23.511
    2.538
      37.482
    25.584
    2.079
    37.573
    26.450
    1.692
    38.578
    29.364
    1.221
    26.676[5]
    13.585[5]
    603[5]
    deutschsprachig
    zweisprachig
    polnischsprachig
      22.012
    -
    14.054
      38.139
    -
    14.622
    43.758
    -
    14.937
        47.990
    825
    16.328
    48.081
    921
    16.738
    50.648
    1.510
    17.021

    Bevölkerungsentwicklung 1900–1945

    Joachim Zdrenka zeichnet in jüngster Zeit mit Hilfe umfangreicher statistischer Analysen am Beispiel des ehemaligen Kreises Flatow die Bevölkerungsentwicklung sowie die Verschiebungen zwischen Deutschen und Polen als ethnischen Hauptgruppen bzw. Protestanten, Katholiken und Juden als Religionsgemeinschaften von der Wende des 19. zum 20. Jahrhundert bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs nach. Hiernach fielen von rund 30.000 Wehrmachtsangehörigen ca. 10.000 Personen, darunter auch Reichsdeutsche polnischer Sprache, allein im Zweiten Weltkrieg. Das entsprach knapp neun Prozent der örtlichen Bevölkerung. In den Konzentrationslagern der Nazis verstarben gleichzeitig aus dem Kreis Flatow 546 namentlich bekannte Juden, 64 namentlich nachgewiesene Roma, 28 namentlich belegte Polen und acht namentlich aufgefundene Deutsche. Von 2960 Personen jüdischer Abstammung, die in den Standesamtsregistern des Kreises Flatow aufgeführt sind, fielen insgesamt zwei Drittel dem Holocaust zum Opfer.

    Änderung von Ortsnamen

    In einigen Fällen wurden in den 1930er Jahren Ortsnamen als „nicht deutsch“ genug angesehen und erhielten eine lautliche Angleichung oder Übersetzung, zum Beispiel:

    • Cziskowo: Ziskau
    • Jastrzembke: Falkendorf
    • Obodowo Dorf: in Obendorf
    • Petzewo: Deutsch Fier
    • Smirdowo b. Flatow: Schmirdau
    • Wersk: Seedorf (Grenzmark)
    • Zakrzewo: Buschdorf (Kr. Flatow)

    Patenschaft

    Eine Patenschaft für den Heimatkreis Flatow hat der niedersächsische Landkreis Gifhorn übernommen. Unter anderem befindet sich im dortigen Historischen Museum, gelegen im Gifhorner Schloss, eine Flatower Heimatstube mit kleinem Archiv und Büchersammlung. Neue Entwicklungen der letzten Jahre führten in den letzten Jahren zum Aufbau freundschaftlicher Kontakte Gifhorner Gruppen zu polnischen Partnern in Stadt und Kreis (powiat) Zlotow, den Nachfolgern der früheren deutschen Gebietskörperschaften.

    Verkehr

    Den Kreis Flatow durchzog seit 1871 die Strecke Schneidemühl - Dirschau der Preußischen Ostbahn >115.0<. Erst 35 Jahre später wurde Flatow zum Ausgangspunkt einer Nebenbahn der Preußischen Staatsbahn nach Vandsburg >115.c<. Es folgte 1914 noch eine weitere Verbindung von der Kreisstadt nach Deutsch Krone mit einer Abzweigung in Wengerz nach Jastrow >115.f+f²<.

    Literatur

    • Friedrich Wilhelm Ferdinand Schmitt: Topographie des Flatower Kreises. In: Preußische Provinzial-Blätter, Andere Folge, Band VI, Königsberg 1854, S. 257–289 (Online) und S. 432–461 (Online), Band VII, Königsberg 1855, S. 42–46 (Online) und S. 105–118 (Online)
    • Friedrich Wilhelm Ferdinand Schmitt: Der Kreis Flatow. In seinen gesammten Beziehungen. Thorm 1867 (E-Kopie)
    • Goerke, Otto: Der Kreis Flatow. In geographischer, naturkundlicher und geschichtlicher Beziehung dargestellt. [1. Aufl. 1918] 2. Aufl., Gifhorn 1981, mit einem Nachtrag über die Zeit von 1918 bis 1945 von Manfred Vollack. 902 S.; 113 Abbildungen, 7 Karten.
    • Heimatbuch für den Kreis Flatow – Grenzmark Posen-Westpreußen – Provinz Pommern. Herausgegeben vom Heimatkreisausschuss für den Kreis Flatow mit Unterstützung des Patenschaftskreises Gifhorn. Druck: Karl Neef oHG (Wittingen), Gifhorn 1971.
    • Mathias Niendorf: Minderheiten an der Grenze - Deutsche und Polen in den Kreisen Flatow (Złotów) und Zempelburg (Sępólno Krajeńskie) 1900–1939 (Dissertation, Universität Kiel 1996). Harrassowitz, Wiesbaden 1997, ISBN 3-447-03917-5, (Online).
    • Michael Rademacher: Deutsche Verwaltungsgeschichte Provinz Pommern – Landkreis Flatow (2006).
    • Gunthard Stübs und Pommersche Forschungsgemeinschaft: Der Kreis Flatow in der ehemaligen Provinz Pommern (2011).
    • Joachim Zdrenka: Mieszkancy Ziemi Złotowskiej polegli w II wojnie światowej 1939–1945. Die Gefallenen des Landkreises Flatow im 2. Weltkrieg 1939–1945. In: Biblioteka Muzeum Ziemi Złotowskiej 8. Złotów 2011. 350 S.
    • Joachim Zdrenka: Ofiary obozów koncentracyjnych z powiatu złotowskiego. KZ-Opfer aus dem Landkreis Flatow. In: Biblioteka Muzeum Ziemi Złotowskiej 9. Złotów 2012. 102 S.
    • Joachim Zdrenka: Żydzi powiatu złotowskiego (1859–)1874–1945. Juden des Landkreises Flatow (1859–)1874–1945. In: Biblioteka Muzeum Ziemi Złotowskiej 10. Złotów 2013. 411 S.; 12 Tabellen.
    • Joachim Zdrenka: Cmentarz Wojenny w Złotowie. Historia i fakty. In: Biblioteka Muzeum Ziemi Złotowskiej 11. Zielona Góra, Złotów 2014. 199 S.
    • Mathias Niendorf: Minderheiten an der Grenze: Deutsche und Polen in den Kreisen Flatow (Złotów) und Zempelburg (Sępólno Krajeńskie) 1900–1939. Harrassowitz, Wiesbaden 1997 (eingeschränkte Vorschau)

    Weblinks

    Einzelnachweise

    1. Wolfgang Bahr: Kurze Geschichte des Flatower Landes. In: Heimatbuch für den Kreis Flatow – Grenzmark Posen-Westpreußen – Provinz Pommern. Herausgegeben vom Heimatkreisausschuss für den Kreis Flatow mit Unterstützung des Patenschaftskreises Gifhorn. Druck: Karl Neef oHG (Wittingen), Gifhorn 1971, S. 37-42.
    2. Mathias Niendorf: Minderheiten an der Grenze. Deutsche und Polen in den Kreisen Flatow (Złotów) und Zempelburg (Sępólno Krajeńskie) 1900-1939. S. 91; (eingeschränkte Vorschau bei Google Book Search).
    3. http://www.friedrich-ackmann-haus.de/ueber-uns/geschichte/
    4. Leszek Belzyt: Sprachliche Minderheiten im preußischen Staat 1815–1914. Marburg 1998. S.105
    5. a b c d Der Große Brockhaus. 15. Auflage, Sechzehnter Band, Leipzig 1933, S. 745.