Licher Privatbrauerei

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Licher Privatbrauerei Jhring-Melchior GmbH

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Rechtsform GmbH
Gründung 1854
Sitz Lich
Leitung Rainer Noll, Ulrich Peters
Mitarbeiterzahl 250
Website www.licher.de
Licher Brauerei
Ursprüngliche Brauerei bei Nacht

Die Licher Privatbrauerei Jhring-Melchior GmbH ist eine Brauerei in Lich, Mittelhessen. Licher Bier ist seit 1988 Marktführer in Hessen und gehört zu den 20 führenden Biermarken Deutschlands.[1][2]

Gründung und Unternehmensgeschichte

J. H. Jhring Brauerei

Im Jahre 1854 gründete der Brauer Johann Heinrich Ihring nach vierjähriger Wanderschaft die J. H. Jhring Brauerei in Lich am Hardtberg. Hier gibt es einen Brunnen und einen Felsenkeller zur Kühlung. Sein Vater schenkte das Bier als Wirt in seinem Gasthof „Zum goldenen Löwen“ aus. Seit 1873 trieb eine Dampfmaschine mit einer Leistung von sechs PS statt Pferden die Maschinen an. Zur Jahrhundertwende 1899/1900 war ein Jahresausstoß von 22.000 Hektolitern erreicht, dafür wurden Gebäude und Anlagen auf dem neuesten Stand der Technik gehalten. Bereits 1911 lieferte die „Dampfbierbrauerei“ mit einem Lkw ihr Bier aus.

Gambrinus-Brauerei

Seit 1858 versorgt Christoph Jakob Melchior seinen Gasthof „Zum goldenen Stern“ in Butzbach mit selbst gebrautem Bier. Drei Jahre später legt er den Grundstein zur Errichtung der Gambrinus-Brauerei, der wenig später die Gründung der Gastwirtschaft „Zum Gambrinus“ mit einer Außengastronomie folgt. Im Jahr 1895 wird eine Kältemaschine in Auftrag gegeben, die die Herstellung von untergärigem Bier vereinfacht. Mit der Modernisierung der Anlagen wächst der Ausstoß der Brauerei zur Jahrhundertwende auf 27.000 Hektoliter. Im Jahr 1896 stirbt der Unternehmensgründer und die Gambrinus-Brauerei C. J. Melchior wird von seinen Söhnen Hermann Melchior und dem gelernten Brauer Christoph Melchior übernommen. Seit 1890 können die beiden mit Hilfe der ersten Fernsprechleitung mit ihren Kunden sprechen, drei Jahre später wird elektrisches Licht im Haus verlegt.

Brauerei Jhring-Melchior KG

Die knapp 18 km voneinander entfernten Brauereien gehören zu den beliebtesten Braustätten der näheren Umgebung, beide dehnten ihre Vertriebsgebiete systematisch aus und übernahmen Betriebe wie die Gießener Union-Brauerei. Der Erste Weltkrieg stellt für beide Betriebe eine Zäsur dar: Rohstoff- und Mitarbeitermangel beschränken die Entwicklung. Ab 1922 sprechen Christoph Melchior und Heinrich Ihring über die Zusammenarbeit der seit 1919 durch Heirat verbundenen Familienunternehmen. Am 17. Februar 1923 wird rückwirkend zum 1. Oktober 1922 die Brauerei Jhring-Melchior KG mit Sitz in Lich gegründet.

Die Produktion der Brauerei – zusammen rund 60.000 Hektoliter jährlich – wurde nach Lich verlagert, am Standort Butzbach verblieben eine Mälzerei und ein Bierlager. Durch die Inflation konnte das Unternehmen im Jahr 1923 den größten Reingewinn der bisherigen Firmengeschichte mit 1.626.239.640.632,00 Mark ausweisen. Im selben Jahr wurde Heinrich Ihrings Sohn Hans Ihring geschäftsführender Gesellschafter. Die Einweihung eines zweiten Eisgenerators steigerte 1925/26 die Produktionskapazität auf 25 Tonnen Kunsteis pro Tag und die Unabhängigkeit von Natureis. 1929 beschäftigte man 100 Mitarbeiter und unterhielt 15 Bierniederlagen im Umkreis von 60 km um Lich.

Die Weltwirtschaftskrise verlangsamte das Wachstum, der Absatz sank auf 44.000 Hektoliter im Jahr 1931. 1933 stirbt Heinrich Ihring. Im Jahr 1938 steigt die Stundenleistung des 150-Mitarbeiter-Betriebes dank einer neuen Flaschenreinigungs- und -abfüllanlage auf 1200 Flaschen, der Bierausstoß auf 80.000 Hektoliter, 1940/41 auf 101.000 Hektoliter. Im Zweiten Weltkrieg bleiben die Brauereianlagen unversehrt, die Mangelwirtschaft verschont aber auch die Licher Privatbrauerei nicht. Nach dem Kriegsende wurde das Unternehmen beschlagnahmt und erhielt als eine von zwölf „Army Breweries“ in der US-Zone den Auftrag, die in Hessen stationierten amerikanischen Besatzungstruppen mit Bier zu versorgen. Ab 1948 darf die Brauerei auch ihre früheren Kunden wieder beliefern und bringt 1950 erstmals das Doppel-Export mit 14 Prozent Stammwürze auf den Markt.

Hans Ihring und der mit dessen Cousine Gertrud Melchior verheiratete Jurist und Kaufmann Otto-Karl de Groote erneuerten in den 1950er Jahren grundlegend die Ausstattung der Brauerei. Zum 100-jährigen Jubiläum übernahm die Brauerei 1954 mit einem Ausstoß von 127.140 Hektolitern erstmals die Marktführerschaft im Bundesland Hessen, das nun auch das Verbreitungsgebiet der Brauerei ist. Seitdem wird die Betriebsstätte, die sich immer noch am Licher Hardtberg befindet, Schritt für Schritt ausgebaut und steigert ihren Bierausstoß. Im Jahr 1999 übernahm die Holsten-Brauerei zunächst einige Anteile und später die Mehrheit an der Brauerei. 2004 wurde Licher zusammen mit Holsten an die Carlsberg-Gruppe verkauft, verbleibt dort aber nicht lange.

Unternehmen heute

Anlagenteil mit Bierkästen

Seit 2004 gehört die Licher Privatbrauerei zusammen mit der König-Brauerei der Bitburger Holding an. Über 6000 konzessionierte Gastronomiebetriebe in ganz Hessen werden betreut. Das Unternehmen ist nach EN ISO 9001 sowie per Öko-Audit zertifiziert und erfüllt den International Food Standard (IFS). Die Anlagen arbeiten nach dem Prinzip der Kreislaufwirtschaft und wurden dafür mit der Ehrenplakette des hessischen Umweltministeriums ausgezeichnet. Licher hat eine brauereieigene vollbiologisch arbeitende Kläranlage. Das Malz wird aus sieben Vertrags-Mälzereien bezogen, das Bier reift in 37 weithin sichtbaren Gärtürmen elektronisch gesteuert. Seit September 2006 laufen wieder zwei Abfüllanlagen zugleich, die neu in Betrieb genommene Abfüllanlage kann pro Stunde 55.000 Flaschen füllen. Mit etwa 250 Beschäftigten gilt die Brauerei in Lich als der größte Arbeitgeber. Im Januar 2010 wurde die neue Flaschenwaschmaschine offiziell in Betrieb genommen.[3]

Der seit den 1960er Jahren benutzte Slogan „Aus dem Herzen von Hessen“ wird 1970 zu „Licher Bier. Aus dem Herzen der Natur“ umgewandelt. In der Markenkommunikation wird neben dem Licher-Grün seit den 1990er Jahren der Eisvogel und „Solveigs Lied“ aus Edvard Griegs Peer-Gynt-Suite verwendet. 1993 erhält Licher mit dem bronzenen Effie des Gesamtverbandes Kommunikationsagenturen (GWA) einen der wichtigsten Preise der Branche für seine Werbekampagnen. Das „Hessenmädchen“, ursprünglich eine grafische Kombination der Gründer-Initialen J und M wurde seit den 1920er Jahren zusammen mit dem Licher Schloss bis Ende 2012 auf dem Etikett jeder Pils-Bierflasche abgebildet. Am 1. November 2012 wurde es durch eine redesignte Wortbildmarke mit dem Eisvogel als „Markenbotschafter“ ersetzt.[4][5]

Produkte

1927er Magirus-Lkw als historisches Werbe-Fahrzeug

Seit 2007 veröffentlicht die Brauerei keine absoluten Zahlen zum Getränke-Ausstoß mehr, für 2011 werden prozentuale Zahlen für Hessen zitiert[2]: so habe man laut Nielsens »Biermarkt in Hessen« beim Absatz von Bier und Biermixgetränken die Marktführerschaft ausgebaut: Der Marktanteil sei von 10,4 (2009) über 11,4 (2010) auf jetzt 11,6 Prozent gewachsen, beim reinen Pilsbier-Ausstoß betrage der Marktanteil 11,8 Prozent. 2006 produzierte Licher nach eigenen Angaben 780.000 Hektoliter Bier (2005: 775.000). Sie verwendet dazu Brauwasser aus eigenen Tiefbrunnen und Hefe aus eigener Reinzucht.

Die Produktpalette umfasst neben diverser Handelswaren folgende Biersorten: „Licher Premium Pilsner“, „Licher Export“, „Licher Alkoholfrei“, „Licher Leicht“, „Licher x² Cola“ (bestehend aus 40 Prozent Licher Pilsner, 60 Prozent coffeinhaltige Limonade mit Cola-Geschmack), „Licher Radler“ (bestehend aus 50 Prozent Licher Pilsner, 50 Prozent Zitronenlimonade). 2006 wurde das Weizenbier „Licher Weizen Hefe Hell“ neu eingeführt, 2007 folgte „Licher Isotonisch Alkoholfreies Pilsner“. Seit 2010 wird nach einer Rezeptur von 1854 hergestelltes Kellerbier namens „Licher Original 1854“ mit 5,0 Volumenprozent gebraut.[6]

Besonderheiten

Als einzige Brauerei in Hessen unterhält Licher einen eigenen Pferdestall auf ihrem Gelände und ist eine der wenigen in Deutschland, die überhaupt noch ein Brauereigespann hat. Das „Licher Sechsergespann“ tritt jährlich auf gut 30 Festumzügen in Hessen auf.

Licher schreibt jedes Jahr den Fotowettbewerb „Mensch und Natur“ für Profi- und Hobbyfotografen aus.

In einem Kochturnier mit regionalen Menüzutaten kämpften bis ins Jahr 2010 hessische Profiköche jedes Jahr um den von Licher gestifteten „Eisvogel-Pokal“ der Gastronomie-Kooperation Hessen à la carte.[7]

Für die Sat.1-Wochenshow wurde eine Parodie auf den Licher-Werbespot mit dem fiktiven Produktnamen Dicht erstellt.[8]

Sportsponsoring

Die Brauerei ist Sponsor zahlreicher Sport-Mannschaften in ihrem Verbreitungsgebiet, darunter die Erstliga-Mannschaften Fraport Skyliners Frankfurt (Basketball, 1. Bundesliga Herren), EC Bad Nauheim (Eishockey-DEL2), HSG Wetzlar (Handball, 1. Bundesliga Herren), Licher BasketBären (Basketball, 2. Liga Herren), LTi Gießen 46ers (Basketball, 1. Bundesliga Herren), MT Melsungen (Handball, 1. Bundesliga Herren), Löwen Frankfurt (DEL2), RSV Lahn-Dill (1. Bundesliga Rollstuhlbasketball), SV Wehen Wiesbaden (Fußball, 3. Liga), TV 05/07 Hüttenberg (Handball, 3. Bundesliga Herren) und TV Großwallstadt (Handball, 2. Bundesliga Herren).[9]

Außerdem unterstützte Licher ehemals den damaligen Handball-Zweitligisten HSG FrankfurtRheinMain.

Literatur

Commons: Licher Privatbrauerei – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Weblinks

Einzelnachweise

  1. »Licher« entwickelt sich 2008 »mit dem Markt«. In: Gießener Allgemeine Zeitung. 17. Oktober 2008, S. 37.
  2. a b Licher Brauerei baut Marktführerschaft in Hessen aus. In: Gießener Allgemeine Zeitung. 3. März 2012 (online).
  3. Mit neuer Flaschenreinigung setzt Licher das Modernisierungsprogramm fort. Pressemeldung der Bitburger Braugruppe auf licher.de. 21. Januar 2011, abgerufen am 13. März 2012.
  4. Licher im neuen Design titelerg=Pressemeldung der Bitburger Braugruppe. In: Presseportal Mercurio Drinks. 26. Oktober 2012, abgerufen am 4. Dezember 2014.
  5. Biermarke Licher im neuen Design. In: Design Tagebuch. 20. Februar 2013, abgerufen am 4. Dezember 2014.
  6. eil: Licher Festbier hat Premiere. In: Gießener Anzeiger, 26. März 2010, S. 7
  7. Kochwettbewerb "Hessische Regionalküche": Eisvogelpokal 2010. DEHOGA Hessen e.V., abgerufen am 13. März 2012.
  8. Endlich Dicht Saufen in Freier Natur, Sat.1-Wochenshow
  9. Licher will bei breitem Vereinssponsoring bleiben, auf www.bitburger-braugruppe.de, abgerufen am 5. Dezember 2015
  10.  Info: Bitte auf Vorlage:HessBib umstellen, um auch nach 2015 erfasste Literatur zu selektieren!

Koordinaten: 50° 30′ 53,93″ N, 8° 49′ 4,91″ O