Lothar Meyer

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Lothar Meyer
Nachruf
Grab auf dem Stadtfriedhof Tübingen

Julius Lothar (seit 1892: von) Meyer (* 19. August 1830 in Varel, Oldenburg; † 11. April 1895 in Tübingen) war ein deutscher Arzt und Chemiker. Er ist neben Dmitri Mendelejew einer der Begründer des Periodensystems der chemischen Elemente.

Leben

Der Arztsohn besuchte das Alte Gymnasium Oldenburg (AGO) in Oldenburg und begann 1851 ein Medizinstudium in Zürich, das er in Würzburg mit der Promotion zum Dr. med. abschloss. Anschließend beschäftigte er sich kurze Zeit bei Robert Wilhelm Bunsen in Heidelberg mit gasanalytischen Methoden. 1856 begann er ein zweites Studium der mathematischen Physik in Königsberg. 1858 promovierte er mit einer Arbeit über die Wirkung von Kohlenmonoxid auf Blut in Breslau zum Dr. pharmaciae.

Erst jetzt wandte sich Meyer der Chemie zu und habilitierte ein Jahr später mit dem Thema Die chemischen Lehren von Berthollet und Berzelius. In Breslau arbeitete er als Privatdozent und Leiter des chemischen Labors des Physiologischen Institutes. 1866 wechselte er als Dozent an die Forstakademie Neustadt-Eberswalde. Hier verfasste er auch mehrere Rezensionen für die „Zeitschrift für Chemie“ [1] Schon 1868 wurde er als ordentlicher Professor der Chemie an das Polytechnikum in Karlsruhe berufen. 1877 trat er die Nachfolge von Rudolph Fittig in Tübingen an.[2]

Leistungen

Allgemein bekannt geworden ist Lothar Meyer als Mitbegründer des Periodensystems. Meyer, der ab 1859 Lehrveranstaltungen durchführte, hat wie Dmitri Iwanowitsch Mendelejew den Lehrstoff mangels geeigneter Vorlagen selbst zusammengestellt. 1860 nahm Meyer, so wie auch Mendelejew, am ersten großen Chemikertreffen in Karlsruhe teil, auf dem wichtige Grundbegriffe der Chemie wie Atom, Molekül – insbesondere die Ideen von Stanislao Cannizzaro – bekannt gemacht wurden. 1864 erschien sein Buch Die modernen Theorien der Chemie, das in der Folgezeit mehrere Neuauflagen erfuhr. Hier stellte Meyer die Ideen über Moleküle, Atome klar zusammen. Nach einer Mitteilung von Mendelejew im Jahr 1869 schrieb Meyer die Abhandlung „Die Natur der chemischen Elemente als Funktion ihrer Atomgewichte“[3][4] In dieser Veröffentlichung stellte er Überlegungen zu den Elementen der heutigen Hauptgruppen sortiert nach dem Atomgewicht in Perioden zu sechs Gruppen nach Wertigkeit an. Dafür erhielt er 1882 zusammen mit Dmitri I. Mendelejew die Davy-Medaille von der britischen Royal Society. Außerdem gründete er 1887 zusammen mit William Ramsay und Mendelejew die Zeitschrift für Physikalische Chemie.

Weitere wichtige Leistungen:

  • Beitrag zur Struktur des Benzols. 1865 schlug er einen Kohlenstoffring mit einer zum Kern gerichteten Absättigung der sechs freien Kohlenstoffvalenzen vor
  • Periodische Abhängigkeit des Atomvolumens vom Atomgewicht
  • Neuberechnung der Atomgewichte der chemischen Elemente (1883)

Ehrungen

1892 wurde ihm das Ehrenritterkreuz des Ordens der Württembergischen Krone verliehen,[5] mit dem der Personaladel verbunden war. Er starb 1895 in Tübingen, wo er auch begraben ist.

In Tübingen wurde der Lothar-Meyer-Bau der Universität nach ihm benannt.[6]

1975 wurde das Vareler Gymnasium nach ihm benannt.

Im Jahre 1983 benannte Pete J. Dunn ein neues, kristallwasserhaltiges Calcium-Zink-Mangan-Arsenat zu Ehren von Lothar Meyer als Lotharmeyerit.[7] Der Name von Lothar Meyer lebt auch in den weiteren Mineralspezies fort, die aufgrund ihrer kristallchemischen Verwandtschaft mit Lotharmeyerit entsprechend benannt wurden: Ferrilotharmeyerit (Fe3+-dominantes Analogon des Zn-dominierten Lotharmeyerits),[8] Cobaltlotharmeyerit (Co-dominantes Analogon),[9] Nickellotharmeyerit (Ni-dominantes Analogon),[10] und Manganlotharmeyerit (Mn3+-dominantes Analogon)[11].

Schriften

  • Die Gase des Blutes. Göttingen 1857 (Dissertation, Med., Würzburg) Digitalisat
  • Chemische Analyse der Heilquellen zu Bad Landeck (Preussisch-Schlesien.) Gosohorsky, Breslau 1863 Digitalisat
  • Die modernen Theorien der Chemie und ihre Bedeutung für die chemische Statik. Maruschke & Berendt, Breslau 1864. Digitalisat
    • 2. umgearbeitete und sehr vermehrte Auflage. Maruschke & Berendt, Breslau 1872 Digitalisat [12]
  • Die Chemie in ihrer Anwendung auf die Forstwirtschaft. 1867.
  • Die Natur der chemischen Elemente als Function ihrer Atomgewichte. In: Annalen der Chemie und Pharmacie. VII. Supplementband 1870, S. 354-364. Wiederabgedruckt in: Das natürliche System der chemischen Elemente. Abhandlungen von Lothar Meyer (1864-1869) und D. Mendelejeff (1869-1871). Hrsg. von Karl Seubert. Engelmann, Leipzig 1895, S. 9-17 (=Ostwald's Klassiker der exakten Wissenschaften 68) Digitalisat
  • Die Zukunft der Deutschen Hochschulen und ihrer Vorbildungs-Anstalten. Maruschke & Berendt, Breslau 1878 Digitalisat
  • Lothar Meyer und Karl Seubert: Die Atomgewichte der Elemente aus den Originalzahlen neu berechnet. Breitkopf & Härtel, 1883. Digitalisat als pdf
  • Grundzüge der theoretischen Chemie. Breitkopf & Härtel, Leipzig 1890 als pdf-Datei
    • 2. Auflage, Breitkopf & Härtel, Leipzig 1893 Digitalisat
  • Die modernen Theorien der Chemie und ihre Beteutung für die chemische Mechanik. Maruschke & Berendt, Breslau 1884 Digitalisat
  • Die Anfänge des natürlichen Systemes der chemischen Elemente. Abhandlungen von J. W. Doebereiner, 1829, und Max Pettenkofer 1850, nebst einer geschichtlichen Uebersicht der Weiterentwickelung der Lehre von den Triaden der Elemente. Hrsg. von Lothar Meyer. Wilhelm Engelmann, Leipzig 1895 (=Ostwald's Klassiker der exakten Wissenschaften 66)

Siehe auch

Literatur

  • Georg Bredig: Meyer, Lothar. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 55, Duncker & Humblot, Leipzig 1910, S. 830–833.
  • Otto Krätz: Meyer, Lothar. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 17, Duncker & Humblot, Berlin 1994, ISBN 3-428-00198-2, S. 304–306 (Digitalisat).
  • Lothar Meyer: De Sanguine Oxydo Carbonico Infecto: Dissertatio Inauguralis Chymica, Grass, Barth et Soc., 1858.
  • Meyer, Julius Lothar. In: Winfried R. Pötsch, Annelore Fischer und Wolfgang Müller unter Mitarbeit von Heinz Cassebaum: Lexikon bedeutender Chemiker. Bibliographisches Institut, Leipzig 1988 ISBN 3-323-00185-0, S. 299–300.
  • Klaus Danzer: Dmitri I. Mendelejew und Lothar Meyer . Die Schöpfer des Periodensystems der chemischen Elemente. Teubner, Leipzig 1971 (Biographien hervorragender Naturwissenschaftler und Techniker).
  • Harald Kluge und Ingrid Kästner: Ein Wegbereiter der Physikalischen Chemie im 19. Jahrhundert - Julius Lothar Meyer (1830–1895). (= Europäische Wissenschaftsbeziehungen, Supplement 1), ISBN 978-3-8440-3269-7.
  • Günter Schwanicke: Aus dem Leben des Chemikers Julius Lothar Meyer und über seine epochemachenden Arbeiten auf dem Gebiet der Chemie im 19. Jahrhundert. Heimatverein Varel, Varel 1995 ISBN 3-924113-17-3.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. 10. Jg. Neue Folge Band 3. Quandt & Händel, Leipzig 1867, S. 160,, 192, 320, 447.
  2. Hochschullehrer Tübingen
  3. Lothar Meyer: Die Natur der chemischen Elemente als Funktion ihrer Atomgewichte, Lieb. Ann. Suppl. VII (1870), S. 354–364.
  4. Günther Bugge: Das Buch der grossen Chemiker, Verlag Chemie, II. Band, 1974, S. 233.
  5. Hof- und Staatshandbuch des Königreichs Württemberg 1894, Seite 36.über US-Server lesbar
  6. Lothar-Meyer-Bau auf TÜpedia.
  7. Pete J. Dunn: Lotharmeyerite, a new mineral from Mapimi, Durango, Mexico. In: The Mineralogical Record. Band 14, 1983, S. 35–36.
  8. H. Gary Ansell, Andrew C. Roberts, Pete J. Dunn, William D. Birch, Valerie E. Ansell, Joel D. Grice: Ferrilotharmeyerite, a new Ca-Zn-Fe3+ hydroxyl arsenate from Tsumeb, Namibia. In: The Canadian Mineralogist. Band 30, 1993, S. 215–217.
  9. Werner Krause, Herta Effenberger, Heinz-Jürgen Bernhardt, Mirko Martin: Cobaltlotharmeyerite, Ca(Co,Fe,Ni)2(AsO4)2(OH,H2O)2, a new mineral. In: Neues Jahrbuch für Mineralogie, Monatshefte. Band 1999, 1999, S. 505–517.
  10. Werner Krause, Heinz-Jürgen Bernhardt, Herta Effenberger, Mirko Martin: Cobalttsumcorite and nickellotharmeyerite, two new minerals from Schneeberg, Germany: description and crystal structure. In: Neues Jahrbuch für Mineralogie, Monatshefte. Band 2001, 2001, S. 558–576.
  11. Joel Brugger, Sergey V. Krivovichev, Uwe Kolitsch, Nicolas Meisser, Michael Andrut, Stefan Ansermet, Peter C. Burns: Description and crystal structure of manganlotharmeyerite, Ca(Mn3+,□,Mg)2{AsO4,[AsO2(OH)2]}2(OH,H2O)2, from the Starlera Mn Deposit, Swiss Alps, and a redefinition of lotharmeyerite. In: The Canadian Mineralogist. Band 40, 2002, S. 1597–1608.
  12. Karl Marx, der diese Ausgabe besaß (Marx-Engels-Gesamtausgabe. Abteilung IV. Band 32. Akademie Verlag, Berlin 1999 ISBN 3-05-003440-8, S. 460, Nr. 888), fertigte umfangreiche Exzerpte aus diesen Buch an. (Marx-Engels-Gesamtausgabe. Abteilung IV. Band 31. Karl Marx Friedrich Engels Naturwissenschaftliche Exzerpte und Notizen Mitte 1877 bis Anfang 1883, Akademie Verlag, Berlin 1999 ISBN 3-05-003399-1, S. 5-466.)