Michael Freund (Politikwissenschaftler)

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Michael Freund (* 18. Januar 1902 in Weilheim, Oberbayern; † 15. Juni 1972 in Kiel) war ein deutscher Politologe und Historiker. Er gehört zur Generation der Gründungsväter der Politikwissenschaft in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg.[1]

Leben

Michael Freund studierte Geschichte, Soziologie, Anglistik und Germanistik an der Ludwig-Maximilians-Universität München vom Sommersemester 1921 bis zum Wintersemester 1925/26. In den Jahren 1923 bis 1926 war er Mitglied der Freien Sozialistischen Jugend, danach der SPD.[2] Nach seinem Studium promovierte er im November 1925 bei Hermann Oncken mit einer Dissertation zur Ideengeschichte der englischen Revolution. Die Arbeit konnte Freund im Rahmen eines Forschungsauftrags der Notgemeinschaft der deutschen Wissenschaft erstellen. Im März 1927 legte er das Staatsexamen für die Fächer Geschichte, Anglistik und Germanistik in München ab.[3]

Neben einer wissenschaftlichen Hilfstätigkeit an der Bibliothek der Deutschen Hochschule für Politik in den Jahren 1932 bis 1935 in Berlin arbeitete er von 1933 bis 1935 als Redakteur für die danach verbotene Berliner Wochenzeitschrift Blick in die Zeit. Hier lernte er Andreas Gayk kennen, den späteren Oberbürgermeister von Kiel. Von 1935 bis 1936 arbeitete er als Lektor beim Bibliographischen Institut in Leipzig, von 1936 bis 1939 als Herausgeber der Weltgeschichte der Gegenwart in Dokumenten bei der NSDAP-eigenen Essener Verlagsanstalt. Freund habilitierte sich kumulativ im Jahr 1938 bei Gerhard Ritter in Freiburg und übernahm eine Dozentur für Westeuropäische Geschichte an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg.[4] Nach seiner Entlassung aus der akademischen Tätigkeit aus politischen Gründen trat Freund 1940 in die NSDAP ein. Im Zweiten Weltkrieg war er zunächst bei der Auslandsbriefprüfstelle dienstverpflichtet. Gegen Kriegsende war er in einer SS-Dienststelle in Klanowitz bei Prag tätig und bereitete beim Institut zur Erforschung der Judenfrage eine "Geschichte der Judenfrage in Dokumenten" vor. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges konnte Freund seine akademische Laufbahn fortsetzen.

1950 wechselte Freund von Freiburg nach Kiel, wo er 1951 als außerordentlicher Professor einen Lehrstuhl für Wissenschaft und Geschichte der Politik an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel erhielt. Von 1956 bis 1967 war er ordentlicher Professor, danach Emeritus. Seine Forschungsgebiete umfassten Themen der Politiksoziologie, Elitesoziologie und Ideengeschichte. Nach der Emeritierung übernahm Werner Kaltefleiter den Lehrstuhl.

Freund war auch journalistisch aktiv und schrieb u.a. für die Zeit und Welt. Ferner war er in den späten 1940er Jahren für die SPD-nahe Schleswig-Holsteinischen Volkszeitung tätig. In der FAZ veröffentlichte er ab Ende der 1950er Jahre den größten Teil seiner journalistischen Arbeiten. Sein Schwerpunkt lag auf historischen Themen, er veröffentlichte aber auch Kommentare zu tagesaktuellen politischen Ereignissen. Insgesamt erschienen einige hundert Artikel aus seiner Feder.[5]

Zu Beginn seiner Lehrtätigkeit an der Kieler Universität waren Jochen Steffen und Gerhard Stoltenberg seine wissenschaftlichen Mitarbeiter, die im schleswig-holsteinischen Landtag als Oppositionsführer bzw. Ministerpräsident zu politischen Gegnern wurden.

Freund war in den 1930er Jahren Mitglied der SPD gewesen, er selbst hat allerdings unterschiedliche Angaben über den genauen Zeitraum seiner Mitgliedschaft gemacht. Im Zuge seiner Entnazifizierung gab er die Jahre 1926 bis 1933 an.[6] Auch nach dem Zweiten Weltkrieg blieb Freund der Partei verbunden. So war er bspw. an der Abfassung eines Parteiprogramms für die schleswig-holsteinische Landtagswahl 1950 beteiligt.[7]

Am 28. November 1941 erfolgte die Eheschließung mit Eva Beinert. Die beiden hatten zwei gemeinsame Töchter. Zudem brachte seine Frau ein Kind in die Ehe ein.[8]

Publikationen

Werke
  • Die Idee der Toleranz im England der großen Revolution. (Dissertation). Niemeyer, Halle 1927.
  • Oliver Cromwell. Biographische Skizze. Coleman, Lübeck 1933.
  • Von Versailles zur Wehrfreiheit. Die Wiedererstehung Deutschlands als Großmacht. Essener Verlagsanstalt, Essen 1936.
  • Weltgeschichte der Gegenwart in Dokumenten 1934/35.
    • Teil 1: Internationale Politik. Essen 1936.
    • Teil 2: Staatsform und Wirtschaft der Nationen. Essen 1937.
  • Die große Revolution in England. Anatomie eines Umsturzes. Claassen, Hamburg 1951.
  • Das Elitenproblem in der modernen Politik. Isar, München 1954.
  • Der zweite Weltkrieg. Bertelsmann, Gütersloh 1962.
  • Das Dritte Reich 1933-1939. Bertelsmann, Gütersloh 1963.
  • Deutschland unterm Hakenkreuz. Die Geschichte der Jahre 1933-1945. Bertelsmann, Gütersloh 1965.
  • Das Drama der 99 Tage. Krankheit und Tod Friedrichs III. Kiepenheuer u. Witsch, Köln 1966.
  • Napoleon und die Deutschen. Despot oder Held der Freiheit? Callwey, München 1969.
  • Georges Sorel. Der revolutionäre Konservatismus. 2. erw. Aufl. der Ausgabe von 1932. Klostermann, Frankfurt 1972.
  • Deutsche Geschichte., fortgeführt von Thilo Vogelsang. Mit 96 ein- und mehrfarbigen Tafeln. München, Bertelsmann, (1985) ISBN 9783570066621.
Herausgebertätigkeit

Michael Freund gab mit Max von Brück, Benno Reifenberg, Friedrich Sieburg und Dolf Sternberger von 1951 bis 1958 die Halbmonatsschrift Die Gegenwart heraus.

Aufsätze
  • Der Journalist. In: Jürgen Jensen und Karl Rickers (Hrsg.): Andreas Gayk und seine Zeit. 1893-1954. Erinnerungen an den Kieler Oberbürgermeister. Wachholtz, Neumünster 1974, S. 51-64.

Literatur

  • Philipp Eulenburger: Publizieren um jeden Preis? Michael Freunds ungeschriebenes Buch „Der falsche Sieg“. In: Wilhelm Knelangen, Tine Stein (Hrsg.): Kontinuität und Kontroverse. Die Geschichte der Politikwissenschaft an der Universität Kiel. Klartext Verlag, Essen 2013, S. 369–389, ISBN 978-3-8375-0763-8.
  • Wilhelm Knelangen, Birte Meinschien: Deutsche Nachkriegspolitologen in der Nationalsozialistischen Diktatur: Michael Freund. In: Hubertus Buchstein (Hrsg.): Die Versprechen der Demokratie. Nomos, Baden-Baden 2013, S. 419-429.
  • Birte Meinschien: Michael Freund. Wissenschaft und Politik (1945–1965). Lang, Frankfurt am Main u.a. 2012, ISBN 978-3-631-62299-5.
  • Birte Meinschien: Historie und Macht. Die Kieler Politikwissenschaft unter Michael Freund. In: Wilhelm Knelangen, Tine Stein (Hrsg.): Kontinuität und Kontroverse. Die Geschichte der Politikwissenschaft an der Universität Kiel. Klartext Verlag, Essen 2013, S. 327–368, ISBN 978-3-8375-0763-8.
  • Catharina J. Nies: Die Revolutionskritik Michael Freunds und der Faschismusvorwurf der 68er. In: Wilhelm Knelangen, Tine Stein (Hrsg.): Kontinuität und Kontroverse. Die Geschichte der Politikwissenschaft an der Universität Kiel. Klartext Verlag, Essen 2013, S. 391–424, ISBN 978-3-8375-0763-8.
  • Wilhelm Knelangen, Birte Meinschien (Hrsg.): »Lieber Gayk! Lieber Freund!« Der Briefwechsel zwischen Andreas Gayk und Michael Freund von 1944 bis 1954. Ludwig, Kiel 2015, ISBN 978-3-86935-269-5.

Einzelnachweise

  1. Birte Meinschien: Michael Freund. Wissenschaft und Politik (1945-1965). Lang, Frankfurt am Main u.a.O. 2012, S. 11.
  2. Birte Meinschien: Michael Freund. Wissenschaft und Politik (1945-1965), S. 29.
  3. Birte Meinschien: Michael Freund. Wissenschaft und Politik (1945-1965), S. 30.
  4. Jensen u. Rickers: Andreas Gayk. S. 260 (Autorenbiographien).
  5. Wilhelm Knelangen/Birte Meinschien: ,,Wir sollten aufhören, immer nur eine einzige Form von Demokratie für demokratisch zu erklären." Eine Antwort auf Rainer Eisfeld, in: Politische Vierteljahresschrift, Heft 4, 2014, S. 731-745, hier S. 739.
  6. Birte Meinschien: Michael Freund. Wissenschaft und Politik (1945-1965), S. 32.
  7. Birte Meinschien: Michael Freund. Wissenschaft und Politik (1945-1965), S. 132.
  8. Birte Meinschien: Michael Freund. Wissenschaft und Politik (1945-1965), S. 45f.

Weblinks