Moclobemid

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Strukturformel
Strukturformel von Moclobemid
Allgemeines
Freiname Moclobemid
Andere Namen
  • IUPAC: 4-Chlor-N-(2-morpholino-ethyl)benzamid
  • Latein: Moclobemidum
Summenformel C13H17ClN2O2
Kurzbeschreibung

weißes bis gelblich weißes oder rötlich weißes, polymorphes Pulver[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 71320-77-9
PubChem 4235
DrugBank DB01171
Wikidata Q421934
Arzneistoffangaben
ATC-Code

N06AG02

Wirkstoffklasse

Antidepressiva

Wirkmechanismus

reversible Inhibition der Monoaminooxidase-Typ A

Eigenschaften
Molare Masse 268,74 g·mol−1
Schmelzpunkt
Löslichkeit

schwer löslich in Wasser, leicht löslich in Dichlormethan und Ethanol 96 %[1]

Sicherheitshinweise
Bitte die Befreiung von der Kennzeichnungspflicht für Arzneimittel, Medizinprodukte, Kosmetika, Lebensmittel und Futtermittel beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[3]

Gefahr

H- und P-Sätze H: 302​‐​315​‐​318​‐​335
P: 261​‐​280​‐​305+351+338[3]
Toxikologische Daten

707 mg·kg−1 (LD50Ratteoral)[4]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Moclobemid, 4-Chlor-N‐(2-morpholinoethyl)benzamid, ist eine kristalline Substanz, die entweder als freie Base oder als Hydrochlorid (Schmelztemperatur 208 °C) eingesetzt wird. Moclobemid ist ein substituiertes Benzamid, das strukturelle Verwandtschaft mit Sulpirid und Remoxiprid zeigt.

Indikationen

Die Indikation zum Einsatz von Moclobemid sind depressive Syndrome. Da Moclobemid nicht sedierend wirkt, ist es für die Behandlung bei gehemmter Depression, nicht aber bei agitierten oder suizidalen Patienten geeignet. Es ist in Deutschland auch zur Behandlung gegen soziale Phobie zugelassen.

Wirkungen

Moclobemid ist ein weitgehend selektiver reversibler Inhibitor der Monoaminooxidase A, der die Monoaminoxidase B zu etwa 30 % reversibel hemmt (Schätzung anhand der Noradrenalin-Abbauprodukte MHPG und DHPG bei täglicher Gabe von 600 mg Moclobemid, MAO-A-Hemmung dabei etwa 50 %).[5] Das bewirkt eine geringere Metabolisierung der Neurotransmitter Serotonin und Noradrenalin, ihre Konzentration nimmt zu, was zu einer Verbesserung von Stimmung und Antrieb bei Depressionen führt. Da Tyramin Moclobemid aus seiner Bindung an MAO A verdrängt (Reversibilität), kommt es unter Moclobemid bei Tyraminaufnahme mit der Nahrung nicht, wie bei irreversiblen MAO-Hemmern (z. B. Tranylcypromin), zu hypertensiven Krisen. Laut Herstellerangaben sind daher keine speziellen Diätvorschriften zu beachten. Moclobemid wirkt nicht sedierend und kaum anticholinerg. Die Wirksamkeit war in klinischen Studien mit der von tricyclischen Antidepressiva vergleichbar bei meist besserer Verträglichkeit. Vorteilhaft ist, dass Moclobemid eine große therapeutische Breite besitzt.

Dosierung

Die initiale Tagesdosis von 300 mg wird auf mehrere Einzeldosen verteilt (2-mal täglich 150 mg), eine spätere Reduktion der Tagesdosis auf 150 mg ist möglich. Bei schweren Depressionen ist eine Erhöhung auf eine maximale Tagesdosis von 600 mg möglich. Die Einnahme sollte nach der Mahlzeit erfolgen.

Da Moclobemid vorwiegend nur MAO A hemmt, ist keine spezielle Diät nötig.

Pharmakokinetik

Nach peroraler Applikation wird Moclobemid gut und schnell resorbiert, wegen eines First-Pass-Effektes beträgt die Bioverfügbarkeit 50–80 %. Maximale Plasmakonzentrationen werden nach 0,3 bis 2 Stunden ermittelt. Die Plasmaproteinbindung ist mit etwa 50 % eher gering. Die lipophile Substanz wird fast vollständig oxidativ metabolisiert, die Metabolite werden über die Niere ausgeschieden, die Eliminationshalbwertszeit liegt zwischen einer und drei Stunden. Eingeschränkte Nierenfunktion erfordert keine Dosisanpassung, jedoch muss bei Leberversagen wegen des verringerten First-Pass-Effektes eine Dosisreduktion vorgenommen werden.

Unerwünschte Wirkungen

Es wurden vorübergehende Schlafstörungen, Schwindel, Übelkeit, Mundtrockenheit und Kopfschmerzen beobachtet. In sehr seltenen Fällen traten Verwirrtheit, innere Unruhe und Erregung auf, die nach Absetzen wieder verschwanden. Selten wurden Hautreaktionen beobachtet, sehr selten Überempfindlichkeitsreaktionen, oft mit Ödembildung oder Dyspnoe, und in Einzelfällen sind Parästhesien beschrieben. Ein geringer Anstieg des Prolaktins im Plasma ist möglich. Da Schwindel, Kopfschmerzen und sehr selten auch Krampfanfälle auftreten können, können die Fahrtüchtigkeit und die Fähigkeit, Werkzeuge und Maschinen zu bedienen, beeinträchtigt sein.

Wechselwirkungen

Eine Kombination mit Pethidin, Selegilin oder Dextromethorphan soll nicht erfolgen. Die Kombination mit Dextromethorphan kann zu schweren Störungen des Nervensystems führen. Bei Kombination mit serotonerg wirkenden Pharmaka kann in Einzelfällen Hyperthermie, Verwirrtheit, Hyperreflexie oder Myoklonie auftreten. Da Cimetidin die Metabolisierung von Moclobemid verzögert und so seine Wirkung verstärkt, ist bei gleichzeitiger Anwendung eine Dosisreduktion von Moclobemid auf 30–50 % erforderlich. Auch starke opioide Schmerzmittel wie Tramadol oder Pethidin werden in ihrer Wirkung durch Moclobemid verstärkt und dürfen daher nicht gleichzeitig eingesetzt werden. Obwohl unter normalen Bedingungen Interaktionen mit Tyramin nicht zu erwarten sind, wird Patienten mit erhöhtem Blutdruck vorsorglich geraten, auf den Verzehr größerer Mengen besonders tyraminreicher Nahrungsmittel zu verzichten.

Kontraindikationen

Da Moclobemid keine sedierenden Eigenschaften hat, sollen depressive Patienten, deren Hauptmerkmal Agitiertheit oder Erregtheit ist, das Präparat nicht oder nur in Kombination mit einem Sedativum erhalten. Die Anwendung soll nicht erfolgen bei Personen mit Verwirrtheitszuständen. Vorsicht ist geboten bei Patienten mit Thyreotoxikose oder Phäochromozytom wegen möglicher Auslösung hypertensiver Reaktionen. Mangels Erfahrung sollte auch eine Behandlung von Kindern sowie während Schwangerschaft und Stillzeit unterbleiben bzw. sorgfältig gegen mögliche Risiken für das ungeborene Kind abgewogen werden.

Patienten mit Suizidneigung sollen zu Beginn der Behandlung sorgfältig überwacht werden.

Wirkung auf die Fahrtüchtigkeit und das Bedienen von Maschinen

Da Schwindel, Kopfschmerzen und sehr selten auch Krampfanfälle auftreten können, kann die Fahrtüchtigkeit und die Fähigkeit, Werkzeuge und Maschinen zu bedienen, beeinträchtigt sein.[6]

Einzelnachweise

  1. a b Europäische Arzneibuch-Kommission (Hrsg.): EUROPÄISCHE PHARMAKOPÖE 5. AUSGABE. Band 5.0–5.8, 2006.
  2. a b The Merck Index. An Encyclopaedia of Chemicals, Drugs and Biologicals. 14. Auflage, 2006, S. 1075, ISBN 978-0-911910-00-1.
  3. a b c Datenblatt Moclobemide bei Sigma-Aldrich (PDF).Vorlage:Sigma-Aldrich/Abruf nicht angegeben
  4. Eintrag in der ChemIDplus-Datenbank der United States National Library of Medicine (NLM) (Seite nicht mehr abrufbar).
  5. R. Zimmer: Relationship between tyramine potentiation and monoamine oxidase (MAO) inhibition: comparison between moclobemide and other MAO inhibitors. In: Acta psychiatrica Scandinavica. Supplementum. Band 82. Jahrgang, Nr. 360, September 1990, S. 81–83, doi:10.1111/j.1600-0447.1990.tb05342.x, PMID 2248084.
  6. Fachinformation des Arzneimittel-Kompendium der Schweiz: Aurorix®; Stand der Informationen: März 2003.

Weblinks