Münsterdreisen

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Der Münsterhof bei Dreisen, ehem. Standort des Klosters Münsterdreisen; im Hintergrund der Donnersberg, höchste Erhebung der Pfalz
Gotischer Profilstein vom Kloster Münsterdreisen, auf dem heutigen Münsterhof bei Dreisen (2011)
Gutshaus Münsterhof, Frontseite
Gutshaus Münsterhof, Tordurchfahrt Frontseite
Münsterhof, Gutshaus, Innenhof

Münsterdreisen (auch Münster-Dreisen) ist ein untergegangenes Kloster an der Pfrimm, zwischen Dreisen und Standenbühl im Donnersbergkreis, Rheinland-Pfalz. An seiner Stelle steht heute der zur Ortsgemeinde Dreisen gehörende Münsterhof.[1]

Geschichte des Klosters

Gegründet wurde es 868 als Benediktinerinnenkloster durch einen Herzog Nanthar und seine Frau Kunigunde.[2][3] Schutzpatron der Klosterkirche war Saturninus von Toulouse. 951 soll es bei einem Ungarnzug zerstört worden sein.[4] Nach dem Tod des Stifters war das Kloster an die Salier gefallen, die es im 3. Viertel des 11. Jahrhunderts als Augustinerchorherren-Kloster neu gründeten.

1144 wurde Münsterdreisen durch den Erben der Salier, Herzog Friedrich II. von Schwaben, unter Mithilfe seines Verwandten Graf Ludwig III. von Arnstein, in ein Prämonstratenserkloster umgewandelt und mit Chorherren aus dessen Kloster Arnstein besiedelt.[5] Friedrichs Bruder, der römisch-deutsche König Konrad III., bestätigte bei dieser Gelegenheit die alten Rechte und machte neue Schenkungen.[6] Damit begann die bedeutendste Epoche von Münsterdreisen, welche im 14. Jahrhundert zu Ende ging. Laut der Vita des Grafen Ludwig von Arnstein - verfasst um 1200 von dem Arnsteiner Prämonstratenser Luwandus - befand er sich um 1140 mit Herzog Friedrich II. in Münsterdreisen. Das Kloster habe "einer Schänke" geglichen und Jagdhunde seien in der Kirche umhergelaufen. Aufgrund dieses Erlebnisses habe ihn sein Verwandter, Herzog Friedrich II. gebeten den Konvent zu reformieren. Der selbst zum Ordensmann gewordene und später als Seliger verehrte Graf Ludwig III. von Arnstein[7] entsprach der Bitte. Er berief 6 Prämonstratenser aus dem Kloster Gottesgnaden (bei Calbe an der Saale) nach Münsterdreisen, ebenso seinen eigenen Kaplan Marquard, der 1145 erster Propst wurde.[8] Dessen Amtsnachfolger Burkard von Münsterdreisen erteilte dem Seligen die Sterbesakramente, als er 1185 im nahen Kloster Gommersheim[9] bei Gau-Odernheim starb.[10][11]

Für die von Graf Ludwig III. von Arnstein im Kloster Bethlenrode bei Kirdorf betreuten Prämonstratenser-Chorfrauen, die er in die Pfalz verpflanzte und zunächst in Stetten ansiedelte, errichtete man um 1146 in Marienthal einen Konvent, der dem Kloster Münsterdreisen juristisch unterstellt wurde.[12] Kurze Zeit später folgte die Stiftung des Prämonstratenserinnen-Klosters Enkenbach, als weiteres Tochterkloster von Münsterdreisen.[13]

Ab 1320 stand ein Abt, statt des bisherigen Propstes, der Kommunität vor. Am 5. Dezember 1523 übergab der letzte Abt, Johann Bicker, „als der Zeit ein eintzig betagten Person im Closter, on andere gehapte Conventuallbruder“ seinen Konvent dem Kloster Lorsch, von wo aus man den Besitz durch einen Propst verwaltete; im Bauernkrieg kam es 1525 zur Plünderung und Zerstörung. Am 16. Mai 1541 tauschte der von Lorsch bestellte Propst Jakob Zentner die Abtei Münsterdreisen samt dem abgegangenen Kloster Marienthal sowie allen zugehörigen Rechten und Gefällen, mit der Kurpfalz gegen andere Liegenschaften ein. In der Abtretungsurkunde heißt es u.a.:„weil genannte Abtei weit entlegen ist und ihr Besitz dem Kloster Lorsch viel Irrungen, Zank und Widerwärtigkeiten“ eingebracht habe, außerdem seien im vergangenen Bauernaufruhr Kirche und Kloster verbrannt und zerrissen worden.[14]

Münsterdreisen gehörte zu jenen zwölf nahezu verlassenen Pfälzer Klöstern, die Papst Julius III. 1551 dem Kurfürsten Friedrich II. von der Pfalz, zugunsten der Universität Heidelberg und des Gottesdienstes in der dortigen Schloßkapelle, erlaubte aufzulösen um ihre Güter zu diesem Zweck einzuziehen. Aufgrund dieser Erlaubnis erschienen am Mittwoch den 6. September 1553 die kurpfälzischen Beauftragten, Universitätsrektor Johann Wagenmann und Wendelin Sprenger, Dekan des Heidelberger Hl.-Geist-Stiftes, in Münsterdreisen, wo ihnen der dortige Keller, Valentin Weißbrod, die Schlüßel der Abtei überreichte. Sie nahmen sie für die Kurpfalz in Besitz und ließen die Untertanen des Klosters, die Bewohner von Dreisen und Standenbühl, auf den neuen Eigentümer vereidigen. Damit war das Kloster offiziell aufgelöst.[15]

1559 kam das Klostergut an die Freiherren von Geispitzheim und 1764 an den Fürsten von Nassau-Weilburg, der Amische, eine den Mennoniten verwandte Glaubensgruppe, zur Bewirtschaftung auf den Münsterhof setzte; sie galten als vorbildliche Landwirte und Pächter.[16]

Im Münsterhof selbst befinden sich - außer einem großen, gotischen Profilstein - vom Kloster heute keine sichtbaren Reste mehr. Die dortigen Gebäude sind überwiegend aus Baumaterial der alten Anlage errichtet und stehen wohl auch auf ihren Fundamentresten, sind aber jüngeren Datums.

In Bolanden, an der äußeren Nordwand der Klosterkirche Hane, befindet sich ein gotisches Sakramentshaus (um 1400) das in einem Keller des Münsterhofes eingemauert war und um 1900 als Spolie zunächst auf das Gelände des Gymnasiums Weierhof, von dort aber in jüngster Zeit zum Kloster Hane kam. Es stammt offenbar aus der Klosterkirche Münsterdreisen und ist ein besonders wertvolles und außergewöhnliches Stück. Nach vorn war die große Spitzbogenöffnung ohne Tür oder Gitter und innen zeigt es an Wänden und Decke die sehr feine Miniatur-Scheinarchitektur eines Kreuzrippengewölbes mit Schlussstein in Rosenform.[17][18] Daraus lässt sich schließen, dass es ein offenes Sakramentshaus oder überwölbter Sakramentsthron war, wo das Allerheiligste zur Aussetzung (Ausstellung zur Anbetung) mit einer Monstranz bzw. im Ziborium hingestellt wurde.

Varia

Gotischer Gedenkstein an der Prot. Kirche in Steinbach am Donnersberg, zur Erinnerung an die Kirchweihe, durch Abt Johann von Münsterdreisen, 1452

Im Bestand der British Library zu London befindet sich ein um 1150 entstandenes Manuskript, das aus dem Kloster Münsterdreisen stammt. Es handelt sich um einen Band der Etymologiae des Bischofs Isidor von Sevilla, mit einem zeitgenössischen Vermerk, dass es von 8 Ordensschwestern für die "Herren von Münsterdreisen" kopiert wurde.[19]

Im Jahre 1450 legte Abt Johann von Münsterdreisen den Grundstein zum Bau einer Marienkirche, der heutigen prot. Pfarrkirche in Steinbach am Donnersberg, da der Ritter Sigfried von Oberstein ein Marienbild in den Ort gebracht habe. Die Kirche wurde 1452 geweiht und ein diesbezüglicher, gotischer Gedenkstein dort eingelassen, der sich bis heute erhalten hat.[20]

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. August Becker, Die Pfalz und die Pfälzer, Leipzig, 1858, Seite 806 Scan der Seite
  2. Zum Stifter, Herzog Nanthar bzw. Nantharius
  3. Weitere Quelle zur Person des Stifters Nantharius
  4. Franz Xaver Remling: Urkundliche Geschichte der ehemaligen Abteien und Klöster im jetzigen Rheinbayern, Neustadt/Haardt, 1836, Band 1, Seite 104; Scan der Seite
  5. Zur Erneuerung Münsterdreisens durch Herzog Friedrich II. und Ludwig III. von Arnstein
  6. Zur Ansiedlung der Prämonstratenser in Münsterdreisen
  7. Ludwig III. von Arnstein im Portal "Ökumenisches Heiligenlexikon"
  8. Alfons Hoffmann: „Kloster Marienthal am Donnersberg“, 1956, Seiten 5-7
  9. Zum Kloster Gommersheim
  10. Franz Xaver Remling:Urkundliche Geschichte der ehemaligen Abteien und Klöster im jetzigen Rheinbayern, Seite 105
  11. Johann Heinrich Hennes: Geschichte der Grafen von Nassau, Teil 1: Bis zum Jahr 1255, Seite 70, Köln, 1842; (Digitalscan über die Erteilung der Sterbesakramente durch Burkard von Münsterdreisen)
  12. Zur Übersiedlung der Prämonstratenserinnen von Bethlenrode nach Stetten bzw. nach Marienthal
  13. Zur Gründung des Klosters Enkenbach als Tochterkloster von Münsterdreisen
  14. Alfons Hoffmann: „Kloster Marienthal am Donnersberg“, 1956, Seiten 33 und 34
  15. Franz Xaver Remling:Urkundliche Geschichte der ehemaligen Abteien und Klöster im jetzigen Rheinbayern, Seite 111
  16. Zu den Amischen als Pächter auf dem Münsterhof
  17. Landesamt für Denkmalpflege: Die Kunstdenkmäler von Bayern, Regierungsbezirk Pfalz, VII. Bezirksamt Kirchheimbolanden, Oldenbourg Verlag, München, 1938, Seiten 321–322
  18. Landesamt für Denkmalpflege: Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz, Band 15: Donnersbergkreis, Wernersche Verlagsgesellschaft, Worms, 1997, S. 284, ISBN 3-88462-153-X
  19. Zur Londoner Handschrift aus dem Kloster Münsterdreisen
  20. Zur Weiheinschrift an der prot. Pfarrkirche Steinbach, mit Foto und Text des Gedenksteins

Koordinaten: 49° 35′ 38,1″ N, 7° 59′ 56,4″ O