Patriarchalbasilika

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 4. Oktober 2016 um 23:30 Uhr durch TaxonBot (Diskussion | Beiträge) (Bot: Anpassung an neue Vorlage:Literatur). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Wappen eines katholischen Patriarchen – Galero mit 30 Quasten.

Patriarchalbasilika (lateinisch patriarchalis basilica) heißen Basiliken lateinischer Bischöfe mit Patriarchentitel. Seit 2006 gibt es noch drei Basiliken, die das Attribut patriarchal im Namen führen.

Geschichte

Im 4. Jahrhundert wurden, neben dem Sitz des Papstes, als Bischof von Rom, für die Patriarchen des Frühchristentums einzelne Kirchen Roms als patriarchales basilicae reserviert, falls diese in Rom weilen[1] (der Ausdruck basilica, zu Vorlage:GrS königliches Gebäude, wurde zu dieser Zeit synonym zu Ecclesia, „Kirche“ und „Kirchengebäude“ verwendet).[2] Dabei handelte es sich anfangs um die drei wichtigsten Zentren der Urkirche: Rom, Antiochia und Alexandria. Die herausragende Stellung dieser Bischofssitze war auf dem Ersten Konzil von Nicaea 325 festgelegt worden.[3] Bis 451 kamen die Patriarchate Konstantinopel und Jerusalem hinzu[4] (451 wurde Konstantinopel/Ostrom eigenständig und Jerusalem aus Antiochia herausgelöst).

Diese Kirchen, die römische Patriarchalbasiliken genannt wurden, waren:[5]

Wie auch bei anderen Zuweisungen einer Kirche zu einem hohen Amt hatte der Patriarch nach dem Scheitern der Kreuzzüge einen ständigen Sitz in Rom, an dem nur mit seiner Zustimmung Gottesdienst gehalten (und auch gepredigt) werden durfte, und mit seinem Vertreter (Pfarrvikar) einen von nur von ihm bestimmten ständigen Abgesandten in der Nähe des heiligen Stuhls. Schon Simplicius bestimmte um 480, dass auch Priester der Region unter der Woche dort Gottesdienst hielten,[7] diese Funktion wurde später, als sie ihren ursprünglichen Zweck verloren hatten, an die Kardinalpriester übertragen.[8]

Weitere Patriarchensitze fanden sich, bedingt durch den Dreikapitelstreit, ab 567 in Aquileia und ab 575, als Gegenpatriarchat, in Grado. Die dortigen Patriarchensitze Sanctæ Mariæ Assunta in Aquileia und Sanctæ Eufemiæ in Grado erhielten den Titel einer Patriarchalbasilika, der auch nach dem 150-jährigen Schisma von Aquileia (Beendigung Synode von Aquileia 700) beibehalten wurde.

Im Großen Schisma von 1054 erklärte das Patriarchat von Konstantinopel seine Selbstständigkeit, und bildete mit den anderen Patriarchaten die heutige Ostkirche. Die Patriarchate von Jerusalem, Antiochia und Alexandria waren diversen Spaltungen und Gegenpatriarchaten unterworfen. Auch hierbei wurden die Titel der Kirchen beibehalten, auch, um die nominellen Ansprüche an die Einheit der Kirche aufrechtzuerhalten. Die Lateinischen Patriarchen des Ostens wurden dann ab dem Ende des 11. Jahrhunderts in den Rückeroberungen der Kreuzzüge für Rom mit ihren Patriarchalbasiliken wiedereingesetzt (1098 Antiochia, 1099 Jerusalem, 1204 Konstantinopel, 1215/1219 Alexandria nur titular). Damit war der Einheitsanspruch der Kirche anhand der frühchristlichen Pentarchie wieder dokumentiert (kurzfristige Einigung am Konzil von Lyon 1274).[9]

Bis 1302 gingen diese Gebiete wieder verloren, und die alten römischen Patriarchalbasiliken wurden als Titelkirchen (für die untergegangenen Bistümer) beibehalten, um den Herrschaftsanspruch der Westkirche über die Ostkirche zu unterstreichen. Der Papst behielt für das Patriarchat des Westens die Lateranbasilika, in dessen unmittelbarer Nähe sich auch sein Wohnsitz, der Lateranpalast, befand.[5]

1445 wurde das Patriarchat von Grado nach Venedig, dem Hauptsitz der aufstrebenden Republik Venedig, verlegt, und 1457 aufgelöst, und der Titel der Kirche für das Patriarchat von Venedig (Titulatur formal unter Benedikt XIV. 1751) auf San Marco in Venetia übertragen. Aquilea, Grado und Venedig waren aber nie wirklich juridisch souveräne Patriarchate innerhalb der Westkirche.[3] Später entstanden noch einige weitere kurzzeitige Patriarchatstitel, so Lyon, Bourges, Canterbury, Toledo, oder Pisa.[3] Im Laufe der Jahrhunderte wurden noch weitere Patriarchate installiert, um den neu kolonialisierten und missionierten Gebieten, und neu geschaffenen weltlichen Würden und Territorien zu genügen, und auch die mittelalterlichen Patriarchate teils von der Ostkirche wieder Rom uniert, teils im Bereich der lateinischen Kirchen angesiedelt. Allen diesen Patriarchaten wurde aber nie im alten Sinne eine Kirche in Rom zugeteilt.[10]

Es wurden aber 1756 der San Francesco in Assisi für die Franziskanischen Orden und 1909 Santa Maria degli Angeli in Assisi für die Minderen Brüder der Franziskaner der Titel der Basilica (maior) verliehen, womit sie Basiliken des Patriarchats des Westens waren. 1889 wurde das (Lateinische) Patriarchat von Jerusalem wiedererrichtet und von San Lorenzo fuori le mura auf Ss. Sepulchris, die Grabeskirche zu Jerusalem, übertragen (Sitz ist aber deren Konkathedrale Sanctissimi Nome Jesu, da die Grabeskirche ökumenisch geführt wird).

1964, nach den 2. Vatikanum, verzichtete die katholische Kirche auf ihre Ansprüche auf die drei Patriarchensitze Antiochien, Alexandria und Konstantinopel im Dienste der Wiederaussöhnung mit der Ostkirche. Der Titel für die vier Kirchen wurden jedoch beibehalten, die bisher den Titularpatriarchen vorbehaltenen Privilegien dem Papst direkt übertragen, womit – für Rom und Assisi – seit damals „Patriarchalbasilika“ und „Papstbasilika“ dieselben sieben Kirchen meinte, die sechs Basilicae maiores (vier in Rom und die beiden Kirchen in Assisi), und San Lorenzo vor den Mauern. 2006 legte Papst Benedikt XVI. auch den Titel des Patriarchen des Westens nieder,[11] und die Kirchen wurden von Patriarchalbasilika in Papstbasilika umtituliert.

Damit gibt es heute drei patriarchale Basiliken:

  • Ss. Sepulchris in Jerusalem (Patriarchat mit eigener Jurisdiktion)
  • Santa Maria Assunta in Aquileia (als Titularerzbistum geführt)
  • San Marco in Venedig (titulares Patriarchat)

Die beiden[12] anderen heutigen Patriarchensitze der lateinischen Kirchen, Santa Maria Maior in Lisboa für das Patriarchat Lissabon seit 1716, und Santa Catarina in Goa für das Patriarchat Ostindien seit 1886 (Goanesisches Schisma) sind keine Basiliceae im Rang, und nennen sich Patriarchatskathedrale.

Liste der Patriarchalbasiliken

Erste Spalte sortierbar nach Auflassungsdatum
Kirche Stadt Staat / Region Patriarchat
(heutiges Bistum)
Erhebung (– Auflassung;
+ Baudaten
)
Titel
(Besonderheiten)
Bild
× [Ss. Salvatore e] Santi Giovanni [Battista ed Evangelista] (Lateranbasilika) Rom Italien, Latium Westen
(Rom)
4. Jh.–2006
(Weihe 4. Jh.)
Erzbasilika, Haupt- und Mutterkirche aller Kirchen der Stadt und des Weltkreises, Basilika maior, Papstbasilika, Kathedrale des Bistums Rom
(UNESCO-Welterbe)
× San Paolo fuori le mura Rom Italien, Latium Alexandria
(Rom)
4. Jh.−1054, 1215/9−1964 Lat. Patr. titular, 1964–2006 titular
(Weihe um 324, bis 20. Jh.)
Basilika maior, Papstbasilika
(UNESCO-Welterbe)
× Santa Maria Maggiore Rom Italien, Latium Antiochia
(Rom)
4. Jh.−1054, 1098–1268 Lat. Patr. im Fst. Antioch., 1268−1964 Lat. Patr. titular, 1964–2006 titular
(Weihe 5. Jahrhundert)
Basilika maior, Papstbasilika
(UNESCO-Welterbe)
× San Pietro (Vatikanbasilika, Petersdom) Rom Vatikan Konstantinopel
(Rom)
Vorlage:dts ist VERALTET – siehe dort.
–1054, 1054−1964 Lat. Patr. titular, 1964–2006 titular
(Weihe um 324, heutige Kirche 1506–1626)
Basilika maior, Papstbasilika
(UNESCO-Welterbe, eine der größten Kirchen der Welt)
× San Lorenzo fuori le Mura Rom Italien, Latium Jerusalem
(Rom)
Vorlage:dts ist VERALTET – siehe dort.
–1054, 1099–1291 Lat. Patr. im Kgr. Jerus. (ab 1187 in Akko), 1291–1889 Patr. titular (bis 1374 in Zypern)
(Kirche gegr. 3/4. Jh.)
Papstbasilika, Basilica minor, genannt Die Altehrwürdige Basilika
Santa Maria Assunta in Cielo [e Santi Ermagora e Fortunato] Aquileia Italien, Friaul – Julisch Venetien Aquileia
(Gorizia)
Vorlage:dts ist VERALTET – siehe dort.

(5. Jh., heute Taufkapelle, Kirche 1021–31)
Patriarchalbasilika, Basilica minor, ehemalige Kathedrale
(UNESCO-Welterbe)
× Sant’Eufemia Grado Italien, Friaul – Julisch Venetien Grado
(Gorizia)
Vorlage:dts ist VERALTET – siehe dort.
–1445
(4./5. Jh.)
Basilica minor, ehemalige Kathedrale
San Marco (Markusdom) Venedig Italien, Venetien Venedig
(Venedig)
Vorlage:dts ist VERALTET – siehe dort.

(1063–1617)
Patriarchalbasilika, Basilica minor, Kathedrale des Patriarchats Venedig
(UNESCO-Welterbe)
× San Francesco Assisi Italien, Umbrien Westen
(Assisi – Nocera Umbra − Gualdo Tadino)
Vorlage:dts ist VERALTET – siehe dort.
–2006
(Weihe 1253)
Basilika maior, Papstbasilika
(UNESCO-Welterbe)
Ss. Sepulchris (Grabeskirche) Jerusalem von Israel verwaltet, völkerrechtlich umstritten Jerusalem
(immediat)
Vorlage:dts ist VERALTET – siehe dort.

(Urbau Weihe 335, Wiederaufbau vor 1055)
Patriarchalbasilika, Basilica minor, Patriarchalkathedrale des griech.-orth. Patriarchats von Jerusalem, des melkit.-gr. Patriarchats von Antiochia und dem ganzen Orient, u. des armen. Patriarchat von Jerusalem, u.a.
(Ökumenische Kirche)
× Santa Maria degli Angeli Assisi Italien, Umbrien Westen
(Assisi – Nocera Umbra − Gualdo Tadino)
Vorlage:dts ist VERALTET – siehe dort.
–2006
(1569–1679)
Basilika maior, Papstbasilika
(UNESCO-Welterbe)

Literatur

  • Gabriel Chow Hoi-Yan: Basilicas. Historical and Canonical Development. M.Div. Hons., Toronto, Ontario 2003, Patriacrhal Basilicas, S. 2–8 (englisch, Weblink, Exzerpt, pdf, S. 8 ff, beide gcatholic.org [abgerufen am 16. November 2011]).

Quellen

  1. Basilique. In: Dictionnaire de droit canonique. Begründet von Fulcran-Grégoire Vigouroux. vol. 2, 1937, S. 242 (französisch, Gesamtwerk Encyclopédie des sciences ecclésiastiques).
  2. Sergio Bianchi: Le Basiliche Minori. Marianum, Rom 1976, 2. Zit. nach Chow Hoi-Yan: Basilicas. 2003, S. pdf S. 6 (Fußnote 2).
  3. a b c Adrian Fortescue: Patriarch and Patriarchate. In: The Catholic Encyclopedia. Vol. 11. Robert Appleton Company, New York 1911, S. 533, Sp. 2.
  4. Chow Hoi-Yan: Basilicas. 2003, 1. Patriarchal Basilicas 1.1.1. At Rome.
  5. a b Ulrich Nersinger: Symbol der altkirchlichen Pentarchie: Zur Bedeutung der fünf römischen Patriarchalbasiliken. In: Die Tagespost, 19. Dezember 2006. (Online)
  6. Das patriarchium, der Sitz, war ursprünglich das Domus Pudentiana, in der noch Petrus selbst residiert haben soll, die heutige Basilica di Santa Pudenziana im Rione I nahe Maria Maggiore. Nach Fortescue: Patriarch and Patriarchate. In: The Catholic Encyclopedia. (letzter Absatz).
  7. Peculiare Ius 594
  8. vergl. Karl Schellhass: Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken. Hrsg.: Deutsches Historisches Institut in Rom. Band 57. M. Niemeyer, 1977, S. 322 ff. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  9. vergl. Georgij Avvakumov: Die Entstehung des Unionsgedankens: Die lateinische Theologie des Hochmittelalters in der Auseinandersetzung mit dem Ritus der Ostkirche. Band 47 von Veröffentlichungen des Grabmann-Institutes zur Erforschung der Mittelalterlichen Theologie und Philosophie. Akademie Verlag, 2002, ISBN 978-3-05-003715-8, D. Die politische Dimension, S. 221–300.
  10. Chow Hoi-Yan: Basilicas. 2003, 1. Patriarchal Basilicas 1.1.1. At Rome, S. pdf S. 2/3.
  11. Die Titulatur wurde im Annuario Pontificio 2006 einfach nicht mehr angeführt. Pontifical Council for Promoting Christian Unity (Päpstlicher Rat zur Förderung der Einheit der Christen): Communique on Dropping of Papal Title. 22. März 2006 (englisch, pdf, lumenchristischool.org [abgerufen am 21. November 2011] In: Church History, Chapter 5).
  12. Das Patriarchat von Westindien hat keinen Sitz, sondern ist rein titular, und auch seit 1964 vakant.

Vorlage:Navigationsleiste Basiliken der Römisch-katholischen Kirche