Projektive Geometrie

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Die projektive Geometrie ist ein Teilgebiet der Geometrie. Sie ist aus der perspektivischen Darstellung dreidimensionaler Gegenstände in der zweidimensionalen Ebene hervorgegangen. Im Gegensatz zur „gewöhnlichen“ euklidischen Geometrie gibt es in der projektiven Geometrie keine Parallelen.

Auch die mathematischen Strukturen, die in der projektiven Geometrie untersucht werden, heißen projektive Geometrien, siehe dazu den Abschnitt Axiomatischer Zugang weiter unten.

Eine projektive Geometrie mit endlich vielen Punkten ist eine endliche Inzidenzstruktur und wird als solche in der endlichen Geometrie untersucht. Dort sind dann solche endlichen projektiven Geometrien mit den geometrischen Punkten als Punkten und einem der Typen Gerade, Ebene … als Blöcken sogar Blockpläne.[1]

Projektive Geometrie als Erweiterung der affinen Geometrie

Der älteste Zugang zur projektiven Geometrie geht vom Raum unserer Erfahrung aus, also von der euklidischen Geometrie in drei Dimensionen – oder, weil Längen und Winkel für die folgenden Betrachtungen keine Rolle spielen, allgemeiner von einer affinen Geometrie. Dort gibt es Parallelen, also Geraden, die in einer Ebene liegen, sich jedoch nicht schneiden, und parallele Ebenen. Die Existenz solcher Parallelen ist zur gedanklichen Erfassung des euklidischen Raumes notwendig – schon Euklid forderte sie deshalb eigens in einem Parallelenpostulat, sie entspricht jedoch nicht der unmittelbaren Wahrnehmung: Folgt man parallelen Linien mit dem Blick, so scheinen sie aufeinander zuzulaufen und sich in „unendlicher Ferne“ zu treffen.

Die projektive Geometrie trägt dem Rechnung, indem sie die Gegenstände der affinen Geometrie durch Fernelemente ergänzt: Zu jeder Klasse paralleler Geraden wird ein so genannter Fernpunkt (auch unendlich ferner Punkt oder uneigentlicher Punkt genannt) definiert, der die Richtung dieser Geraden angibt. Alle Fernpunkte einer Ebene bilden eine Ferngerade (unendlich ferne Gerade oder uneigentliche Gerade). Im Dreidimensionalen steht eine solche Ferngerade für eine Klasse paralleler Ebenen. Alle Ferngeraden zusammen bilden die Fernebene. Die geläufige Redeweise, dass Parallelen sich im Unendlichen schneiden, erhält damit – neben ihrer praktischen Erklärung beim perspektivischen Zeichnen – auch einen präzisen mathematischen Sinn.

Aufgrund dieser Erweiterung gilt das Parallelenpostulat nicht mehr, vielmehr schneiden sich zwei Geraden, die in derselben Ebene liegen, nun stets in einem Punkt. Für zwei nicht parallele Geraden ist dies ihr aus der euklidischen Geometrie bekannter Schnittpunkt, für zwei parallele Geraden ihr Fernpunkt; eine gewöhnliche Gerade in einer Ebene und die Ferngerade dieser Ebene schneiden sich im Fernpunkt der Geraden.

Für einen streng mathematischen Aufbau werden die Fernpunkte mit den Klassen paralleler Geraden identifiziert. Etwas anschaulicher kann man auch sagen: Ein Fernpunkt „ist“ die Richtung einer Klasse paralleler Geraden. Entsprechend „ist“ im dreidimensionalen Raum eine Ferngerade die Richtung einer Ebene und der zu ihr im affinen Raum parallelen Ebenen.

Die Bezeichnung „projektive“ Geometrie leitet sich davon ab, dass Zentralprojektionen ein wichtiges Hilfsmittel und Studienobjekt der projektiven Geometrie sind. Eine Zentralprojektion von einem Punkt , dem Zentrum, aus auf eine Ebene , die nicht enthält, kann nun auf jeden Punkt außer angewendet werden. In der euklidischen Geometrie gibt es kein Bild für Punkte, die auf der zu parallelen Ebene durch liegen.

Ein wichtiger Begriff in diesem Zusammenhang ist das Doppelverhältnis von vier Punkten, die auf einer Geraden liegen. Es ändert sich bei projektiven Abbildungen nicht.

Axiomatischer Zugang

Als man in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Geometrie in streng axiomatische Form fasste und dann auch daranging, die Axiome systematisch zu variieren, lag es nahe, das Parallelenaxiom durch die Festlegung zu ersetzen, dass sich zwei in einer Ebene liegende Geraden immer schneiden müssen. Dies ist allerdings unverträglich mit dem Anordnungsaxiom II.3.

Beschränkt man sich aber auf die Inzidenzaxiome, so ergeben sich sehr einfache und hochsymmetrische Axiomensysteme, die auch die Gesetze des bekannten projektiven Raums umfassen.

Ein solches Axiomsystem, das nur mit den Grundbegriffen „Punkt“, „Gerade“ und „Inzidenz“ auskommt, lautet:

  1. (Geradenaxiom) Sind und zwei verschiedene Punkte, so gibt es genau eine Gerade , die mit und inzidiert.
  2. (Axiom von Veblen-Young) Sind , , , vier Punkte, so dass und mit einem gemeinsamen Punkt inzidieren, so inzidieren auch und mit einem gemeinsamen Punkt.
  3. (1. Reichhaltigkeitsaxiom) Jede Gerade inzidiert mit mindestens drei Punkten.
  4. (2. Reichhaltigkeitsaxiom) Es gibt mindestens zwei verschiedene Geraden.

Eine Inzidenzstruktur, die diese Axiome erfüllt, heißt dann eine projektive Geometrie.

Das 1. Axiom ist eine Kurzfassung der Inzidenzaxiome I.1 und I.2.

Das 2. Axiom ersetzt das Parallelenaxiom. Wenn man im Rahmen der übrigen Axiome den Begriff „Ebene“ geeignet definiert, besagt es gerade, dass zwei Geraden einer Ebene sich immer schneiden. Ersetzt man es durch das einfachere (und strengere) Axiom

2E. Sind und zwei verschiedene Geraden, so gibt es genau einen Punkt, der mit und inzidiert,

so heißt die entsprechende Struktur eine projektive Ebene.

Die Reichhaltigkeitsaxiome 3. und 4. ersetzen das Hilbert-Axiom I.8. Strukturen, die nur die Axiome 1. bis 3., aber nicht 4. erfüllen, heißen ausgeartete projektive Geometrien. (Es sind ausnahmslos projektive Ebenen.)

Die Fano-Ebene erfüllt das Fano-Axiom nicht!

Da sowohl das Anordnungsaxiom III.4 als auch das Vollständigkeitsaxiom V.2 fehlen, sind endliche Modelle für projektive Geometrien möglich.

Das einfachste nicht-entartete Beispiel ist die Fano-Ebene, die aus sieben Punkten und sieben Geraden besteht; im nebenstehenden Bild sind die „Punkte“ die dick markierten Punkte, die „Geraden“ sind die Strecken sowie der Kreis.

Eine Punktmenge eines projektiven Raumes , die mit zwei verschiedenen Punkten stets auch alle Punkte auf deren (nach Axiom 1. eindeutigen) Verbindungsgeraden enthält, heißt Linearmenge.[1] Linearmengen spielen die Rolle der projektiven Unterräume in der projektiven Geometrie, man schreibt daher auch , wenn eine Linearmenge ist.

  • Der einfachste (wenn auch nicht kleinste) Typ einer Linearmenge ist eine Punktreihe, also die Punktmenge auf einer Geraden.
  • Eine beliebige Punktmenge des Raumes erzeugt eine wohlbestimmte minimale Linearmenge
die Schnittmenge aller Linearmengen, in denen als Teilmenge enthalten ist.
  • Ist und für jeden Punkt , dann heißt ein minimales Erzeugendensystem oder auch eine Punktbasis von .[1] Die Anzahl der Elemente einer solchen Punktbasis von ist unabhängig von der Wahl der Punktbasis. Die Zahl heißt die projektive Dimension von , sie kann , eine natürliche Zahl oder allgemeiner eine unendliche Kardinalzahl sein, im letzten Fall nennt man die Linearmenge oft nur unendlichdimensional.
Beispiele
  1. Die leere Menge ist nach der genannten Definition selbst eine Linearmenge: Sie enthält die Punkte aller erforderlichen Verbindungsgeraden, nämlich keine. Ihre Dimension ist .
  2. Ebenso ist jede einpunktige Menge eine Linearmenge, also ist ihre Dimension jeweils .
  3. Jede Punktreihe ist eine eindimensionale Linearmenge, denn sie wird von zwei beliebigen, verschiedenen Punkten der Trägergeraden erzeugt.

Diese drei Typen von Linearmengen erfüllen (zusammen mit der höchstens einen Geraden, die durch zwei verschiedene Punkte der Linearmengen geht und der auf diese Teilstruktur eingeschränkten Inzidenz) die ersten drei Inzidenzaxiome (mehr oder weniger trivial) aber nicht das 4. sind also ausgeartete projektive Räume. Eine Linearmenge, die drei Punkte enthält, die nicht auf einer gemeinsamen Geraden liegen, erfüllt auch das vierte Inzidenzaxiom und ist damit selbst ein projektiver Raum. Die Dimension dieser Linearmenge ist dann mindestens 2.[1] Man beachte dazu, dass der Begriff Ebene in der obigen Beschreibung axiomatisch zu verstehen ist und nicht direkt mit dem Dimensionsbegriff für Linearmengen zusammenhängt. Ausgeartete projektive Ebenen, die Linearmengen in einem projektiven Raum sind, gehören stets einem der drei oben genannten Typen an und haben deshalb als Linearmengen eine projektive Dimension .[1] Der Gesamtraum ist natürlich ebenfalls eine Linearmenge und hat dementsprechend eine wohlbestimmte Dimension.

Zusatzaxiome

Schließungseigenschaften

Als zusätzliche Axiome sind zwei klassische Schließungssätze, der Satz von Desargues und der Satz von Pappos besonders wichtig: Diese Axiome sind jeweils äquivalent dazu, dass sich die Geometrie über einer durch die Axiome bestimmten Klasse von Ternärkörpern koordinatisieren lässt:

  • Genau dann, wenn in jeder zweidimensionalen Linearmenge des Raumes der Satz von Desargues gilt, ist der Raum durch einen Schiefkörper koordinatisierbar. Diese Bedingungen sind für mindestens dreidimensionale Räume stets erfüllt. Diese letzte Aussage ist ein Satz von David Hilbert.[2][1]
  • Genau dann, wenn in jeder zweidimensionalen Linearmenge des Raumes der Satz von Pappos gilt, ist der Raum durch einen kommutativen Körper koordinatisierbar.[2] Diese Bedingungen sind auch für drei- und höherdimendimensionale nicht immer erfüllt.[3]

Die Schließungssätze wurden (implizit) als Sätze, die in der reellen zwei- oder dreidimensionalen Geometrie gelten, von den Mathematikern, nach denen sie benannt sind, bewiesen. Implizit deshalb, weil es zu ihrer Zeit weder eine axiomatische Beschreibung des modernen algebraischen Körperbegriffs noch gar des Körpers der reellen Zahlen gab. Ein modernes „Nicht-Schließungs-Axiom“ ist das Fano-Axiom. Es ist bei der Untersuchung von Quadriken von großer Bedeutung. Für diese Untersuchungen muss man meist auch das Axiom von Pappos fordern. Gilt auch noch das Fano-Axiom, dann hat der Koordinatenkörper des Raumes nicht die Charakteristik , das heißt, eine quadratische Gleichung hat „meistens“ keine oder zwei Lösungen und man kann zum Beispiel bei einem Kegelschnitt zwischen Tangenten und Nichttangenten sinnvoll unterscheiden.

Ordnungseigenschaften und Topologische Eigenschaften

Ein projektiver Raum ist angeordnet, wenn auf jeder Geraden eine Trennbeziehung so definiert ist, dass diese Relation bei beliebigen Projektivitäten erhalten bleibt. Die Trennbeziehung setzt die oben beschriebene hilbertsche affine Anordnung projektiv fort: Liegt ein Punkt affin zwischen den Punkten , dann trennt das Punktepaar den Punkt vom Fernpunkt der (projektiv abgeschlossenen) Geraden . Die Zwischenbeziehung auf den affinen Geraden genügt dem Axiom von Pasch. Bildet man aus der Ordnungstopologie auf einer beliebigen Geraden die Produkttopologie ( ist die Dimension des affinen Raumes), dann ist dies für den Raum auf Grund des Axioms von Pasch eine „verträgliche“ Topologie: Die Affinitäten des Raumes sind bezüglich dieser Topologie stetig.

Diese Topologie lässt sich nun (zunächst auf einzelnen Geraden) fortsetzen, indem man die affinen Mengen von Zwischenpunkten („offene Intervalle“) bei beliebiger Wahl des Fernpunktes auf zur Basis einer Topologie auf der projektiven Geraden macht und den Raum mit der entsprechenden Produkttopologie versieht. Damit wird eine projektive Ebene zu einer topologischen projektiven Ebene und ein höherdimensionaler Raum (genauer: die Menge seiner Punkte) zu einem topologischen Raum, in dem die Projektivitäten Homöomorphismen sind.

Eine solche Anordnung der affinen und projektiven Räume ist nur dann möglich (notwendige Bedingung), wenn in einem Koordinatenternärkörper gilt: Ist bei irgendeiner Beklammerung dieser „Summe“ mit mehr als einem Summanden (im Ternärkörper muss das Assoziativgesetz für die Addition nicht gelten, ist eine Loop) dann ist . Daraus folgt für jeden angeordneten Raum: Er und sein Koordinatenbereich ist unendlich. Ist der Raum zusätzlich desarguessch, erfüllt also das Desarguessche Schließungsaxiom, dann hat sein Koordinatenschiefkörper die Charakteristik 0.

Allgemeiner kann man eine Topologie auf einem topologischen Raum auch axiomatisch definieren, dies ist für den zweidimensionalen Fall im Artikel Topologische projektive Ebene dargestellt. Jeder projektive Raum lässt im Sinne der dort dargestellten Forderungen wenigstens eine Topologie, nämlich die diskrete Topologie zu. Dies ist in der Regel keine „interessante“ Topologie.

Auf projektiven Räumen über Schiefkörpern oder Körpern wie dem Körper der komplexen Zahlen und dem reellen Quaternionenschiefkörper, die endlichdimensionale Vektorräume über einem angeordneten Unterkörper (in den Beispielen ) sind, kann man im affinen Ausschnitt (genauer eigentlich: in der Gruppe der projektiven Perspektivitäten mit einer festen Fixpunkthyperebene und beliebigen Zentren auf dieser Hyperebene) eine Topologie einführen: Diese Gruppe, die affine Translationsgruppe ist ein (Links-)vektorraum über und damit auch über , dadurch lässt sich die Ordnungstopologie, die von der Anordnung der -Geraden stammt, auch auf den affinen und projektiven Raum über übertragen.

Homogene Koordinaten

Auch die Fernelemente einer projektiven Ebene können in einem Koordinatensystem dargestellt werden: Jeder Punkt in der euklidischen Ebene wird durch ein Paar von Koordinaten im kartesischen Koordinatensystem dargestellt. Wird ein Punkt entlang einer Ursprungsgeraden immer weiter vom Ursprung weg verschoben, dann bleibt das Verhältnis konstant. Um diese Verschiebung ins Unendliche formal zu beschreiben, wird für dieses Verhältnis eine zusätzliche Koordinate eingeführt und damit in den 3-dimensionalen Raum übergegangen. Die ursprünglichen, zweidimensionalen Koordinaten gewinnt man durch die Abbildung zurück.

Je kleiner bei festem und ist, desto weiter ist der beschriebene Punkt vom Ursprung entfernt. Für ist die Abbildung nicht definiert, hier existiert also kein im Endlichen liegender Bildpunkt in der Euklidischen Ebene. Der Punkt repräsentiert in unserer Darstellung genau denjenigen Fernpunkt, der in Richtung der durch definierten Ursprungsgeraden im Unendlichen liegt. Dabei ist zu beachten, dass und ( eine von Null verschiedene reelle Zahl) durch denselben Punkt der euklidischen Ebene repräsentiert werden. Das Zahlentripel nennt man homogene Koordinaten eines Punktes der projektiven Ebene.

Die Einführung der homogenen Koordinaten kann man sich auch anschaulich vorstellen:

Schneidet man ein Geradenbündel mit einer projektiven Ebene, die nicht durch den Trägerpunkt des Bündels geht, so kann man jedem Punkt der Ebene die durch ihn gehende Gerade des Bündels zuordnen und umgekehrt.

Wählt man den Ursprung eines dreidimensionalen kartesischen Koordinatensystems als Träger des Bündels und in der Ebene mit der Gleichung ein zur -Achse und -Achse paralleles Koordinatensystem , so kann man die Punkte der Ebene durch die Richtungsvektoren der Ursprungsgeraden darstellen: . Da alle Vektoren mit dieselbe Geradenrichtung darstellen, definieren sie auch denselben Punkt der Ebene . Alle Bündelgeraden, die parallel zu der Ebene verlaufen, haben Richtungsvektoren mit , sie definieren die Fernpunkte der Ebene . Für alle anderen Punkte ist , sie liegen im Endlichen, man erhält ihre gewöhnlichen Koordinaten im System durch . Denn die Normierung der Richtungsvektoren zu ergibt genau den Ortsvektor des zugehörigen Punktes in der Ebene .

Geradengleichung in homogenen Koordinaten

Ist der Normalenvektor einer durch den Ursprung gehenden Ebene und der Ortsvektor eines in dieser Ebene liegenden Punktes , so lautet die Ebenengleichung:

oder

Eine solche Ebene schneidet die Ebene in einer Geraden. Daher ist dies auch eine Geradengleichung in homogenen Koordinaten. Jedes von verschiedene Zahlentripel stellt also sowohl einen Punkt als auch eine Gerade der Ebene dar.

Ist , so sind die beiden Ebenen parallel und die Gleichung ist die Gleichung der Ferngerade der Ebene E.

Hält man in der Gleichung den Normalenvektor fest und variiert , so erhält man die Gleichung einer Punktreihe. Hält man fest und variiert man den Normalenvektor , so erhält man die Gleichungen aller Geraden, die durch den festen Punkt gehen, also ein Geradenbüschel.

Projektive Räume höherer (sogar unendlicher) Dimensionen lassen sich analog konstruieren. Sie erfüllen alle die oben genannten Axiome 1. bis 4.

Eigenschaften

Im Folgenden verstehen wir unter einem projektiven Raum eine Struktur aus Punkten und Geraden mit einer Inzidenzrelation, welche die oben genannten Axiome von Veblen-Young erfüllt und in der es zwei punktfremde Geraden gibt; die projektiven Ebenen sind also ausgeschlossen. Dann gelten die folgenden Sätze:

In jedem projektiven Raum der Dimension gilt der Satz von Desargues: Sind verschiedene Punkte, so dass , und drei verschiedene Geraden bestimmen, so liegen die drei Schnittpunkte von mit , mit und mit auf einer Geraden. Mit Hilfe dieses Satzes lässt sich zeigen: Jeder projektive Raum lässt sich durch homogene Koordinaten in einem Linksvektorraum über einem Schiefkörper beschreiben. Der Linksvektorraum ist mindestens vierdimensional, seine Dimension kann aber auch eine beliebige unendliche Kardinalzahl sein. Der Schiefkörper ist kommutativ, also ein Körper genau dann, wenn in der Geometrie dieses Raumes der Satz von Pappos(-Pascal) gilt. Das ist in endlichen desarguesschen Ebenen immer der Fall (weil endliche Schiefkörper nach dem Satz von Wedderburn notwendig kommutativ sind).

Von Interesse sind in der synthetischen Geometrie vor allem die „nichtdesarguesschen“ Ebenen, in denen der Satz von Desargues nicht gilt, insbesondere die endlichen unter ihnen. Die Ordnung einer endlichen projektiven Ebene ist die um 1 verminderte Anzahl der Punkte auf einer, also jeder, Geraden. Es ist eine unbewiesene Vermutung, dass jede endliche projektive Ebene von Primzahlpotenzordnung ist (wie die desarguesschen Ebenen). Ein Satz von Bruck und Ryser schließt viele Ordnungen aus. Er sagt: Wenn oder Ordnung einer projektiven Ebene ist, dann ist Summe zweier Quadratzahlen. Die folgenden Zahlen sind daher nicht Ordnungen projektiver Ebenen:

Mit großem Computereinsatz wurde gezeigt, dass keine projektive Ebene der Ordnung existiert. Die kleinsten Ordnungen, für welche die Frage der Existenz oder Nichtexistenz ungelöst ist, sind Die kleinste Ordnung einer nichtdesarguesschen projektiven Ebene ist , vergleiche dazu den Abschnitt Beispiele der Ordnung 9 im Artikel Ternärkörper.

Literatur

  • Albrecht Beutelspacher, Ute Rosenbaum: Projektive Geometrie. 2. Auflage. Vieweg, Wiesbaden 2004, ISBN 3-528-17241-X.
  • Albrecht Beutelspacher: Einführung in die endliche Geometrie. I. Blockpläne. B.I. Wissenschaftsverlag, Mannheim/Wien/Zürich 1982, ISBN 3-411-01632-9.
  • Gerd Fischer: Analytische Geometrie. Vieweg 1978, S. 131–204
  • Derrick Norman Lehmer: An Elementary Course in Synthetic Projective Geometry. Gutenberg eText
  • Harold Scott MacDonald Coxeter: Projective Geometry. 2. Auflage. Blaisdell 1964, University of Toronto Press 1974, Springer 1987
  • Gerhard Kowol: Projektive Geometrie und Cayley-Klein Geometrien der Ebene. Birkhäuser, Boston 2009

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c d e f Beutelspacher (1982)
  2. a b David Hilbert: Grundlagen der Geometrie. 14. Auflage. Teubner, Stuttgart 1999, ISBN 3-519-00237-X (archive.org – Erstausgabe: 1899).
  3. Historisch ist dazu noch anzumerken, dass, anders als die Implikation: „Aus dem Satz von Pappos folgt der Satz von Desargues“, der Satz von Hessenberg aus der Tatsache, dass jeder Schiefkörper ein Körper ist, nicht trivial folgt: Nur der desarguessche Satz eignet sich (nach heutigem Kenntnisstand) für die Einführung von Koordinaten. Deshalb muss die Gültigkeit des Satzes von Hessenberg in beliebigen projektiven Räumen koordinatenfrei bewiesen werden.