Quer- und Längsmotor

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Ein quer eingebauter Zweizylinder-Zweitakt-Motor in einem Saab 92
„Längs“ eingebauter BMW-Boxer

Quer- und Längsmotor bezeichnen die Einbaulagen eines Reihenmotors in einem Kraftfahrzeug. Beim Quereinbau liegt die Kurbelwelle des Motors parallel zu den Achsen bzw. quer zur Fahrtrichtung. Beim Längsmotor liegt die Kurbelwelle in Fahrtrichtung.

Die Definition nach der Lage der Kurbelwelle kann auf andere Bauformen wie Boxermotor oder V-Motor verallgemeinert werden, dies führt jedoch leicht zu Missverständnissen, da ein „längs“ eingebauter Boxermotor oft breiter ist als lang, beispielsweise bei Zweizylinder-Motorrädern.

Quer- und Längsmotor bei PKW

Die meisten Frontantriebswagen haben quer eingebaute Reihenmotoren, Kraftwagen mit Hinterradantrieb haben in der Regel vorne längs eingebaute Motoren. Der erste Serienkraftwagen mit Quermotor und Frontantrieb war 1931 der DKW F1. Dieses Konzept wurde bis nach dem Zweiten Weltkrieg bei seinen Nachfolgern - zu denen unter anderem der Trabant zählte - beibehalten und 1947 von Saab mit dem Saab 92 übernommen. Auch der Goliath GP 700 war so gebaut. NSU baute bis in die 1970er-Jahre Fahrzeuge mit Quermotor im Heck, Lamborghini stellte ab 1965 den Miura mit querstehendem 12-Zylindermotor vor der Hinterachse her. Quer vor der Hinterachse (unter dem Fahrersitz) eingebaute Motoren hatten auch einige amerikanische Typen vor dem ersten Weltkrieg, etwa von Ford, Packard oder Olds.

Der Mini war 1959 ein sehr moderner, handlicher Kleinwagen mit quer eingebautem Frontmotor, der auch erfolgreich an verschiedenen Rennen teilnahm. Dessen innovative Ausstrahlung lieferte Anfang der 1960er dem Quermotor und Frontantrieb Vorschub. Es verbreitete sich - 30 Jahre nach Erscheinen des DKW F1 - die Erkenntnis, dass diese Bauweise billiger herzustellen und vor allem deutlich bessere Gebrauchseigenschaften aufweist als die konventionelle Bauart mit Heckmotor oder Standardantrieb (Motor vorn und angetriebene Hinterräder).

Der italienische Automobilkonstrukteur Dante Giacosa entwarf bei Fiat für das 1964 erschienene Modell Autobianchi Primula die bis heute am meisten verwendete Bauform des Quermotors mit ungleich langen Antriebswellen, bei der Motor und Getriebe nebeneinander eingebaut werden und sich nicht das Öl teilen müssen[1]. Zwischen 1965 und 1980 stellten nahezu alle wichtigen Automobilhersteller mindestens ein Modell nach diesem Muster vor.

Da die Breite eines Automobils nicht durch den Motor bestimmt wird, ist die Länge von Quermotoren begrenzt, zumal oft noch das Getriebe daneben Platz finden muss. Es gibt quer eingebaute Fünfzylinder-Reihenmotoren mit über 2,4 Litern Hubraum beispielsweise im kompakten Fiat Stilo.[2] Einen kurzen Achtzylinder-V-Motor mit rund 4,4 Litern Hubraum gibt es im Volvo XC90 als Quermotor[3], wie auch Volvo S80, der außerdem mit einem Sechszylinder-Reihenmotor mit rund 3,2 Litern Hubraum erhältlich ist.[4] Vom britischen Hersteller BLMC gab es in den 1970er-Jahren den Typ ADO 17 als Austin 2200, Morris 2200 und Wolseley Six mit einem querstehenden Sechszylindermotor und darunter eingebauten Getriebe[5]. 1985 wurde im Cadillac Seville ein V8-Motor quer eingebaut.

Omnibusse

Auch moderne Busse in Niederflurtechnik haben meist einen Quermotor im Heck. Er ist für Wartungsarbeiten leicht zugänglich.

Motorräder

siehe auch Längsläufer und Querläufer

Bei Motorrädern mit Kettenantrieb des Hinterrades dominiert die quer zur Fahrtrichtung liegende Kurbelwelle. Der Vorteil liegt darin, dass auch alle Wellen im Getriebe, einschließlich der Kettenradwelle quer liegen und keine rechtwinklige Drehmomentübertragung erforderlich ist. Bei Kardanwellenantrieb hingegen erübrigt sich ein zweites Winkelgetriebe bei Motoren mit annähernd in Fahrtrichtung liegender Kurbelwelle. Beispiele hierfür sind verschiedene Boxermotoren (z. B. Hoffmann Gouverneur, (IFA) BK 350, Zündapps Zwei-Zylinder-Typen, viele BMW-Typen) und verschiedene V-Motoren. (z. B. Victoria V 35 Bergmeister, Moto Guzzi, Zündapps Zwei-Zylinder-Typen mit 170°-Anordnung der Zylinderreihen). Längs eingebaute Reihenmotoren gab es ab 1905 bei FN, in den 1920er und 1930er Jahren bei Henderson/Indian, Nimbus und später unter anderem bei verschiedenen BMW oder der Triumph Rocket III.

Quereingebauter Boxermotor (Baujahr 1912)

Die Form des „quer“ eingebauten Boxers – wie bei der weißen Mars mit Kettenantrieb – kann heute als ausgestorben betrachtet werden, war jedoch bis ca. 1930 die Standardeinbaulage für Boxermotoren in Motorrädern. Beispiele für „quer“ liegende V-Motoren sind Harley-Davidson und viele jüngere japanische Modelle.

Einzelnachweise

  1. Autobianchi Primula, A 111 - 1964-72
  2. Fiat Stilo 2.4 20V Abarth. Auto Zeitung, abgerufen am 25. Juni 2014.
  3. Die schlanke Anmut der mütterlichen Elchin. In: Die Zeit. 28. Februar 2006 (online [abgerufen am 25. Juni 2014]).
  4. Volvo S80: Flaggschiff frisch aufgelegt. Handelsblatt, 5. Juli 2006, abgerufen am 25. Juni 2014.
  5. The cars : BMC 1800/2200 development history