Schimpansen

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Schimpansen

Bonobo (Pan paniscus)

Systematik
Teilordnung: Affen (Anthropoidea)
ohne Rang: Altweltaffen (Catarrhini)
Überfamilie: Menschenartige (Hominoidea)
Familie: Menschenaffen (Hominidae)
Unterfamilie: Homininae
Gattung: Schimpansen
Wissenschaftlicher Name
Pan
Oken, 1816

Die Schimpansen (Pan) sind eine Gattung aus der Familie der Menschenaffen (Hominidae). Schimpansen sind die nächsten lebenden Verwandten des Menschen und bewohnen das mittlere Afrika. Zur Gattung zählen zwei Arten: der Gemeine Schimpanse (Pan troglodytes) und der Bonobo oder Zwergschimpanse (Pan paniscus).

Körperbau

Kopf eines Gemeinen Schimpansen: Der Schädel ist massiver, das Gesicht meist heller. Einige Tiere haben einen weißen Kinnbart.

Schimpansen erreichen eine Kopfrumpflänge von 64 bis 94 Zentimeter, ein Schwanz fehlt, wie bei allen Menschenaffen. Aufrecht stehende Tiere erreichen eine Höhe von 1 bis 1,7 Metern. Hinsichtlich des Gewichts herrscht ein deutlicher Geschlechtsdimorphismus: während Weibchen rund 25 bis 50 Kilogramm schwer werden, erreichen Männchen ein Gewicht von 35 bis 70 Kilogramm. Die Bezeichnung „Zwergschimpanse“ für den Bonobo ist insofern irreführend, als beide Arten annähernd gleich groß werden. Allerdings hat der Bonobo einen grazileren Schädel und längere und dünnere Gliedmaßen.

Kopf eines Bonobos: Auffällig sind der lange, oft gescheitelte Haarschopf und das dunkle Gesicht mit den hellen Lippen.

Die Arme der Schimpansen sind länger als die Beine, Hände und Füße enden in fünf Fingern beziehungsweise Zehen, wobei die Daumen und die großen Zehen wie bei vielen Primaten opponierbar sind. Der größte Teil des Körpers ist von einem dunkelbraunen oder schwarzen Fell bedeckt.

Der Kopf der Schimpansen ist durch die hervorragenden, runden Ohren, die Überaugenwülste und die hervorstehende Schnauze charakterisiert. Das Gesicht ist unbehaart und beim adulten Tier dunkelgrau oder schwarz gefärbt. Im Bau des Kopfes unterscheiden sich die beiden Arten darin, dass beim Gemeinen Schimpansen das Gesicht heller und die Stirn rundlicher als beim Bonobo ist.

Die Eckzähne sind beim Gemeinen Schimpansen stark geschlechtsdimorph (bei Männchen deutlich größer), beim Bonobo hingegen sehr gering. Insgesamt sind die Schneidezähne breiter und die Molaren mit runderen Höckern versehen als etwa beim Gorilla.

Die Körpertemperatur gesunder Schimpansen beträgt – wie beim Menschen – im Mittel 37 Grad Celsius.[1]

Verbreitungsgebiet der Schimpansen: Rot stellt die Heimat des Bonobos dar, die übrigen Farben die verschiedenen Unterarten des Gemeinen Schimpansen

Verbreitung und Lebensraum

Schimpansen sind im mittleren Afrika beheimatet. Während sich das Verbreitungsgebiet des Gemeinen Schimpansen von Senegal über Nigeria und den Norden und Osten der Demokratischen Republik Kongo bis Uganda und Tansania erstreckt, ist der Bonobo in den mittleren und südlichen Teilen der Demokratischen Republik Kongo endemisch.

Gemeine Schimpansen sind flexibler als andere Menschenaffen in Bezug auf ihren Lebensraum und bewohnen sowohl Regenwälder als auch trockene, baumarme Savannen. Im Gegensatz dazu sind Bonobos ausgeprägte Regenwaldbewohner.

Lebensweise

Fortbewegung und Aktivitätszeiten

Schimpansen können sowohl am Boden als auch auf den Bäumen nach Nahrung suchen, meist geschieht dies jedoch auf Bäumen. Am Boden bewegen sie sich wie Gorillas im Knöchelgang fort, das heißt dass sie sich auf die zweiten und dritten Fingerglieder aufstützen. Im Geäst klettern sie entweder mit allen vier Gliedmaßen oder bewegen sich an den Armen hängend (suspensorisch) fort. Generell sind Bonobos in stärkerem Ausmaß Baumbewohner und bewegen sich häufiger suspensorisch fort als Gemeine Schimpansen.

Blätternest

In der Regel sind Schimpansen tagaktiv. Zur Nachtruhe legen sie ein Blätternest in den Bäumen an, wobei sie üblicherweise jede Nacht ein neues Nest errichten. Schimpansen und andere Menschenaffen gelten als unfähig zu schwimmen, und können in Zoos normalerweise auf Inseln umgeben von einem Wassergraben gehalten werden; zahlreiche Fälle von ertrunkenen Menschenaffen sind bekannt. In einem Vortrag im Jahr 2011 hat der Sportwissenschaftler Renato Bender die ersten Beweise für Schwimmverhalten bei kaptiven und halbwilden Schimpansen und einem Orangutan vor einem Fachpublikum vorgestellt.[2]

Sozialverhalten

Die Sozialstruktur der Schimpansen wird als „Fission-Fusion-Organisation“ beschrieben. Das heißt, sie leben in Großgruppen, die sich jedoch oft in Untergruppen aufspalten. Diese Untergruppen sind sehr flexibel und stellen oft nur vorübergehende Zusammenschlüsse dar. So findet man einzelgängerische Tiere neben Paaren sowie getrennt- und gemischt-geschlechtlichen Gruppen. Die Organisation der Großgruppen unterscheidet sich jedoch bei den beiden Arten: die der Bonobos sind stärker matriarchalisch strukturiert und werden oft von einem Weibchen geführt, bei den Gemeinen Schimpansen sind die Männchen dominant. Auch sind die Untergruppen der Bonobos mit 6 bis 23 Tieren größer als die der Gemeinen Schimpansen (durchschnittlich 4 bis 8 Tiere), öfter gemischt-geschlechtlich und in der Regel friedvoller als die der Gemeinen Schimpansen. Gegenseitige Körper- und Fellpflege („Grooming“) stellt wie bei vielen Primaten eine wichtige soziale Komponente dar und spiegelt auch die Gruppenhierarchie wider.

In einer verhaltensbiologischen Studie wurde elf Individuen die Möglichkeit gegeben, mit Hilfe einer Apparatur sich Obst zu beschaffen, was jedoch nur gelingen konnte, wenn zwei oder drei Tiere die Apparatur gemeinsam bedienten oder wenn ihnen nach erfolgreicher Aktion die Belohnung von einem anderen Tier weggenommen wurde. Die Studie ergab, dass Kooperationswillige sich ihre Partner sorgfältig aussuchen, „Bestohlene“ sich lautstark beklagten, dominante Affen nach einem „Diebstahl“ intervenierten oder die ganze Gruppe gegen den „Dieb“ vorgeht.[3]

Eine zehn Jahre währende Beobachtung einer Gruppe von 150 Schimpansen im Kibale-Nationalpark von Uganda hat ergeben, dass sie sich gelegentlich zu Banden zusammenschließen, um Nachbargemeinden das Territorium abzujagen, und bei derartigen Angriffen auch Artgenossen töten. Bei den meisten der wissenschaftlich dokumentierten Angriffe wurden Affensäuglinge der benachbarten Gruppe getötet.[4]

Schimpansenkultur

Nach den Untersuchungen einiger Verhaltensforscher gibt es auch bei den Schimpansen kulturelle Unterschiede: Ein und dasselbe Problem löst jede Gruppe auf ihre eigene Art. Einige beobachtete Verhaltensweisen lassen sich am besten damit erklären, dass die Schimpansen auf bereits vorliegendes kulturelles, weitergegebenes Wissen ihrer Artgenossen zurückgreifen. Die Schimpansenkultur sei in diesem Fall durch soziales Lernen und nicht durch „Versuch und Irrtum“ geprägt. Für die Wissenschaftler war überraschend, wie schnell die Tiere ihre Lösungen fanden, so dass der kulturelle Unterschied tief verwurzelt sein muss. Selbst benachbarte Schimpansengruppen lösen häufig ein und dasselbe Problem auf unterschiedliche Arten, ein Phänomen, das sich sowohl beim Gebrauch von Werkzeugen als auch bei der gegenseitigen Fellpflege und beim Balzverhalten findet. So entstehen Traditionen bei den Tieren, indem ein Gruppenangehöriger eine bestimmte Verhaltensweise von einem anderen erlernt.[5][6] Ein interessanter Hinweis auf die Schimpansenkultur ist auch die Tatsache, dass Schimpansen in Guinea die Fallen von Wilderern unschädlich gemacht haben und dieses Wissen schnell weitergaben, wie Forscher der Universität Kyoto beobachteten.[7]

Werkzeuggebrauch

Werkzeuggebrauch bei Schimpansen ist beim Gemeinen Schimpansen in verschiedenen Formen bekannt. So benutzen sie Steine oder Holzstücke als Hammer, Stöcke als Sonden oder Grabegeräte und zerkaute Blätter als Schwämme. Bei Bonobos in freier Wildbahn wurde bislang kein Werkzeuggebrauch beobachtet, wohl aber bei Tieren in menschlicher Gefangenschaft.[8][9]

Ernährung

Junger Schimpanse frisst eine Frucht

Schimpansen sind Allesfresser, die sich aber zum überwiegenden Teil von Pflanzen ernähren. Früchte und Nüsse stellen den Hauptbestandteil der Nahrung dar, daneben verzehren sie auch Blätter, Blüten, Samen und anderes Pflanzenmaterial. Schimpansen fressen aber auch regelmäßig Insekten und verschiedene kleine Säugetiere (wie etwa Fledermäuse, kleine Primaten und Ducker). Vom Gemeinen Schimpansen sind regelrechte Jagden auf kleine Säugetiere bekannt, die meist von den Männchen durchgeführt werden und vermutlich weniger der Deckung des Nahrungsbedarfs als der Stärkung der Position in der Gruppenhierarchie dienen.

Fortpflanzung und Lebenserwartung

Die Fortpflanzung kann das ganze Jahr über erfolgen. Die Zyklusdauer beträgt 35 bis 45 Tage, die Fruchtbarkeit des Weibchens wird im Gegensatz zu anderen Menschenaffen durch eine deutliche Sexualschwellung der Gesäßregion angezeigt. Nach einer rund 220- bis 250-tägigen Tragzeit bringt das Weibchen in der Regel ein einzelnes Jungtier zur Welt. Zwillinge sind selten, wenngleich vermutlich etwas häufiger als beim Menschen. Das Geburtsgewicht des Jungtiers beträgt rund 1 bis 2 Kilogramm.

Mutter und Kind (Gemeiner Schimpanse)

In den ersten Lebensmonaten klammert es sich am Bauch der Mutter fest, später reitet es auf ihrem Rücken. Die Entwöhnung findet mit 3,4 bis 4,5 Jahren statt, die Jungen bleiben aber danach noch längere Zeit bei der Mutter. Die Geschlechtsreife tritt mit 7 bis 9 Jahren ein, die erste Fortpflanzung erfolgt aufgrund des Gruppenverhaltens jedoch deutlich später, beim Gemeinen Schimpansen etwa mit rund 13 bis 16 Jahren.

Schimpansen sind wie alle Menschenaffen langlebig. Tiere in menschlicher Obhut erreichen in der Regel ein Alter von etwa 50 Jahren,[10] einzelne Tiere wie der Schimpanse Gregoire können aber auch deutlich älter werden. Im Freiland werden sie 30 bis 40 Jahre alt.[11]

Schimpansen und Menschen

Etymologie

Der Name „Schimpanse“ ist abgeleitet aus der Bantu-Sprache Tschiluba. Der Name „kivili-chimpenze“ ist die lokale Bezeichnung des Tiers und lässt sich mit „Schein-Mensch“ oder auch „Affe“ übersetzen. Dieser Name ist für das Jahr 1738 erstmals belegt. Pan, der wissenschaftliche Gattungsname, ist abgeleitet vom bocksfüßigen Hirtengott Pan und geht auf ältere Vorstellungen der Menschenaffen als Fabelwesen wie behaarte, geschwänzte Menschen zurück. Das Epitheton troglodytes (griechisch, „Höhlenbewohner“) ist sachlich unrichtig und geht zurück auf die Vorstellung, äffische Vormenschen hätten, da sie noch nicht bauen konnten, in Höhlen gelebt. Das Epitheton paniscus für den Bonobo ist abgeleitet von Πανίσκος (paniskos, griechisch), bedeutet „kleiner Pan“ und verweist darauf, dass in Griechenland kleine Götterbilder an Feldern aufgestellt wurden.

Forschungsgeschichte

Die Verhaltensforschungen Jane Goodalls bei freilebenden Gemeinen Schimpansen waren bahnbrechend

Wie lange Schimpansen der westlichen Welt bekannt sind, ist nicht genau feststellbar. Der karthagische Seefahrer Hanno († 440 v. Chr.) brachte von seiner Afrikareise die Felle von drei „wilden Frauen“ mit, vermutlich Schimpansen oder Gorillas. Im 17. Jahrhundert kamen die ersten lebenden Tiere nach Europa, spätestens seit Darwins und Huxleys Werken zur Evolutionstheorie rückten Schimpansen als nahe Verwandte des Menschen ins Licht der Öffentlichkeit.

In der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts rückte die Lebensweise und das Verhalten der Schimpansen in den Mittelpunkt des Interesses, berühmt wurden die Forschungstätigkeiten Jane Goodalls. Werkzeuggebrauch, Lernverhalten und Kommunikationsfähigkeit dieser Tiere stehen bis heute im Brennpunkt der Forschung, bekannte Wissenschaftler sind Frans de Waal, David Premack und Roger Fouts.

Angaben über die genetische Ähnlichkeit zwischen dem Menschen und den verschiedenen Arten der Menschenaffen beruhten zunächst auf Untersuchungsbefunden zu Übereinstimmungen von Aminosäuresequenzen bestimmter wichtiger Proteine; diesen Untersuchungen nach wurden die Bonobos als die dem Menschen nächstverwandte Art eingestuft. Aus der vorläufigen DNA-Sequenzierung des Gemeinen Schimpansen wurde 2005 abgeleitet, dass Mensch und Schimpanse sich bezogen auf Einzelnukleotid-Polymorphismen in ungefähr 1,23 Prozent der Basenpaare unterscheiden.[12]

Der phänotypisch große Unterschied zwischen Mensch und Schimpanse wird heute weniger auf Unterschiede im genetischen Code zurückgeführt, sondern vor allem auf Unterschiede in der Genexpression.[13] Einen sehr großen Unterschied gibt es jedoch beim Y-Chromosom: Mehr als 30 Prozent dieses Chromosoms der Schimpansen hat keinen vergleichbaren Gegenpart beim Menschen.[14] Relevante Differenzen gibt es ferner bei den Proteinen: Rund 80 Prozent aller Proteine weisen Unterschiede auf,[15] die meisten allerdings nur bei ein oder – wie beispielsweise beim Forkhead-Box-Protein P2 – zwei Aminosäuren. Im April 2007 wurde das Ergebnis der detaillierten DNA-Sequenzierung des Rhesusaffen-Genoms bekannt gegeben.[16] Ein Vergleich von 13.888 Genen der Schimpansen, des Menschen und der Rhesusaffen ergab, dass 233 Schimpansen-Gene, aber nur 154 Gene des Menschen sich so stark von den Rhesusaffen-Genen unterscheiden, dass sie veränderte Proteine kodieren.[17] Dies bedeutet, dass sich die Schimpansen im Verlauf der Stammesgeschichte weiter von den gemeinsamen Vorfahren entfernt haben als der Mensch. Tatsächlich wurde im Jahr 2012 – nach der Sequenzierung des Gorilla-Genoms – ein Unterschied („mean nucleotid divergences“) von 1,37 % für Mensch / Schimpanse und von 1,81 % für Gorilla / Schimpanse, aber nur von 1,75 % für Gorilla / Mensch ausgewiesen.[18]

Molekularbiologische Vergleiche der DNA von Mensch und Schimpanse wurden in Kombination mit Hypothesen zur Häufigkeit von Mutationen („Molekulare Uhr“) auch herangezogen, um die Zeitspanne einzugrenzen, während der sich die evolutionären Wege beider Arten getrennt haben. Die publizierten Berechnungen der diversen Forschergruppen weichen jedoch erheblich voneinander ab. Auf der Basis von Fossilienfunden datierte C. Owen Lovejoy diese Trennung 2009 in die Zeitspanne vor etwa 6 bis 5 Millionen Jahren.[19] Terry Harrison datierte Anfang 2010 die Trennung der Schimpansen von den Hominini hingegen in die Zeit vor 7,5 Millionen Jahren.[20] Bernard Wood nannte 2010 die Zeitspanne zwischen 6 und 4 Millionen Jahren als die „wahrscheinlichste“,[21] und nach einer Revision der Annahmen über die Häufigkeit von Mutationen wurde 2012 dann wieder eine Trennung vor 8 bis 7 Millionen Jahren errechnet.[22]

Bedrohung

Beide Schimpansenarten sind durch die fortschreitende Zerstörung ihres Lebensraumes bedroht. Insbesondere das Verbreitungsgebiet des Gemeinen Schimpansen wird immer weiter eingeschränkt und ist stark zerstückelt. In Uganda werden Schimpansen zunehmend auch verzehrt.[23] Der Bonobo ist auf ein relativ kleines Gebiet beschränkt und auch deswegen gefährdet. Beide Arten werden von der IUCN als stark gefährdet (endangered) gelistet. Zuverlässige Schätzungen über die Populationsgröße beider Arten gibt es jedoch nicht.

Hinzu kommt, dass – durch Forscher, Wilderer und Ökotouristen – Krankheitserreger des Menschen auf Schimpansen übertragen werden können und dies bereits den Tod von Schimpansen zur Folge hatte.[24]

Patent auf Genmaterial von Schimpansen

Das Europäische Patentamt erteilte ab 2012 die Patente EP1456346 und EP1572862 der Firma Intrexon sowie das Patent EP1409646 der Firma Altor BioScience auf das Erbgut von Schimpansen. Intrexon verfügt bereits über eine Reihe von Patenten über Säugetiere verschiedener Ordnungen, darunter auch solche über Schimpansen. Die Firma Altor BioScience hat das Immunsystem der Schimpansen „humanisiert“, um Medikamente mit Antikörpern an ihnen besser testen zu können. Die Firma kooperiert dabei mit der Firma Genentech, die zu Hoffmann-La Roche gehört.

Rechtsfähigkeit für Schimpansen?

Unter Verweis auf die Civil Practice Law and Rules des US-Bundesstaates New York, speziell Artikel 70 (Habeas Corpus) beantragte im Jahr 2014 eine Tierschutzorganisation vor Gericht, den Schimpansen Tommy als (rechtsfähige) Person anzuerkennen und ihn infolgedessen aus der „Gefangenschaft“ einer Privathaltung zu befreien. Eine Berufungskammer des New Yorker Supreme Court (des Obersten Gerichtes) wies diesen Antrag zurück mit der Begründung, dass nach aller bisherigen Rechtsauffassung kein Tier, sondern nur ein Mensch (a „human being“) als „Person“ bezeichnet werden könne.[25]

Demgegenüber existiert seit den 1990er Jahren das „Great Ape Project“ als internationale Initiative, um bestimmte Menschenrechte auch für andere Primaten zu fordern. Das Projekt geht zurück auf das 1993 erschienene Buch „Menschenrechte für die Großen Menschenaffen – Das Great Ape Projekt“ (Originaltitel: The Great Ape Project: Equality Beyond Humanity), das von den Philosophen Paola Cavalieri und Peter Singer herausgegeben wurde.[26]

Systematik

Position der Schimpansen (Pan) im Stammbaum der Menschenaffen (Hominidae)

Äußere Systematik

Die Schimpansen bilden gemeinsam mit den Orang-Utans (Pongo), den Gorillas (Gorilla) und dem Menschen (Homo) die Familie der Menschenaffen (Hominidae). Dabei sind Menschen und Schimpansen die jeweils nächsten lebenden Verwandten. Im Jahr 2005 wurde erstmals ein fossiler Schimpanse wissenschaftlich beschrieben.[27]

Der Bonobo ist die seltenere und weniger erforschte der beiden Arten

Der um das Jahr 2000 von einigen Forschern formulierte Vorschlag, die Gorillas und die Schimpansen aufgrund der nur geringfügigen genetischen Unterschiede zwischen diesen und den Menschen der Gattung Homo zuzuordnen,[28] fand in den folgenden Jahren keinen Eingang in die international angesehenen systematischen Werke.

Innere Systematik

Die Gattung der Schimpansen teilt sich in zwei Arten, den Gemeinen Schimpansen (Pan troglodytes) und den Bonobo oder Zwergschimpansen (Pan paniscus). Schätzungen zufolge trennten sich die beiden Arten vor 0,8 bis 1,8 Millionen Jahren.[29] Innerhalb des Gemeinen Schimpansen lassen sich vier Unterarten unterscheiden: P. t. troglodytes (von Kamerun bis in den Westen der Demokratischen Republik Kongo), P. t. schweinfurthii (in Zentralafrika, dem Norden der Demokratischen Republik Kongo und angrenzenden Ländern), P. t. vellerosus (im östlichen Nigeria und dem westlichen Kamerun) und P. t. verus (im westlichen Afrika von Senegal bis Ghana, eventuell bis Nigeria). Diese westliche Unterart weicht im Schädelbau und auch in DNS-Sequenzen so stark von den anderen Unterarten ab, dass sie möglicherweise eine eigene Art darstellt.

Der manchmal als eigene Art oder Unterart postulierte „Riesenschimpanse“ oder „Bili-Schimpanse“ hat sich nach DNS-Untersuchungen als Vertreter der östlichen Unterart des Gemeinen Schimpansen (P. t. schweinfurthii) herausgestellt.[30]

Literatur

  • Thomas Geissmann: Vergleichende Primatologie. Springer, Berlin 2002. ISBN 3-540-43645-6.
  • Ronald M. Nowak: Walker’s mammals of the world. 6. Auflage. Johns Hopkins University Press, Baltimore 1999, ISBN 0-8018-5789-9 (englisch).

Weblinks

Commons: Schimpansen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Schimpanse – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Peter Morrison: An Analysis of Body Temperature in the Chimpanzee. In: Journal of Mammalogy. 29. Mai 1962, S. 166–171, doi:10.2307/1377087
  2. Renato Bender & Nicole Bender: The ‚Saci last common ancestor hypothesis‘ and a first description of swimming ability in common chimpanzees (Pan troglodytes). Vortrag gehalten an der 23. Jahreskonferenz der Human Behavior and Evolution Society, 29. Juni–3. Juli 2011, Montpellier, France.
  3. Malini Suchak et al.: How chimpanzees cooperate in a competitive world. In: PNAS. Online-Vorabveröffentlichung vom 22. August 2016, doi:10.1073/pnas.1611826113
    Kein Platz für Schmarotzer. Auf: sueddeutsche.de vom 23. August 2016
  4. John C. Mitani et al.: Lethal intergroup aggression leads to territorial expansion in wild chimpanzees. In: Current Biology. Band 20, Nr. 12, 2010, R507-R508, doi:10.1016/j.cub.2010.04.021
  5. John Eidson (Hrsg.): Das anthropologische Projekt: Perspektiven aus der Forschungslandschaft Halle/Leipzig. Leipziger Universitätsverlag, Leipzig 2008.
  6. Werkzeug-Wahl: Auch Affen haben Kultur. Spiegel-Online. Artikel vom 11. Mai 2012.
  7. Schimpansen tricksen Wilderer aus. In: Regenwald Report. Nr. 4, 2010, S. 14.
  8. Geissmann (2002)
  9. Jürgen Langenbach: Schimpansen: Nussknacker seit 4300 Jahren. In: Die Presse. Ausgabe vom 13. Februar, Wien 2007 (Volltext als Digitalisat).
  10. Caleb E. Finch: Evolution of the human lifespan and diseases of aging: Roles of infection, inflammation, and nutrition. In: PNAS. Band 107. Nr. suppl 1, 2009, S. 1718–1724, doi:10.1073/pnas.0909606106
  11. Verband Deutschsprachiger Zoopädagogen e.V.: Schimpansen und Bonobos., aufgerufen am 30. Mai 2013
  12. The Chimpanzee Sequencing and Analysis Consortium: Initial sequence of the chimpanzee genome and comparison with the human genome. In: Nature. Band 437, 2005, S. 69–87, doi:10.1038/nature04072
  13. Nalini Polavarapu et al.: Characterization and potential functional significance of human-chimpanzee large INDEL variation. In: Mobile DNA. Band 2, 2011, Artikel Nr. 13, doi:10.1186/1759-8753-2-13
  14. Jennifer F. Hughes et al.: Chimpanzee and human Y chromosomes are remarkably divergent in structure and gene content. In: Nature. Band 463, 2010, S. 536–539, doi:10.1038/nature08700
  15. Galina Glazko et al.: Eighty percent of proteins are different between humans and chimpanzees. In: Gene. Band 346, 2005, S. 215–219, doi:10.1016/j.gene.2004.11.003
  16. Rhesus Macaque Genome Sequencing and Analysis Consortium: Evolutionary and Biomedical Insights from the Rhesus Macaque Genome. In: Science. Band 116, Nr. 5822, 2007, S. 222-234, doi:10.1126/science.1139247
  17. Margaret A. Bakewell, Peng Shi, Jianzhi Zhang: More genes underwent positive selection in chimpanzee evolution than in human evolution. In: PNAS. Band 104, 2007, S. 7489, doi:10.1073/pnas.0701705104.
  18. Aylwyn Scally et al.: Insights into hominid evolution from the gorilla genome sequence. In: Nature. Band 483, 2012, S. 169–175, (hier: S. 170), doi:10.1038/nature10842
  19. C. Owen Lovejoy et al.: The Great Divides: Ardipithecus ramidus Reveals the Postcrania of Our Last Common Ancestors with African Apes. In: Science. Band 326, 2009, S. 73, doi:10.1126/science.1175833
  20. Terry Harrison: Apes Among the Tangled Branches of Human Origins. In: Science. Band 327, 2010, S. 532–534, doi:10.1126/science.1184703, Volltext (PDF; 435 kB) (Memento vom 25. Oktober 2012 im Internet Archive)
    Zum gleichen Befund kam 2010 eine weitere Studie, in die sowohl paläontologische als auch molekularbiologische Daten einbezogen worden waren; siehe Richard D. Wilkinson et al.: Dating Primate Divergences through an Integrated Analysis of Palaeontological and Molecular Data. In: Systematic Biology. Band 60, Nr. 1, 2011, S. 16–31, doi:10.1093/sysbio/syq054 (Volltext frei zugänglich)
  21. Bernard Wood et al.: The evolutionary context of the first hominins. In: Nature. Band 470, 2011, S. 347–352, doi:10.1038/nature09709; vergl. dazu: „Als sich die Stammbäume von Schimpansen und Menschen teilten.“Wissenschaft-Online vom 20. Dezember 2005
  22. Kevin E. Langergraber et al.: Generation times in wild chimpanzees and gorillas suggest earlier divergence times in great ape and human evolution. In: PNAS. Band 109, Nr. 39, 2012, S. 15716–15721, doi:10.1073/pnas.1211740109
  23. afrika.info, 2. November 2012
  24. Sophie Köndgen et al.: Pandemic Human Viruses Cause Decline of Endangered Great Apes. In: Current Biology. Band 18, Nr. 4, 2008, S. 260–264, doi:10.1016/j.cub.2008.01.012
    Max-Planck-Gesellschaft vom 24. Januar 2008: Schimpansen-Tod durch Menschen-Virus.
  25. Urteil 518336 vom 4. Dezember 2014 betreffend den Schimpansen Tommy (PDF)
  26. Tierethik: Die Rechte der Affen in Neue Zürcher Zeitung vom 5. Juli 2016
  27. Sally McBrearty und Nina G. Jablonski: First fossil chimpanzee. In: Nature. Band 437, 2005, S. 105–108, doi:10.1038/nature04008
  28. Elizabeth E. Watson, Simon Easteal und David Penny: Homo Genus: A Review of the Classification of Humans and the Great Apes. In: Phillip Tobias et al. (Hrsg.): Humanity from African Naissance to Coming Millennia. Colloquia in Human Biology and Palaeoanthropology. Firenze University Press, Florenz 2001, S. 307–318, ISBN 88-8453-003-2, Volltext (PDF; 5,4 MB)
  29. Evidence for a Complex Demographic History of Chimpanzees
  30. Emma Young und Adrian Barnett: DNA tests solve mystery of giant apes. In: New Scientist. Nr. 2558, 2006, Online-Preview