Theodore Sturgeon

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Theodore Sturgeon (* 26. Februar 1918 in New York City als Edward Hamilton Waldo; † 8. Mai 1985 in Eugene, Oregon), war ein US-amerikanischer Autor psychologischer Science-Fiction, Fantasy- und Horrorliteratur.

Leben

Sturgeons Eltern namens Waldo ließen sich 1927 scheiden. Seine Mutter Christine heiratete 1929 William Sturgeon. Damals änderte Edward seinen Namen zu Theodore Hamilton Sturgeon, weil dies besser zu seinem Spitznamen „Ted“ passte.[1] Seine Pläne, Zirkusartist zu werden, wurden durch ein rheumatisches Fieber vereitelt, das zu einem vergrößerten Herzen geführt hatte[2]. Sein berufliches Leben war unstet: Mit siebzehn Jahren ging er zur Handelsmarine und fuhr zur See, später verkaufte er Kühlschränke, fuhr Planierraupen, arbeitete als Hotelmanager und führte eine Tankstelle, ehe er Texte für die Werbung verfasste. In späteren Jahren betrieb er neben der Schriftstellerei eine literarische Agentur.

Er verkaufte seine erste Erzählung 1938 an das Zeitungssyndikat von McClure, welches große Teile des (nicht-fantastischen) Frühwerks von Sturgeon erwarb. Seine erste Genrearbeit erschien ein Jahr später. Anfänglich schrieb er vor allem Kurzgeschichten, in erster Linie für Science-Fiction-Magazine wie Astounding Science Fiction und Unknown, jedoch auch für andere Publikumszeitschriften wie das Argosy Magazine. Als zwei seiner Erzählungen in der gleichen Nummer von Astounding erschienen, benutzte er das Pseudonym „E. Waldo Hunter“.

In Astounding Science Fiction veröffentlichten auch die durch ihre Hard Science-Fiction sehr bekannten Autoren Isaac Asimov und Robert A. Heinlein. Sturgeon jedoch schrieb weniger über technische sondern mehr über psychologische und soziale Themen. Bei ihm stand schon in den 40er Jahren der Mensch im Mittelpunkt, was zum damaligen Zeitpunkt eher untypisch für das Genre der Science-Fiction war. Erst in den folgenden Jahrzehnten griffen Autoren verstärkt soziale Themen auf.

Viele Werke Sturgeons sind von einem poetischen, sogar elegischen Charakter. Er war bekannt dafür, eine Technik der „rhythmischen Prosa“ zu verwenden, in der er seinen Prosatext in ein Metrum fallen ließ. Dadurch kann eine subtile Veränderung der Stimmung erzielt werden, deren Ursache dem Leser normalerweise nicht bewusst wird.

Seine Stärke lag vor allem in Kurzgeschichten und Novellen; auch der Roman Die Ersten ihrer Art (engl. More Than Human) entstand aus drei Erzählungen. Dieser gewann 1954 den International Fantasy Award und ist bis heute mehrfach wieder aufgelegt worden. In diesem Roman findet sich eine Gruppe von Kindern zusammen, wobei jedes der Kinder eine körperliche oder geiste Behinderung hat. Zusammen bilden sie eine neue menschliche Daseinsform, den Homo Gestalt, und verfügen über paranormale Fähigkeiten. Ein großer Erfolg in den 40er Jahren war die Novelle Der kleine Gott/Der Gott des Mikrokosmos (engl. Microcosmic God), die von den Science Fiction Writers of America im Jahre 1973 in ihrem SF Hall of Fame (Anthologie von Ben Bova) auf den vierten Platz gewählt wurde. Theodore Sturgeon starb am 8. Mai 1985 an Lungenfibrose.

Erst nach seinem Tod begann man mit der Herausgabe einer Gesamtausgabe seiner Erzählungen und Kurzromane, die Sturgeon niemals alle in seinen Büchern hatte unterbringen können, obwohl er über die Jahre viele Bände mit vergriffenen Geschichten zusammenstellte. Zu seinen bekanntesten Geschichten zählen Biancas Hände (Bianca's Hands), Der Mann, der das Meer verlor (The Man Who Lost the Sea), Die Liebesvögel (The World Well Lost), Es (It), Synergie (The Waves of Synergy), Die goldene Helix (The Golden Helix), Die letzte Chance/Donner und Rosen (Thunder and Roses), Es folgen die Nachrichten (And Now the News), Bedürfnisse (Need), Killdozer! (dto.), Doch kein Syzygium (It Wasn't Syzygy), Kurzes Erwachen/Ein lichter Augenblick (Bright Segment), Die Fähigkeiten Xanadus/Das Geheimnis von Xanadu (The Skills of Xanadu) und Prognose: positiv/Das [Fringding], das [Frangding] und Boff (The Widget, the Wadget and Boff). Die bekannteren Geschichten wurden oft mehrfach ins Deutsche übersetzt, andere sind schwer zu finden. Nach dem Titel der Novelle „Killdozer“ benannte sich die gleichnamige amerikanische Noise Rock Band.

Sturgeon verfasste den Ellery-Queen-Roman The Player on the Other Side (Random House, 1963) als Ghostwriter. In den folgenden Jahren schrieb er die Drehbücher für die Raumschiff-Enterprise-Folgen Shore Leave (1966) und Amok Time (1967). Letztere ist bekannt für die Einführung des Pon farr, des vulkanischen Paarungsrituals. Sturgeon verfasste auch mehrere Entwürfe, die nie produziert wurden, insbesondere das später von James Gunn zu einem Roman erweiterte The Joy Machine. Er schrieb zudem 1975 eine Folge der Abenteuerserie Im Land der Saurier, The Pylon Express.

Sturgeon ist in der breiten Öffentlichkeit nicht sehr bekannt und hat relativ wenige Auszeichnungen erhalten, obschon er unter den Lesern von Anthologien klassischer Science-Fiction einen hohen Bekanntheitsgrad besitzt, da er auf dem Höhepunkt seiner Beliebtheit in den 1950ern der am häufigsten in Anthologien vertretene lebende Autor war. Zudem wird er von Kritikern sehr geschätzt. John Clute schreibt in der Science Fiction Encyclopedia: „Seine Wirkung auf Autoren wie Harlan Ellison und Samuel R. Delany war grundlegend, und in seinem Leben und Werk stellte er einen kraftvollen und allgemein befreienden Einfluss in der US-SF nach dem Zweiten Weltkrieg dar“. Zu Sturgeons relativ geringer Popularität mag beitragen, dass die Werke, die als seine besten gelten, vor der Einführung der führenden Auszeichnungen des Genres veröffentlicht wurden, während sein späteres Schaffen spärlich und von geringerer Qualität war. Ray Bradbury und Kurt Vonnegut nannten Sturgeon als maßgeblichen Einfluss. Kurt Vonnegut erklärte, dass seine Figur Kilgore Trout (Trout = englisch Forelle) auf Theodore Sturgeon (Sturgeon = englisch Stör) basiere.

Als Sturgeons Gesetz zitiert wird der Ausspruch: „Nichts ist immer unumschränkt so, wie es ist.“

Als Sturgeons Offenbarung wird zitiert: „Neunzig Prozent von allem ist Mist.“ Sturgeons Offenbarung wird gemeinhin ebenfalls Sturgeons Gesetz genannt.

Zwei von Sturgeons Erzählungen wurden für die Fernsehserie The New Twilight Zone adaptiert. Eine davon, A Saucer of Loneliness (1986), war seinem Andenken gewidmet.

Der Theodore Sturgeon Memorial Award für die beste Science-Fiction-Kurzgeschichte des Jahres wurde 1987 von James Gunn, dem Direktor des „Center for the Study of Science Fiction“ an der University of Kansas, und den Erben Theodore Sturgeons ins Leben gerufen, im Gedenken an einen der größten SF-Kurzgeschichtenautoren.[3]

Werke

Romane

  • Das Maschinenungeheuer, 1960, Pabel, Killdozer, 1944
  • Die lebenden Steine auch: Synthetisches Leben, 1959, ISBN 3-442-23187-6, The Dreaming Jewels auch: The Synthetic Man, 1950
  • Die Ersten ihrer Art, 1970, ISBN 3-886-19964-9, More Than Human, 1953 (gekürzte dt. Ausgaben: Die neue Macht der Welt und Baby ist drei)
  • I, Libertine, 1956 (mit Jean Parker Shepherd und Betty Ballantine als Frederick R. Ewing)
  • The King and Four Queens, 1956
  • Das Milliardengehirn, 1965, To Marry Medusa auch: The Cosmic Rape, 1958 (Romanfassung der Erzählung Hochzeit mit Medusa)
  • Venus plus X, 1974, ISBN 3-442-23181-7, Venus Plus X, 1960
  • Blutige Küsse, 1975, ISBN 3-436-01932-1, Some of Your Blood, 1961
  • Feuerflut, 1962, Pabel, Voyage to the Bottom of the Sea, 1961
  • Ein rauher Haufen, 1972, Heyne, The Rare Breed, 1966
  • Godbody, 1986

Kurzgeschichtensammlungen

  • Es, 1977, ISBN 3-442-23255-4, Without Sorcery auch: Not Without Sorcery, 1948
  • Der Gott des Mikrokosmos, 1975, ISBN 3-442-23195-7, Caviar, 1955
  • Wiederbelebung, 1977, ISBN 3-442-23264-3, A Way Home, 1955
  • Thunder And Roses: Stories of Science-fiction And Fantasy, 1957
  • In einer fremden Haut, 1979, ISBN 3-442-23326-7, A Touch of Strange, 1958
  • Aus vielen Ein-horn, 1985, ISBN 3-442-23463-8, E Pluribus Unicorn, 1959
  • Aliens 4, 1959
  • Hinter dem Ende der Zeit, 1982, ISBN 3-442-23408-5, Beyond, 1960
  • Parallele X, 1969, Heyne, Sturgeon In Orbit, 1964
  • Prognose: positiv, 1975, ISBN 3-442-23200-7, The Joyous Invasions, 1965
  • Licht von den Sternen, 1975, ISBN 3-442-23192-2, Starshine, 1966
  • To Marry Medusa, 1966
  • Das Geheimnis von Xanadu, 1974, ISBN 3-442-23188-4, The Worlds of Theodore Sturgeon I, 1972
  • Tausend Schiffe am Himmel, 1974, ISBN 3-442-23189-2, The Worlds of Theodore Sturgeon II, 1972
  • Sturgeon's West, 1972 (Westernstories mit Don Ward)
  • To Here and the Easel, 1973
  • Nach dem Exodus, 1976, ISBN 3-442-23233-3, Case and the Dreamer: And Other Stories, 1974
  • The Microcosmic God And Other Stories, 1975
  • Sein Name war Mensch, 1974, ISBN 3-442-23184-1, Sturgeon Is Alive and Well, 1974
  • PSI-Talente, 1980, ISBN 3-442-23339-9, Visions and Venturers, 1978
  • Maturity, 1979
  • The Golden Helix, 1980
  • Fährmann ins All auch:Auf dem Floß der Zeit, 1982, ISBN 3-442-23399-2, The Stars Are the Styx, 1981
  • Alien Cargo, 1984
  • A Touch of Sturgeon, 1987
  • Lichte Augenblicke, 2003, ISBN 3-926-12629-9, Selected Stories, 1997 (Vorwort von Samuel R. Delany)
  • Die goldene Helix, 2005, ISBN 3-926-12636-1, Selected Stories, 1997 (Vorwort von Ray Bradbury)

Drehbücher

  • Raumschiff Enterprise: „Shore Leave“ (Landurlaub, 1966), „Amok Time“ (Pon farr, 1967)
  • „Killdozer!“ [Fernsehfilm nach seiner Novelle] (1974)
  • Land of the Lost: „The Pylon Express“ (1975)

Amerikanische Gesamtausgabe von Paul S. Williams

  • The Ultimate Egoist - Volume 1: The Complete stories of Theodore Sturgeon (1994) (Vorworte von Ray Bradbury, Arthur C. Clarke, und Gene Wolfe)
  • Microcosmic God - Volume 2: The Complete stories of Theodore Sturgeon (1995) (Vorwort von Samuel R. Delany)
  • Killdozer! - Volume 3: The Complete stories of Theodore Sturgeon (1996) (Vorwort von Robert Silverberg)
  • Thunder and Roses - Volume 4: The Complete stories of Theodore Sturgeon (1997) (Vorwort von James Gunn)
  • The Perfect Host - Volume 5: The Complete Stories of Theodore Sturgeon (1998) (Vorwort von Larry McCaffery)
  • Baby is Three - Volume 6: The Complete Stories of Theodore Sturgeon (1999) (Vorwort von David Crosby)
  • A Saucer of Loneliness - Volume 7: The Complete Stories of Theodore Sturgeon (2000) (Vorwort von Kurt Vonnegut)
  • Bright Segment - Volume 8 : The Complete Stories of Theodore Sturgeon (2002) (Vorwort von William Tenn)
  • And Now the News... - Volume 9: The Complete Stories of Theodore Sturgeon (2003) (Vorwort von David Hartwell)
  • The Man Who Lost the Sea - Volume 10: The Complete Stories of Theodore Sturgeon (2005) (Vorwort von Jonathan Lethem)
  • The Nail and the Oracle - Volume 11: The Complete Stories of Theodore Sturgeon (2007) (Vorwort von Harlan Ellison)
  • Slow Sculpture - Volume 12: The Complete Stories of Theodore Sturgeon (2009) (Vorwort von Debbie Notkin)
  • Case and the Dreamer - Volume 13: The Complete Stories of Theodore Sturgeon (2010) (Vorwort von Peter S. Beagle, Vorwort von Debbie Notkin, Nachwort von Paul Williams, Story Notes von Theodores Tochter Noël Sturgeon)

Auszeichnungen

  • 1947 Argosy Short Story Competition – Story: Biancas Hände
  • 1954 International Fantasy Award – Roman: Die Ersten ihrer Art
  • 1960 Hugo Award Nominierung – Story: Der Mann, dem das Meer abhanden kam
  • 1961 Hugo Award Nominierung – Story: Bedürfnisse
  • 1961 Hugo Award Nominierung – Roman: Venus plus X
  • 1963 Hugo Award Nominierung – Story: Wenn man fühlt, wenn man liebt...
  • 1968 Nebula Award Nominierung – Novelle: Nach dem Exodus... (aus Harlan Ellisons Anthologie Dangerous Visions)
  • 1970 Nebula Award Gewinner – Novelle: Die langsamste Skulptur der Welt/Langsames Wachstum
  • 1970 Hugo Award Gewinner – Story: Die langsamste Skulptur der Welt/Langsames Wachstum
  • 1972 Hugo Award Nominierung – Story: Case und der Träumer...
  • 1985 World Fantasy Award – Life Achievement Award
  • 2000 Einführung in die Science Fiction and Fantasy Hall of Fame[4]
  • 2000 Gaylactic Network Spectrum Award - Story: Die Liebesvögel

Kritik

  • Gundula Sell über Lichte Augenblicke: „Sturgeon legt Wert auf Details, beschreibt genau, was in seinen Personen vorgeht, denunziert sie aber nie, denn er traut dem Leser zu, sich ein Bild zu machen, ein differenziertes Bild. Nicht einmal bei dramatischen Zuspitzungen gerät der Autor ins Pathos, sondern hält sich an die Tatsachen, äußere und innere. Die Neuübersetzungen... übertragen diese Präzision überzeugend ins Deutsche.“ „... eine der herausragendsten Kurzgeschichtensammlungen der letzten Jahre. Sie bietet klare, ideenreiche und geschmeidige Prosa, die nicht zuletzt für heutige Autoren sehr anregend sein kann. Manche Lücken bemerkt man eben erst, wenn sie geschlossen werden. Also, mehr davon!“[5]

Literatur

Einzelnachweise

  1. http://www.physics.emory.edu/~weeks/misc/faq.html
  2. Vgl. Das Science Fiction Jahr 1986, Wilhelm Heyne Verlag München, ISBN 3-453-31233-3, S. 263.
  3. Theodore Sturgeon Memorial Award
  4. SF&F Hall of Fame (englisch): 1996–2004; Kurzbiografie von Sturgeon (2000) (Memento vom 22. Juli 2012 im Internet Archive)
  5. Vgl. Das Science Fiction Jahr 2005, hrsg. von Sascha Mamczak und Wolfgang Jeschke, Heyne München 2005, ISBN 3-453-52068-8, S. 1034f., S. 1037

Weblinks