Wachs

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Brennende Kerze aus synthetischem Wachs

Wachse (von althochdeutsch „wahs“: wie „Wabe“ und „weben“ zu indogermanisch „ueg“ ['weben', 'Gewebe']) sind organische Verbindungen, die bei etwa über 40 °C schmelzen und dann Flüssigkeiten niedriger Viskosität bilden. Wachse sind nahezu unlöslich in Wasser, aber löslich in organischen, unpolaren Medien. Wachse können in ihrer chemischen Zusammensetzung und Herkunft hingegen sehr unterschiedlich sein, sie werden daher heute durch ihre mechanisch-physikalischen Eigenschaften definiert.[1]

Definition

Aufgrund der zahlreichen Stoffgruppen, die wachsartiges Verhalten zeigen (welche in der Praxis zudem als Stoffgemische auftreten), konnte bis heute keine exakte Definition für Wachse gefunden werden. Weit verbreitet ist die Definition der Deutschen Gesellschaft für Fettwissenschaft: Ein Stoff wird demnach als Wachs bezeichnet, wenn er bei 20 °C knetbar, fest bis brüchig-hart ist, eine grobe bis feinkristalline Struktur aufweist, farblich durchscheinend bis opak, aber nicht glasartig ist, über 40 °C ohne Zersetzung schmilzt, wenig oberhalb des Schmelzpunktes leicht flüssig (wenig viskos) ist, eine stark temperaturabhängige Konsistenz und Löslichkeit aufweist sowie unter leichtem Druck polierbar ist.[1] Ist mehr als eine der oben aufgeführten Eigenschaften nicht erfüllt, ist der Stoff demnach kein Wachs.[2]

Einteilung

Tierische und pflanzliche Wachse

Carnaubawachs, teilweise geschmolzen
Palmitinsäuremyricylester, ein Inhaltsstoff von Bienenwachs[3]

Tierische und pflanzliche Wachse sind Wachse im engeren Sinne, sie zählen zu den Lipiden. Hauptkomponenten dieser Stoffgemische sind Ester von Fettsäuren (auch Wachssäuren genannt) mit langkettigen, aliphatischen, primären Alkoholen, den so genannten Fettalkoholen.[4] Diese Ester unterscheiden sich in ihrem Aufbau von den Fetten und fetten Ölen, die Triglyceride mit Fettsäuren sind. Außerdem enthalten diese Wachse noch freie, langkettige, aliphatische Carbonsäuren, Ketone, Alkohole und Kohlenwasserstoffe. Prototyp einer Wachssäure ist die Montansäure (Octacosansäure) C28H56O2. Eine präzise Abgrenzung zwischen Wachssäuren und Fettsäuren gibt es nicht, da beim Aufbau einiger Naturwachse auch typische Fettsäuren, wie Palmitin- und Stearinsäure, beteiligt sind.[5] Aus diesem Aufbau resultiert eine chemische Definition von Wachsen, bei der die oben genannten mechanisch-physikalischen Eigenschaften nicht unbedingt erfüllt werden.

Tierische Wachse sind beispielsweise Walrat, Wollwachs und Bienenwachs. Zu den pflanzlichen Wachsen gehören Zuckerrohrwachs oder das Carnaubawachs der Carnaubapalme. Das Jojobaöl besteht nicht aus Triglyceriden und ist damit kein fettes Öl, sondern chemisch betrachtet ein flüssiges Wachs. Weitere pflanzliche Wachse sind Candelillawachs, das aus verschiedenen Euphorbiaceae gewonnen wird, und Japanwachs. Wachsschichten auf Blättern und Früchten haben die Aufgabe Pflanzen vor Wasserverlusten zu schützen.

Mycobakterien sind die einzigen bekannten Bakterien, die eine äußere Hülle aus speziellen Wachsen, den Phthiocerolen, bilden.

Erdwachse

Geologische Erdwachse (Ozokerit und das daraus hergestellte Ceresin) bestehen im Wesentlichen aus Kohlenwasserstoffen.

Synthetische Wachse

Synthetische Wachse werden hauptsächlich aus Erdöl gewonnen. Hauptbestandteil ist Hartparaffin, das z. B. für Kerzen und Schuhcreme verwendet wird. Für spezielle Anwendungen werden natürliche Wachse chemisch modifiziert oder vollständig synthetisiert (Polyethylene, Copolymere). Auch aus Soja kann durch Hydrierung Sojawachs hergestellt werden.

Verwendung

Zu einem Block gegossenes Bienenwachs und darauf Wachs aus einem Sonnenwachsschmelzer

Neben den schon genannten Verwendungen für Kerzen, Polituren und Imprägnierungen (z. B. Wachspapier für Verpackungen), werden Wachse in der Gießerei und wegen der guten Formbarkeit für Wachsfiguren gebraucht. In der bildenden Kunst stellen Künstler Modelle (Bozzetti) für Skulpturen aus Wachs her.

Jojobaöl und Japanwachs werden in der Kosmetik eingesetzt. Auch in medizinischen Produkten wie zahnärztlichen Wachspräparaten sowie als Rohstoff für die Seifenherstellung wird es verwendet. Am Bau werden Wachse zur Fußboden- und Holzbeschichtung eingesetzt. Polierte Wachse verleihen Oberflächen ein glänzendes Aussehen (Bohnerwachs), erleichtern aber auch die Gleitfähigkeit (Skiwachs). Bienenwachs und einige andere natürlichen Wachse sind als Lebensmittelzusatzstoff (meist als Trennmittel) zugelassen.

Für die historisch korrekte Restaurierung von Möbel-Antiquitäten (bis zum Biedermeier; ab dann wurde Schellack verwendet) wird ein spezielles Möbelwachs, heute meistens als „Antik-Wachs“ bezeichnet, verwendet. Es wird in das Holz eingerieben und dann auspoliert. Für ein Wachsfigurenkabinett ist – wie der Name schon vermuten lässt – Wachs ein unabdingbarer Werkstoff; diese naturgetreuen Darstellungen der Gesichter sind bis heute noch von keinem Kunststoff erreicht worden.

Besondere Wachse werden auch zur Haarentfernung eingesetzt (siehe Kaltwachsstreifen bzw. Warmwachs).

Historisches

Peter Paul Rubens: Der Sturz des Ikarus. 1636

Nach der Sage verwendete Daidalos, der Vater des Ikaros, Wachs, um sich und seinem Sohn Federn an den Armen zu befestigen und wie ein Vogel fliegen zu können. Ikarus kam der Sonne zu nahe, die das Wachs schmelzen ließ; er stürzte ab und ertrank im Meer.

Ägyptische Mumien sind mit Wachsfarben eingefärbt; diese Technik nennt sich Enkaustik. Heutzutage werden gefärbte Wachse als Wachsmalstifte verkauft.

In der antiken und mittelalterlichen Heilkunde fand das „unberührte“ Jungfernwachs[6][7] (von den unbebrüteten Waben) bei der Zubereitung verschiedener Arzneimittel Verwendung.

Siegelwachs wurde bis zum 16. Jahrhundert zum Siegeln von Dokumenten verwendet. Es wurde dann durch den als spanisches Wachs bezeichneten Siegellack ersetzt.

Wachstafeln dienten in Griechenland und Rom als Schreibgrundlage für Notizen, da das Geschriebene wieder gelöscht werden konnte.

Im Mittelalter war der zuständige Handwerker ein hochangesehener Beruf: der Lebzelter. Er produzierte feine teure Kerzen (Lichtmess), Honig und Lebkuchen.

In der Renaissance, im Barock und im Klassizismus wurden wertvolle Möbel mit Wachs eingerieben und poliert.

Vor allem an Wallfahrtsorten entstanden Wachsarbeiten, auch Klosterarbeit genannt, aus Wachs, etwa die bekannten Fatschenkindel.

Vom Ende des 19. Jahrhunderts bis in die 1920er-Jahre benutzte man bei Phonographen-Walzen Wachs erst als Tonträger für einen Vorläufer des Diktiergerätes und später weiterhin als Ursprungsmaterial für die Original-Aufnahme, die dann nach dem Vergolden in verschiedenen Prozessen vervielfältigt werden konnte. Für die von 1895 bis 1955 hergestellten Schellackplatten und auch für die noch altbekannten Singles und LPs diente ebenfalls immer eine Wachsplatte zunächst für die Ur-Aufnahme, nach dem Zweiten Weltkrieg immerhin noch zum Überspielen der Tonband-Aufnahme. Nach dem Versilbern wurde die Wachsplatte als Matrize zum Herstellen von Matrizen-Kopien gebraucht, mit denen dann die Schallplatten massenhaft gepresst werden konnten.

Siehe auch

Literatur

  • Reinhard Büll: Das große Buch vom Wachs: Geschichte - Kultur - Technik. 2 Bände, München 1977.

Weblinks

Commons: Wachs – Sammlung von Bildern
Wiktionary: Wachs – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. a b Uwe Wolfmeier, Hans Schmidt, Franz-Leo Heinrichs, Georg Michalczyk, Wolfgang Payer, Wolfram Dietsche, Klaus Boehlke, Gerd Hohner, Josef Wildgruber: Waxes. In: Ullmann's Encyclopedia of Industrial Chemistry. 15. Juni 2000, doi:10.1002/14356007.a28_103.
  2. Deutsche Einheitsmethoden zur Untersuchung von Fetten, Fettprodukten, Tensiden und verwandten Stoffen, M-I 1 (75): Deutsche Gesellschaft für Fettwissenschaft, Wiss.-Verl.-Ges.
  3. Siegfried Hauptmann: Organische Chemie, 2. Auflage, VEB Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie, Leipzig 1985, ISBN 3-342-00280-8, S. 654.
  4. Otto-Albrecht Neumüller (Hrsg.): Römpps Chemie Lexikon. Frank’sche Verlagshandlung, Stuttgart 1983, 8. Auflage, ISBN 3-440-04513-7, S. 4562−4563.
  5. Brockhaus ABC Chemie. VEB F. A. Brockhaus Verlag, Leipzig 1965, S. 1506–1507.
  6. Wolfgang Brückner: Cera - Cera Virgo - Cera Virginea. Ein Beitrag zu „Wörter und Sachen“ und zur Theorie der „Stoffheiligkeit“. In: Zeitschrift für Volkskunde 59, 1963, S. 233–253.
  7. Dieter Harmening: Keros parthenos - Jungfernwachs. In: Zeitschrift für Volkskunde 64, 1968, S.30 f.