Antikes Griechenland

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Die Geschichte des antiken Griechenland, welches die Entwicklung der europäischen Zivilisation maßgeblich geprägt hat, umfasst im Rahmen dieses Beitrags etwa den Zeitraum von 800146 v. Chr. (Integration Griechenlands ins Römische Reich), einschließlich eines Ausblicks bis in die Zeit der Spätantike. Die davor liegende Zeit wird in Geschichte Griechenlands und in Dunkles Zeitalter behandelt. Alle Zeitangaben, soweit nicht ausdrücklich anders angegeben, verstehen sich als v. Chr.

Überblick

Während sich in der archaischen Zeit (ca. 700–500 v.Chr.) endgültig das Polissystem etablierte und es zur großen Kolonisation des Mittelmeerraums kam, war die klassische Periode (ca. 500–336 v.Chr.), in der zentrale politische Begriffe wie Demokratie geprägt wurden, eine Zeit großer kultureller Entfaltung der Antike, die das Fundament für das Abendland legte. Maßgebliche Erkenntnisse in anderen Bereichen wie der Mathematik gehen auf Leistungen der antiken griechischen Kultur zurück, der wir neben vielen anderem auch die Geschichtswerke Herodots und des Thukydides sowie die Verse der Ilias und der Odyssee verdanken.

Griechenland in der archaischen Zeit (ca. 700–500)

Die Akropolis von Athen

Die archaische Zeit schuf in vielerlei Hinsicht das Fundament für die klassische Zeit des antiken Griechenlands. Am Anfang stehen nach dem „Dunklen Zeitalter“ die homerischen Epen, die Ilias und Odyssee, die wohl um 750/30 (Ilias) bzw. ca. 720/00 (Odyssee) in schriftlicher Form niedergelegt wurden (Zeitpunkt in der Forschung umstritten, siehe auch homerische Frage). Wohl noch vor Homer entstanden auch die Dichtungen des Hesiod.

In dieser Zeit formierte sich in Griechenland langsam ein neues Staatensystem, dessen Ausbildung möglicherweise schon im 12. Jh. v. Chr., spätestens aber in geometrischer Zeit (etwa 1050–700 v. Chr.) beginnt: Die Polis (Stadtstaat) wurde die beherrschende Staatsform (außer in Teilen Nordgriechenlands und Teilen des Peloponnes). Der Adel, der zunächst noch kein Geburtsadel war, gewann an Einfluss und gleichzeitig wurde, dadurch bedingt, die Königsherrschaft immer mehr zurückgedrängt und verschwand größtenteils. So traten unter anderem verstärkt Oligarchien auf, während in anderen Stadtstaaten die Bevölkerung stärker an der Regierung beteiligt war. Die Demokratie (siehe auch das Prinzip der Isonomie, die Rechtsgleichheit) wie im Falle Athens entwickelte sich jedoch erst vollkommen in klassischer Zeit. Vollbürger waren in der Polis berechtigt, am politischen Leben teilzunehmen. Der Grad der Mitbestimmung war freilich von Stadt zu Stadt unterschiedlich abgestuft. Oft hatten Poleis nur ein kleines begrenztes Umland (Chora). Große Poleis mit weitläufiger Chora, wie Athen und Sparta, waren die Ausnahme. In der Regel verfügte jede Polis über eine Akropolis sowie eine Agora, dem Marktplatz als wirtschaftliches und auch politisches Zentrum.

Bereits Ende des 2. Jahrtausends v. Chr. sollen Griechen nach Kleinasien – z. B. nach Milet (angeblich 1053 v. Chr. besiedelt, vorher jedoch bereits Jahrhunderte griechisch) oder Smyrna (Besiedlung in so früher Zeit jedoch bisher nicht nachgewiesen) etc. – übergesiedelt sein (s. auch ionische Kolonisation, Kolonisation). Es kam im Zeitraum von ca. 750550 schließlich zur großen Kolonisation, in deren Verlauf in weiten Teilen des Schwarzmeergebiets und in vielen Gegenden des Mittelmeerraums Tochterstädte gegründet wurden. Hier wurden vor allem in Unteritalien und auf Sizilien – z. B. 735 Naxos und 730 Syrakus (Daten nach Thukydides) – viele Kolonien gegründet. Vergleiche auch Magna Graecia. Gründe waren neben Überbevölkerung und Sicherung von Handelswegen auch innenpolitische Schwierigkeiten (Stichwort stasis, als Synonym für Kämpfe innerhalb einer Polis). Dabei darf man den Begriff der Kolonisation nicht nach modernen Maßstäben benutzen. Die neu gegründeten Städte waren unabhängig von der Mutterstadt und die Ansiedlung geschah in der Regel dort, wo mit keinem ernsthaften Widerstand durch einheimische Kräfte zu rechnen war.

Die griechische und phoenikische Kolonisation

Der Horizont der griechischen Welt reichte damit über den gesamten Mittelmeerraum mit der Ägäis als Zentrum. In der Zeit ab 700 verstärkte sich der Einfluss orientalischer Elemente auf die Kunst, wobei zunächst Städte auf Euböa, bald darauf das mächtige Korinth eine wichtige Vermittlerrolle spielte. Die Griechen übernahmen zuvor schon das Alphabet der Phönizier und gestalteten es für ihre Zwecke um.

In diesem Zeitraum entstand auch die ionische Philosophie (wobei sich beispielsweise Pythagoras ebenso mit Mathematik beschäftigt hatte), während sich auf dem griechischen Festland verschiedene Poleis bekriegten. Auf der Peloponnes war zunächst Argos lange Zeit führend, doch gelang es Sparta, nach der Eroberung Messeniens, in mehreren erbittert geführten Kriegen bis 640, und einer Reform des Gemeinwesens, zur führenden Militärmacht Griechenlands zu werden. Längst hatte sich das Militärmodell der Bürgerwehren (siehe Hoplitentaktik) durchgesetzt. Um 550 gründete Sparta schließlich den Peloponnesischen Bund und zementierte damit seinen Herrschaftsanspruch.

Im 7. Jh. und 6. Jh. erlebte auch die Regierungsform der Tyrannis eine Blüte. So namentlich in Korinth, wo die Krypseliden um 660 an die Macht kamen und damit die früheste Tyrannis in Griechenland einrichteten, sowie in Sikyon, Samos, später auch in Athen. Auch im Westen kamen in späterer Zeit Tyrannen an die Macht, wobei die Entwicklung auf Sizilien recht spektakulär verlief (siehe Gelon, Agathokles). Der Begriff Tyrannis stammte aus Kleinasien und bezeichnete zunächst ohne Wertung eine Alleinherrschaft. In der Regel übernahm ein mächtiger Aristokrat die Führung innerhalb einer Polis und sicherte seine Macht durch militärische Kräfte ab und suchte zudem Unterstützung bei anderen Tyrannen. Gegeben war also keine rechtliche Grundlage, sondern eine rein machtpolitische. Im griechischen Mutterland stellte jedoch etwa Sparta sich dieser Regierungsform entgegen und bekämpfte sie energisch.

Die antike griechische Welt kannte kein Nationalgefühl im modernen Sinn. Ein vergleichsweise nationales Großereignis waren allein die Olympischen Spiele, an denen auch Griechen beispielsweise aus Unteritalien teilnahmen; ähnlich wie das Orakel von Delphi eine panhellenische Bedeutung hatte. Es gab außerdem (dies ist ein Verdienst der homerischen Epen; die ersten Tempelbauten entstanden denn auch erst in archaischer Zeit) einen Götterkanon. Ohnehin war die antike griechische Welt tief religiös. Wenn es sich auch um keine Buchreligion handelte – die Religion wurde durch Mythen und Heroengeschichten bestimmt –, wurden doch fast alle öffentlichen und privaten Handlungen von Anrufungen an die Götter begleitet. Jede Polis, mochte sie noch so klein sein, wachte streng über die eigene Autonomie und war nicht bereit, diese freiwillig aufzugeben. Dadurch bedingt war der Krieg im antiken Griechenland eher der Normalzustand (siehe die Kämpfe zwischen Athen und Ägina oder zwischen Sparta und Argos). Ein wirkliches Gemeinschaftsgefühl entwickelte sich erst am Vorabend der Perserkriege.

510 wurde schließlich die Tyrannis in Athen beseitigt. Athen war bereits vorher zur Vormacht in Attika geworden, während Theben später ähnliches in Böotien versuchen sollte. In Kleinasien kam es kurz danach zu einem Ereignis, das Weltgeschichte schreiben sollte: der Ionische Aufstand (500494).

Griechenland in klassischer Zeit (um 500–336)

Ionischer Aufstand und Perserkriege

Der Ionische Aufstand (ca. 500–494) der seit Jahrzehnten unter persischer Oberherrschaft stehenden kleinasiatischen und zyprischen Griechen gegen das Perserreich war von Athen nur halbherzig unterstützt worden. Dennoch rüstete der persische Großkönig Dareios I. zum Vergeltungsfeldzug, dem Beginn der Perserkriege, über die uns der Vater der Geschichte Herodot in seinem Geschichtswerk Auskunft gibt; damit beginnt auch die (westliche) Geschichtsschreibung im eigentlichen Sinn.

Die Perserkriege

Athen siegte zwar bei Marathon 490, doch kam es zehn Jahre später zu einem erneuten Feldzug unter Führung von Dareios Sohn Xerxes I. 481 wurde daher der Hellenenbund gegründet, dem neben Sparta und Athen auch mehrere andere, aber keineswegs alle Stadtstaaten des Mutterlandes angehörten; manche waren sogar eher bereit, sich den Persern zu unterwerfen. Nach dem Hinhaltegefecht an den Thermopylen kam es bei Salamis zur Entscheidungsschlacht. Die Griechen vernichteten die zahlenmäßig überlegene persische Flotte (480). Ein Jahr später wurde auch das persische Landheer in der Schlacht von Plataiai geschlagen. 478 begann die Eroberung Ioniens. Sparta weigerte sich jedoch, den Schutz der Griechen fern der Heimat zu übernehmen. Athen hingegen, bisher der Juniorpartner, nahm an und gründete 478/477 den Attischen Seebund.

Es zeichnete sich bereits der Dualismus Sparta / Athen ab, der schließlich zum Peloponnesischen Krieg führen sollte. Athen setzte nun den Krieg gegen das Perserreich mit Hilfe seines Bundes fort. Es intervenierte schließlich in Ägypten und im östlichen Mittelmeerraum. Mit dieser Strategie überstrapazierte es allerdings seine Ressourcen. Schließlich kam es 449 folgerichtig zu einem Ausgleich mit Persien (Kalliasfrieden, dessen Authentizität allerdings in der Forschung umstritten ist).

Perikles im Britischen Museum

In Böotien verfolgte Theben eine Politik zur Errichtung einer Hegemonie über die anderen böotischen Gemeinden. Auch Athen verfolgte unter Perikles eine ähnlich aggressive Politik. Der Seebund, inzwischen längst ein Instrument zur Verfolgung athenischer Interessen, entwickelte sich langsam zum attischen Reich. 460–57 wurde die so genannten Langen Mauern errichtet, die Athen mit dem Hafen Piräus verbanden und Athen selbst zur uneinnehmbaren Festung machte. Die Demokratie wurde als Mittel zum Erreichen der athenischen Ziele eingesetzt, wobei es auf athenischer Seite (besonders während des Peloponnesischen Krieges) zu zahlreichen Gräueltaten kam.

Vorher hatte bereits der so genannte Erste Peloponnesische Krieg (um 460–46) zwischen Athen und Sparta getobt. Grund war der vorläufige Austritt Megaras aus der spartanischen Allianz und dessen Überwechseln zu Athen. Athen unternahm in diesem Zusammenhang sogar eine Expedition nach Ägypten (460–54), die jedoch scheiterte. Doch konnte sich die pro-spartanische Politik des athenischen Politikers Kimon, der zeitweise im Exil war, durchsetzen (der 449 auf Zypern fiel), so dass 446 ein dreißigjähriger Frieden geschlossen wurde, wobei die latenten Spannungen freilich bestehen blieben.

Im Westen erwehrten sich währenddessen die Griechen der Gefahr durch die Etrusker und das mächtige Karthago. In der Schlacht von Kyme 474 wurden die Etrusker vernichtend geschlagen. Auf Sizilien ging der Konflikt mit Karthago weiter, auch wenn die Karthager 480 bei Himera geschlagen worden waren. Dort konnten sich in zahlreichen Poleis auch weiterhin Tyrannen an der Macht halten, wie beispielsweise Gelon, der zeitweise als der mächtigste Mann der griechischen Welt galt.

Der Peloponnesische Krieg – ein antiker Weltkrieg

Über den Streit Korinths mit Korkyra bezüglich der Einmischung Athens in den Bürgerkrieg in Epidamnos, der Furcht Athens vor einem Engagement Korinths im Norden und über einen Handelsstreit mit dem mit Sparta verbündeteten Megara, aber auch aus der Furcht Spartas vor einem weiteren Machtzuwachs Athens, kam es schließlich zum Pelpononnesischen Krieg (mit Unterbrechungen von 431–404), über dessen Verlauf bis zum Jahr 411 uns vor allem Thukydides in seinem großen (aber nicht immer unproblematischen) Geschichtswerk Auskunft gibt.

432 forderten Megara und Korinth Sparta ultimativ zum Eingreifen auf, doch begann der Krieg eher ungeplant mit einem Überfall der mit Sparta verbündeten Thebaner auf die Stadt Plataiai. Sparta fiel 431 in Attika ein, doch hatte Perikles die Bevölkerung in den Schutz der Langen Mauern zurückgezogen. Währenddessen plünderte die athenische Flotte den Peloponnes. Perikles rechnete mit der Erschöpfung des Gegners, während die Spartaner jedes Jahr in Attika einfielen.

Schlachten und Feldzüge. Die Farbgebung entspricht der Lage bei Ausbruch des Krieges 431 v. Chr., mit Ausnahme des halbbarbarischen Makedoniens, das zunächst neutral war.

Nach dem Tod des Perikles 429 kam eine neue Generation von Politikern ans Ruder, wobei Kleon für eine aggressive, Nikias hingegen für einen ausgleichende Politik gegenüber Sparta standen. 425 schien Sparta aufgrund der Gefangennahme mehrerer Spartiaten zum Frieden bereit, doch wurde dies von Kleon abgewiesen. Sparta reagiert jedoch und marschierte unter Führung des Brasidas 424 in Thrakien ein und bedrohte so die athenische Versorgung mit Getreide. 421 kam es zu einem Friedensvertrag (Nikiasfrieden), der jedoch nicht alle Streitigkeiten ausräumte. Sparta bekämpfte seine Erzrivalin Argos, während Athen unter dem Einfluss des Alkibiades die folgenschwere Sizilienexpedition unternahm (415–13). Diese endete in einem Desaster für Athen. Die Einnahme von Syrakus misslang, und das athenische Heer wurde vernichtet, während in Griechenland Alkibiades, der zu den Spartanern übergelaufen war, diese zu einer neuen Taktik gegen Athen überredete. In Dekeleia wurde ein permanenter Stützpunkt errichtet, während Persien nun Sparta unterstützte. Mit Hilfe persischen Goldes baute Sparta eine leistungsstarke Flotte auf. Gleichzeitig fielen immer mehr Seebundmitglieder, die von Athen wie Kolonien behandelt wurden, vom attischen Bund ab. In Athen kam es daraufhin zu einem oligarchischen Verfassungsumsturz (411), der aber schon 410 wieder rückgängig gemacht werden konnte – auch mit Hilfe des wieder zu Athen übergelaufenen Alkibiades.

Spartas neue Flotte unter dem fähigen Lysander bedrohte jedoch weiterhin Athens Lebensnerv. 406 siegten die Athener noch bei den Arginusen, doch unterlag die Flotte 405 in der Schlacht von Aigospotamoi. Athen kapitulierte 404 vor Sparta, wurde aber nicht zerstört, da Sparta ein Gleichgewicht der Kräfte aufrecht erhalten wollte. Korinth und Theben fühlten sich jedoch um die Erfüllung ihrer Kriegsziele betrogen und verfolgten nun eigene Ziele, auch und vor allem gegen Sparta.

Kampf um die Hegemonie: Spartas und Thebens Höhenflug und der Aufstieg Makedoniens

Sparta konnte nach dem Sieg von 404 die Führungsrolle Athens nicht übernehmen, auch wenn es versuchte, die Lücke auszufüllen, die der Verlust der athenischen Hegemonie hinterlassen hatte: dazu fehlten Sparta sowohl die Ressourcen, aber wohl auch die dazu nötigen Institutionen. Zwischen Sparta und Persien kam es zudem zum Krieg um Kleinasien (400–394), da sich Sparta weigerte, die dortigen griechischen Städte den Persern auszuliefern, wie es der Vertrag von 412 vorgesehen hatte. Aber auch in Griechenland brachen die Kampfhandlungen nicht ab. Im Korinthischen Krieg (395–87) kämpften Argos, Athen, Korinth und Theben gegen die Spartaner. 387/86 kam es schließlich zum so genannten Königsfrieden, der in Wirklichkeit ein persischer Diktatfrieden war, der dem Krieg im griechischen Mutterland aber wenigstens zu einem vorläufigen Ende brachte. Persien erhielt Kleinasien und Zypern, während Athen nur einige seiner alten Kleruchien behalten durfte. Alle anderen Poleis sollten autonom sein.

Auf dem Prinzip von Autonomie und Gleichberechtigung basierte die Idee der Koine Eirene, des Allgemeinen Friedens, die in den Folgejahren starke politische Wirkung entfaltete und neben dem Panhellenismus der prägende politische Gedanke dieser Zeit war. Am Ende scheiterte aber auch diese Friedensidee immer wieder an der Unmöglichkeit, sie ohne die Garantie einer starken Hegemonialmacht durchzusetzen. Der Königsfriede wird von einigen Forschern als erste Verwirklichung einer Koine Eirene angesehen.

Griechenland zur Zeit der Hegemonie Thebens, 371–362 v. Chr.

Zum Wächter des Königsfriedens warf sich zunächst Sparta auf, um seine eigene Position zu verteidigen. Es geriet aber zusehends in die Defensive. Athen, welches sich von der Niederlage im Peloponnesischen Krieg langsam erholt hatte, begründete 378/77 den Seebund neu, allerdings verkleinert und auf einer etwas demokratischeren Basis. Tatsächlich waren aber sowohl Sparta als auch Athen über das Anwachsen der thebanischen Machtstellung besorgt und versuchten, den thebanischen Einfluss einzudämmen. Doch während sich die beiden alten Feinde nun doch noch annäherten, kam es 371 zur Schlacht von Leuktra, in welcher das spartanische Heer in offener Feldschlacht von den Thebanern vernichtend geschlagen wurde. Dies bedeutete das endgültige Ende der spartanischen Hegemonie. Auch der Höhenflug Thebens endet bereits nach wenigen Jahren, als 362 der wichtigste thebanische Stratege Epameinondas fiel, Sparta verlor jedoch Messenien und wurde somit zu einer Macht zweiten Ranges, zumal die dringend notwendigen inneren Reformen auch in späterer Zeit nicht verwirklicht werden konnten.

Auf Sizilien blühte währenddessen die reiche Polis Syrakus und erreichte eine quasi-hegemoniale Stellung unter Dionysios I., wurde im 4. Jahrhundert jedoch von schweren Bürgerkriegen heimgesucht. Auf Sizilien lieferten sich Karthago und die sizilischen Griechen bereits seit dem frühen 5. Jahrhundert teils heftige Kämpfe (siehe oben), wobei sich beide Kräfte in etwa die Waage hielten. Tatsächlich waren es gerade die Randgebiete der griechischen Welt, die nach dem Peloponnesischen Krieg eine Blütezeit erlebten, so eben Böotien mit Theben, aber auch Thessalien (siehe Jason von Pherai), Korinth und Megara, die sich vom Krieg erholten und gerade vom Handel profitierten (so genanntes Drittes Griechenland, abseits von Athen und Sparta).

Datei:Alexander the great 1.jpg
Büste Alexanders des Großen

Im Norden Griechenlands bestieg währenddessen Philipp II. den Thron von Makedonien. Ihm sollte es schließlich gelingen, den größten Nutzen aus den ständigen Streitigkeiten in Griechenland zu ziehen. Geschickt konnte er die streitenden Adelsfamilien stärker als zuvor an das Königshaus binden. Vor allem aber schuf er ein stehendes und professionell geschultes Heer, womit er Makedonien zur führenden Militärmacht in Griechenland machte. In den 50er Jahren kämpfte er gegen die Phoker und erwarb 352 die Vorherrschaft in Thessalien. 343 folgte die Eroberung Thrakiens, samt der dortigen Goldbergwerke. Athen fühlte sich von der expansiven Politik Philipps ernsthaft bedroht. Vor allem Demosthenes versuchte die Athener davon zu überzeugen, dass Philipp sie unterjochen wollte, hatte zunächst jedoch keinen Erfolg. 340 kam es endlich zur Bildung eines Abwehrbundes, doch unterlag das Heer 338 bei Chaironeia dem Heer Philipps. Dieser gründete 337 den Korinthischen Bund und wurde zum Hegemon ernannt. Philipp war de facto zum Beherrscher Griechenlands geworden. Seine Pläne zu einem Feldzug gegen Persien konnte er jedoch nicht mehr verwirklichen: Er wurde 336 ermordet.

Der Feldzug Alexanders

Sein Sohn Alexander, später der Große genannt, setzte Philipps ehrgeizige Pläne jedoch in die Tat um: Er zwang die aufständischen griechischen Städte in die Knie und zerstörte Theben. Mit seinem legendären Alexanderzug (ab 334) öffnete er zugleich den Griechen das Tor zu einer neuen Welt: Er besiegte die persischen Armeen und stieß bis nach Indien vor. Damit endete gleichzeitig auch das klassische Zeitalter Griechenlands.

Es begann das Zeitalter des Hellenismus, in dem die griechischen Poleis gegenüber den hellenistischen Großreichen, die sich nach Alexanders Tod 323 bildeten, sowie den sich formierenden Bundesstaaten (siehe etwa Achaiischer Bund) nur eine untergeordnete Rolle spielten, die griechische Kultur sich jedoch bis nach Indien verbreiten sollte (siehe auch Diadochen).

Kultur und Gesellschaft in der klassischen Zeit

Terrakota-Statue eines Mädchens, 3. Jh. v. Chr.
Sokrates, der Lehrer Platons

Im griechischen Mutterland entwickelte sich um die Mitte des 5. Jahrhunderts v. Chr. Athen zur „Schule Griechenlands“. Das Geld aus der Kasse des Seebunds ermöglichte zahlreiche Bauprojekte wie den Parthenon. Athen entwickelte sich auch zum Zentrum der Philosophie (Sokrates, später vor allem Platon und Aristoteles; siehe auch Philosophie der Antike). Die klassische Zeit war die Blütezeit Griechenlands und der griechischen Kultur: Genannt seien nur Phidias, Sophokles, Aischylos, Euripides, Polyklet. Des weiteren der Arzt Hippokrates oder die Geschichtsschreiber Herodot und Thukydides, deren Werke auch in literarischer Hinsicht bemerkenswert sind. Der Redner Demosthenes war bis in die Zeit Ciceros unerreichtes Vorbild. Ein ebenso eindrucksvolles Beispiel für die kulturelle Entfaltung des klassischen Griechenlands ist die Tragödie, deren Anfänge jedoch bereits in archaische Zeit zurückreichen. Es war die klassische Zeit des antiken Griechenlands, welche die Grundlagen legte, an die spätere Generationen in vielerlei Hinsicht anknüpfen sollten: So sollte die klassische Bildung, paideia, zu einem Grundpfeiler der antiken Kultur werden.

Im politischen Bereich waren es vor allem neue Denkweisen, welche die Entdeckung des Politischen und eines Könnens-Bewußtseins durch die Griechen charakterisieren,[1] wie beispielsweise die Sophistik und das demokratische Denken. Ein wichtiges Fundament für die Entwicklung der Demokratie in Athen war etwa die Lebenswirklichkeit der Polis. Unter Perikles wurde schließlich auch die radikale Demokratie vollendet (der Anfang war bereits in den 60er und 50er Jahren des 5. Jahrhunderts v. Chr. gemacht worden). Die athenische Demokratie mit der vollberechtigten Beteiligung der Bürger wurde zwar zu einem Muster für die Zukunft, doch schützte sie zunächst nicht vor so manchen Auswüchsen der Machtpolitik, zumal sie in vielerlei Hinsicht kaum mit der modernen Demokratie zu vergleichen ist, beispielsweise fehlte die Gewaltenteilung. Mit dem berühmten Geschichtswerk des Thukydides, welches einen wissenschaftlichen Gegenentwurf zu Herodots Schilderung der Perserkriege darstellt, entstand allerdings bereits eine Schilderung des beginnenden Niedergangs.

Griechenland im Zeitalter des Hellenismus (bis zur Eingliederung in das Römische Reich)

Griechenland blieb das Schlachtfeld der hellenistischen Großmächte. Vor allem die Antigoniden versuchten, die alte makedonische Hegemonie zu erneuern. Athens Versuch, nach dem Tod Alexanders wieder eine Macht zu werden, scheiterte kläglich (Lamischer Krieg, 323–322). An die Stelle der Polis traten die griechischen Bundesstaaten. Die beiden Wichtigsten waren der Aitolische Bund und der Achaiische Bund. In kultureller Hinsicht verlagerte sich der Schwerpunkt mehr in den Osten, wo vor allem Alexandria in Ägypten, später auch Pergamon in Kleinasien, eine bedeutende Rolle spielte (siehe auch Diadochen).

Die Diadochenreiche und ihre Nachbarn nach der Schlacht von Ipsos 301 v. Chr.

In Folge der Kämpfe zwischen den griechischen Klein- und Mittelmächten untereinander und mit und gegen Makedonien kam es zum Eingreifen des Römischen Reiches gegen Philipp V. von Makedonien. Im Zweiten Makedonisch-Römischen Krieg (200–197) wurde Makedonien vernichtend geschlagen. 196 verkündete der römische General Titus Quinctius Flamininus die Freiheit Griechenlands, Rom blieb aber Protektoratsmacht. Da die Lage weiterhin instabil war, sah sich Rom in der Folgezeit gezwungen, immer wieder einzugreifen. Nach der Schlacht von Pydna 168 war Makedonien, welches unter König Perseus noch einmal versucht hatte, die Vorherrschaft in Griechenland gegen Rom zu erkämpfen, als Machtfaktor ausgeschaltet. Rom engagierte sich nun dauerhaft in Griechenland. Dies führte nach der Zerstörung von Korinth zur Umwandlung Griechenlands in eine römische Provinz (146 zu Makedonien, 27 als Provinz Achaia).

133 wurde auch das Reich von Pergamon von Rom annektiert, 64/63 folgte das Reich der Seleukiden in Syrien (welches aber bereits seit dem 2. Jahrhundert nur noch von regionaler Bedeutung war und seine reichsten Provinzen längst verloren hatte), 30 schließlich die letzte hellenistische Macht, das Ägypten der Ptolemäer.

Die unabhängige politische Geschichte des antiken Griechenlands war damit beendet, doch lebte die griechische Kultur im Römischen Reich fort und prägte seit dem 2. vorchristlichen Jahrhundert zunehmend auch die römische Zivilisation. Kaiser Nero war ein großer Philhellene und gewährte Griechenland zahlreiche Privilegien, die seine Nachfolger aber wieder zurücknahmen. Bis in die Spätantike war es für die Eliten Roms fast selbstverständlich, neben Latein auch Griechisch zu beherrschen, und die klassische griechische Bildung (paideia) blieb zumindest in der östlichen Reichshälfte auch nach dem Sieg des Christentums noch lange lebendig.

Die Reichskrise des 3. Jahrhunderts nach Christus betraf dann auch Griechenland, das unter Barbareneinfällen zu leiden hatte, sich aber wieder einigermaßen erholen konnte und mit dem Neuplatonismus die letzte bedeutende philosophische Strömung der Antike hervorbrachte. Gerade Athen blieb bis ins 6. Jahrhundert nach Christus ein bedeutendes Zentrum antiker Bildung. Seit etwa 580 n.Chr. drangen dann slawische Völker in die oströmischen Balkanprovinzen ein; um 600 n.Chr. war Griechenland bis zur Peloponnes weitgehend slawisch besiedelt und konnte erst im Mittelalter wieder für das griechischsprachige Byzantinische Reich gewonnen werden. Die Eroberung der römischen Orientprovinzen durch die islamischen Araber (seit 636 n.Chr.) besiegelte dann den Untergang der antiken griechischen Kultur und das Ende der Antike: 698 n.Chr. wurde im Reich der Kalifen schließlich die griechische Amtssprache durch das Arabische ersetzt. Allerdings zeigten sich die Eroberer offen für viele Errungenschaften der griechischen Zivilisation; so wurde nicht weniges nur durch die Araber für die Nachwelt bewahrt.

Siehe auch

Literatur

Einführend (weitere Angaben sind in der Bibliographie Antike zu finden sowie vor allem den Bibliographien der Bände der Cambridge Ancient History, 2. grundlegend veränderte Aufl.; für die Zeit nach 30 v. Chr. vgl. die Artikel Römisches Reich, Byzantinisches Reich und Spätantike):

  • Hans-Joachim Gehrke und H. Schneider (Hrsg.): Geschichte der Antike, Stuttgart und Weimar 2000.
    (Grundlegende Einführung; dort auch weitere Angaben.)
  • Konrad H. Kinzl (Hrsg.): A Companion to the Classical Greek World, Oxford 2006, ISBN 0631230149.
    (Bald erscheinende Aufsatzsammlung [mit Beiträgen von U. Walter, P. J. Rhodes, K.-W. Welwei, P. Funke, K. Brodersen u.a.].)
  • Wolfgang Schuller: Griechische Geschichte, Oldenbourg Grundriss der Geschichte, München 2002 (neueste Aufl.).
    (Knappe, problemorientierte Darstellung mit Forschungsteil und umfassender Bibliographie.)

Auswahl an weiterführender Literatur:

  • Paul Cartledge: Kulturgeschichte Griechenlands in der Antike, Stuttgart 2000.
  • Oswyn Murray, John K. Davies, Frank W. Walbank: Die Geschichte des antiken Griechenland, Düsseldorf 2006, ISBN 3-491-96167-X.
    (Beinhaltet die Bände Das frühe Griechenland [Murray], Das klassische Griechenland [Davies] und Die hellenistische Welt [Walbank]; sehr empfehlenswert.)
  • Simon Hornblower: The Greek World, Routledge Ancient History, 3. Aufl., London – New York 2002.
    (Empfehlenswerte Darstellung der klassischen Zeit.)
  • Simon Hornblower (Hrsg.): Greek Historiography, Oxford 1994 (Pb. 1996).
  • Christian Meier: Athen. Ein Neubeginn der Weltgeschichte, Berlin 1993.
    (Sprachlich hervorragende Darstellung, aber ohne wissenschaftlichen Apparat.)
  • Christian Meier: Die Entstehung des Politischen bei den Griechen, Frankfurt a.M. 1980.
  • Robin Osborne: Greece in the Making, Routledge Ancient History, London – New York 1996.
  • Peter J. Rhodes: A History of the Classical Greek World. 478–323 B.C., Malden/Mass. und Oxford 2006.
    (Aktuelle Gesamtdarstellung der klassischen Zeit mit hilfreichen Quellenangaben.)
  • Graham Shipley: The Greek World after Alexander, Routledge Ancient History, London – New York 2000.
    (Wohl die beste Überblicksdarstellung bezüglich der hellenistischen Zeit.)
  • Michael Stahl: Gesellschaft und Staat bei den Griechen, 2 Bde., Paderborn 2003.
    (Gut lesbare, problemorientierte Darstellung.)
  • Lawrence A. Tritle (Hrsg.): The Greek world in the fourth century. From the fall of the Athenian Empire to the successors of Alexander, London (u.a.) 1997.
  • Karl-Wilhelm Welwei: Das klassische Athen, Darmstadt 1999.

Weblinks

Anmerkungen

  1. Vgl. Chr. Meier, 1980; zum „Könnens-Bewußtsein“ ebd. S. 435ff.


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