Grüttbach

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Grüttbach
Grüttbachkanal
Grüttbach-"Quelle": Düker-Auslass in Kirchberg von Wasser aus der Emme (im Hintergrund, nach rechts fliessend), das dieser auf der anderen Seite im oberhalb liegenden Burgdorf entnommen wird.

Grüttbach-"Quelle": Düker-Auslass in Kirchberg von Wasser aus der Emme (im Hintergrund, nach rechts fliessend), das dieser auf der anderen Seite im oberhalb liegenden Burgdorf entnommen wird.

Daten
Gewässerkennzahl CH: 515
Lage Schweizer Mittelland

Schweiz Schweiz

Abfluss über Aare → Rhein → Nordsee
Quelle unbedeutende Quelle in Burgdorf, rechts der Emme; Zuführung der Emme in Burgdorf links entnommene bedeutende Menge Wassers mittels Emme-Düker in Kirchberg
47° 4′ 17″ N, 7° 36′ 1″ O
Quellhöhe beim Düker ca. 520 m, Landeskarte der Schweiz, 1:25000, Blatt 1147/Burgdorf, Ausgabe 2001
Mündung Kraftwerk Flumenthal, OberwasserKoordinaten: 47° 13′ 40″ N, 7° 35′ 19″ O; CH1903: 611369 / 230783
47° 13′ 40″ N, 7° 35′ 19″ O
Mündungshöhe 426,5 m ü. M.[1]
Höhenunterschied 93,5 m
Sohlgefälle ca. 3,1 ‰
Länge ca. 30 km
Abfluss am Pegel Obergerlafingen[2] MQ 1998-1922
1,21 m³/s
Gemeinden Kirchberg, Utzenstorf, Koppigen, Obergerlafingen, Gerlafingen, Biberist, Derendingen, Luterbach, Deitingen

Der Grüttbach ist ein etwa 30 km[3] langer Bach im Schweizer Mittelland. Er fliesst in den Kantonen Bern und Solothurn und ist ein rechter Zufluss der Aare.

Namen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Den Namen Grüttbach hat dieses Gewässer im Geoserver des Kantons Solothurn fast auf seiner gesamten Länge.[4] Lediglich über die etwa letzten 2,5 km heisst es darin Dorfbach.[5] Im Geoserver der Schweizer Bundesverwaltung werden ihm nacheinander die vier Namen Grüttbachkanal, Oberholzbach, Grüttbach und zum Schluss ebenfalls Dorfbach zugewiesen.[6] Im Geoserver des Kantons Bern, der allerdings nur bis zur Kantonsgrenze (nach dem Oberholz) reicht, gibt es überhaupt nur einen Namen, aber nicht Grüttbach, sondern Oberholzbach.[7] Das ist insbesondere für die Einwohner von Kirchberg befremdlich, die nach ihrem Bau eines Emme-Dükers, der das Gewässer auf seiner ganzen Länge wesentlich anreichert, dessen ursprünglich nur im Unterlauf üblichen[8] Namen Grüttbach wie selbstverständlich gebrauchen (neben Grüttbach auch Grüttbachkanal oder Grüttgrabe).

In den anliegenden Dörfern wird er oft nutzungs- (Mühlibach, Sagi- oder Sackbach) oder flurbezogen (Oberholzbach, Wiesenbächli) bezeichnet. Darüber hinaus gab es diverse frühere, heute nicht mehr benutzte Teilnamen: z. B. in Derendingen Ämmebächli, Püntelibach, Bülibach, Ruuschibach[9] u. a.

Das ähnlich geschriebene Grüth ist mittelhochdeutsch und bedeutet roden, urbarmachen o. ä.[10] Im am Grüttbach liegenden Derendingen heisst ein Ortsteil Grütt-Obergaden, wobei sich Grütt hier auf eine frühere Flur mit diesem Namen bezieht.[11]

Geographie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Verlauf und Charakter[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Grüttbach fliesst im niederen, relativ breiten, ebenen und wasserreichen[A 1] Teil des Schweizer Mittellandes zwischen der ihm links nahen Emme und der ihn rechts streckenweise begleitenden Ösch. Er hat heute noch Verbindung zu den beiden Begleitern. Vor der Besiedlung waren die Verbindungen wahrscheinlich so zahlreich, dass eine Trennung in Emme und zwei rechts parallele Bäche[A 2] kaum möglich war. Obwohl der Grüttbach auch heute an mehreren Stellen Wasser an die Emme (und sogar an die Aare) abgibt, bleibt er eigenständiger Wasserlauf, dessen meistes Wasser weiter als die Emme und erst deutlich unterhalb der Emme-Mündung in die Aare fliesst. Seiner streckenweise ausgeprägten Umgestaltung als Gewerbekanal ging die Befestigung seiner Ufer und die Begradigung zum Schutz der Landwirtschaft voraus. Der Grüttbach fliesst in einem Gebiet, wo er ohne solche Massnahmen heute noch mäandern und sich bei Hochwasser weit verbreiten würde.

An seinem Anfang hat der Grüttbach eine ungewöhnliche Besonderheit, indem er heute im Wesentlichen aus einem nahen Fluss (der Emme) gespiessen wird. Ihm wird das Vielfache Wassers dessen zugeführt, was seine eigentliche Quelle beiträgt. Dadurch bekam er den Charakter eines Kanals, im Besonderen den eines Gewerbe- oder Industriekanals. Auf seinem Wege bis zur Mündung fliesst Wasser aus Nebenbächen hinzu, so dass dieser Charakter schwächer wird. Trotzdem konnten die meisten anliegenden Mühlen und Gewerbebetriebe ohne dieses Fremdwasser nicht auskommen[12], und die elektrischen Kleinkraftwerke gäbe es heute nicht.

Ursprünglich begann der Grüttbach als Brunnbach.[A 3] In Kirchberg hiess er auch Mühlebach, obwohl für die Mühlen schon damals die Emme in einfacher Weise angezapft wurde.[12] Eine im 19. Jahrhundert in Kirchberg gegründete Weberei hatte grösseren Wasserbedarf, der mit dem Wasser, das der Emme im oberhalb und gegenüber gelegenen Burgdorf entnommen (siehe auch Fliessgewässer in Burgdorf BE) und gewerblich genutzt wurde, gedeckt werden konnte. Dafür wurde 1889 ein Düker unter der Emme gebaut und das in Burgdorf nach seiner Nutzung wegfliessende Wasser nach Kirchberg weiter geleitet. Das jetzt Grüttbachkanal in Kirchberg genannte Gewässer wurde dadurch so stark, dass bereits am Ortseingang ein elektrisches Kraftwerk mit damals etwa 100 PS betrieben werden konnte und die Versorgung des Gewerbes und der Industrie auf der gesamten weiteren Bachstrecke wesentlich besser wurde. Sein ehemaliger Anfangsteil existiert heute nicht mehr.

Nebenbäche, Zuflüsse, Teilungen und Abzweigungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Quellen: Geoserver Bern und Geoserver Solothurn

  • Ämmebächli: [1] (linke Abzweigung, eingedolt)
  • Grüenibächli: [2] (linke Abzweigung, eingedolt)
  • Brunnbach: [3] (linker Nebenbach)
  • Obergadenbach: [4] (linke Abzweigung)
  • Verbindungsbach: [5] (linke Abzweigung)
  • Neumattbach: [6] (streckenweise Teilung in Neumattbach/links und Grüttbach/rechts)
  • Schluchtbach: [7] (linke Abzweigung aus Neumattbach)
  • Dorfbach: [8] (rechter Nebenbach)
  • Kleine Oesch: [9] (rechter Zufluss aus Oesch)
  • Späckgraben: [10] (linke Abzweigung)
  • Aufteilung in Dorfbach/Westarm (links) und Dorfbach/Ostarm (rechts): [11]

Alle Abzweigungen ausser dem Späckgraben (zur Aare) führen zur Emme.

Natur und Umwelt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Grüttbach kommen Bachforelle und Regenbogenforelle vor.[13] An mehreren Stellen wurde er renaturiert; über die grösste Länge (etwa 1 km, im Jahr 2019) ist das im am Rand der Autobahn fliessenden Teil Oberholzbach geschehen. Der etwa 5 km lange Oberholzbach war erst 1960 zur Niederschlags-Entwässerung der Autobahn angelegt worden. Vorher floss er als naturbelassener Sagibach (auch Ämmebächli) etwa einen halben Kilometer westlicher.[14]

Nutzung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ende des etwa 5,5 m hohen, von rechts kommenden Damms vor dem ersten Kraftwerk in Kirchberg; etwa 2 m weiteres Gefälle unterirdisch bis zur etwa 30 m links entfernten Wasserturbine, d. h. 7,5 m genutztes Gesamtgefälle

Der Grüttbach und seine Nebenbäche betrieben einmal um die 50 verschiedene gewerbliche Anlagen (Getreidemühlen, Walkmühlen, Sägewerke u. ä.). 1934 wurden 32 Anlagen mit zusammen etwa 700 kW Leistung gezählt. Heute (2024) werden nur noch elektrische Kleinkraftwerke betrieben (16 mit zusammen etwa 1000 kW Nennleistung[A 4] und jährlich etwa 5,5 Millionen kWh erzeugter elektrischer Energie).[15][A 5] Der Strom wird in das öffentliche Netz eingespeisst. Ausnahme ist eine noch betriebene Getreidemühle, in der die Mahlwerke und andere Maschinen (Weiterverwendung der alten Transmissionsanlage) über einen Elektromotor vom vor Ort mit einem Generator erzeugten elektrischen Strom angetrieben werden.[16]

Das Kraftwerk mit der grössten Leistung befindet sich kurz nach dem Beginn des Grüttbachs am Emme-Düker. Dessen etwa 1,1 km langes Bett ist auf einem fortwährend über Grund höheren Damm errichtet, um das Bettgefälle klein und das Gefälle über der Turbine gross (7,5 m[17]) zu halten. Dieser künstliche Wasserlauf auf einem auffälligen Damm (siehe nebenstehende Abbildung) war der Grund dafür, dass der erste Teil des Grüttbaches die Namen Grüttbachkanal oder Grüttkanal bekam.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Peter Hug: Grüttbach
  • Schweizerfluss: Grütbach
  • Ernst Meier: Der einzigartige Weg eines Bachlaufes vom Auslauf aus der Emme in Burgdorf bis zur Mündung in die Aare in Riedholz, Selbstverlag (fam.meier.bzh@bluewin.ch)

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Der solothurnische Teil des betroffenen Gebietes wird wegen seines Wasserreichtums umgangssprachlich seit langen und seit den 1980er Jahren als Verwaltungsregion Wasseramt bezeichnet. Beim Grüttbach und den ihn begleitenden Gewässern handelt es sich im engeren Sinne um das mittlere Wasseramt.
  2. Der Grüttbach fliesst nirgends in einem ausgeprägten Tal, in dem er "gefangen" wäre (die Ösch ist auch nur am Anfang ein Bach in einem Tal).
  3. Als Brunnbach wird ein kleiner oder der Anfang eines grösseren Bachs bezeichnet, der in Gegenden mit hohem Grundwasserpegel vom aus dem Untergrund "aufstossenden" Wasser gebildet wird.
  4. Das durchschnittliche Leistungspotential P des Grüttbachs beträgt 1.835 kW brutto (Gesamtgefälle h=93,5m, durchschnittlicher Wasserfluss Q=2m³/s bzw. durchschnittliche Gewichtskraft fallenden Wassers
    F= 2000kg/s·9,81m/s²=19.620N/s;
    P=h·F=93,5m·19.620N/s=1.834.470Nm/s≈1.835kW.).
  5. Bezogen auf die Nennleistung wären das 230 Tage jährliche Betriebszeit. Auf 360 Tage umgerechnet ist die tatsächliche durchschnittliche Leistung etwa 640 kW.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Geoserver der Schweizer Bundesverwaltung (Hinweise)
  2. Abfluss Grüttbach - Obergerlafingen
  3. Ernst Meier: Der einzigartige Weg eines Bachlaufes, …, S. 211
  4. Geoserver des Kantons Solothurn: Grüttbach ab Anfang (Emme-Düker) in Kirchberg bis fast ganz zum Ende (deswegen bietet sich Grüttbach auch als Artikel-Lemma an)
  5. Geoserver des Kantons Solothurn: Dorfbach als Name nur auf letzten etwa 2,5 km in Luterbach; vorher, in Gerlafingen und in Derendingen gibt es auch je einen Dorfbach, von denen nur der in Gerlafingen zum Grüttbach gehört (rechter Nebenbach).
  6. Geoserver der Schweizer Bundesverwaltung: Grüttbachkanal, Oberholzbach, Grüttbach und Dorfbach
  7. Geoserver des Kantons Bern: Oberholzbach bereits in Kirchberg
  8. Name Grüttbach in der zur Zeit des Dükerbaus verbreiteten Siegfried-Karte nur zwischen Gerlafingen und Derendingen eingetragen; s. a. Peter Hug: Gruettbach
  9. Ernst Meier: Der einzigartige Weg eines Bachlaufes, …, S. 167
  10. Daniel Stieger: Alte Flurnamen
  11. Ernst Meier: Der einzigartige Weg eines Bachlaufes, …, Flurname Grütt im Bild auf S. 159
  12. a b Ernst Meier: Der einzigartige Weg eines Bachlaufes, …, S. 101
  13. Grüttbach, Schweizerischer Fischerei-Verband SFV-FSP
  14. Ernst Meier: Der einzigartige Weg eines Bachlaufes, …, S. 127 u. ab S. 132
  15. Ernst Meier: Der einzigartige Weg eines Bachlaufes, …, S. 223
  16. Ernst Meier: Der einzigartige Weg eines Bachlaufes, …, S. 111
  17. Ernst Meier: Der einzigartige Weg eines Bachlaufes, …, S. 105