Hafen von Antwerpen

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Hafen von Antwerpen
Daten
UN/LOCODE BE ANR
Betreiber GHA (Städtischer Hafenbetrieb Antwerpen)
Hafentyp Seehafen
Gesamtfläche des Hafens 152,57 km²
Umschlagsmenge 208,4 Mio. t (2015)[1]
Container (TEU) 9,6 Mio. (2015)
Webseite www.portofantwerp.com
Geografische Informationen
Ort Antwerpen
Provinz Provinz Antwerpen
Staat Belgien
Luftaufnahme des Antwerpener Hafens
Luftaufnahme des Antwerpener Hafens
Luftaufnahme des Antwerpener Hafens
Koordinaten 51° 17′ 57″ N, 4° 19′ 41″ OKoordinaten: 51° 17′ 57″ N, 4° 19′ 41″ O
Hafen von Antwerpen (Antwerpen)
Hafen von Antwerpen (Antwerpen)
Lage Hafen von Antwerpen

Der Hafen von Antwerpen ist der größte Hafen Belgiens. Gemessen am Ladungsaufkommen in Tonnen ist er der zweitgrößte Hafen Europas (nach Rotterdam) und der siebzehnte weltweit.[2] Für Stückgut ist Antwerpen der größte Hafen der Welt. Weiterhin beherbergt der Hafen von Antwerpen den nach Houston zweitgrößten Chemieindustriepark der Welt.[3]

Der Hafen liegt an der Trichtermündung der Schelde. Durch diese Mündung fahren Schiffe von über 100.000 Tonnen über 80 Kilometer Inland. Die importierte Ware braucht so 80 km weniger per Eisenbahn- oder Straßenverkehr zurückzulegen.

Mit entscheidend für seine Größe ist die zentrale Lage des Hafens in Europa: in einem Radius von 250 Kilometern um den Hafen liegen fünf Hauptstädte; in einem Radius von 500 km sind 60 Prozent der Kaufkraft der Europäischen Union, unter anderem die Metropolregion Rhein-Ruhr (Ruhrgebiet bis Köln), mit etwa 10 Millionen Einwohnern die bevölkerungsreichste der elf Metropolregionen Deutschlands.

Geschichte

Antwerpen um 1897 mit dem Hafen im Norden

Vor 1900

Im Mittelalter war der Hafen von Antwerpen von großer Bedeutung. Als Stadt und Hafen im Rahmen des Niederländischen Unabhängigkeitskrieges im Jahr 1585 von den Spaniern erobert wurden, blockierten die Niederländer, die die nördlich gelegene Scheldemündung kontrollierten, den Antwerpener Hafen. Diese Scheldeblockade wurde über Jahrhunderte aufrechterhalten und führte zur wirtschaftlichen Stagnation des Hafens, während die Konkurrenzhäfen in den nördlichen Niederlanden, insbesondere der Hafen von Amsterdam, aufblühten. Nach der Gründung des Vereinigten Königreichs der Niederlande 1815 wurde die Scheldeblockade aufgehoben und der Antwerpener Hafen nahm einen großen Aufschwung. Nach der Abspaltung Belgiens 1831 wurde die unter niederländischer Herrschaft verbliebene Scheldemündung zwar nicht wieder geschlossen, die Niederländer erhoben jedoch einen Scheldezoll, der die Entwicklung der Schifffahrt nach Antwerpen deutlich behinderte. Erst 1863 konnten sich die Belgier für 36 Millionen belgische Franken (von denen zwei Drittel durch andere Seefahrernationen übernommen wurden) vom niederländischen Scheldezoll freikaufen.

Bis ins 19. Jahrhundert befand sich der Hafen am rechten Ufer der Schelde, am Eingang der Stadt; den Schelde-Kais. Der Hafen wurde im 19. Jahrhundert durch das Anlegen des Napoleondocks erweitert. Napoléon Bonaparte wollte den Hafen unter der französischen Besetzung in einen Militärhafen umwandeln, um Großbritannien angreifen zu können.

1879 wurde mit dem „Eisernen Rhein“ eine Schienenverbindung für den Güterverkehr vom und ins Ruhrgebiet eröffnet und der Hafen danach deutlich erweitert.

Ab 1900

Antwerpen und sein Hafen wurde im Mai 1940 im Rahmen des Westfeldzuges von der Wehrmacht besetzt. Nach der Landung der Alliierten in der Normandie am 6. Juni 1944 („D-Day“) marschierten die Alliierten zügig Richtung Osten voran. Die kleineren Hafenstädte, die dabei in die Hände der Alliierten gefallen waren, erwiesen sich als zu klein oder waren nach den Kämpfen zu stark beschädigt, um als Anlieferungsort für die Nachschubeinheiten der Marine dienen zu können.

Der Hafen von Antwerpen war ein noch relativ unbeschädigter großer Seehafen und konnte Anfang September 1944 von der britischen 2. Armee besetzt werden. Lokale Widerstandsgruppen hatten dazu beigetragen, dass die deutschen Truppen die Hafenanlagen vor ihrem Abzug nicht mehr zerstören konnten. Da Antwerpen aber im Hinterland der Scheldemündung, etwa 80 Kilometer von der Küste entfernt liegt, war eine Nutzung erst möglich, wenn es gelang, die starken deutschen Artilleriestellungen auf der vorgelagerten Halbinsel Walcheren auszuschalten.

Am 12. September 1944 wurde der 1. Kanadischen Armee der Auftrag zum Freikämpfen des Scheldemündungsgebiets gegeben. Die ersten Angriffe gegen die dortigen deutschen Stellungen am nächsten Tag hatten wenig Erfolg. Es kam vom 2. Oktober bis zum 8. November 1944 zur blutigen Schlacht an der Scheldemündung. Danach musste das Flussdelta noch mühsam von den dort gelegten Seeminen geräumt werden. Auch beeinträchtigten V2-Beschüsse aus dem Eifelgebiet, dem Raum Köln/Bonn und den Niederlanden auf Antwerpen (von Hitler am 12. Oktober angeordnet) das öffentliche Leben in der Stadt und den Aufbau der Logistik im Hafengebiet. Am 28. November fuhr der erste Konvoi unter Führung des kanadischen Frachters Fort Cataraqui in den Hafen ein.

In den 1950er und 1960er Jahren begann der Ausbau des Hafens und danach zum Containerhafen, verbunden mit der Ausdehnung des Hafens nach Norden bis an die niederländische Grenze. Der Containerverkehr macht heute mehr als die Hälfte der umgeschlagenen Tonnage aus (2014: von 198,8 Mio. t Gesamtumschlag 108,1 Mio. t im Containerbereich).[4]

Hafengestaltung

Der Hafen von Antwerpen erstreckt sich auf einer Fläche von 130,57 km², wovon 72,39 km² auf das rechte Ufer und 58,18 km² auf das linke Ufer der Schelde entfallen. Er erstreckt sich auf einer Wasseroberfläche von 22 km². 400 km Straßen und 1113 km Eisenbahngleise dienen zur An- und Abfuhr der umgeschlagenen Güter. Jeder Liegeplatz ist dabei mit zwei bis fünf Gleisen ausgerüstet. Auch haben die meisten Hallen und Lager in Docknähe einen direkten Gleisanschluss.

Ein Teil des rechten Ufers
Hafenanlagen von Antwerpen

Rechtes Schelde-Ufer

Die Eröffnung der Berendrechtschleuse im Jahr 1989 war ein krönendes Ereignis für die Entwicklung des rechten Dockes. Sie ist mit einer Länge von 500 Metern, einer Breite von 68,5 m, einer Tiefe von 17,5 m die weltweit größte ihrer Art. Sie erlaubt einen maximalen Tiefgang von 11,85 m bei einem Tidenhub von fast 5 Metern.[5]

Seit 1989 finden Erweiterungen auch außerhalb des direkten Dockkomplexes statt. So entstanden zwei neue Containerterminals: das Europa-Terminal wurde 1990 eröffnet, das Nordsee-Terminal im Jahr 1997. Zurzeit werden große Teile des Areals modernisiert, so dass das Amerikadock, das Albertdock und das Third Harbour Dock für Panamax-Schiffe mit einem maximalen Tiefgang von 13 Metern zugänglich sind. Auch das Delwaidedock wurde modernisiert.[6][7]

Das MSC Home Terminal ist eine Partnerschaft zwischen PSA Hesse-Noord Natie und MSC. Es ist zwei Kilometer lang, so dass mehrere Schiffe gleichzeitig abgefertigt werden können, und ist im nördlichen Teil angesiedelt. Das Terminal ist das europäische Zentrum für die Dienstleistungen der Mediterranean Shipping Company (MSC). Ende 2006 hatte dieses eine jährliche Kapazität von 3,6 Mio. TEU. Im Jahr 2016 wird das MSC Home Terminal vom Delwaidedock zum linken Scheldeufer ans Deurganckdok umziehen.[8]

Linkes Schelde-Ufer

Das linke Ufer befindet sich derzeit weiter in Entwicklung. In der ersten Phase entsteht ein 43,6 km² großer Bereich mit den Schwerpunkten Hafen und Industrie. Zusätzlich ist eine weitere Expansion in einer Größenordnung von 14 km² geplant.

Der Auslöser all dieser Entwicklung war das 4,5 Kilometer lange Vrasenedock, deren Terminals sich auf Holzprodukte, Fruchtsaftkonzentrate und Automobile spezialisiert hatten. Da fast alles durch dieses Dock besetzt war, wurde 1986 mit dem Bau des 5 Kilometer langen Verrebroekdock begonnen, von denen schon 3,1 km fertiggestellt wurden. Auch hier existieren moderne Abfertigungsstätten.

Die neue große „Deurganckdoksluis“ (mit den Maßen 500 × 68 m) wurde am linken Ufer der Schelde gebaut und am 15. April 2016 als „Kieldrechtsluis“ in Betrieb genommen werden.[9] Sie wird die weltweit größte Anlage ihrer Art sein und Postpanamax-Schiffe mit bis zu 13.000 TEU aufnehmen können, da sie 4 Meter tiefer sein wird als die „Berendrechtsluis“ am rechten Ufer. Sie ist die Zufahrt zum Waaslandkanal und damit zu den Umschlagplätzen Doeldock, Verrebroekdock und Vrasenedock.[10][11]

Umschlag

Jahr Containerumschlag in TEU Gesamtumschlag [ t ]
2000 4,082 Mio. 130,531 Mio.
2001 4,218 Mio. 130,050 Mio.
2002 4,777 Mio. 131,629 Mio.
2003 5,445 Mio. 142,875 Mio.
2004 6,064 Mio. 152,327 Mio.
2005 6,482 Mio. 160,054 Mio.
2006 7,019 Mio. 167,372 Mio.
2007 8,177 Mio. 182,897 Mio.
2008 8,663 Mio. 189,389 Mio.
2009 7,310 Mio. 157,806 Mio.
2010 8,468 Mio. 178,2 Mio.
2011 8,664 Mio. 187,152 Mio.
2012 8,635 Mio. 184,134 Mio.
2013 8,578 Mio. 190,849 Mio.
2014 8,96 Mio. 198,8 Mio.
2015 9,6 Mio. 208,4 Mio.

Die Ladungsmenge von 2015 verteilte sich u.a. auf folgende Ladungsarten:

  • Flüssiggut: 66,7 Mio. t (+ 6,1 %)
  • trockenes Massengut: 13,8 Mio. t (+ 2,2 %)
  • RoRo-Ladung: 4,7 Mio. t (+ 4,1 %)

Die Anzahl der Seeschiffsanläufe lag 2015 bei 14.417 (+ 2,9 %)

Literatur

  • G. Rogers: Anvers Port de Mer. Description du port et des établissements maritime d'Anvers. D'apès les documents les plus récents. Guyot, Brüssel 1885, OCLC 61594207 (franz.)
Commons: Hafen von Antwerpen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Eckhard-Herbert Arndt: Antwerpen: 208 Millionen Tonnen bewegt · Kräftige Zuwächse auch beim Containerumschlag. In: Täglicher Hafenbericht vom 20. Januar 2016, S. 1+13
  2. http://aapa.files.cms-plus.com/PDFs/WORLD%20PORT%20RANKINGS%202011.pdf
  3. Bundesagentur für Außenwirtschaft: Chemische Industrie, Belgien (2008)
  4. Hafen Antwerpen: Neuer Frachtrekord. In: Hansa, Heft 2/2015, S. 7
  5. Port of Antwerp aus der Website des Sozial- und Wirtschaftsrates Flandern (SERV)
  6. www.dpworld.be
  7. www.ship-technology.com (undatiert; aufgerufen Mai 2013)
  8. Eckhard-Herbert Arndt, Frank Binder: Antwerpen plant neuen Containerterminal. In: Täglicher Hafenbericht vom 8. Mai 2015, S. 1 und 4
  9. Eckhard-Herbert Arndt: Antwerpens neue „Kieldrecht“-Schleuse · Kosten liegen bei 340 Millionen Euro. In: Täglicher Hafenbericht vom 20. Januar 2016, S. 13
  10. Neue Schleuse soll Kapazitätsengpass in Antwerpen beseitigen. Österr. Verkehrszeitung 8. Februar 2013
  11. Antwerpen baut die Megaschleuse / Stahl des Eiffelturms mal drei, ORF.at 20. Mai 2013