Michael Basse (Schriftsteller)

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Michael Basse

Michael Basse (* 14. April 1957 in Bad Salzuflen) ist ein deutscher Schriftsteller.[1] Er hat Romane, Gedichte, Essays und Hörbücher publiziert sowie Gedichte aus dem Englischen, Französischen und Bulgarischen übersetzt (u. a. John F. Deane, Blaga Dimitrova, Ljubomir Nikolov).

Leben

Michael Basse wuchs – bedingt durch häufige Umzüge der Eltern – in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Baden-Württemberg auf. Das Abitur legte er 1976 im Evangelischen Seminar Maulbronn/Blaubeuren ab. Von 1977 bis 1979 absolvierte Basse ein Volontariat bei der Schwäbischen Zeitung. Anschließend wechselte er zum SDR nach Stuttgart. Im Wintersemester 1982 begann Basse ein Jurastudium in Regensburg, 1984 zog er nach München und wechselte ins Philosophie-Fach an der LMU, wo er 1990 mit dem Magister abschloss. 1984 war Basse einer der Mitgründer des Münchner Literaturbüros, dessen Vorstand er vier Jahre lang angehörte.[2] In den 1990er und 2000er Jahren führte Basse zahlreiche Autoren im Lyrik Kabinett München ein, u. a. Anise Koltz und Jean Portante[3], Eva Hesse[4] und Mary de Rachewiltz,[5] Tochter und Herausgeberin der Werke Ezra Pounds. Von 1993 bis 2015 arbeitete Basse als fester freier Mitarbeiter in der Abteilung Kulturkritik des Bayerischen Rundfunks. Von 1994 bis 1999 schrieb er regelmäßig Literaturkritiken für das Feuilleton der Süddeutschen Zeitung. Seit 2015 ist Michael Basse freier Schriftsteller.

Literarisches Werk

Basses erste eigenständige Veröffentlichung, der Lyrikband Und morgens gibt es noch Nachricht (1992, 1994/2), war noch stark von seinem damaligen Mentor Johannes Poethen und dessen hermetischer Lyrik geprägt. Es handelte sich um reimlose, aber durch-rhythmisierte Gedichte, in denen Basse sich weitgehend an der Poetologie Poethens orientierte, wie dieser sie in seinem vielbeachteten Essay Im Labor der Träume in Hans Benders Anthologie Mein Gedicht ist mein Messer (1955) dargelegt hatte. Basses zweiter Gedichtband Die Landnahme findet nicht statt (1997) wurde zum einen als „Leseabenteuer, das in mehrere phantastische Welten entführt“, zum anderen für seine formal-stilistische Stringenz – „Prosagedichte ohne Punkt und Komma“ – gelobt.[6] Später suchte Basse nach eigenen Ausdrucksmitteln und kam über das Prosagedicht zu einer Form, die er lyrische Protokolle nannte – durch-rhythmisierte Texte bzw. Sprechakte, die unterschiedliche Diskurs- und Realitätsebenen miteinander verknüpfen. „Keine kontemplative Kuschellyrik zum Träumen und Einschlafen, kein dumpfes Gleiten auf der ICE-Trasse, sondern hellwaches Dahinrasen auf der Abschussrampe“, notierte die Süddeutsche Zeitung dazu.[7] In seinem fünften und bisher letzten Gedichtband skype connected (2010) kehrte Basse zu kürzeren Gedichtformen zurück, die sich jedoch – wie seine lyrischen Protokolle – eng an die gesprochene Alltagssprache anlehnen. Kern dieses Liebesbreviers ist nach Ansicht des Internetportals Fixpoetry „die reife Liebe zweier Menschen (…), die mitunter alles in Frage stellen, was man überhaupt in Frage stellen kann.“[8] Die Berliner Literaturkritik stellte fest: „Heutzutage ist das männlich-weibliche Wir längst nicht mehr allgemeinverbindlich. Spannend ist (…), wie hier ein traditionell-partnerschaftlich angelegtes Wir als Gegengewicht umso deutlicher aufscheint. Dieses männlich-weibliche Wir mit jungen und aufgeklärten Akzenten glaubhaft neu zu beleben, gelingt dem Autor sehr gut.“[9]

2010 erschien Basses erster Roman Karriere, in dem er sich kritisch mit der Linken während der 1980er und 1990er Jahre auseinandersetzt. Dabei wird, so die Neue Osnabrücker Zeitung, die Vergangenheit der vier Protagonisten im ehemals linken Milieu durchleuchtet. „Sie sind zwischen 40 und 50 und leben im Jahr 1999 (…). Doch kurz vor der Jahrtausendwende ist die Welt weit entfernt von ihren alten Idealen.“ Am Ende seien alle „mal besser, mal schlechter in der New Economy der 90er angekommen.“[10]

2016 erschien Basses zweiter Roman Amerikanische Zone, der am Beispiel einer Offiziersfamilie in der schwäbischen Provinz die problematischen deutsch-amerikanischen Beziehungen thematisiert, ein – wie die Stuttgarter Zeitung urteilte – „authentisches und historisch sehr genaues Zeitkolorit für die Jahre von 1944 bis 2003“.[11] Der Schriftsteller Sten Nadolny kam nach der Lektüre zu dem Schluss: „Das Buch (…) fordert seine Leser – Anspruch tut das immer –, aber es belohnt sie mit einer verlässlichen Bestandsaufnahme der Epoche jener nordamerikanischen Hegemonie, die heute an Kraft zu verlieren scheint. Ob das gut ist oder schlecht? Michael Basse verliert sich nicht in Bewertungen ex cathedra, er liefert einfach ein genaues Sittenbild, in dem wir uns selbst erkennen, ob es uns passt oder nicht.“[12]

Werke (Auswahl)

Gedichte von Michael Basse wurden in mehrere Sprachen übersetzt, u. a. ins Englische[13], Ungarische[14] und Holländische[15].

Romane

Lyrik

Hörbücher

  • Brave new world prosodisch. Literarisch-musikalische Performance mit Musik von Volker Heyn, Komposition, Friedrich Gauwerky, Cello, Frieder von Ammon, E-Gitarre, Produktion Michael Basse, Co-Produktion Lyrik Kabinett München, erschienen bei Klanglogo, München, Zürich 2007
  • Eva Hesse: Lyrik Importe. Produktion Michael Basse, erschienen bei r’Audio (Verlag P. Kirchheim) München 2005
  • Partisanengefühle. Hör-CD zum gleichnamigen Buch, Verlag P. Kirchheim, München 2004

Übersetzungen

  • Über den Torfozean. Gedichte von John F. Deane, Akzente, München 6/2003
  • Das Risiko ist die Abweichung. Gedichte von Blaga Dimitrova, Neue Sirene, München 2/1994
  • Gedichte von Ljubomir Nikolov in: Karl-Markus Gauß und Ludwig Hartinger (Hrsg.): Das Buch der Ränder – Lyrik. Anthologie. Wieser Verlag, Klagenfurt 1995, ISBN 3-85129-128-X
  • Nur ein Steinwurf vom Diesseits das Jenseits. Gedichte von Ljubomir Nikolov, Residenz Verlag, Salzburg 1993, ISBN 978-3-7017-0795-9
  • Unter lauter Helden. Gedichte von Boiko Lambovski. Akzente, München 4/1990

Essayistik (Auswahl)

  • Ein einziges lyrisches Missverständnis. Borchardt, Adorno und die neue deutsche Befindlichkeit. In: Heinz Ludwig Arnold und Gerhard Schuster (Hrsg.): Rudolf Borchardt Text und Kritik Sonderband München 2007
  • Die kleinen Orgasmen der Poesie. Eva Hesse und der literarische Ordnungsdienst, In: Wespennest 138, Wien 2005
  • Auschwitz als Welterfahrung. Der ungarische Schriftsteller Imre Kertesz, In: Merkur, Heft 602, Juni 1999
  • Island ist die Welt. Über Halldór Laxness, In: Wespennest 112, Wien 1998
  • Ich sitze auf Ruinen und skizziere. Bosniens Literatur der unausgesprochenen Wörter, In: Wespennest 103, Wien 1996
  • Von Erben und Editoren. Ingeborg Bachmanns Nachlass, Eine Editionsgeschichte, In: Wespennest 102, Wien 1996
  • Die wiedervereinigte Literatur. Deutschlandbilder fünf Jahre nach der Wende, Radioessay für den Bayerischen Rundfunk, München 1995
  • Für wenn ich tot bin… Deutschlandbilder im Werk Uwe Johnsons, Radioessay für den Bayerischen Rundfunk, München 1994
  • Der lange Weg des Johannes Poethen. In: Sirene, Zeitschrift für Literatur Band 2, München 1988
  • Wohnen im Wort. Über die Heimatsuche in zeitgenössischer Poesie In: Widerspruch, Münchner Zeitschrift für Philosophie, Heft 14, 1987

Herausgeberschaft

  • Literaturwerkstätten und Literaturbüros in der Bundesrepublik: ein Handbuch der Literaturförderung und der literarischen Einrichtungen der Bundesländer. Michael Basse; Eckard Pfeifer, Hempel Verlag, Lebach 1988, ISBN 3-925192-25-5
  • Milchstraßenatlas. Anthologie, P. Kirchheim Verlag, München 1986, ISBN 3-87410-019-7

Einzelnachweise

  1. Kürschners Deutscher Literaturkalender 2000/2001, München-Leipzig, Vol 62, Band 1, Seite 46, Andreas Klimt, Walter De Gruyter, 2001, ISBN 3-598-23582-8.
  2. Michael Basse war Mitbegründer des Münchner Literaturbüros und Herausgeber mehrerer Anthologien
  3. Graphiti. Anise Koltz und Jean Portante, Übersetzung und Einführung, 22. Mai 2001.
  4. Lyrik-Importe. Eva Hesse liest aus ihren Übersetzungen. Einführung, 28. Oktober 2003.
  5. Pound..? – Ein Full-Time-Job! Mary de Rachewiltz spricht über ihre Arbeit. Einführung, 20. Oktober 2005.
  6. Theo Breuer: Michael Basse. Die Landnahme findet nicht statt (1997). In: Ohne Punkt & Komma. Lyrik in den 90er Jahren. Wolkenstein Verlag, Köln 1999, ISBN 3-927861-20-0, S. 20 ff
  7. Sylvia Stammen: Fremdsein kannst du überall. Besprechung von Partisanengefühle in: Süddeutsche Zeitung, 20. August 2004.
  8. Ein gemeinsamer Körper, der in zwei Hälften zerfiel. Interview zu skype connected in Fixpoetry.com, 14. März 2010.
  9. Armin Steigenberger: Liebe geht durch den Geist. Michael Basses Gedichtband skype connected Die Berliner Literaturkritik, 5. Februar 2010.
  10. Anne Reinert: Zwischen Ideal und Realität. Michael Basse schreibt Roman über die Linke der 70er und 80er. In: Neue Osnabrücker Zeitung, 3. Februar 2011.
  11. Heidi Hechtel: Dreckig genug um glücklich zu sein. Besprechung des Romans Amerikanische Zone, In: Stuttgarter Zeitung/Stuttgarter Nachrichten v. 28. September 2016.
  12. Sten Nadolny zu Amerikanische Zone
  13. Da Capo und andere Gedichte. Da Capo and other Poems, in: Dimension. Contemporary German Arts and Letters, Vol 17/2, Austin 1988, Seite 172–175, ISSN 0012-2882. Aus der Vorgeschichte III-V / From prehistory / De la Préhistoire: Drei Gedichte (dt./engl./franz.), in: Europoésie. Journal of the European Academy of Poetry, Vol 1, Dublin 2004, Seiten 92–98, ISBN 1-9045-5623-X
  14. Moskau-polaroid, in: NAPÚT 2010/3., Seite 125–127.
  15. Poëzie – Poesie. Gedicht des Monats / Gedicht van de Maand (Memento vom 27. Juli 2010 im Internet Archive)