Murray MacLehose, Baron MacLehose of Beoch

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Crawford Murray MacLehose, Baron MacLehose of Beoch (chinesisch 麥理浩 / 麦理浩; * 16. Oktober 1917 in Glasgow; † 27. Mai 2000 in Ayrshire, Schottland) war ein britischer Politiker und Diplomat. Er war von 1971 bis 1982 der 25. Gouverneur der damals britischen Kronkolonie Hongkong und dabei mit vier aufeinanderfolgenden Amtsperioden auch der am längsten dienende Gouverneur.[1]

Frühes Leben und frühe Karriere[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Murray MacLehose war das zweite Kind von Hamish Alexander MacLehose und Margaret Bruce Black. Er besuchte 1931 die Rugby School und anschließend das Balliol College der Universität Oxford.

Während des Zweiten Weltkriegs nutzte MacLehose seine Stellung als britischer Vizekonsul, um verdeckt chinesische Partisanen in der Durchführung von Sabotageakten hinter den japanischen Linien auszubilden.[2]

In den späten 1960er Jahren war MacLehose der wichtigste Privatsekretär des britischen Außenministers George Brown.

MacLehoses Karriere geriet in Gefahr, als er 1967 die Kopie eines vertraulichen Telegramms in einer Bank vergaß. Dieses vom britischen Premierminister Harold Wilson an den amerikanischen Präsidenten Lyndon B. Johnson gerichtete und den Vietnamkrieg betreffende Schreiben wurde von einem anderen britischen Diplomaten gefunden und wieder zurückgebracht. Wilson und Brown verhinderten eine Untersuchung dieser Verletzung der Sicherheitsbestimmungen, da sie MacLehoses Fähigkeiten schätzten, und retteten so dessen Karriere. Im gleichen Jahr 1967 wurde MacLehose zum britischen Botschafter in Südvietnam ernannt.[3]

Vor seiner 1971 erfolgten Ernennung zum Gouverneur Hongkongs diente MacLehose in der britischen Botschaft in Peking und als britischer Botschafter in Dänemark.

Gouverneur von Hong Kong[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

MacLehose wurde im November 1971 Gouverneur von Hongkong und verblieb bis zum Mai 1982 in dieser Funktion, womit er Hongkongs am längsten amtierender Gouverneur war; seine 10 Jahre und 6 Monate währende Bekleidung dieses Postens übersteigt den früheren Rekord von Sir Alexander Grantham um ein Monat. Häufig wurde er liebevoll „Jock the Sock“ genannt, in Anspielung auf seine schottische Abkunft („Jock“ ist ein umgangssprachlicher englischer Ausdruck für „Schotte“) und seinen Namen („hose“ ist eine alte Bezeichnung für englisch „sock“, zu deutsch „Socke“). Er trug nur selten seine amtliche Uniform, da er sich darin unbequem fühlte.

Als von der Labour Party beeinflusster Diplomat[4] führte MacLehose während seiner Amtszeit vielfältige Reformen durch, welche die Grundlage für das Selbstbewusstsein der Einwohner des modernen Hongkong schufen. Er ließ Chinesisch neben Englisch als offizielle Kommunikationssprache anerkennen. Ferner baute er die Wohlfahrt stark aus und initiierte ein umfangreiches öffentliches Wohnungsbauprogramm. Zur Bekämpfung der Korruption gründete er 1974 die Independent Commission Against Corruption (ICAC). Durch die Schaffung der District Boards (lokale Räte für die Distrikte Hongkongs) verbesserte er die Rechenschaftspflicht der Regierung erheblich.[5] Er beaufsichtigte den Bau der Mass Transit Railway, also des U-Bahn-Systems Hongkongs, sowie andere wesentliche Infrastrukturprojekte. Unter seiner Beobachtung wurden auch kommunale und Kunsteinrichtungen erweitert sowie öffentliche Kampagnen, etwa gegen Müll und Gewaltdelikte, eingeleitet.

Die erhöhten Ausgaben für diese Reformen benötigten die Zustimmung des britischen Finanzministeriums, und die Steigerung der Aufwendungen der Hongkonger Regierung um über 50 Prozent in den ersten beiden Jahren von MacLehoses Amtszeit stieß auf beträchtlichen Widerstand.[6]

Weitere bedeutende Regierungsmaßnahmen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Andere wichtige Regierungsbeschlüsse, die während der Amtszeit MacLehoses gefasst wurden, waren u. a.:

  • Die Einführung eines neunjährigen Pflichtschulunterrichts.[7]
  • Die 1972 erfolgte Einführung eines zehnjährigen Wohnbauprogramms zur Linderung der Wohnungsnot.[8]
  • Die Errichtung neuer Satellitenstädte,[9] beispielsweise Sha Tin and Tuen Mun.
  • Die Errichtung von Landschaftsparks.[9]
  • Die Einführung und Genehmigung einer Arbeitsrechtsverordnung.[10]
  • Die Aufstellung eines Sozialhilfeprogramms.[11]
  • Der Bau der Mass Transit Railway.[12]
  • Der Ausbau der kommunalen Einrichtungen.[13]
  • Die Einführung von Chinesisch als Amtssprache.[14]
  • Die Einführung bezahlter Urlaube.[15]
  • Die Steigerung des sozialen Dienstleistungsangebots für Senioren.[11]
  • Die Einführung von Beihilfen für Invalide.[16]
  • Die Einführung von Abfindungen für Arbeitnehmer.[15]
  • Die Vorstellung eines Eigenheimbesitzplans zur Förderung der Immobilieneigennutzung.[17]
  • Die Einführung eines großen Rehabilitationsprogramms für Invalide und sozial Benachteiligte.[18]
  • Die Steigerung der Zahl der Schulen und Spitäler.[19]
  • Die Einführung von Entschädigungen bei Strafverfolgungsverletzungen.[20]
  • Die Einführung von Unterstützungen für Opfer von Verkehrsunfällen.[20]
  • Die Einführung von Beihilfen für besondere Bedürfnisse der Senioren.[20]
  • Die Einführung von Krankenzuschüssen für berechtigte Arbeiter und geringbezahlte Angestellte.[20]
  • Die Einführung von wöchentlichen Ruhetagen.[20]
  • Die Einführung von Arbeitsgerichten.[20]
  • Die Einführung des Systems des Junior Secondary Education Assessment (JSEA) zur Steigerung der Zahl der subventionierten Plätze in den Oberstufen der Sekundarbildung.[20]
  • Die Gründung des Geotechnical Engineering Office (Teil des Civil Engineering and Development Department) zur Gewährleistung der Sicherheit von Berghängen, um weitere Verluste von Menschenleben wie jene infolge der Erdrutsche in Sau Mau Ping in den Jahren 1972 und 1976 zu vermeiden.[21]

Verhandlungen zur Rückgabe Hongkongs an China[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1979 trat MacLehose mit Chinas faktischem Führer Deng Xiaoping in Gespräche bezüglich der britischen 99-jährigen Pacht der New Territories (ein alle nördlich der Boundary Street auf der Kowloon-Halbinsel gelegenen Territorien umfassendes Gebiet) ein. Obwohl die Verhandlungen damals ergebnislos verliefen, waren an ihnen schließlich Spitzenbeamte der britischen Regierung beteiligt und ebneten den Weg für die am 1. Juli 1997 erfolgte Übergabe ganz Hongkongs (einschließlich der seinerzeit „auf ewig“ an Großbritannien abgetretenen Teile) an die Volksrepublik China.

Späteres Leben und Tod[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach dem Ende seiner Amtszeit als Gouverneur Hongkongs, die 1982 auslief, wurde MacLehose am 21. Mai desselben Jahres mit dem Titel Baron MacLehose of Beoch, of Maybole in the District of Kyle and Carrick and of Victoria in Hong Kong, zum Life Peer erhoben und wurde dadurch Mitglied des House of Lords.[22] 1983 wurde er zum Ritter des Distelordens ernannt. 1992 bekam er die Ehrendoktorwürde der Universität Hongkong verliehen.[23] 80-jährig besuchte er 1997 die Feier zur Übergabe Hongkongs.

MacLehose starb am 27. Mai 2000 im Alter von 82 Jahren in Ayrshire, Schottland.

Ehrungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. A & C Black: MacLEHOSE OF BEOCH, Baron. In: Who Was Who, online edition. Oxford University Press, 2000, abgerufen am 2. Mai 2012.
  2. Simon Winchester: The Man Who Loved China, 2008, S. 150.
  3. Peter Graff, Mislaid MacLehose cable reveals UK efforts to end Vietnam War. (Memento vom 4. Juni 2011 im Internet Archive), In: The Standard, 2. November 2007, abgerufen am 7. September 2021. (englisch)
  4. Roger Goodman, Gordon White und Huck-ju Kwon: The East Asian welfare model: welfare Orientalism and the state.
  5. District Administration (Memento des Originals vom 7. September 2008 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.gov.hk Hong Kong Government
  6. Liam Fitzpatrick: Sir Murray MacLehose In: 60 Years of Asian Heroes, Time, 13. November 2006. Abgerufen im 21. März 2012 
  7. Linda Wong, Lynn T. White und Shixun Gui: Social policy reform in Hong Kong and Shanghai: a tale of two cities.
  8. Betty Yung: Hong Kong's housing policy: a case study in social justice
  9. a b John Mark Carroll: A concise history of Hong Kong. (香港簡史). 1. Auflage. Hong Kong University Press, Rowman & Littlefield, Hong Kong 2007, ISBN 978-0-7425-3422-3 (englisch, Leseprobe [PDF; 418 kB]).
  10. Pattie Walsh: Hong Kong employment law: a practical guide
  11. a b Idit Weiss und John Dixon: Professional ideologies and preferences in social work: a global study
  12. Beth Reiber: Frommer's Hong Kong
  13. University of Hong Kong: Growing with Hong Kong: the University and its graduates: the first 90 years
  14. Amy Tsui und James W. Tollefson: Language policy, culture, and identity in Asian contexts
  15. a b Ming Sing: Hong Kong's tortuous democratization: a comparative analysis
  16. Wai-man Lam: Understanding the Political Culture of Hong Kong: The Paradox of Activism and Depolitization
  17. John Dodsworth and Dubravko Mihaljek: Hong Kong, China: growth, structural change, and economic stability during the transition
  18. Harry Fang Sinyang und Lawrence Jeffery: Rehabilitation: A Life's Work
  19. Wai-Man Lam: Understanding the political culture of Hong Kong: the paradox of activism and depoliticization
  20. a b c d e f g Catherine M. Jones: Promoting prosperity: the Hong Kong way of social policy
  21. Computer Animation of the 1972 & 76 Sau Mau Ping Landslides auf YouTube
  22. a b London Gazette. Nr. 48992, HMSO, London, 26. Mai 1982, S. 6989 (Digitalisat, englisch).
  23. 144th Congregation (1992) – The Rt Hon the Lord Crawford Murray MACLEHOSE of Beoch – Doctor of Laws honoris causa. University of Hong Kong, Honorary Degrees Congregation. In: hku.hk. The University of Hong Kong, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 15. August 2017; abgerufen am 7. September 2021 (englisch).
  24. London Gazette (Supplement). Nr. 37407, HMSO, London, 1. Januar 1946, S. 16 (Digitalisat, englisch).
  25. London Gazette (Supplement). Nr. 43200, HMSO, London, 1. Januar 1964, S. 5 (Digitalisat, englisch).
  26. London Gazette (Supplement). Nr. 45384, HMSO, London, 12. Juni 1971, S. 5959 (Digitalisat, englisch).
  27. London Gazette. Nr. 46610, HMSO, London, 19. Juni 1975, S. 7843 (Digitalisat, englisch).
  28. London Gazette (Supplement). Nr. 46919, HMSO, London, 12. Juni 1976, S. 8031 (Digitalisat, englisch).
  29. London Gazette. Nr. 49557, HMSO, London, 2. Dezember 1983, S. 15977 (Digitalisat, englisch).