Nowa Ruda

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Nowa Ruda – Neurode
Wappen von Nowa Ruda
Nowa Ruda – Neurode (Polen)
Nowa Ruda – Neurode (Polen)
Nowa Ruda – Neurode
Basisdaten
Staat: Polen
Woiwodschaft: Niederschlesien
Powiat: Kłodzko
Fläche: 37,04 km²
Geographische Lage: 50° 35′ N, 16° 30′ OKoordinaten: 50° 34′ 47″ N, 16° 30′ 6″ O
Höhe: 360 m n.p.m.
Einwohner: 21.643
(31. Dez. 2020)[1]
Postleitzahl: 57-400
Telefonvorwahl: (+48) 74
Kfz-Kennzeichen: DKL
Wirtschaft und Verkehr
Straße: KłodzkoWałbrzych
Eisenbahn: Kłodzko–Wałbrzych
Nächster int. Flughafen: Breslau
Gmina
Gminatyp: Stadtgemeinde
Fläche: 37,04 km²
Einwohner: 21.643
(31. Dez. 2020)[1]
Bevölkerungsdichte: 584 Einw./km²
Gemeindenummer (GUS): 0208041
Verwaltung (Stand: 2015)
Bürgermeister: Tomasz Kiliński[2]
Adresse: Rynek 1
57-400 Nowa Ruda
Webpräsenz: www.um.nowaruda.pl



Neurode nordwestlich von Glatz auf einer Landkarte von 1905.
Schloss Neurode
St.-Nikolaus-Kirche
Rathaus

Nowa Ruda ['nɔva 'ruda] (deutsch Neurode, tschechisch Nová Ruda[3]) ist eine Stadt in der Woiwodschaft Niederschlesien in Polen. Sie gehört zum Powiat Kłodzki und ist Sitz der gleichnamigen Landgemeinde. Zur Stadtgemeinde Nowa Ruda gehören u. a. auch die ehemals selbständigen Ortschaften Kolno (Kohlendorf), Drogosław (Kunzendorf) und Słupiec (Schlegel).

Geographische Lage[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Stadt liegt in Niederschlesien im Nordwesten des Glatzer Kessels am Rand des Eulengebirges. Die Oberstadt mit Ring, Schloss und Pfarrkirche befindet sich am steilen linken Ufer der Włodzica (Walditz), die rund 50 Meter tiefer gelegene Unterstadt liegt im Walditztal.

Geschichte der Stadt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Geschichte der Stadt Neurode und ihrer politischen und kirchlichen Zugehörigkeit ist eng verbunden mit der Geschichte der ehemaligen Grafschaft Glatz, zu der Neurode von Anfang an gehörte. Erstmals urkundlich erwähnt wurde es 1337 als „von dem Nevwenrode“ im Zusammenhang mit einem Kirchenpatronat. Für das Jahr 1346 ist die Schreibweise „Neunrod“ und 1352 „Nowinrade“ bzw. „Newenrode“ belegt, dieser auch als Name für das spätere Schloss Neurode. Am 20. September 1352 verkaufte der Grundherr Hannus (Hanns/Hanß) Wustehube den Hof „Newenrode“ mit dem gleichnamigen Städtchen zusammen mit den Dörfern Hausdorf, Königswalde, Kunzendorf, Ludwigsdorf und Volpersdorf an Hensel von Donyn (Dohna).[4] Für das Jahr 1363 wird eine Pfarrkirche genannt. Es entwickelte sich allmählich aus einer Handwerkersiedlung in der Vorstadt, wo schon sehr früh die Heilig-Kreuz-Kirche belegt ist, die auch als bedeutende Wallfahrtsstätte bekannt war.

Während der Hussitenkriege wurde Neurode mehrmals von den Hussiten überfallen und samt Schloss in Schutt und Asche gelegt. 1434 erhielt es von seinem Grundherrn Stadtrechtsgrundsätze. Nach dem Tod des Friedrich von Donyn 1467 fielen Neurode und Mittelsteine als erledigtes Lehen durch Heimfall an den böhmischen König Georg von Podiebrad. Dieser schenkte sie aus Dankbarkeit für geleistete Dienste dem Georg Stillfried-Rattonitz mit der Bedingung, eine der Schwestern des verstorbenen Friedrich von Donyn zu ehelichen. 1472 bestätigte Herzog Heinrich d. Ä. von Münsterberg und zugleich Graf von Glatz die Schenkung. Mitte des 16. Jahrhunderts nahmen die Herren von Stillfried die Reformation an und stellten einen evangelischen Prediger an.

Obwohl die Herren von Stillfried im böhmischen Ständeaufstand von 1618 auf der Seite des Winterkönigs Friedrich von der Pfalz standen, büßten sie nach der Schlacht am Weißen Berge 1622 nur wenige Güter ein. 1624 kehrte Bernhard I. Stillfried im Zuge der Gegenreformation zum katholischen Glauben zurück und konnte so einer schweren Bestrafung entgehen. Im Dreißigjährigen Krieg wurde Neurode zerstört; zudem wütete 1633 die Pest, an der in Neurode und Umgebung fast 1000 Menschen starben.

Nach dem Ersten Schlesischen Krieg 1742 und endgültig mit dem Siebenjährigen Krieg 1763 fiel Neurode zusammen mit der Grafschaft Glatz an Preußen. Die Preußischen Reformen hatten nach 1807 zu einer weitgehenden Entmachtung der Grundherren geführt. Aus Verärgerung darüber und auch wegen finanzieller Schwierigkeiten verkaufte Friedrich August von Stillfried 1810 die Herrschaft Neurode an Anton Alexander von Magnis auf Eckersdorf. Da wegen der bestehenden Schulden bereits eine Zwangsverwaltung angeordnet war, konnte die Übertragung der Güter an die Herren von Magnis, die auf ihrem Schloss in Eckersdorf residierten, erst 1821 erfolgen. Das Neuroder Schloss nutzten sie als Sitz der Güterverwaltung, ab 1899 als Sitz der Bergwerksverwaltung.

Von 1854 bis 1932 war Neurode – durch Teilung des Kreises Glatz – Sitz des Landkreises Neurode. Erst 1879 konnte die Eisenbahnstrecke Glatz–Waldenburg eröffnet werden, die in Neurode einen Halt hatte. Für die Realisierung dieser Strecke wurde über den Schwarzbachgrund damals Deutschlands höchster Eisenbahnviadukt errichtet. Um 1900 kam die private Eulengebirgsbahn hinzu[5].

In den Jahren 1930 und 1941 erschütterten zwei Bergbau-Katastrophen das Neuroder Revier: Am 9. Juli 1930 erstickten auf dem Kurt-Schacht der Wenceslaus-Grube in Hausdorf 151 Bergleute in einem Kohlendioxid-Ausbruch. Ein noch größerer Kohlendioxid-Ausbruch tötete 187 Bergleute am 10. Mai 1941 in der Rubengrube von Kohlendorf.[6]

Als Folge des Zweiten Weltkriegs fiel Neurode zusammen mit dem größten Teil Schlesiens an Polen. Der deutsche Ortsname wurde in Nowa Ruda übersetzt. Zugleich meldete auch die Tschechoslowakei Ansprüche auf das Neuroder und Waldenburger Bergbaugebiet an. Die deutsche Bevölkerung wurde, soweit sie nicht schon vorher geflohen war, 1946 und 1947 größtenteils aus Neurode vertrieben. Erster polnischer Bürgermeister war Edward Miernik. Die neu angesiedelten Bewohner waren teilweise Aussiedler aus Ostpolen, das an die Sowjetunion gefallen war. Nicht ausgewiesen wurden zahlreiche Deutsche, die für das Funktionieren der Wirtschaft unverzichtbar waren. Dabei handelte es sich überwiegend um Facharbeiter des Bergbaus, die für die Förderung der Kohle benötigt wurden. Für die Kinder der zurückgebliebenen Deutschen wurden ab dem Schuljahr 1951 Schulen mit deutschem Sprachunterricht eingerichtet. 1951/52 erschien die deutschsprachige Zeitschrift Bergmannsgewerkschaft. Die meisten der zurückgebliebenen Deutschen konnten durch Vermittlung des Deutschen Roten Kreuzes Ende der 1950er Jahre im Wege der Familienzusammenführung in die Bundesrepublik Deutschland ausreisen.[7] Von 1954 bis 1975 war Nowa Ruda Sitz des Powiat noworudzki, anschließend gehörte es bis 1998 zur Woiwodschaft Wałbrzych (Waldenburg).

Wirtschaftliche Entwicklung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bereits sehr früh entwickelte sich in Neurode die Tuchmacherei. Die Neuroder Wollenweber erhielten 1360 eine Satzung; für 1404 ist die Zunftordnung der Schuhmacher, für 1416 die Zunftordnung der Tuchmacher nachgewiesen. Um 1600 lieferten die Tuchmacher ihre Erzeugnisse in verschiedene Länder der Habsburgermonarchie, um 1800 sogar nach Italien, Russland und in die Türkei. 1808 gab es in Neurode 450 Tuchmachermeister. Von Bedeutung war zwischen 1780 und 1803 auch die Leinenherstellung. Im 19. Jahrhundert entstanden in und um Neurode mehrere Textilfabriken.

Ab dem 19. Jahrhundert war Neurode ein bedeutender Mittelpunkt des gleichnamigen Bergbaugebietes. Neben Steinkohle wurden Eisenerz, Kupfererze, Schiefer und Gold abgebaut. Die Magnis'sche Bergverwaltung, die seit 1899 ihren Sitz im Schloss Neurode hatte, wurde 1901 in die „Gewerkschaft Neuroder Kohlen- und Tonwerke“ umgewandelt. Diese ging 1921 in den Besitz der Berliner Linke-Hofmann-Lauchhammer AG über. Durch den Bergbau ergab sich eine starke industrielle Entwicklung, die die Ansiedlung weiterer Unternehmen und damit einen wirtschaftlichen Aufschwung sowie eine Verbesserung der Infrastruktur zur Folge hatte. Die Bevölkerungszahl stieg stark an. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Bergbau zunächst umfangreich weitergeführt. Wegen Absatzschwierigkeiten wurden die Kohlegruben nach der politischen Wende von 1989 stillgelegt. Die letzte Zeche wurde im Jahre 2000 geschlossen.

Sehenswürdigkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Innenraum der Heilig-Kreuz-Kirche
Oberwalditzer Schloss
  • Das Rathaus wurde 1892–1894 nach Entwurf des Architekten Ewald Berger in Stil der Neurenaissance errichtet. Die Fassade trägt die Embleme der Gilden der Tuchhändler, der Textilindustrie und des Bergbaus.
  • Die Laubengänge der Bürgerhäuser (Schusterlauben, Kunzendorfer Lauben, Marienlauben) stammen aus dem 17. und 18. Jahrhundert. Sie wurden nach dem Zweiten Weltkrieg teilweise dem Verfall preisgegeben.
  • Die Pfarrkirche St. Nikolaus wurde anstelle der 1567 erbauten, ursprünglich evangelischen, seit 1624 katholischen Kirche errichtet, die 1884 abgebrannt war. Sie wurde nach Entwurf des Breslauer Diözesanbaumeisters Joseph Ebers 1885–1890 im neugotischen Stil erbaut. Der stilgleiche Hauptaltar, das Chorgestühl und die Kanzel wurden von dem in Schlaney geborenen Architekten Joseph Elsner entworfen und aus seinen Münchner Werkstätten geliefert. Das Hauptaltarbild des hl. Nikolaus und die Gemälde der Seitenaltäre schuf der Glatzer Maler Hieronymus Richter, die ornamentalen Malereien J. Krachwitz aus Frankenstein.
  • Die nördlich der Kirche stehende neugotische Grabkapelle wurde 1898 ebenfalls nach Entwurf des Diözesanbaumeisters Joseph Ebers errichtet.
  • Die Heilig-Kreuz-Kirche wurde 1726 an der Stelle der ältesten Pfarrkirche errichtet.
  • Die Maria-Himmelfahrts-Kirche ist auch unter der Bezeichnung Brüderkirche bekannt. Sie wurde um 1500 als damalige Pfarrkirche St. Nikolaus unter dem Patronat der Gutseigentümer errichtet. Das Patrozinium und die Funktion als Pfarrkirche wurden 1567 auf die neue evangelische Kirche der Oberstadt übertragen, die seit 1624 als katholische Kirche diente. Erst mit der Übertragung an die „Bruderschaft Heimsuchung Mariä“ erhielt sie das Patrozinium Maria Himmelfahrt. Die Kirche wurde mehrmals umgebaut und renoviert. Der Hauptaltar Mariä Heimsuchung ist von 1694, der Seitenaltar des hl. Johannes von Nepomuk aus der 1. Hälfte des 18. Jahrhunderts. Die Kirche wurde 1991 grundlegend renoviert.
  • Die Wallfahrtskapelle St. Anna auf dem Annaberg wurde 1644 durch den Grundherrn Bernhard von Stillfried anstelle einer während der Reformation abgerissenen Holzkapelle von 1515 errichtet. 1662–1665 erfolgten Umbauten vermutlich nach Plänen von Andrea Carove. Das geschnitzte Gnadenbild der Anna selbdritt ist von 1495. Der Hauptaltar stammt aus dem 17. Jahrhundert.
  • Das Schloss Neurode diente seit 1821 den Grafen von Magnis als Sitz der Güterverwaltung, seit 1899 als Sitz der Bergwerksverwaltung.
  • Das Oberwalditzer Schloss wurde 1598 für Bernhard von Stillfried-Rattonitz errichtet und nach einem Brand 1823 wiederaufgebaut, 1860 erfolgte ein Umbau im spätklassizistischen Stil mit Elementen der Tudor-Neugotik.

Einwohnerentwicklung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Jahr Einwohner Anmerkungen
1890 06.854 davon 638 Evangelische und 16 Juden[8]
1933 10.692 [8]
1939 10.014 davon 1.198 Evangelische, 8.556 Katholiken, sieben sonstige Christen, keine Juden[8]

Kultur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Söhne und Töchter der Stadt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Partnerstädte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nowa Ruda unterhält mit folgenden Städten Partnerschaften:

Landgemeinde[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Stadt Nowa Ruda ist Verwaltungssitz der Landgemeinde Nowa Ruda, gehört ihr aber als eigenständige Stadtgemeinde nicht an. Die Landgemeinde zählt auf einer Fläche von 139,66 km² 11.440 Einwohner (31. Dezember 2020).

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Nowa Ruda – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Population. Size and Structure by Territorial Division. As of December 31, 2020. Główny Urząd Statystyczny (GUS) (PDF-Dateien; 0,72 MB), abgerufen am 12. Juni 2021.
  2. Website der Stadt, Władze (Memento vom 2. April 2015 im Internet Archive), abgerufen am 13. März 2015
  3. Marek Šebela, Jiři Fišer: České Názvy hraničních Vrchů, Sídel a vodních toků v Kladsku. In: Kladský sborník 5, 2003, S. 368
  4. Der Adel des Glatzer Landes
  5. werkbahn.de
  6. Grubenunglück Hausdorf
  7. Joachim Bahlcke: Schlesien und die Schlesier, Verlag Langer Müller, ISBN 3-7844-2781-2, S. 199 f.
  8. a b c Michael Rademacher: Glatz. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.