Peter Gloystein

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Peter Gloystein

Peter Gloystein (* 25. November 1945 in Bremen) ist ein deutscher Bankmanager und Politiker (CDU). Als Banker war er hauptsächlich für die Commerzbank und von 2000 bis 2002 als Vorstandssprecher bei der BHF-Bank in Frankfurt tätig. Er gehörte von September 2004 bis zu seinem Rücktritt wegen der „Sektaffäre“ im Mai 2005 als Bürgermeister und Senator für Wirtschaft und Häfen sowie Senator für Kultur dem Senat der Freien Hansestadt Bremen an.

Biografie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ausbildung, Beruf, Familie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gloystein studierte nach dem Abitur und einer Ausbildung zum Reserveoffizier[1] an der Universität Hamburg Betriebswirtschaft und wurde 1977 mit der Dissertation Die Förderung der industriellen Umstrukturierung durch die Finanzierungsinstrumente der Europäischen Gemeinschaft (Buch: Finanzierung des industriellen Strukturwandels durch die EG, 1978) zum Dr. rer. pol promoviert.

Von 1971 bis 1975 arbeitete er als wissenschaftlicher Referent im HWWA-Institut für Wirtschaftsforschung in Hamburg. Danach wechselte er zur WestLB in den Bereich Investmentbanking. Von 1981 bis 1999 war er bei der Commerzbank AG beschäftigt. Zuerst leitete er den Bereich Finanzplanung der zentralen Abteilung Koordination und Planung in Frankfurt. Ab 1986 wechselte er in die Filiale Stuttgart. 1990 wurde er als stellvertretendes Mitglied in den Vorstand berufen, ein Jahr später war er ordentliches Mitglied des Vorstandes der Commerzbank AG. 1999 wurde Gloystein zum ordentlichen Mitglied des Vorstandes der BHF-BANK, gleichzeitig Mitglied des Executive Committee Europe, ING Group, Amsterdam, bestellt. 2000 wurde er Sprecher des Vorstandes der BHF-Bank mit den unmittelbar zugeordneten Ressorts Controlling, Kreditrisiko-Management, Recht, Revision, Unternehmenskommunikation. Er schied 2002 auf eigenen Wunsch aus BHF und ING wegen Differenzen über den weiteren Ausbau des deutschen Geschäfts aus.[2]

Ende der 1990er Jahre war Gloystein Mitglied des Vorstands des Europäischen Bankenverbandes und deutsches Mitglied der Maas-Kommission, die von der Europäischen Kommission zur technischen Vorbereitung der Europäischen Währungsunion eingesetzt wurde.

Gloystein ist verheiratet und hat zwei Kinder.

Politik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im August 2004 bestimmte die CDU Bremen ihn zum Nachfolger für den erkrankten Senator Hartmut Perschau (CDU) im Senat Scherf III,[3][4] und am 8. September 2004 wurde er zum Bürgermeister und Senator für Wirtschaft und Häfen sowie Senator für Kultur in der Freien Hansestadt Bremen gewählt.[5]

„Sektaffäre“ und Rücktritt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

2005 geriet Gloystein in die Schlagzeilen, nachdem er am 11. Mai bei der Eröffnung eines Weinfestes in Bremen den Zuhörer Udo Oelschläger von der Bühne herab mit Sekt begossen hatte.[6] Der Vorfall wurde von den Medien in Bildern dokumentiert, die Polizei nahm nach einer Strafanzeige des Begossenen wegen Beleidigung und Körperverletzung Ermittlungen auf, und einen Tag später trat Gloystein als Senator und Bürgermeister zurück.[7][8] Sein Nachfolger als Wirtschaftssenator wurde Jörg Kastendiek (CDU) und als Bürgermeister Thomas Röwekamp (CDU).

Nach Angaben der Veranstalter hatte der Besucher zuvor mehrfach versucht, nach der Magnum-Sektflasche zu greifen. Gloystein hatte laut Zeugen grinsend den Sekt über dessen Kopf gegossen, mit dem Kommentar: „Hier, damit Du auch was zu trinken hast“. Nach seinen Angaben hatte dieser zunächst das Auftreten des Mannes fehlinterpretiert und wollte ihm Sekt in den Mund gießen, wie sein Sprecher gegenüber Medien erläuterte. Daraufhin hätte der Mann sich weggedreht und den Sekt über den Kopf bekommen. Zeugen widersprachen dieser Darstellung aber. Gloystein hatte sich direkt nach dem Vorfall bei dem Mann entschuldigt und soll ihm einen teuren Füllfederhalter als Wiedergutmachung angeboten haben. Am nächsten Morgen wurde von ihm über den Senatspressedienst des Landes Bremen eine öffentliche Entschuldigung verbreitet.[9] Der Rücktritt erfolgte am Abend desselben Tages.[10] Bürgermeister Henning Scherf sprach ihm für diese Entscheidung seinen Respekt aus.[11] Zum Nachfolger von Gloystein nominierte die CDU Jörg Kastendiek.[12]

Eine Woche nach dem Zwischenfall versöhnten sich Gloystein und das Opfer der Sektattacke bei einem privaten Treffen.[13] Nachdem dieses die Anzeige zurückgezogen hatte, stellte die Staatsanwaltschaft das Verfahren gegen Gloystein ein.[14][15]

In seinem Rücktrittsschreiben bedauerte Gloystein den Zwischenfall; mit seinem Rücktritt wolle er eine Belastung für Land und Regierung vermeiden.[10] Gloystein verzichtete auf seine restlichen Gehaltsansprüche in Höhe von rund 65.000 Euro.[13][16]

Spätere Tätigkeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gloystein kehrte in die Wirtschaft zurück. Er ist als Unternehmensberater tätig mit den Schwerpunkten im Finanzbereich und im Kulturmanagement, bis 2008 in Bremen, danach in Düsseldorf. Die Beratungstätigkeit im Geschäft mit Unternehmensbeteiligungen (M & A) erfolgte zunächst hauptsächlich als Advisory Director der Investmentbank Lincoln International, Frankfurt/Chicago, von 2011 bis 2022 dann als Aufsichtsratsvorsitzender der Deutsche Mergers & Acquisitions AG, Düsseldorf, und von 2007 bis 2016 als Vorsitzer des Aufsichtsrats und bis 2018 als Vorsitzender des Beirats der Ratingagentur Scope in Berlin, bei der er weiterhin als ehrenamtliches Mitglied des Beirats aktiv ist. Von 2018 bis Anfang 2022 arbeitete er im Projektgeschäft mit der Fakt AG in Essen und der SUNfarming-Gruppe in Erkner bei Berlin zusammen, er ist Mitglied des Fachbeirats der Allistro Capital GmbH in Frankfurt am Main, einer Private-Equity-Gesellschaft, und seit 2022 Aufsichtsratsvorsitzender bei der DAIDALOS Investment Advisors GmbH.[17] Seit 2014 ist er Vorsitzender des Kuratoriums des Johanniter Krankenhauses Bethesda in Mönchengladbach.

Weitere Mitgliedschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Vorsitzender des Vorstands des Fördervereins des Kulturprojekts Hombroich, Neuss 2022
  • Vorsitzender des Freundeskreises des Teatro La Fenice, Berlin
  • Mitglied des Kuratoriums des Freundeskreises der Deutschen Oper am Rhein, Düsseldorf/Duisburg
  • Fondazione Internationale Richard Wagner di Venezia Mitträgerin des Wagners Museum, Venedig Vize-Präsident des Verwaltungsrats[18]
  • Seit Anfang 2021 Mitglied des Aufsichtsrates der EuropaChorAkademie.

Veröffentlichungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • mit Henry Krägenau & Hans-Eckart Scharrer: Verbesserung der Bemessungsgrundlage für das Entwicklungshilfe-Steuergesetz. Eine Untersuchung im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft. HWWA-Institut für Wirtschaftsforschung, Hamburg 1973.
  • Finanzierung des industriellen Strukturwandels durch die EG. Verlag Weltarchiv, Hamburg 1978, ISBN 3-87895-172-8.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Heiner Stahn: Peter Gloystein wird Bremer Wirtschaftssenator. In: Die Welt, 18. August 2004.
  2. manager magazin: BHF: Zwei auf einen Streich. 16. September 2002
  3. Die Welt: Peter Gloystein wird Bremer Wirtschaftssenator. 18. August 2004
  4. Die Welt: Gloystein soll auch Bremer Bürgermeister werden. 24. August 2004
  5. Pressemitteilung des Senats der Freien Hansestadt Bremen: Dr. Peter Gloystein neuer Bürgermeister sowie Senator für Wirtschaft und Häfen und Senator für Kultur. 8. September 2004
  6. Stern: Bremen: Sektdusche mit Senator Gloystein. 12. Mai 2005
  7. Spiegel Online: Sekt-Attacke: Bremer Wirtschaftssenator Gloystein tritt zurück. 12. Mai 2005
  8. Süddeutsche Zeitung: Bremen: Sektattacke kostet Regierungsvize Gloystein das Amt. 13. Mai 2005
  9. Pressestelle des Senats - Bürgermeister Gloystein: Aufrichtige Entschuldigung in einem persönlichen Gespräch ausgesprochen. In: senatspressestelle.bremen.de. 11. Mai 2005, abgerufen am 25. August 2019.
  10. a b Pressestelle des Senats - Rücktrittserklärung von Bürgermeister Dr. Gloystein. In: senatspressestelle.bremen.de. 12. Mai 2005, abgerufen am 25. August 2019.
  11. Die Welt: „Dieser Schnappschuß hat mich gekillt“. 14. Mai 2005
  12. Hamburger Abendblatt: Kastendiek für Gloystein. 23. Mai 2005
  13. a b Die Welt: Ex-Senator versöhnt sich mit Opfer der Sektattacke. 20. Mai 2005
  14. die tageszeitung: Peter Gloystein bleibt straffrei. 11. Juni 2005
  15. Das Parlament: Bremer CDU-Senatoren: Keine Strafen für Sektdusche und Brechmittel-Tod (Memento vom 13. Mai 2007 im Internet Archive). 20. Juni 2005
  16. Spiegel Online: Bremer Sektdusche: Draculas Nachfolger verzweifelt gesucht. 20. Mai 2005
  17. tillzier: Dr. Peter Gloystein: unternehmerische Tätigkeit. Abgerufen am 8. Mai 2020 (deutsch).
  18. Website von Peter Gloystein: Aktuelle Tätigkeit